“What if you do discover the truth, and the truth shatters your life? (...) What will you do then?“ * (Seite 112)
416 Seiten, gebunden
Aus dem Amerikanischen von Ilona Mahel
Verlag: Gerth Medien GmbH, Aßlar 2010
ISBN-10: 3-86591-417-9
ISBN-13: 978-3-86591-417-0
Die Bände der Trilogie „Acts of Faith“:
1) Die Frau des Zenturio
2) Die Flamme der Hoffnung - Davis Bunn / Janette Oke
3) The Damascus Way - Davis Bunn / Janette Oke
Kurzinhalt / Klappentext
Nach dem Verlust von Reichtum und Ansehen der Familie kommt Leah als Dienerin in den Haushalt des Pilatus, um verheiratet zu werden.
Als Kommandant der Garnision in der Nähe von Galiläa, hat Alban Ambitionen auf mehr Macht, vielleicht sogar eines Tages in Rom. Durch eine „passende“ Heirat will er seine Aufstiegschancen erhöhen.
Pilatus und Herodes werden von Gerüchten über den fehlenden Leichnam eines gekreuzigten jüdischen Rabbi alarmiert. Besteht eine Gefahr für Rom? Pilatus beauftragt den Centurion Alban, die Sache zu untersuchen. Als Lohn für seine erfolgreichen Bemühungen wird ihm die Hand von Leah versprochen. Die wiederum wird von Procula, der Gattin des Pilatus, mit der Aufgabe, die Anhänger dieses Jesus auszuspähen, losgeschickt. Leah hat keine Wahl. Weder kann sie ihre Aufgabe ablehnen noch sich gegen die unerwünschte Heirat wehren.
Doch am Ende ist nichts, wie es am Anfang schien. Leah und Alban gezwungen, nach Antworten zu suchen, werden durch das, was sie entdecken, verändert. Denn was sie herausfinden, ist zutiefst verstörend.
Anmerkung zur Einordnung und Rezi
Es fiel mir schwer, das Buch einer der hier im Forum verwendeten Einteilungen zuzuordnen. So eindeutig wie „Der Schatten des Galiläers“ in die Rubrik „Sachbuch-Religion“ gehört, so un-eindeutig gehört dieses Buch, trotz teilweise ähnlicher Herangehensweise an die Thematik, in irgendeine der vorhandenen Genreeinteilungen. Ich habe mich letztlich für „Historische Romane“ entschieden, u. a. wegen der Ausführungen in diesem Thread, der Verlagsangabe zur Warengruppe „Historical Fiction“ sowie der Definition von „historischer Roman“ in Wikipedia, die für meine Begriffe eindeutig auf dieses Buch paßt.
Das ist jetzt ziemlich lang geworden. Aber das Buch hat mir so gut gefallen, daß ich nicht weiß, was ich noch herausstreichen soll. Wer es kürzer mag, der sei auf die Rezension in „Publishers Weekly“ verwiesen, die auf der unten verlinkten Sonderseite zum Buch zu finden ist, und das Buch recht gut trifft.
Über die Autoren
Janette Oke (geb. 1935) ist eine kanadische Autorin. Sie hat am Mountain View Bible College in Didsbury, Alberta sudiert, wo sie auch ihren Mann kennenlernte, der später dort der Präsident dieses College wurde. Ihre vier Kinder sind erwachsen.
Sie hat über 75 Bücher geschrieben, die teilweise hohe Auflagen erreichten und verfilmt wurden.
Sie erhielt mehrere Auszeichnungen und Preise, u. a. den President's Award der Evangelical Christian Publishers Association und den CBA Life Impact Award für ihren Beitrag zur Christian fiction.
