Auch wenn es keine Autobiographie im klassischen Sinn ist, würde ich es am ehesten in diese Rubrik sortieren, deshalb ist die Rezi jetzt hier zu finden.
OT: Il sistema periodico
Kurzbeschreibung:
Angeordnet wie die chemischen Elemente lässt Primo Levi noch einmal die entscheidenden Stationen seines Lebens an sich vorüberziehen: die Jugend in Turin, die ersten Liebschaften, Mussolinis "Rassengesetze", Auschwitz, die Zeit nach dem Krieg und die Kämpfe um die Rückkehr zur Normalität.
Über den Autor:
Primo Levi wurde 1919 als Sohn jüdischer Eltern in Turin geboren. Er studierte Chemie und promovierte 1941. Als Mitglied einer piemontesischen Partisanengruppe wurde er 1943 verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Nach seiner Repatriierung arbeitete er in der chemischen Industrie, zuletzt als Direktor einer Fabrik. 1977 zog er sich aus dem Berufsleben zurück, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Bis zu seinem Tod 1987 lebte Levi in Turin. Für sein Leben und sein schriftstellerisches Werk, das ihm internationalen Ruhm eintrug, wurden die Erfahrungen des Konzentrationslagers und des Dritten Reiches zum prägenden Zentrum.
Meine Rezension:
Es fällt mir schwer, ein Buch von 265 Seiten zu rezensieren, für das ich fast zwei Wochen gebraucht habe, um es zu lesen und die unterschiedlichsten Empfindungen in mir geweckt hat. Von Interesse, Spannung und Mitgefühl bis zu Enttäuschung, Wut und und Unverständnis rühren die Emotionen, die mich bei der Lektüre begleitet haben.
Anders als es die Kurzbeschreibung vermuten lässt, handelt es sich hierbei mitnichten um eine Autobiographie des großen italienischen Schriftstellers, sondern vielmehr um 21 Episoden aus seinem Leben oder dem anderer Personen, die in engerem oder weiterem Zusammenhang mit der Arbeit als Chemiker oder einzelnen chemischen Elementen stehen. Im Nachhinein ergibt sich durchaus ein Gesamteindruck von dem Menschen Levi, auch wenn die Zusammenhänge während des Lesens nicht immer greifbar sind. Prägende Ereignisse wie seine Zeit in Auschwitz werden genauso konsequent wie detailliert nur anhand eines chemischen Elements berichtet wie einzelne kleine Episoden aus seinem Arbeitsalltag in einer Farbenfabrik. Die politische Situation und die Schrecken des Krieges werden dabei weitgehend außen vor gelassen, zu welcher Zeit die Episode spielt, lediglich an kurzen Randnotizen deutlich. Vielen Episoden haftet eine merkwürdige Surrealität an, die stellenweise dazu verleiten, an der Authentizität des Beschriebenen zu zweifeln, auch wenn das Leben tatsächlich immer die merkwürdigsten Geschichten schreibt.
Der rote Faden ist durchaus da, wird aber erst zum Ende hin immer klarer erkennbar. Vielleicht müsste man vor der Lektüre dieses Buches andere Werke Levis über seine Zeit in Auschwitz ("Ist das ein Mensch?") oder seine Heimkehr nach Italien ("Die Atempause") lesen, um diese wichtigen Stationen seines Lebens zu kennen und so ein Gesamtbild zu erhalten. Nichtsdestotrotz ist Levis Sprache und seine Gedanken zu den unterschiedlichsten Themen, vor allem die über das Wesen des Menschen hochinteressant und regen zum Nachdenken an. Vielleicht ist "Das periodische System" nicht der beste Einstieg in Levis Werk, aber es hat mich neugierig gemacht, noch mehr von ihm zu lesen, insbesondere die Bücher, die sich mit den hier "vernachlässigten" autobiographischen Ereignissen beschäftigen.
Mit einer Punktebewertung tue ich mich in diesem Fall sehr schwer, ich vergebe letztendlich 7 Punkte, allerdings mit dem Hinweis, dass ich das Buch mit falschen Erwartungen begonnen habe.
Zu dem Buch gibt es eine gemeinsame Leserunde, die >HIER< zu finden ist.