HC oder Taschenbuch?

  • Hallo,


    ich habe mal eine Frage, die mir hoffentlich jemand beantworten kann:


    Wonach richtet es sich eigentlich, ob ein Buch als Hardcover oder Taschenbuch herausgegeben wird?


    In den USA zum Beispiel muß man ja fast schon nach Hardcovern suchen, weil das Gros der Bücher in Taschenbuchform erscheint.


    Lieben Gruß
    Baumbart

  • das sind in erster linie marktstrategische entscheidungen des verlags. meine ersten sachbücher wurden als tb veröffentlicht, vor 5 jahren hat der verlag entschieden auf hc umzustellen und damit höhere preise verlangen zu können, was letztlich auch mir zugute kommt, vor allem, da die verkaufszahlen nicht unter der umstellung gelitten haben.
    allerdings scheinen mir manche preise bei hc ausgaben deutlich überhöht zu sein, denn der herstellungspreis unterscheidet sich nicht so erheblich von tb ausgaben, ausser bei wirklichen großen druckmargen

  • Zitat

    Original von Baumbart
    Wonach richtet es sich eigentlich, ob ein Buch als Hardcover oder Taschenbuch herausgegeben wird?


    Einerseits die Umsatzerwartungen des Verlages, andererseits das vertraglich festgelegte Format.


    Bei sehr vielen Lizenzverträgen wird schon im Vertrag festgelegt, ob ein Buch als HC oder TB erscheint. Diese Entscheidung fällt -- abgesehen von Verträgen über Trademark-Lizenzen -- so gut wie nie aufgrund wirklich ökonomischer Kalkulationen, sondern meist nur auf der Basis eines kurzfristig entstandenen Hypes, bei dem mehrere Verlage sich solange gegenseitig überbieten, bis ihnen die Luft ausgeht.


    Ansonsten kannst du inzwischen davon ausgehen, daß das Taschenbuch sich zur Normalform entwickeln wird -- was bedeutet, daß für Autoren die Chancen, für ihre Arbeit adäquat bezahlt zu werden, weiter schwinden werden.
    HC-Veröffentlichungen enthalten nämlich die Chance zu Lizenzausgaben als TB, Auslandsausgabe oder Sonderausgabe; bei TB-Veröffentlichungen kümmert sich erfahrungsgemäß kein Schwein darum, was man noch aus dem Projekt rausholen könnte. Werbung gibt es im TB-Bereich überhaupt nicht mehr -- das Buch muß "sich selbst am Markt durchsetzen", lautet das Standardargument.


    Daß das alles massive Auswirkungen auf die Qualität der Veröffentlichungen haben wird und auch schon hat, kannst du dir sicher vorstellen.

  • Hallo Iris,


    allerdings kann ich mir das jetzt vorstellen.
    Wenn man das noch weiterspinnt, was Du gerade geschrieben hast:


    Zitat

    HC-Veröffentlichungen enthalten nämlich die Chance zu Lizenzausgaben als TB, Auslandsausgabe oder Sonderausgabe; bei TB-Veröffentlichungen kümmert sich erfahrungsgemäß kein Schwein darum, was man noch aus dem Projekt rausholen könnte.


    ...und ich das richtig verstehe, ist es demnach für Autoren, Verlage und Leser von Übel, wenn HCs immer weniger werden.


    Man bedenke auch, daß Bibliotheken doch gewiß HCs vorziehen würden, alleine aufgrund der Vielzahl der Leser, durch deren Hände ein zu lesendes Buch geht.


    Ich weiß noch, daß unsere kleine Bibliothek hier extra jemanden einstellte, der die Aufgabe hatte, TBs mit fester "Elefantenhaut" zu überziehen, damit die TBs wnigstens eine Weile unbeschadet überstehen.


    Im privaten Bereich bin ich selbst ja schon dazu übergegangen, lieber ein Buch ials Hardcover-Version zu kaufen, bei immerhin 4 potentiellen Lesern zuhause sehen TBs einfach nach geraumer Zeit zu unansehnlich aus!


    Zitat

    Werbung gibt es im TB-Bereich überhaupt nicht mehr -- das Buch muß "sich selbst am Markt durchsetzen", lautet das Standardargument.


    Wie jetzt? Es gab doch früher solche Neuerscheinungs- oder Gesamtverzeichnisheftchen, die die großen Verlage herausgebracht haben. Gibt`s die nicht mehr? Schon lange nicht mehr im Buchladen gewesen bin offenbar...:-)


    Lieben Gruß
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Iris
    Daß das alles massive Auswirkungen auf die Qualität der Veröffentlichungen haben wird und auch schon hat, kannst du dir sicher vorstellen.


    Welche Qualität meinst Du damit, die buchdrucktechnische oder die schriftstellerische?


