Gebundene Ausgabe: 607 Seiten
Verlag: Wißner (Februar 2009)
Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung
An einem ganz normalen Morgen findet Arend einen Zettel an seinem Kühlschrank, auf dem der 20. August notiert ist. Da er allein wohnt und in seinem Terminkalender nichts für diesen Tag vorgemerkt ist, bleibt Arend ratlos. Was hat es mit dem Datum auf sich?
Anlässlich dieses Mysteriums reist Arend gedanklich in die Vergangenheit und erinnert sich daran, dass er bereits im Alter von 10 Jahren ähnliche Zettel erhalten hat, welche er sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht erklären konnte. Zudem umgibt Arend ein Geheimnis. Bereits in jungen Jahren hat er gelernt, den Regen zu beherrschen, so dass dieser auf seinen Wunsch hin zu fallen beginnt. Mittlerweile nutzt er das auch beruflich und sorgt bei einer Agrarfirma auf den Feldern jeweils für das richtige Wetter. Dann trifft er auf Neele, eine Frau in seinem Alter, die ihm ein Rätsel ist. Wenn sie in seiner Nähe ist, kann er den Regen nicht –wie sonst – problemlos herbeirufen. Was hat es mit ihr auf sich? Und was wird am 20. August passieren?
Zur Autorin
Antonia Michaelis wurde 1979 in Kiel geboren. Ihre Kindheit und Jugend verlebte sie in Augsburg, wo sie im Alter von fünf Jahren bereits anfing zu schreiben. Nach dem Abitur arbeitete sie in Südindien ein Jahr lang als Lehrerin. In Greifswald studierte sie anschließend Medizin, trieb sich zwischendurch ein wenig in Nepal, Peru und Ghana herum, und begann Geschichten für Kinder und Jugendliche zu veröffentlichen. Heute lebt die Autorin mit Mann, kleiner Tochter und 3000 Quadratmeter Brennnesseln in der Nähe der Insel Usedom. Hühner besitzt sie allerdings keine.
Meine Meinung
Mit einer oft sehr bildhaften Sprache, die ohne große Schwierigkeiten Bilder vor dem Inneren Auge entstehen lässt, umschreibt Antonia Michaelis, bisher als Kinderbuchautorin von Titeln wie »Die Nacht der gefangenen Träume« bekannt, ihren ersten Roman, der sich vor allem an erwachsene Leser wendet. Mit Arends Fund des Zettels an seinem Kühlschrank gelingt ihr ein Einstieg, der sofort Fragen aufwirft und Leser mit diesen an das Buch und das Fortkommen der Handlung bindet. Denn wer möchte nicht wissen, was mit Arend am 20. August passiert wird? Die Geschichte befasst sich nicht nur damit, sondern reicht bis in die Vergangenheit des jungen Mannes, so dass Antonia Michaelis Kinder als Protagonisten nicht gänzlich hinter sich lässt. Bereits im Alter von vier Jahren bemerkte Arend Sonderbares in seiner Umgebung, es begann auf seinen Wunsch zu regnen und er fand – so erinnert er sich nun mit Auffinden des Zettels – bereits damals Nachrichten, die ohne Absender an ihn gerichtet werden.
Schon nach kurzer Zeit tritt Neele in sein Leben und man merkt, dass das Schicksal der beiden miteinander verbunden ist. Auch sie betrachtet ihre Erinnerungen näher, gibt Einblicke in ihre Gedankenwelt. Einige Situationen werden aus beiden Blickwinkeln betrachtet, beispielsweise die Beerdigung, auf der sich Neele und Arend das erste Mal gegenseitig wahrnehmen. Bereits innerhalb der Titel der Kapitel wird jeweils deutlich, aus welcher Perspektive es erzählt wird und wie es sich zeitlich einordnen lässt. Dadurch verliert man trotz der beiden unterschiedlichen Personen und verschiedenen Zeiten nie den Faden. Zusätzlich wird die Verbundenheit von Neele und Arend an einigen Stellen durch Parallelitäten und gleiche Formulierungen in der Sprache deutlich. Manche Pointe mag man schon vor den beiden ahnen, Einiges bleibt bis zum Ende in Andeutungen verborgen, und dann gibt es solche Dinge, die letztlich überraschen. Es entsteht eine gelungene Mischung, in der man deutlich merkt, dass Neele Arend eigentlich schon ihr ganzes Leben lang miteinander verbunden waren, es aber nicht realisiert haben.
Gespielt wird vor allem mit Traum und Realität, die auf mancher Seite fließend ineinander übergehen, was nicht immer reibungslos abläuft. Manchmal kann man die Verwirrung, in der sich einer der Protagonisten befindet, am eigenen Leib spüren. Passiert die beschriebene Szene wirklich, gibt es sie nur in der Einbildung von Arend? Mit diesen Fragen spielt Antonia Michaelis geschickt bis zur letzten Seite.
Kleine Bilder sind immer wieder in den Text eingewoben und auch die pfiffigen Überschriften für die einzelnen – insgesamt recht langen – Kapitel machen neugierig. Was sich wohl hinter „Das Ende eines Wollknäuels“ verbirgt? Ähnlich originell ist die Tatsache, das Arend vom Vorbesitzer seiner Wohnung ein Huhn geerbt hat, welches noch nie ein Ei gelegt hat. Wie ein Schoßhund folgt es ihm an der Leine, frisst liebend gern Schoko-Müsli und sorgt bei einigen Menschen, auf die Arend trifft, für Verwirrung. Ja, der Autorin gelingt es, dass einem als Leser nicht nur Arend und Neele ans Herz wachsen – auch das Huhn möchte man am Ende nicht mehr missen!
Fazit
Eine gelungene Geschichte, die ein sehr rundes Gesamtbild abgibt. Witz und ernste Fragen kommen hier zusammen und stimmen so nachdenklich, während sie gleichfalls unterhalten.
Bewertung
8,5/10 Punkten