- < Klick > - da geht es zur Homepage der Autorin (in englischer Sprache)
- < Klick > - hier der Artikel im englischen Wikipedia
- < Klick > - hier noch die Seite bei fantasticficion.co.uk (in englischer Sprache)
T. Davis Bunn, geb. 1952, ist ein amerikanischer Autor. Seine Bücher haben über sechs Millionen Exemplare verkauft und sind in insgesamt 15 Sprachen erschienen. Er war auch als Finanzexperte in Amerika, Europa sowie dem Nahen Osten tätig. Er erhielt drei Mal den Christy-Award für excellence in historical and suspence fiction. Zusammen mit seiner Frau lebt er in Oxford/England.
Er hat auch unter dem Pseudonym „Thomas Locke“ veröffentlicht.
- < Klick > - da geht es zur Homepage des Autoren (in englischer Sprache)
- < Klick > - hier der Artikel im englischen Wikipedia
- < Klick > und auch hier die Seite bei fantasticfiktion.co.uk (in englischer Sprache)
- < Klick > - hier die Sonderseite zum Buch auf der Website von Janette Oke, unter „Resources“ sind u. a. Reading Guides sowie eine Leseprobe abrufbar.
- < Klick > hier schließlich ein Blog zur Entstehung des Buches sowie weitere Hintergrundinformationen (in englischer Sprache)
Meine Meinung
„Don't you get me wrong - Only want to know“ - so singt Judas im Refrain von „Superstar“ (aus „Jesus Christ Superstar“). Ein gutes und passendes Motto auch für dieses Buch, denn genau darum geht es.
Etwa 33 n. Chr. Kurz nach dem Passah-Fest in Jerusalem, vor dem drei Delinquenten gekreuzigt wurden. Über einen dieser drei sind nun unglaubliche Gerüchte im Umlauf. Anstatt daß die Unruhen um seine Anhänger mit der Hinrichtung ein Ende haben, scheint es unvermindert weiterzugären. Pilatus muß wissen, ob eine Revolte geplant wird, ob die Römische Herrschaft in Gefahr ist. Ein Vertrauter mit Sondervollmachten soll, offen oder verdeckt, wie es gerade erforderlich ist, ermitteln. Um diesen anzuspornen und auch unter Druck zu setzen, einigt sich Pilatus mit seinem neuen „Freund“ Herodes darauf, daß dieser Centurion Leah zur Frau bekommt, sobald er die gewünschten Auskünfte geliefert hat.
Leah ist eine „an-adoptierte“ Nichte aus einer verarmten Familie die als Dienerin für Pilatus’ Frau Procula ins Haus kam, um später „passend“ verheiratet zu werden. Procula wiederum wird seit dem Prozeß und der Kreuzigung Jesu von Alpträumen und Kopfschmerzen geplagt. Auch sie will wissen, ob es eine Bedrohung für Rom (damit für ihren Mann und demzufolge auch für sie) gibt. Sie schickt Leah als Spionin zu den Anhängern des toten Propheten, um sich umzuhören und zu berichten.
Im Folgenden entspinnt sich eine Handlung, wie sie vielleicht gewesen sein könnte, denn mit Sicherheit sind die Gerüchte über Jesu Auferstehung Pilatus zu Ohren gekommen und irgendwie wird er darauf reagiert haben.
Um damit zu beginnen: bisweilen empfand ich die teilweise moderne Sprache als störend bzw. unangemessen. „Avignon“ (Seite 59) wurde in römischer Zeit „Avennio“ genannt. Ob es in den Legionen einen „sergeanten“ (Seite 62) gab, sei mal dahingestellt. Und ob Maria Magdalena von ihren Gefährten genau so angesprochen und tituliert wurde, will ich jetzt auch nicht ausdiskutieren. Zumindest in diesem Falle kann man einwenden, daß der Einfachheit und des besseren Verständnisses wegen ein uns heutigen geläufiger Name Verwendung fand. Ein Nachwort, in dem solche Dinge kurz angesprochen und eingeordnet werden, wäre hilfreich. Um auch das zu erwähnen: die Figuren haben wenig Schattenseiten. Die Anhänger Jesu sind fromm, Leah und Alban „edel und gut“.