    Warum sollte ein Autor schlechtere Bücher schreiben, wenn er weniger Geld für seine Arbeit bekommt? Schreiben ist doch nicht nur Tipparbeit, sondern auch eine geistige künstlerische Ausdrucksweise. Ich kann mir nicht vorstellen, dass gerade die in Abhängigkeit zum Bankkonto steht.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Baumbart
    ...und ich das richtig verstehe, ist es demnach für Autoren, Verlage und Leser von Übel, wenn HCs immer weniger werden.


    Für Autoren und Leser ja -- für Verlage nein, denn die lutschen dann die teuren Lizenzwaren bis zur letzten Vermarktungsschiene aus (siehe WeltBILD-"Bibliothek").


    Zitat

    Man bedenke auch, daß Bibliotheken doch gewiß HCs vorziehen würden, alleine aufgrund der Vielzahl der Leser, durch deren Hände ein zu lesendes Buch geht.


    Hier gibt es die Möglichkeit, einerseits eine kleine Teilauflage als Bibliotheksausgaben binden zu lassen, oder die Bibliotheken bekommen den "Druckblock" samt Cover und lassen ihn beim Buchbinder selbst fest binden.
    Aber die öffentlichen Bibliotheken verarmen derzeit sowieso, insofern erledigt sich das Problem von alleine.


    Zitat

    Wie jetzt? Es gab doch früher solche Neuerscheinungs- oder Gesamtverzeichnisheftchen, die die großen Verlage herausgebracht haben.


    Das schon, aber diese Form von "Werbung per Gießkanne" ist völlig ineffektiv. Das Wichtigste ist heute eigentlich der aktive Verkauf der Bücher durch die Verlagsvertreter an die Buchhändler. Die Vertreter haben allerdings kaum Zeit, sich um mehr zu kümmern als um die Spitzentitel im HC.
    Rezensionen (auch und gerade in den Magazinen des Buchhandels) beschränken sich ebenfalls weitgehend auf HCs aus Publikumsverlagen.


    Wenn die Entwicklung so weitergeht, daß sich diese Verlage im HC-Bereich auf einen kleinen Stamm Hausautoren und ansonsten auf horrend teure Trademark-Lizenzen beschränken, ist die Produktion von "Bestsellern" über gezieltes Schmalspurmarketing garantiert, während alles weitere hintenrunterfällt.


    Ich sag mal so: Wir leben in einem Land, in dem in jedem Supermarkt zig Sorten Waschmittel angeboten werden -- der Kunde ist also frei in seiner Entscheidung, welchem Produkt er den Vorzug gibt.
    Ist eigentlich noch niemandem aufgefallen, daß diese Produkte von zwei Konzernen produziert werden und sich (bis auf rare Ausnahmen!) nicht in der Zusammensetzung der Wirkstoffe, sondern einzig und allein in der Duftnote unterscheiden?
    Die angebliche Vielfalt ist eine reine Äußerlichkeit.

  • Zitat

    Original von Iris


    Ich sag mal so: Wir leben in einem Land, in dem in jedem Supermarkt zig Sorten Waschmittel angeboten werden -- der Kunde ist also frei in seiner Entscheidung, welchem Produkt er den Vorzug gibt.
    Ist eigentlich noch niemandem aufgefallen, daß diese Produkte von zwei Konzernen produziert werden und sich (bis auf rare Ausnahmen!) nicht in der Zusammensetzung der Wirkstoffe, sondern einzig und allein in der Duftnote unterscheiden?
    Die angebliche Vielfalt ist eine reine Äußerlichkeit.


    Oh doch, natürlich...und nicht nur in dem Bereich...bei Waschmaschinen-Herstellern gibt es m.W. nur deren drei....und die liste läßt sich endlos forsetzen. Wir hatten auch mal irgendwo eine Übersicht über solche Dinge....nur, WO hab ich die gleich noch?....:gruebel


    Über den Rest Deines Beitrags muß ich erst noch nachdenken...dann kommt gewiß noch die eine oder andere Nachfrage...*androh*...;-)


    :wave
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Iris


    HC-Veröffentlichungen enthalten nämlich die Chance zu Lizenzausgaben als TB, Auslandsausgabe oder Sonderausgabe; bei TB-Veröffentlichungen kümmert sich erfahrungsgemäß kein Schwein darum, was man noch aus dem Projekt rausholen könnte.


    @Iris...oder wer auch immer:


    Habe ich das richtig verstanden, dass nur, wenn ein Buch mal als HC erschienen ist, die Rechte irgendwann weitergegeben werden dürfen, daß der gleiche oder ein anderer Verlag es auch als Taschenbuch herausgeben darf...es übersetzt im Ausland erscheinen darf...und mit Sonderausgaben meinst Du wohl das, was Droemer/Knaur jetzt gerade mit einigen historischen Büchern im Herbst macht?


