'Erzähl mir von den weißen Blüten' - Seiten 180 - 258

  • Zitat

    Original von harimau
    ...
    Das ist natürlich schade. Ich habe die Burmareise bewusst in mehrere Stationen und weiterhin in jeweils kürzere Szenen eingeteilt, weil es mir vor allem darauf ankam, eine Entwicklung darzustellen (eigentlich drei: Giovannas innere "Befreiung", die Wirkung der Nähe zu Giovanna auf Paul, und schließlich, aus beiden resultierend, ihr sich veränderndes Verhältnis zueinander).


    Das ist dir auch geglückt. Gerade Giovannas innere Wandlung und wie sie ihre Einstellung ändert, das kommt ganz deutlich heraus. Ihr oberflächliche Sicht verändert sich.


    Zitat

    Um diesen Entwicklungen zu zeigen und nicht nur per Bericht festzustellen, brauchte ich viele unterschiedliche Eindrücke und Situationen, aus denen sich Gespräche oder Reflektionen (Giovannas) ableiten lassen.


    Das verstehe ich.

    Zitat


    Tatsächlich wird nur ein einziger Punkt um seiner selbst willen erzählt: Moe Thu und das Nachbarschaftskomitee. Diese persönliche, auf realen Gegebenheiten basierende Erfahrung wollte ich dem Leser unbedingt mitgeben, wobei ich sie gleichzeitig als Augenöffner für Giovanna passend fand. Alle anderen Szenen sollten eigentlich in erster Linie der Weiterentwicklung der Personen und Handlung dienen (und nebenbei Anhaltspunkte zu Pauls Leben vor Xue Lian geben, um ihn besser kennenzulernen und zu verstehen).


    Die Stelle mit dem Nachtbarschaftskommitee ist sehr gelungene Stelle. Ist auch ein Klebezettel drin. Das habe ich auch genau so gelesen. Deshalb fand ich ja auch die Monsun-Stelle so intesiv. Indem Moment "saugt" sie das Lebensgefühl Asiens ein. Es ging ihr und mir unter die Haut.


    ...


    Zitat

    Und plötzlich kommt dann eine so starke Stelle wie die Monsun-Stelle. Mir gehst du nicht immer genug in die Tiefe.


    Zitat

    Obwohl sie mich betrübt, freue ich mich auch über diese klare Aussage. Der Anspruch nach ausreichender Tiefe ist ein völlig legitimer, und er ist auch meiner, den zu erfüllen sich in diesem Genre gelegentlich mächtig schwierig gestaltet. Das soll aber keine Ausrede sein. Wenn du es so empfindest, war ich nicht so gut, wie ich es sein wollte. Punkt. Dein Hinweis ermuntert mich aber zu einer erneuten Auseinandersetzung damit. Das Buch liegt einige Jahre und viele Hundert geschriebene Seiten in anderen Romanen und Projekten zurück; nichtsdestotrotz setze ich mich auch jetzt noch gern damit auseinander und versuche aus meinen Unzuläglichkeiten zu lernen. Außerdem bin ich ein Freund klarer Worte, auch wenn es manchmal ein bisschen weh tut. Damit muss man als veröffentlichter Autor umgehen können.


    :knuddel Du hast eine PN, lieber harimau!

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von harimau
    ...


    Mit deiner Vermutung triffst du genau ins Schwarze. :-) Im ersten Fall wollte ich den sowohl von der Motivation als auch dem Verlauf destruktiven Charakter dieses lieblosen Liebemachens aufzeigen, was andere Stilmittel erfordert als die Sexszene zwischen Paul und Shwe-Shwe. Die Rohheit und Bedeutungslosigkeit dieses Geschlechtsaktes soll sich in seiner Darstellung klar widerspiegeln und auch Pauls extrem kurzzeitige sexuelle Befriedigung relativieren.


    Das wird auch deutlich. Mich hat erschrocken, wie sich die Contessa dabei selbst erniedrigt.


    Zitat

    Sie ist keinesfalls ein ausgenutztes Opfer, das würde weder zu ihr noch zu Paul passen. Sie bietet ihm in klaren Worten an, sich bei ihr vor Giovanna zu flüchten, weil sie begreift, dass eine Nacht mit ihr von den Folgen weitaus weniger verhängnisvoll für Paul und seine Liebe zu Xue Lian wäre als ein Einlassen auf die Italienerin. Mit ihrer Lebenserfahrung und Klugheit sieht sie die Gefahren deutlicher als Paul selbst.


