Franziskus

  • Regie: Liliana Cavani


    Darsteller: Mickey Rourke, Helena Bonham Carter, Andrea Ferreol, Mario Adorf, etc.


    "Franziskus" ist eine Art Filmbiographie über das Leben des Heiligen Franziskus. Nach seinem Tod lassen seine engsten Vertrauten sein Leben in Rückblenden noch einmal an sich vorbei ziehen. Es wird erzählt, wie aus dem verwöhnten Kaufmannssohn der Mann wurde, der praktisch aus Versehen zum Ordensgründer und letzten Endes zum Heiligen wurde. Interessant ist u.a., daß auch die negativen Seiten nicht verschwiegen werden, z.B. das unermessliche Leid, daß er seinen Eltern damit angetan hat. Dies vor allem, weil sein Bruder hier nicht vorkommt. Außerdem wird gezeigt, wie er später überhaupt nicht damit klar kommt, wie seine Bewegung eine Eigendynamik entwickelt und die, die ihm eigentlich freiwillig gefolgt sind, plötzlich von ihm verlangen, seine Regeln, die er gar nicht aufstellen wollte, zu ändern, weil sie zu hart sind.


    Aber der Film zeigt auch die positiven Seiten, wie er nach und nach alle seine Freunde in den Bann seines Tuns zieht - auch wenn deren Familien das wohl weniger positiv sehen - sowie die junge Adelige Clara, die Begründerin des verwandten Clarissenordens und ebenfalls spätere Heilige. Hier ist besonders schön dargestellt, daß man nicht so einfach sagen kann, ob es nun sein heiligenmäßiges Leben ist, das sie alle anzieht, oder eher seine Persönlichkeit. Besonders bei Clara wird nie wirklich klar, welcher Art ihr Verhältnis zu ihm ist und was sie letzten Endes dazu bringt, ihm zu folgen. Liebe, welcher Art? Oder die gemeinsame Berufung?


    Mickey Rourke wäre so ziemlich der letzte gewesen, den ich in dieser Rolle besetzt hätte, aber er spielt die Rolle des Heiligen wunderbar und sehr intensiv. Auch die anderen SchauspielerInnen machen ihre Sache sehr gut.


    Ich habe ein ganz persönliches Verhältnis zu diesem Film. Als ich ihn vor vielen Jahren zum ersten Mal gesehen habe, war ich hingerissen davon, ohne wirklich zu verstehen, warum. Ich habe auch dem dicken älteren Mann, der hier Bischof Guido II spielt, keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Er aber ist das Bindeglied. Denn er, natürlich kein anderer als Peter Berling, wurde einst damit betraut, das Buch zum Film zu schreiben, womit er seine Karriere als Autor von mir heißgeliebter historischer Romane begonnen hat, die mich einst in ihren Bann und ins Hochmittelalter ziehen sollten. Man könnte also sagen, daß meine ursprüngliche Faszination für diesen Film die Vorwarnung für meine kommende Sucht gewesen ist.


    Aber auch ganz abgesehen davon ist "Franziskus" für mich einer der ganz wenigen wirklich guten Mittelalterfilme.


    Ich habe ihn längere Zeit vergeblich gesucht, jetzt wurde er offenbar durch den neuesten Rourke-Hype neu per DVD aufgelegt, was ich für eine exzellente Idee halte.

  • Danke für die Vorstellung. Kenn den Film garnicht. :gruebel


    Notieren werde ich mir den mal, solche Filme sehe ich an und für sich sehr gerne mit dem lesen tu ich mich meist schwer.


    Tja Mickey Rourke sah mal richtig gut aus oder? :grin

  • Zitat

    Original von Grisel


    Auja! Das ist echt tragisch, wenn man das so sieht. Wenn er "Johnny Handsome" heute neu verfilmen würde, müßte man das mit der Maske umgekehrt machen ...


    Ja genau. :lache


    Tja man kann für seine Eitelkeit sehr teuer bezahlen. :wave

  • Zitat

    Original von Grisel
    (...) z.B. das unermessliche Leid, daß er seinen Eltern damit angetan hat. Dies vor allem, (...)


