ZitatAlles anzeigenOriginal von Lipperin
Danke für die Erklärungen, harimau!
Gestern oder vorgestern stand wieder einmal etwas unerfreuliches in der Zeitung: Ein Konflikt zwischen Thailand (möcht ich jetzt nicht beschwören) und Kambodscha. Ich hab das nur überflogen, aber es ging wohl um einen Tempel oder eine Tempelanlage.
Was ich aber noch fragen möchte, bitte:
1.
Im ersten Abschnitt geht es ja auch um einen Diebstahl aus einem Tempel, irgendwo im Buch (hab vergessen, mir zu notieren, wo das genau war), wird aufgeschlossen, damit Paul und Giovanna in den Tempel oder das Kloster hineinkommen.
Ist das ein großes Thema in Asien, Kunstraub aus religiösen Anlagen? Hier in Deutschland werden Kirchen ja fast ausnahmslos zugeschlossen, - auch - um dem vorzubeugen, beginnt das dort auch?
2.
Seite 273: "In Burma ist das Leben langsamer, dafür aber intensiver. Die Menschen nehmen sich mehr Zeit füreinander, und trotz ihrer Armut besitzen sie mehr Lebensfreude." Xue Lian hob eine Braue und schüttelte zweifelnd den Kopf: "Da bin ich mir nicht so sicher."
Für mich werden diese Sätze mehr und mehr zum Schlüssel für das Buch (ich meine jetzt nicht die Beziehung der Protas untereinander, sondern meine persönliche Auseinandersetzung mit den "weißen Blüten"). Stehen diese Sätze aber nicht auch für das Nichtverstehen zwischen Deutschen/Europäern und/oder für Asiaten? Ist es nicht auch das "immer das sehen wollen, was man sehen will" in der asiatischen Kultur, die dann das reale Begreifen der (Lebens-)Situation so zum Teil extrem macht?
Leider bin ich nicht besonders gut darin, mich klipp und klar auszudrücken, versteht man meine Frage (hoffentlich) trotzdem?
Liebe Lipperin, vom aktuellen Streit um den Tempel habe ich nichts mitbekommen, ahne aber, worum es geht. Diese Tempelanlage namens Preah Vihear liegt ziemlich genau auf der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha und wird von beiden Ländern seit langer Zeit für sich beansprucht.
Zu 1. Nach meiner Einschätzung ist Kunstraub aus religiösen Anlagen in Burma, Thailand, Malaysia oder Indonesien kein größeres Problem. Anders stellt(e) es sich in Nepal dar, wo es gerade in den 70.ern und 80.ern zu einem regelrechten Ausverkauf der Kultur kam. Statuen wurden entwendet und Schnitzwerk aus den Tempeln herausgesägt, um sie an "Kunstsammler" ins Ausland zu verkaufen. Ich habe einige der so entstandenen Lücken mit eigenen Augen gesehen; ein trauriger Anblick. Die schlimmste Phase dürfte vorüber sein, Genaueres kann ich zum heutigen Geschäft mit geraubten Kunstgegenständen in Nepal leider nicht sagen.
Zu 2. Ich glaube zu verstehen, was du meinst und stimme dir voll zu. Die aus Unkenntnis und Wunschdenken erwachsende Verklärung (Oder auch Verteufelung) mancher fernen, für uns exotischen Länder kann sehr schnell an der Realität zerschellen, wenn wir mit ihr konfrontiert werden. Wie du sagtest, wollen wir oft bestimmte Dinge sehen und erfahren, doch viele unserer romantisierenden Vorstellungen sind für die Einwohner der entspechenden Länder schlichtweg lachhaft, gerade dort, wo Idylle und Armut verwechselt werden. Zudem durchwabert das westliche Asienbild allzu oft eine kaum einlösbare Sehnsucht nach spiritueller Weisheit, die im dortigen Alltag ebenso wenig zu erleben ist wie bei uns. Natürlich gibt es Horte östlicher Religiösität und Philosophie, doch der Alltag der allermeisten Asiaten besteht darin, ganz profan ihre Leben zu organisieren und so viel wie möglich Freude daran zu haben.
Ich erinnere mich nur zu gut, wie viele unserer Ansichten Steffi und ich revidieren mussten, wie viel wir in den Jahren in Asien gelernt haben - ohne dass ich mich nun hinstellen und guten Herzens behaupten könnte, ich wüsste, wo der Hase langläuft. Jeder neue Aufenthalt in Asien, selbst in Malaysia, wo ich fast zwei Jahre an einem festen Ort gelebt habe, bringt neue, einander oft widersprechende Eindrücke und Erkenntnisse, die mich immer noch verwirren. Meine Wahrheit ist zu allererst nur meine Wahrheit, und noch dazu ständig in Veränderung begriffen.
Der Blick vieler Asiaten auf unsere Kultur und Lebensweise ist übrigens ebenso von Illusionen (gern aus dem Fernsehen übernommen) geprägt wie umgekehrt.