'Frankenstein' - Anfang - Kapitel 04

  • Ich lese ja auf englisch, da heißt es


    She joined the hands of Elizabeth and myself. "My children", she said, "my firmest hopes of future happiness were placed on the prospect of your union. This expectation will now be the consolation of your father."


    Ich hab da gar nicht rausgelesen, dass es ums Heiraten geht, obwohl ich mir das eigentlich hätte denken können.

  • Kim: kann man davon ausgehen, dass das der Originaltext ist?


    Wenn, dann wäre meine Ausgabe am nächsten am Original, denn union heißt doch Vereinigung, Verbindung etc...?
    Wenn man dann union mit Hochzeit übersetzt, interpretiert man doch schon wieder alles mögliche in den Text und lässt dem Leser überhaupt keine Möglichkeit mehr, selbst zu interpretieren.


    So etwas ärgert mich immer ein wenig. :fetch

    LG
    Alisha

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    Good girls go to heaven, bad girls go everywhere! :-]
    (Jim Steinman)


  • Ich schätze doch, dass es der Originaltext ist, das ist es bei den Penguin Popular Classics an sich immer so. Steht auch hinten drauf: complete and unabridged


    Ich finde deine Version dann auch am gelungensten übersetzt.


    Ich hatte zunächst gedacht, der Mutter ginge es darum, dass ihre ältesten Kinder die Verantwortung für die Familie übernehmen und den Vater trösten. Denn im nächsten Satz fordert sie Elizabeth ja auch auf, für die jüngeren Kinder zu sorgen.


    Wenn man bedenkt, dass Frankenstein Elizabeth jetzt schon als die seine betrachtet, läuft es wohl irgendwie auf Hochzeit hinaus, aber dass es der ausdrückliche Wunsch der Mutter ist, hab ich so nicht gelesen.

  • Den Hinweis auf den Kapitän als Gegenpart zu den beiden Wissenschaftlern in Hinsicht auf ihre Verbissenheit finde ich sehr gelungen. Auf diese Idee wäre ich nicht gekommen.


    In meinen Augen spielt sich die Geshichte tatsächlich sehr schnell ab. Bereits in Kapitel 4 ist er auf dem Wege, wenn nicht schon am Ende, Leben zu erschaffen, nachdem er in seinen Studien weit fortgeschritten ist. Ich erkläre mit diese "Eile" der Autorin damit, dass sie ursprünglich nur eine kurze Geschichte verfassen wollte. Gleichzeitig gefällt es mir so eigentlich sehr gut, die Geschichte geht stringent und zielgerichtet vorwärts. Es werden nicht allzuviele ominöse Andeutungen späterer Ereignisse gemacht und trotzdem passieren immer wieder mal Wendungen, die ich mir so nicht erwartet hatte.


    Das Frankenstein sein Wissen, wie er Leben erschafft, nicht mitteilt ist für mich nachvollziehbar. Auch heute gelingt es nicht, aus Leichen Lebende zu machen. Die Autorin lässt diese Angelegenheit im Dunkeln, sie hätte sich mit einer wie auch immer gearteten These sicher dem Geschrei der Wissenschaftler und vermeintlich Wissenden ihrer Zeit ausgesetzt, und das ohne selbst naturwissenschaftlich studiert zu haben. Das Buch wäre mit seiner Intention, nämlich Furcht zu verbreiten, zu unterhalten und zu moralischen Überlegungen anzuhalten, sicherlich im Getöse und/oder Gelächter um diese eine Stelle untergegangen.


    Frankenstein selbst ist mir wenig sympathisch. Seine Art der Studienwahl behagt mir nicht, sein Einzelgängertum, seine intellektuellen Launen und seine Art die Familie zu vergessen, als er sich in sein großes Ziel vertieft. Und das er die Folgen seines Tuns nicht vorher bedenkt, finde ich bedenklich. Irgendwie finde ich ihn arrogant ohne es an Textstellen festmachen zu können.


    In meiner Version des Buches wird klar von einer Heirat gesprochen. Da ich mir von Elisabeth aber aus irgend einem Grund etwas Widerstand erwarte, höre ich noch keine Kirchenglocken läuten. Dafür laufen die Dinge im Buch nicht glatt genug ab. Eher erwarte ich ein dramatisches und/oder moralisches Ende der Geschichte.