Was folgt, war eine teils vorhersehbare (wenn man die Beziehung von Alban und Leah betrachtet), teils zum Nachdenken anregende Geschichte um die Ereignisse von Tod und Auferstehung Jesu. Es laufen zwei Handlungen mehr oder weniger parallel, die sich im Verlauf des Buches beginnen zu kreuzen, um am Ende zusammenzufinden. Es treten verständlicherweise viele Gestalten auf, die aus den Neuen Testament bekannt sind. Dabei werden, wie nicht anders zu erwarten, die Berichte aus dem NT als historische Ereignisse angesehen, die entsprechend verarbeitet sind.
Leah wird von Procula gegen ihren Willen als Spionin ausgeschickt. Doch sie hat keine Wahl, genausowenig wie sie sich gegen die Verheiratung mit einem ihr bis dato unbekannten Mann wehren kann.
Dieser Mann ist Alban. Er ist Centurio und der Verantwortliche in Galiläa. Es ist derselbe Hauptmann aus Carfarnaum, der im Neuen Testament erwähnt wird, weil sein Diener von Jesus geheilt wurde. Auch dieser (der Diener) taucht auf, ein zwölfjähriger Junge namens Jakob. Er (Alban) wird zu Pilatus einbestellt, der ihn mit der schon genannten Aufgabe betraut. Er hat sich dafür „qualifiziert“, weil er um die Hand von Leah angehalten hat. Als Nichte des Pilatus verspricht er sich von der Verbindung einen Schub für sein berufliches Fortkommen. Pilatus und Herodes bestehen auf einer jüdischen Hochzeit, weil Leahs Großmutter Jüdin war. Und sie so ein probates Druckmittel gegen ihn in der Hand haben: Verlobung sehr bald, aber die eigentliche Hochzeit erst, wenn er seine Aufgabe zur Zufriedenheit erfüllt hat.
So verfolgen wir beide - Alban wie Leah - bei ihren Ermittlungen und Berichten an Pilatus bzw. Procula. Sicher werden im Buch die Berichte des NT dazu als Wahrheit vorausgesetzt. Interessant fand ich jedoch, wie die beiden an ihre Aufgabe herangingen. Er, zwar von gallischer Geburt, im Denken jedoch Römer durch und durch (na ja, fast jedenfalls); sie mit jüdischer Großmutter aus einer Familie kommend, in der weltliche Güter alles waren und die sich ihrer Herkunft mehr als unsicher ist. Wir begleiten Alban bei seinen Gesprächen mit den Augenzeugen: Joseph von Arimathäa, Caiaphas, dem Hauptmann, der die Kreuzigung überwachte oder auch einem der Grabwächter. Im Verlaufe seiner Untersuchungen kommt er immer tiefer mit der Gedankenwelt des Juden- und frühen Christentums im Berührung, und wird davon berührt. Dabei ist mir eine Stelle besonders aufgefallen, weil so selbstverständlich, daß man nie drüber nachdenkt. Es heißt auf Seite 276 (Alban im Gespräch mit Caiaphas, dem er diese Frage stellt, welche im Buch unbeantwortet bleibt):
"My question ist this: Who, stealing a dead body, with Roman guards nearby, would stop to fold a cloth and leave it behind? Thieves are always in a hurry, even when not being pressed for time by guards of Rome. Yet someone did this. ... Unusual, don’t you think? It puzzles me."**
Das ist allerdings in der Tat ein ungewöhnliches Detail.
Ein Ähnliches geschieht mit Leah, die irgendwann ihren Auftrag von ihren persönlichen Interessen nicht mehr so recht trennen kann.
Ich kann nun nicht das ganze Buch hier behandeln, nur eine Stelle will ich noch erwähnen. Seit meiner Jugend gibt es ein Sonntagsevangelium, daß mich - sorry - einfach nur nervt. Ostermontag. Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Das kostet jedes Jahr Überwindung im Gottesdienst. Hier, in diesem Buch, kommt diese Begebenheit auch vor. Erzählt von einem der beiden, der das Leah berichtet. Oh je dachte ich. Aber nichts dergleichen. Plötzlich wurde die von mir so ungeliebte Stelle zu einer äußerst spannenden und lebendigen Geschichte. Vielleicht bedarf es bisweilen doch einer moderneren, zeitgemäßen Sprache, um alte Begebenheiten nahe zu bringen.