    Sie wirkt sehr selbstbewusst und reif. Und ist wieder eine starke Person, an die Paul sich anlehnt und aufrichtet.

    Zitat

    Ich hoffe, dass ich einigermaßen adäquat auf eure Beiträge eingegangen bin. Falls nicht, bitte ich um Nachsicht und Nachfragen - es ist kurz nach sechs und ich muss dringend ins Bett. Wegen des nächtlichen Taxifahrens finde ich momentan nur zu dieser Stunde die nötige Ruhe zum Antworten. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Fortsetzung unseres Austausches. :-)
    LG harimau :wave


    Lieben Dank dafür, dass du dazu bereit bist. :knuddel

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich bin nicht nur dazu bereit; ich freue mich wirklich sehr darüber, hier mit euch zu diskutieren. Widerspruch und Kritik schmälern diese Freude nicht im Geringsten! :knuddel1


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich bin irgendwie in einem Zwiespalt. Wen wünsche ich mir an Pauls Seite. Xue Lian oder Giovanna?


    Xue Lian so weit weg in diesem Abschnitt. Liebt er sie wirklich so wie er sagt? Oder ist er in Giovanna verliebt, nur weil sie Giulia so ähnlich ist, was ich aber eigentlich nicht glaube. Seine Gefühle scheinen mir echt zu sein (zumindest eine Verliebtheit ist da). Vielleicht tendiert man hier eher zu Giovanna, weil ihre Mentalität für uns vertrauter ist.
    Mit der räumlichen Distanz zu Julie ist sie beim Lesen irgendwie auch aus meinem Blickfeld verschwunden. Giovanna ist mir vertrauter, hat in diesem Abschnitt viel Profil bekommen.


    Frage an meine Mitstreiter: Fällt es Euch schwer, Euch mit Xiu Lian zu identifizieren? Oder ist sie Euch eher fremd?


    Mir ist Julie leider auch nicht so präsent, wie ich es gerne hätte, aber trotzdem tendiere ich zu ihr. Und zwar aus folgenden ganz rationalen Gründen: Sie war zuerst da und ihr hat er ein Heiratsversprechen gemacht. Giovanna ist für Paul eine Guilia-Kopie. Er vermischt seine alten Gefühle für die Tote mit denen für ihre Nichte, vor allem, weil sie sich in Asien vom Wesen her ihrer Tante annähert. Außerdem, welchem reiferen Mann schmeichelt es nicht, wenn ihn ein blutjunges Ding anhimmelt? Aber für mich sind das keine guten Voraussetzungen für eine ernste Beziehung.


    Der Ausflug in Pauls Vergangenheit zu den Gründen, warum er mit Guilia in Asien gelandet ist, war sehr aufschlussreich. Mir gefällt, dass Pauls Verhaltensweise nicht geschönt wird. Jan entwickelt ihn konsequent und Paul bleibt seinem Muster treu, ferngesteuert, könnte man sagen. Ihm Überfliegen der Kommentare habe ich gesehen, dass die diversen Sexszenen ausdiskutiert wurden. Dazu möchte ich nur sagen, dass ich gut finde, dass es diese Szenen gibt, aber dass ich mir nicht die Mühe mache, sie irgendwie zu interpretieren. Sie haben gepasst und ich hab jedes "Ereignis" als das akzeptiert, was es war. Hast du gut hinbekommen, harimau.


    Sehr gut gefällt mir auch das Lokalkolorit, die Ausflüge, Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse, an denen Paul Giovanna und damit mich als Leser teilhaben lässt. Eine faszinierende Welt.


    harimau : Ich kenne die Bücher deiner Frau und und lese ich ja gerade eines von deinen und dabei kommt mir immer wieder ein Gedanke, abgesehen davon, dass ich euch beide faszinierend finde; ein reisendes Schriftstellerehepaar. Wenn ich nicht wüsste, wer welche Bücher geschrieben hat, dann würde ich diese "Beziehungskiste" einem weiblichen Autor zuschreiben und Steffis Bücher eher einem Mann. Irgendwie witzig, oder?

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Zitat

    Original von Suzann
    Giovanna ist für Paul eine Guilia-Kopie. Er vermischt seine alten Gefühle für die Tote mit denen für ihre Nichte, vor allem, weil sie sich in Asien vom Wesen her ihrer Tante annähert. Außerdem, welchem reiferen Mann schmeichelt es nicht, wenn ihn ein blutjunges Ding anhimmelt? Aber für mich sind das keine guten Voraussetzungen für eine ernste Beziehung.


