Dein Wille geschehe - Michael Robotham

  • Originaltitel: Shatter (2008)
    Goldmann Verlag 2009, 567 S.


    Über den Inhalt:
    Der renommierte Psychotherapeut Joe O’Loughlin wird zu einem erschreckenden Vorfall gerufen: Im strömenden Regen steht eine Frau nackt auf der Clifton Bridge in Bristol, High Heels an den Füßen und ein Handy am Ohr. Auf Joes beschwichtigende Worte reagiert sie nicht, sondern springt direkt in den Tod – ferngesteuert und willenlos. Der erfahrene Psychologe Joe steht vor einem Rätsel. Wurde die Frau tatsächlich von ihrem Anrufer in den Selbstmord getrieben? Als wenige Tage später die Geschäftspartnerin der Toten erfroren aufgefunden wird, an einen Baum gekettet, unbekleidet und mit einem Handy zu ihren Füßen, hat Joe Gewissheit: Hier ist ein gefährlicher Psychopath am Werk, ein Experte für Menschenmanipulation, der die Seele seiner Opfer bricht. Weil der mysteriöse Unbekannte jedoch keine Spuren hinterlässt, bleibt Joe nur eines: Er muss seinen Freund und Vertrauten, den pensionierten Detective Vincent Ruiz um Hilfe bitten. Noch kann Joe nicht ahnen, dass er selbst ins Visier des Täters geraten ist …


    Über den Autor:
    Michael Robotham wurde 1960 in New South Wales, Australien, geboren. Er war lange Jahre tätig als Journalist für große Tageszeitungen und Magazine in London und Sydney, bevor er sich ganz seiner eigenen Laufbahn als Schriftsteller widmete. Mit seinen Romanen "Adrenalin", "Amnesie" und "Todeskampf" sorgte er international für Furore und wurde mit zahlreichen Preisen geehrt. Michael Robotham lebt mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in Sydney und London.


    Meine Meinung:
    Nach „Adrenalin“ und „Amnesie“ ist dies der dritte Roman, in dem Robotham seinen sympathischen Protagonisten Joe O’Loughlin auftreten lässt. Erzählt wird die Geschichte aus zwei Perspektiven, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Der Haupterzähler ist Joe, immer wieder unterbrochen von dem Mörder, der ebenfalls als Ich-Erzähler zu Wort kommt, seine Gedanken sind zur Verdeutlichung in Kursivschrift gesetzt.


    Joe war mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern aus London in die Nähe von Bath gezogen, um sein Leben in ruhigere Bahnen zu lenken. Aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung hat er einen Lehrauftrag an der Universität angenommen und kümmert sich liebevoll um die beiden Töchter. Seine Frau Julianne macht derweil als Dolmetscherin Karriere.
    Als Joe von der Polizei in Bristol hinzugezogen wird, um den Selbstmord einer Frau zu verhindern, ändert sich sein neues, beschauliches Leben radikal. Er kann den Freitod nicht verhindern, die Polizei aber schließlich überzeugen, dass es kein Selbstmord war. Während die Ermittlungen aufgenommen werden, späht der Mörder bereits sein neues Opfer aus. Joe gerät in einen Sog, dem er sich nicht entziehen kann und der auch seine Familie mit einbezieht.

    Der sympathische, ungekünstelte Joe trägt die Geschichte fast allein. Noch immer versucht er, sich mit der bereits in „Adrenalin“ diagnostizierten Parkinson-Krankheit zu arrangieren, was ihm nicht ganz leicht fällt, ihm aber zum Glück seinen Humor nicht geraubt hat. Sein Privatleben nimmt einen großen Raum in der Geschichte ein, was ich aber keineswegs als störend empfunden habe. Ich hoffe sehr, Joe und seiner Familie in einem weiteren Teil wieder zu begegnen. Auch zu der Figur des Mörders hat sich der Autor einiges einfallen lassen. Eine intelligente Bestie und Kampfmaschine, die nichts mehr zu verlieren hat, stellt er dem sensiblen, warmherzigen Familienvater gegenüber.

    Robotham schreibt echte Pageturner, in dem die meist kurzen Sätze und vielen Dialoge das Erzähltempo unterstützen. Längen gibt es in diesem nahezu perfekten Psychothriller keine.
    Der oftmals humorvolle Schreibstil, der sorgfältige Umgang auch mit den Nebenfiguren, das konsequente Vorantreiben der Story sind deutliche Stärken Robothams. Trotz gewisser Vorhersehbarkeit bleibt das Buch spannend bis zum Ende.


    Wer Mark Billingham gerne liest, dem könnte auch Michael Robotham gefallen. Zu meinen Lieblings-Psychothriller-Autoren gehört er jedenfalls schon :-)

    Ach ja: Der Titel „Dein Wille geschehe“ scheint wieder mal willkürlich gewählt worden zu sein und hat keinerlei Bezug zum Buch. Der englische Titel „Shatter“ (erschüttert, zerbrochen, zerrüttet) passt da viel besser.

  • Elbereth ,
    man kann. Aber es ist eine wirklich tolle Serie, deshalb empfehle ich, mit "Adrenalin" zu beginnen. Das erscheint Ende April in einer Sonderausgabe.