Zu Alban und Leah will ich noch sagen,
Über große Teile des Romans fand ich die Distanz zu den Ereignissen recht gut gewahrt und hatte das Gefühl, eine wirkliche Suche nach den Fakten mitzuerleben. Je mehr jedoch die beiden Protagonisten selbst hineingezogen wurden, um so mehr ging diese Distanz verloren, so daß es am Ende in die evangelikale Richtung ging. Das hat mich nicht gestört, hat auch zu den Figuren gepaßt, man sollte es nur wissen und im Hinterkopf haben.
Alles in allem habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Über viel zu wenige Lesestunden hinweg habe ich Alban und Leah auf ihrer Suche nach der Wahrheit hinter den Gerüchten begleitet, dabei die aus dem NT bekannten Geschehnisse aus einer anderen Perspektive betrachtet und so manchen Denkanstoß erhalten. Eine ohnehin Gläubiger braucht ein solches Buch nicht (bzw. wird sich in seiner Überzeugung bestätigen lassen), ein aus Prinzip oder Überzeugung Ungläubiger wird damit sowieso nichts anfangen können. Für alle anderen bzw. die, welche sich unsicher sind, mag das Buch Anregung zum Nachdenken, auch mal abseits der ausgetretenen Pfade, sein. Die Quintessenz steht für meine Begriffe auf Seite 349, als die lautet:
“They all are afraid, Leah. The high priest, the Sanhedrin, Hero, along with Pilate - all are afraid of Jesus. Even if they will not admit even silently that he is alive, they are afraid of what he represents. Of what his followers believe about him And most of all they are afraid of losing power.“***
Indem wir den Protagonisten auf ihrer Suche folgen, nicht mehr erfahren, als sie selbst durch ihre Recherchen herausbekommen, und das zentrale Ereignis, die Auferstehung, auch hier ein Mysterium, das nicht erklärt werden kann, bleibt, müssen wir uns dieselben Fragen stellen, wie Leah und Alban, und das noch ohne die zeitliche Nähe zu den Geschehnissen.
Irgendetwas muß damals passiert sein. Etwas Nicht-faßliches, etwas Nie-dagewesenes, etwas, was sich dem „normalen“ rationalen Leben und Denken entzieht. Sonst wäre die Bewegung, die ins Christentum mündete, bald nach dem Tod ihres „Gründers“ im Sande verlaufen. Ist sie aber nicht. So bleibt, auch am Ende dieses Buches, es jedem selbst überlassen, die Konsequenzen für sich zu ziehen. Was heißt es, was bedeutet es (für mich), wenn das, was überliefert ist, den Tatsachen entspricht. Oder, wie Alban es auf Seite 278 direkt ausspricht:
“But I am increasingly drawn to wonder if this might - just might - have happened. What would you call such a man? A prophet? Or something more?“ ****
Kurzfassung:
Was geschah wirklich nach der Kreuzigung Jesu. War er tot, ist er es, wo ist seine Leiche? Wir begleiten den Centurion Alban und die Dienerin Leah bei ihrer Suche nach der Wahrheit, beim Zusammentragen der Indizien für oder gegen die umlaufenden Gerüchte. Über weite Strecken eine Mischung aus historischer Detektivgeschichte mit Abenteuerelementen (Aktion der Römer gegen Straßenräuber, Attentatsversuch auf Alban), geht es dem Leser am Ende wie den Protagonisten: man muß abwägen, ob die Berichte, die Menschen glaubwürdig sind oder nicht. Und wie sie eine Entscheidung treffen.
(Die Übersetzungen der englischen Zitate finden sich im nächsten Post.)
Edit. Bibliotraphische Angaben ergänzt.
.