  • Ich bin noch nicht durch mit diesem Abschnitt, möchte mich aber dennoch kurz zu Wort melden. Mir gefiel gut daß das Buch mit Briefen begann und dann als Tagebucheinträge fortgeführt wurde. Wir erfahren, daß sich der angehende Polarforscher sehnlichst einen Freund wünscht mit welchem er seine Gefühle/Vorfreude teilen kann. Dann taucht der geheimnisvolle Fremde mit dem Hundeschlitten auf und er schließt diesen von Tag zu Tag mehr ins Herz...
    Ich bin gespannt wie es weiter geht und werde mich heut noch mit dem Abschnitt beschäftigen :-)
    Die etwas blumige Ausdrucksweise hemmt meinen Lesefluß nur ein kleines bißchen, aber ich merke das ich nicht so schnell vorwärts komme wie sonst... :grin

  • Ich bin mit dem Abschnitt noch nicht ganz durch (erst die Briefe), deshalb habe ich eure vielen Statements noch nicht gelesen, aber in den Briefen schwingt schon eine unheilvolle Atmosphäre mit, dass man den eisigen Wind tatsächlich zu spüren meint. Im 18. Jahrhundert an den Nordpol zu reisen stelle ich mir allerdings auch nicht wirklich gemütlich vor... :grin


    Stilistisch finde ich die Herleitung auf die eigentliche Geschichte anhand der Briefe super, so ist sie gut eingebettet in einen größeren Rahmen.


    Ich lese übrigens auch die Penguin-Ausgabe im Original! :wave

  • Leider kann ich jetzt erst posten.Ich habe zur Zeit eine starke Erkältung und bin meist zu kaputt zum lesen.Ich habe die Insel Taschenbuchausgabe,mit einem Vorwort von Mary Shelley.Ich habe bisher leider nur die Briefe und bis Ende vom 2.Kapitel lesen können.
    Was mir als erstes Positiv auffiel war der Schreibstil der Autorin.Da ich weniger in Klassikern belesen bin,hatte ich keinerlei Probleme mit ihrem Schreibstil und ihrer Wortwahl.
    Bei den Briefen hat es mich schon an einigen Stellen etwas verwundert das Robert solche Ansprüche an einen Freund hat,ob er da wirklich nur einen guten Freund sucht oder etwas anders geneigt ist war mir nicht so klar.
    Zu Victor.Bisher las ich über seine Kindheit,seine "schwester" Elisabeth,die er als sein eigen ansieht.Das fand ich schon sehr krass das er sie als sein Eigentum ansieht.
    So das wars dann mal fürs erste von mir.

  • Das hab ich vergessen, ich hab auch die Insel Taschenbuchausgabe. Bin noch nicht wirklich weitergekommen, war zu müde gestern... Hoffe ich schaff heute den Abschnitt.

  • Auch ich habe jetzt den ersten Teil fertig gelesen und bin froh, daß sich ein lebenslanger Irrtum meinerseits aufgeklärt hat ...... Frankenstein ist nicht das Monster. :lache Ich weiß auch nicht, warum ich das immer geglaubt habe, ich habe mich wohl noch nie wirklich mit der Geschichte näher befasst.


    Die Einleitung mittels der Briefe hat mir sehr gut gefallen. Auch hätte ich mir durchaus vorstellen können, das gesamte Buch in dieser Form zu lesen.


    Walton erschien mir als ein etwas sprunghafter Mensch, sowohl in seinen Stimmungen als auch Handlungen. Er schwankte wohl sehr zwischen himmelhochjauzend und zu Tode betrübt. Auch seinen Wunsch, einen perfekten Freund zu haben, empfinde ich als sehr anspruchsvoll und kaum realisierbar. In seiner Beschreibung des Kapitäns und dessen Geschichte scheint dieser seinen Wunschvorstellungen eines Freundes zwar sehr nahe zu kommen, aber eben nicht vollständig.


    Frankenstein genießt eine sehr behütete Kindheit. Daß er Elizabeth als sein "Eigentum" betrachtet, kann ich ihm nicht wirklich verübeln. Sie wurde ihm ja quasi als Geschenk überreicht und das ein Kind dies natürlich falsch interpretiert, ist klar. Ich denke, als Erwachsener hat er sie so sicher nicht mehr betrachtet. Ich hatte eher das Gefühl, daß sich dann eine tiefe Zuneigung ( wenn nicht sogar die Anfänge einer Liebe ) zu ihr entwickelt.


    Die Studienjahre in Ingolstadt hätte ich mir auch etwas ausführlicher gewünscht. Wenn ich es richtig verstanden habe, hatte er eine recht gute Beziehung sowohl zu den Mitstudenten als auch zu Professor Waldman. Als Frankenstein dann seine Experimente begonnen und sich von seiner Umwelt zurückgezogen hat, hat sich scheinbar niemand Sorgen um ihn gemacht. Obwohl er doch so ein vielversprechender Student war, scheint seine Abwesenheit niemanden wirklich aufzufallen.


    Jetzt ist es jedenfalls vollbracht, das Experiment beendet. Ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte nun weitergeht.