    In diesem Buch hier gibt es doch einigen Bezug zu den Vorgängern, sodaß die Spannung dann gemindert sein dürfte. "Todeskampf", den dritten der Reihe, kann man sich sparen (obwohl er sich auch gut liest), da O'Loughlin darin nicht mitspielt. Also am besten erst "Adrenalin", dann "Amnesie", dann dieses hier :-]

  • Danke für die Infos, JaneDoe. Ich habe von der Serie "Amnesie" zu Hause liegen, dann dürfte mir nur noch "Adrenalin" fehlen. Die Serie interessiert mich schon, aber ich fange lieber chronologisch an. :wave

  • Danke Jane, ich habe die Sonderausgabe von Adrenalin mal auf meine WL gepackt, ich schau dann erstmal, ob es mir gefällt, ehe ich mir dieses HC zulege.



    vernünftige Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • „Dein Wille geschehe“ von Michael Robotham ist ein emotionaler und gut durchdachter psychologischer Thriller mit einem fesselnden Fall.


    Der bekannte Psychotherapeut Joe O'Loughlin tritt seit seiner Parkinson-Erkrankung im Job ein wenig kürzer. Zusammen mit seiner Familie ist er von London in das beschauliche Bath in Summerset gezogen. Alles läuft gut, bis er eines Morgens von der Polizei zu einem furchtbaren Vorfall hinzugezogen wird: Eine Frau steht splitternackt auf einer Brücke und droht, mit dem Handy in der Hand, herunter zu springen. Joe versucht sie aufzuhalten – zu spät, die Unbekannte stürzt sich in die Tiefe.


    Im Gegensatz zur Polizei will Joe jedoch nicht an einen Selbstmord glauben. Zusammen mit seinem alten Freund, dem Ex-Polizisten Vincent Ruiz, stellt er eigene Nachforschungen an. Erst als ein zweiter und nicht weniger sonderbarer Selbstmord geschieht, sucht die Polizei Joe’s Unterstützung. Doch da ist er dem Mörder bereits näher gekommen, als ihm lieb ist.


    Mein Fazit:


    „Dein Wille geschehe“ von Michael Robotham ist ein ausgefeilter psychologischer Thriller, der von Beginn an eine beeindruckende Spannung aufbaut. Mit dem Ich-Erzähler Joe O'Loughlin schafft Robotham eine sympathische Figur, die lernen muss, mit den Einschränkungen einer schweren, praktisch unheilbaren Krankheit zu leben. Joe kniet sich sehr in den Fall hinein, der ihm scheinbar über den Kopf wächst und tief in sein privates Leben eindringt.


    Denn sein Gegner ist ein perfider Täter, der durch seine militärische Ausbildung um ausgefeilte psychologische Verhörmethoden weiß und sie auch im Privaten anwendet, um seine Umgebung zu tyrannisieren. Mit den richtigen Mitteln, so zeigt uns Robotham, ist jeder Mensch manipulierbar.


    Zugleich geht es ihm um den Umgang mit den Grenzen der eigenen Belastbarkeit - ein Thema, mit dem wir alle früher oder später konfrontiert sind. Und obwohl das Finale die Spannung der Gesamtgeschichte nicht ganz halten kann, ist „Dein Wille geschehe“ ein emotionaler und gut durchdachter Thriller mit einem fesselnden Fall.

  • Ich habe die Robotham-Bücher in der Reihenfolge der Veröffentlichung gelesen. Muss man nicht, ist aber recht sinnvoll, weil sie in gewisser Weise aufeinander aufbauen. Die Nebenfigur des Inspectors aus Adrenalin wird Hauptfigur im zweiten Buch Amnesie, und eine Polizistin aus diesem wiederum ist die Hauptfigur des dritten Buchs. Im vierten kommt der Protagonist Joe O'Loughlin aus dem ersten Band wieder. (Im zweiten hat er nur eine Nebenrolle.)
    Dem Lob kann ich mich nur anschließen. Ein wirklich tolles und spannendes Buch, sehr, sehr gut geschrieben, und dadurch, dass der Ich-Erzähler im Präsens schreibt, ist man wirklich mittendrin in der Handlung.
    JaneDoe : Der Titel ergibt sich denke ich daraus, dass es um den Willen des Täters geht, der dort geschieht. Macht über andere auszuüben ist ja das zentrale Thema, in diesem Fall ist es keine körperliche Gewalt, sondern Psychoterror - der Täter setzt seinen Willen bei seinen Opfern so weit durch, dass sie sich auf sein Kommando umzubringen scheinen.
    Im erweiterten Klappentext steht: "Dein Wille geschehe, mein Tod komme." Was mich daran nervt: Ich hatte gehofft, dass die Zeit, den Büchern biblisch klingende Titel zu geben, jetzt mal so langsam durch ist. Elizabeth George ist jetzt echt schon eine Weile her ...

  • Zitat

    Original von Zoe Beck
    Im erweiterten Klappentext steht: "Dein Wille geschehe, mein Tod komme." Was mich daran nervt: Ich hatte gehofft, dass die Zeit, den Büchern biblisch klingende Titel zu geben, jetzt mal so langsam durch ist. Elizabeth George ist jetzt echt schon eine Weile her ...


    Eben, der Titel suggeriert wieder mal einen Zusammenhang mit der Bibel, der nicht besteht.