Sechseläuten von Michael Theurillat ist ein spannendes, sehr empfehlenswertes „Nachspiel“ zur Euro 2008 in der Schweiz.
Kommissar Eschenbach von der Schweizer Kripo ist ganz nah dran, als beim Züricher Frühlingsfest Sechseläuten eine sterbende Frau aufgefunden wird. Neben ihr steht stumm ein verstörter kleiner Junge. Wie sich schnell herausstellt, arbeitet die Frau als Sekretärin bei der Fifa – ein Umstand, der die Sache nicht leichter macht: Der Fall wird gedeckelt, denn die Schweiz steht in den Vorbereitungen zur Fußball-Europameisterschaft 2008 und Eschenbach wird nicht nur nicht gefördert, sondern wegen unterlassener Hilfeleistung vom Job suspendiert. Doch da wird der Kommissar erst richtig hellhörig und ermittelt auf eigene Faust weiter.
Als er noch einmal versucht, mit dem Jungen zu reden, antwortet dieser ihm in einer Sprache, die sich als jenisch herausstellt. Bei seinen weiteren Ermittlungen in dieser Richtung kommt Eschenbach einem düsteren Kapitel Schweizer Geschichte auf die Spur.
Mein Fazit:
Michael Theurillat gliedert seinen Krimi „Sechseläuten“ wie ein Fussballspiel. In Kapiteln wie „Pause“, „Zweite Halbzeit“ oder „Elfmeterschießen“ verfolgt er einen wenig rühmlichen Abschnitt in der Entwicklung der Schweiz: Bis in die 1970er Jahre wurden durch das schweizerische „Hilfswerk Kinder der Landstrasse“ Jungen und Mädchen aus der Volksgruppe der Jenischen zwangsweise von ihren Eltern getrennt und zur Adoption freigegeben. Die Jenischen sind ein kleines, über mehrere mitteleuropäische Staaten verteiltes Völkchen, das geschichtlich eher am Rande der Gesellschaft stand und sich rechtlich bis heute benachteiligt fühlt – oder es auch ist. Man nennt sie auch die „Fahrenden“, obwohl nur ein kleiner Teil von ihnen tatsächlich „reist“.
Mit seinem Kommissar Eschenbach schafft Michael Theurillat eine symphatische Figur, die ihre Fälle trotz latenter Schusseligkeit durch Hartnäckigkeit und viel Eigeninitiative löst. Ein spannendes, sehr empfehlenswertes „Nachspiel“ zur Euro 2008 in der Schweiz, auch wenn der Fall nur am Rande mit Fußball zu tun hat.