    Gruß
    Baumbart

  • Hallo, Baumbart.


    Zitat

    Habe ich das richtig verstanden, dass nur, wenn ein Buch mal als HC erschienen ist, die Rechte irgendwann weitergegeben werden dürfen, daß der gleiche oder ein anderer Verlag es auch als Taschenbuch herausgeben darf...es übersetzt im Ausland erscheinen darf...und mit Sonderausgaben meinst Du wohl das, was Droemer/Knaur jetzt gerade mit einigen historischen Büchern im Herbst macht?


    Nein, es passiert nur bei TB-Erstveröffentlichungen ausgesprochen selten(er). Bei Hardcover-Erstveröffentlichungen hängt es vom Vertrag ab - i.d.R. hat der Verlag das Recht, die TB-Zweitveröffentlichung und andere Rechte zu verkaufen, bei TB-Erstveröffentlichungen bleiben solche und vergleichbare Rechte im Regelfall (hängt aber vom Vertrag ab) beim Autor. Hardcover ist ökonomisch riskanter (für den Verlag), lohnt sich aber manchmal eben über diese Rechte. Der Verlag Ruetten&Loenig (Aufbau-Verlagsgruppe) hat im vorletzten Frühjahr diese Effenberg-Bio rausgebracht, die sich anfangs wie Feuer verkaufte, und in dieser Zeit wurden die TB-Rechte an Lübbe verscheuert - das TB ist relativ rasch (6 Monate Abstand) erschienen, verkaufte sich dann aber fast überhaupt nicht mehr (im Gegensatz zu Bohlens "Erstling", der sich auch als TB noch gut verkaufte). Aufbau hat auf diese Art das Maximum rausgeholt, und Lübbe stand ein bißchen Neese da, wie wir in Berlin sagen. :grin

  • Hallo Tom,


    ah ja..."Neese dastehen" heißt dann wohl soviel wie gelackmeiert, angeschmiert etc.....:-)


    Noch eine interessierte Frage: wieviel Verlage gibt es überhaupt in Deutschland? Hat da jemand Zahlen, eine Liste o.ä.?


    Nee, ich schreib keine Diplomarbeit...interessiert mich einfach so mal... :grin


    Morgana oder Wolke:


    sorry, hatte auch nicht die Such-funktion benutzt, bevor ich diesen Thread angeleiert hab...Asche auf mein Haupt.


    Vielleicht mögt Ihr mit Diesem Thread zusammenlegen?


    gruß
    Baumbart

  • Liebe Iris, Ihr lieben anderen,


    Iris , ich habe auf dem Gebiet TB andere Erfahrungen gemacht als du. Im Herbst erscheint bei Rowohlt mein neuer Roman als TB. Ich habe ihn auf der Vertreterkonferenz selbst vorgestellt und bin erstaunt, wie viel Werbung der Verlag jetzt schon dafür macht. Es gab 600 Leseexemplare, Lesereisen sind geplant, Messeauftritte, sogar Hörfunk. Und das alles für ein TB.
    Ein anderes TB von mir ist als Lizenzausgabe bei einem anderen Verlag erschienen.
    Im HC-Bereich war die Werbung weitaus geringer.


    @Doc, ich kann für mich sagen, dass das Honorar schon ein bisschen im Zusammenhang mit der Qualität der Arbeit steht. Wenn ich nur die fiktive Summe von 5.000 EUR für einen Herz-Schmerz-Roman bekomme, mich obendrein noch selbst kranken-, renten- usw. versichern muss, dann muss dieses Ding in einer bestimmten Zeit geschrieben sein. Monatelange Recherchen oder Korrekturen kann ich mir schlicht nicht leisten. Es gibt für mich einen enormen Unterschied zwischen "Broterwerbs-Büchern" und Büchern, die ich schreibe, weil ich sie gern schreiben möchte.

  • Zitat

    Original von Ines
    Es gibt für mich einen enormen Unterschied zwischen "Broterwerbs-Büchern" und Büchern, die ich schreibe, weil ich sie gern schreiben möchte.


    Das ist verständlich und darum ging es mir mit meiner Frage auch gar nicht. Herzschmerz-wahre-Geschichte-Massen-Abfertigung ist aber tatsächlich nix anderes, als schriftstellerisches Söldnertum und sollte sicherlich auch nicht in einen Topf mit "echten" Werken eines Autors vermengt werden. Und um die ging es mir dabei eigentlich auch nur. Denn da kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass ein Honorar Einfluss auf die abgelieferte Qualität nehmen kann, denn da will ich doch als Autor etwas abliefern, das mir am Herzen liegt.


    Danke Ines für die Antwort.


    Gruss,


    Doc