'Der Mann ohne Eigenschaften' - Seiten 0671 - 0771

  • Im Haus von Ulrichs verstorbenem Vater lernen wir nun Agathe, Ulrichs Schwester, kennen, die schon mit 20 Jahren Witwe wurde (ihr erster mann wurde auf der Hochzeitsreise vom Typhus dahingerafft) und die daraufhin - offenbar aus einer mir nicht ganz durchsichtigen Selbstkasteiung heraus - den furchtbar langweiligen Professor Hagauer geheiratet hat.
    Ulrich und Agathe kommen sich bei den Vorbereitungen für das Begräbnis näher, es gibt auch wieder lange Gespräche zwischen den beiden. Auf einer Landpartie werden sie für wein Liebespaar gehalten, doch ansonsten vermag ich keine erotische Spannung wahrzunehmen (ich habe auf irgendetwas gewartet, da hier ja offenbar ein denkbarer Inzest vorbereitet wird).
    Agathe entschließt nun, sich aus der Umklammerung des ungeliebten Gatten zu lösen: Er darf nicht im Haus der Familie wohnen und - wie im nächsten Abschnitt deutlich wird - versucht sie, das Testament zu fälschen, um ihn um seinen Erbteil zu bringen.
    Ich muss sagen, dass mir die ganzen Gespräche, die nirgends hinzuführen scheinen und so hochartifiziell das Zentrum des Romans bilden, inzwischen etwas ermüdend finde. Während ich am Ende von "Seinesgleichen geschieht" noch den Eindruck hatte, dass die Parole, zur Tat zu schreiten, die Graf Leinsdorf ausgibt, nun endlich auch auf den Roman durchschlüge (die Gespräche zwischen Ulrich und Gerda bzw. Ulrich und Diotima haben mir da gut gefallen), so beginne ich zu befürchten, dass wir wieder in eine Stagnation endloser Gespräche fallen.
    Daran "verzweifle" nicht nur ich, sondern langsam aber sicher auch Clarisse, die immer deutlicher dem Wahnsinn verfällt. Langsam gehen mir die Auswege aus der unstrukturierten Überfülle der Gedanken auf, die Musil skizzieren möchte: Wahnsinn, Krieg, Verbrechen, Politik (im Falle Arnheims), vielleicht auch der immer einmal in einem Nebensatz ins Spiel gebrachte Selbstmord. Konstrultive Auswege scheint es nicht zu geben, das Erdensekretariat für Genauigkeit und Seele ist in weite Ferne gerückt.