Fragen an Jan Winter


  • Liebe Lipperin, vom aktuellen Streit um den Tempel habe ich nichts mitbekommen, ahne aber, worum es geht. Diese Tempelanlage namens Preah Vihear liegt ziemlich genau auf der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha und wird von beiden Ländern seit langer Zeit für sich beansprucht.


    Zu 1. Nach meiner Einschätzung ist Kunstraub aus religiösen Anlagen in Burma, Thailand, Malaysia oder Indonesien kein größeres Problem. Anders stellt(e) es sich in Nepal dar, wo es gerade in den 70.ern und 80.ern zu einem regelrechten Ausverkauf der Kultur kam. Statuen wurden entwendet und Schnitzwerk aus den Tempeln herausgesägt, um sie an "Kunstsammler" ins Ausland zu verkaufen. Ich habe einige der so entstandenen Lücken mit eigenen Augen gesehen; ein trauriger Anblick. Die schlimmste Phase dürfte vorüber sein, Genaueres kann ich zum heutigen Geschäft mit geraubten Kunstgegenständen in Nepal leider nicht sagen.


    Zu 2. Ich glaube zu verstehen, was du meinst und stimme dir voll zu. Die aus Unkenntnis und Wunschdenken erwachsende Verklärung (Oder auch Verteufelung) mancher fernen, für uns exotischen Länder kann sehr schnell an der Realität zerschellen, wenn wir mit ihr konfrontiert werden. Wie du sagtest, wollen wir oft bestimmte Dinge sehen und erfahren, doch viele unserer romantisierenden Vorstellungen sind für die Einwohner der entspechenden Länder schlichtweg lachhaft, gerade dort, wo Idylle und Armut verwechselt werden. Zudem durchwabert das westliche Asienbild allzu oft eine kaum einlösbare Sehnsucht nach spiritueller Weisheit, die im dortigen Alltag ebenso wenig zu erleben ist wie bei uns. Natürlich gibt es Horte östlicher Religiösität und Philosophie, doch der Alltag der allermeisten Asiaten besteht darin, ganz profan ihre Leben zu organisieren und so viel wie möglich Freude daran zu haben.
    Ich erinnere mich nur zu gut, wie viele unserer Ansichten Steffi und ich revidieren mussten, wie viel wir in den Jahren in Asien gelernt haben - ohne dass ich mich nun hinstellen und guten Herzens behaupten könnte, ich wüsste, wo der Hase langläuft. Jeder neue Aufenthalt in Asien, selbst in Malaysia, wo ich fast zwei Jahre an einem festen Ort gelebt habe, bringt neue, einander oft widersprechende Eindrücke und Erkenntnisse, die mich immer noch verwirren. Meine Wahrheit ist zu allererst nur meine Wahrheit, und noch dazu ständig in Veränderung begriffen.
    Der Blick vieler Asiaten auf unsere Kultur und Lebensweise ist übrigens ebenso von Illusionen (gern aus dem Fernsehen übernommen) geprägt wie umgekehrt.

  • Zitat

    Original von harimau
    Die schlimmste Phase dürfte vorüber sein, Genaueres kann ich zum heutigen Geschäft mit geraubten Kunstgegenständen in Nepal leider nicht sagen.


    Aber ich, da ich gerade fleißig für mein nächstes Buch recherchiere, welches hauptsächlich in Nepal spielen wird. Ich hatte eigentlich mehr die Wilderei und den illegalen Tierhandel im Visier und fragte mich (und meinen lieben nepalesischen Freund Umakant), ob dies denn heutzutage überhaupt noch ein eklatantes Problem sei, woraufhin er flugs folgenden Link aus dem Hut zauberte:


    http://www.thaindian.com/newsp…asure-trove_10052210.html


    Ian Baker hatte das ganze Haus voller illegaler Waren: Tigerfelle und Nashornhörner, antike Statuen, alte tibetische Bilder und, und, und ... Aufgeflogen ist er genau vor einem Jahr. Als ich dies las, haben sich mir die Nackenhaare hochgestellt – zumal Herr Baker einer der berühmtesten Entdecker überhaupt ist.
    Ich kann dazu nur sagen: Hängt ihn höher!