  • Zitat

    Original von -Christine-
    Frankenstein genießt eine sehr behütete Kindheit. Daß er Elizabeth als sein "Eigentum" betrachtet, kann ich ihm nicht wirklich verübeln. Sie wurde ihm ja quasi als Geschenk überreicht und das ein Kind dies natürlich falsch interpretiert, ist klar. Ich denke, als Erwachsener hat er sie so sicher nicht mehr betrachtet. Ich hatte eher das Gefühl, daß sich dann eine tiefe Zuneigung ( wenn nicht sogar die Anfänge einer Liebe ) zu ihr entwickelt.


    Ich finde auch nicht, dass dieser Besitzanspruch für Elisabeth schlimm ist, da er sich (bis jetzt) nicht negativ äußert - beide sind einander sehr zugetan.


    Die Anfänge einer Liebe - aber ja doch! Es heißt an irgendeiner Stelle, dass sie sich im Vertrauen (später ja auch öffentlich) Cousin und Cousine nennen: wenn ich mich nicht irre, war es damals nicht unüblich, dass Cousins und Cousinen einander heirateten, deshalb nehme ich an, haben sie sich so genannt, quasi um eine Legitimation für ihre Liebe zu haben (auch, wenn sie keine blutsverwandten Geschwister sind, wäre es schließlich merkwürdig, den/die Geliebte(n) "Schwester" oder "Bruder" zu nennen).

  • Zitat

    Original von -Christine-
    Als Frankenstein dann seine Experimente begonnen und sich von seiner Umwelt zurückgezogen hat, hat sich scheinbar niemand Sorgen um ihn gemacht. Obwohl er doch so ein vielversprechender Student war, scheint seine Abwesenheit niemanden wirklich aufzufallen.


    Hat nicht sein Vater so was in der Art erwähnt das er alles zu vernachlässigen scheint, nicht nur den Kontakt zur Familie?
    Ich fand die "Besitzansprüche "auf Elisabeth jetzt auch nicht so schlimm, eher zeigt mit sein Verhalten ihr gegenüber eine tiefe Zuneigung.
    Die Studienjahre fand ich sehr nteressant, ich bin gespannt wie es weitergeht.

  • In dem Buch, das ich gerade lese (und auch abbrechen werde :rolleyes ) - "Die Blutlinie" von Cody McFadyen, taucht bezüglich Serienmördern folgende Bemerkung auf:


    "Die meisten dieser Monster werden von Menschen geschaffen, von Frankensteins Eltern."


    Ist das wieder diese Verwechslung, von der wir gesprochen haben, ein Übersetzungsfehler oder was?


    Ich fand es jedenfalls ulkig, dass in meinem nächsten Buch wieder Frankenstein auftauchte.


    :wave

  • Hallo Bell,


    schade, daß du nicht mehr mitliest. Aber ich kann es verstehen. Wenn mich ein Buch so sehr langweilt, lese ich es auch nicht zu Ende. Leserunde hin oder her.


    Übrigens habe ich Frankenstein schon beendet und auch in meinem jetzigen Buch ist er wieder aufgetaucht. Allerdings ist das jetzt nicht so ein ganz großer Zufall, da in diesem Buch - Die alltägliche Physik des Unglücks - sehr viele Literaturzitate vorkommen.
    Aber trotzdem - diese Leserunde scheint uns irgendwie zu verfolgen ;-)

  • Zitat

    Original von Kim_Meridian
    Robert Walton, der Briefeschreiber ist mir durchaus sympathisch, auch wenn ich nicht genau verstanden hab, welchem Zweck seine Reise dient. Er sucht nach Ruhm... Kann mir da jemand etwas helfen? Was will er eigentlich am Nordpol?


    Wenn ich es richtig verstanden habe, erhofft er sich Ruhm durch diese "Expedition", also er will Entdecker sein und dadurch berühmt werden, als erster (?) irgendetwas am/um/auf dem Nordpol zu entdecken. Oder so. :grin


    Zitat

    Original von Bell
    Mir fällt es leider schwer, mir vorzustellen, wie es zu der Besessenheit kam - das liegt wieder an der Komprimiertheit der Erzählung Frankensteins. Wo man heutzutage durch viele einzelne Episoden zu etwas hingeführt wird, erhält man hier rückblickend in raschem Tempo und m.E. wenig anschaulich eine Entwicklung geschildert, die nicht gerade alltäglich ist.


    Ich glaube, diese Besessenheit basiert zunächst auf einem riesigen Wissenshunger gepaart mit einem (übermäßigen) Ehrgeiz. Mir scheint es auch so, als wollte er vor allem sich selbst etwas beweisen und an zweiter Stelle erst den Ruhm der Wissenschaften erlangen.