    Na ja, das ist wohl eine Frage des Gesichtspunktes. Wenn ein "Kind" die Frechheit besitzt, einen eigenen Willen zu haben und das Leben so zu gestalten, wie es das will, nicht so, wie die Eltern es geplant haben, bringt das zweifellos Leid über die Eltern. Egal, ob es ein Heiliger wird oder ein Unternehmersohn (bzw. -tochter) Musik studiert anstatt BWL, und den elterlichen Betrieb eben nicht übernimmt. Alles eine Frage des Standpunktes.


    Ich kenne die Biographie des hl. Franz von Assisi bisher eigentlich (von früher) nur aus der Sicht der franziskanischen Orden. Es wäre vielleicht interessant, diesen Film mal anzusehen, um eine andere Sichtweise kennenzulernen. Das Buch dazu habe ich übrigens. Wie sich das für einen eulenmäßigen SuB gehört, "natürlich" noch nicht gelesen.


    Danke für die Filmvorstellung!

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollierNa ja, das ist wohl eine Frage des Gesichtspunktes. Wenn ein "Kind" die Frechheit besitzt, einen eigenen Willen zu haben und das Leben so zu gestalten, wie es das will, nicht so, wie die Eltern es geplant haben, bringt das zweifellos Leid über die Eltern. Egal, ob es ein Heiliger wird oder ein Unternehmersohn (bzw. -tochter) Musik studiert anstatt BWL, und den elterlichen Betrieb eben nicht übernimmt. Alles eine Frage des Standpunktes.


    Natürlich, aber ich finde es trotzdem gut, daß das hier angesprochen wurde, weil es eben eine der Schattenseiten ist. Immerhin macht er ja nicht einfach nur irgendwas anderes, sondern wird quasi zum Aussteiger, Stadtstreicher, Bettler, zur Witzfigur, anfangs zumindest. Das ist schon ein bißchen hart zu verkraften.
    Außerdem gibt es da eine Szene, wo der Vater ihn vor das Kirchengericht zitiert, aber eher aus Verzweiflung und er zu ihm sagt "Mein Vater ist im Himmel" und sich von seinen Eltern lossagt. Das ist schon harter Tobak.
    Einen Heiligen in der Familie zu haben und zu lieben ist sicher nicht einfach.

  • Zitat

    Original von Grisel
    Immerhin macht er ja nicht einfach nur irgendwas anderes, sondern wird quasi zum Aussteiger, Stadtstreicher, Bettler, zur Witzfigur, anfangs zumindest. Das ist schon ein bißchen hart zu verkraften.


    Sicher. Aber das gibt es auch heute noch. Jedes Mal, wenn sich ein Kind den Plänen der Eltern widersetzt. Nur wird nicht jeder so bekannt und wesentlich für die Weltgeschichte wie Franz von Assisi. Das war es, was ich meinte. Es ist nichts "spezifisch nur in der Biographie des hl. Franz enthaltenes", sondern kam und kommt immer wieder vor.



    Zitat

    Original von Grisel
    Außerdem gibt es da eine Szene, wo der Vater ihn vor das Kirchengericht zitiert, aber eher aus Verzweiflung und er zu ihm sagt "Mein Vater ist im Himmel" und sich von seinen Eltern lossagt.


    Genau so ist mir die Szene ein Begriff. Buch wie Film scheinen sich also, zumindest in diesem Falle, an die überlieferte Version zu halten.


    Jetzt bin ich wirklich neugierig geworden.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Genau so ist mir die Szene ein Begriff. Buch wie Film scheinen sich also, zumindest in diesem Falle, an die überlieferte Version zu halten.


    Bei den Szenen aus Franziskus' Leben hält sich Berling doch relativ eng ans Drehbuch. Nett ist nur, daß er das ausbaut und, wie man immer wieder sieht, einfach nicht in der Lage ist, ein geradlinieges Buch über irgendein mittelalterliches Thema zu schreiben.


    Gerade bei der Szene mußte ich schmunzeln, als Bischof Guido dann versucht, dem nackten Franziskus seine Toga überzuwerfen.
    Im Buch, das ja aus seiner Sicht geschrieben ist, erwähnt er, daß er sich das als so richtige schöne dramatische Szene gedacht hat. :-]