    Zitat

    Original von Liesbett
    Das Frankenstein sein Wissen, wie er Leben erschafft, nicht mitteilt ist für mich nachvollziehbar. Auch heute gelingt es nicht, aus Leichen Lebende zu machen. Die Autorin lässt diese Angelegenheit im Dunkeln, sie hätte sich mit einer wie auch immer gearteten These sicher dem Geschrei der Wissenschaftler und vermeintlich Wissenden ihrer Zeit ausgesetzt, und das ohne selbst naturwissenschaftlich studiert zu haben. Das Buch wäre mit seiner Intention, nämlich Furcht zu verbreiten, zu unterhalten und zu moralischen Überlegungen anzuhalten, sicherlich im Getöse und/oder Gelächter um diese eine Stelle untergegangen.


    :write Ich halte das genau aus diesen Gründen auch für einen klugen Schachzug, hier keine Details zu beschreiben. So bleibt außerdem mehr Raum für die Fantasie & "Kreativität" (< hier gruselt es mich gerade selbst...) des Lesers.


    Zitat

    Original von -Christine-
    Als Frankenstein dann seine Experimente begonnen und sich von seiner Umwelt zurückgezogen hat, hat sich scheinbar niemand Sorgen um ihn gemacht. Obwohl er doch so ein vielversprechender Student war, scheint seine Abwesenheit niemanden wirklich aufzufallen.


    Das hat mich auch irritiert!

  • Zitat

    Original von nofret78


    Hat nicht sein Vater so was in der Art erwähnt das er alles zu vernachlässigen scheint, nicht nur den Kontakt zur Familie?



    Ja, sein Vater erwähnte so etwas in seinen Briefen. Allerdings war er doch sowohl bei den Professoren als auch den Mitstudenten hoch geschätzt war, schien es keinem aufzufallen, daß Frankenstein sich derart von seiner Umwelt entfernt hat.



    Zitat

    Original von Bell
    In dem Buch, das ich gerade lese (und auch abbrechen werde :rolleyes ) - "Die Blutlinie" von Cody McFadyen, taucht bezüglich Serienmördern folgende Bemerkung auf:


    "Die meisten dieser Monster werden von Menschen geschaffen, von Frankensteins Eltern."


    Ist das wieder diese Verwechslung, von der wir gesprochen haben, ein Übersetzungsfehler oder was?



    Könnte man das evtl. so interpretieren, daß das wahre Monster Frankenstein und nicht das von ihm geschaffene Monster ist ? Indem seine Eltern ihn geboren haben, haben sie ein Monster geschaffen .... :gruebel

  • Mit einiger Verspätung geselle ich mich nun zu der Leserunde!


    Der Beginn in Form von Briefen hat mich zunächst auch etwas vewirrt, weil der Zusammenhang zur eigentlichen Geschichte nicht gleich offensichtlich war. Trotzdem mag ich die Schreibe dieser Briefe, obwohl mir Mr. Walton zum Teil etwas naiv erscheint. Zumindest was seine Ziele anbelangt und den Wunsch nach einem Freund.


    Dr. Frankenstein wird dann Teil seiner Erzählungen und wir bekommen n den ersten vier Kapiteln, einen Abriss über sein Leben und seine geistige Entwicklung, die in der ein oder anderen Sackgasse endete. Sicher mangelte es in seiner Jugend auch an den entsprechenden Lehrern, der er in Person des Dr. Waldmeier in Ingolstadt erstmals begegnet.
    Sein Ehrgeiz über alle MAßen angestachelt, kommt er scheinbar dem Geheimnis des Lebens auf die Spur und sein viel erwähntes Schicksal nimmt seinen Lauf.


    Zitat

    von Bell
    Mich wundert übrigens, dass Ihr alle mit der Sprache keine Probleme zu haben scheint - sie ist zwar wirklich verständlich, aber mir macht diese aus heutiger Sicht altmodische Ausdrucksweise doch etwas zu schaffen (lese ich einfach zu selten). Ich empfinde die Erzählung auch als sehr verdichtet - in wenigen Zeilen wird oft sehr viel zusammengefasst und da muss ich erstmal überlegen, was eigentlich gemeint ist - so halte ich mich beim Lesen sehr auf, da ich Angst habe, etwas zu übersehen.


    Gerade diese ungewöhnliche Ausdrucksweise spricht mich sehr an. Wieviel mehr ist doch mit Worten auszudrücken, deren Gebrauch heute eher ungewöhnlich erscheint. Also kurz gesagt: "Futter für das Gehirn!"

  • Joschi : Du hast Recht, ich hatte mit der Sprache nur die ersten paar Seiten ein ganz kleines Problem.
    Was mir auch noch aufgefallen ist: mit Fortschreiten der Leserunde haben wir alle begonnen, ebenfalls etwas eigentümlich zu schreiben. :lache
    Ich weiß nicht, ob ich mir das nur einbilde...

    LG
    Alisha

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    (Jim Steinman)