    Das würde ich Satz für Satz unterschreiben. :write


    Zitat

    Der Ausflug in Pauls Vergangenheit zu den Gründen, warum er mit Guilia in Asien gelandet ist, war sehr aufschlussreich. Mir gefällt, dass Pauls Verhaltensweise nicht geschönt wird. Jan entwickelt ihn konsequent und Paul bleibt seinem Muster treu, ferngesteuert, könnte man sagen. Ihm Überfliegen der Kommentare habe ich gesehen, dass die diversen Sexszenen ausdiskutiert wurden. Dazu möchte ich nur sagen, dass ich gut finde, dass es diese Szenen gibt, aber dass ich mir nicht die Mühe mache, sie irgendwie zu interpretieren. Sie haben gepasst und ich hab jedes "Ereignis" als das akzeptiert, was es war. Hast du gut hinbekommen, harimau.


    Dankeschön. :-)


    Zitat

    Sehr gut gefällt mir auch das Lokalkolorit, die Ausflüge, Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse, an denen Paul Giovanna und damit mich als Leser teilhaben lässt. Eine faszinierende Welt.


    Allerdings. Ich beschreibe im Roman nichts, das ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, und obwohl ich mich bemühe, nicht zu romantisieren, sondern neben aller Schönheit auch auf Negatives wie z.B. soziale Mißstände hinzuweisen, schlägt meine eigene Begeisterung zwangsläufig im Text durch.


    Zitat

    harimau : Ich kenne die Bücher deiner Frau und und lese ich ja gerade eines von deinen und dabei kommt mir immer wieder ein Gedanke, abgesehen davon, dass ich euch beide faszinierend finde; ein reisendes Schriftstellerehepaar. Wenn ich nicht wüsste, wer welche Bücher geschrieben hat, dann würde ich diese "Beziehungskiste" einem weiblichen Autor zuschreiben und Steffis Bücher eher einem Mann. Irgendwie witzig, oder?


    Darüber haben wir auch schon häufiger gesprochen. Wenn man uns besser kennt, passt es schon, aber der durchschnittlichen Erwartung entspricht diese Rollenverteilung sicher nicht. :lache


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • irgendwie hab ich bei Paul immer mehr den Eindruck, daß er eigentlich drauf wartet, daß jemand anderes für ihn entscheidet. Selbst sinnvolle Entscheidungen für seine Zukunft zu treffen, ist wohl gar nicht sein Ding.


    Ich hab auch mal so nen Typen gekannt und diese Bekannschaft hat mich dazu gebracht in Zukunft die Finger von solchen Männern zu lassen...


    Irgendwie war es ja allen Beteiligten klar, worauf die Reise der beiden rausläuft. Macht es aber nicht besser.


    Xue Lian gefällt mir besser als Giovanna, sie steht einfach gefestigter im Leben, wo Giovanna noch am suchen ist.
    Selbst wenn sie alleine Pauls Kind großziehen müsste, würde sie das hinkriegen.

  • Boah … Hasskappe … also Paul ist unten durch bei mir. Wie steht es so schön auf Seite 232: „Weil du schwach bist“. Unreif … ist das richtige Wort. Hat zu Hause eine Frau, der er glaubt zu lieben und hält es noch nicht mal ein paar Wochen durch treu zu bleiben. Nicht nur wegen Giulia, sondern die Sache mit Shwe Shwe ist total überflüssig. Glauben Männer sie können sich alles rausnehmen in der Art … ist ja nur Sex??!!! Da bin ich wahrscheinlich total veraltet. Aber das geht gar nicht. Auch nicht der Spruch: „Männer sind so“. Halloooo???!!! Natürlich gibt es solche. Aber ich kenne mehr von der anderen Sorte.


    Auch wenn Xue Lian sagt, es macht ihr nichts aus. Ich kenne KEINE Frau, die das WIRKLICH meint. Man reg ich mich hier grad auf.


    Giovianna regt mich auch weiterhin auf, auch wenn sie sich langsam öffnet für die Traditionen und das Land. Etwas kindisch teilweise ihr Verhalten, so in der Art … pöh … will ich aber nicht *stampf mit dem Fuss auf*. Aber Gott sei Dank reift sie etwas, wenn dafür auch die Sache mit Paul immer schlimmer wird. Kein Anstand … sehr egoistisch. Auch wenn sie glaubt, sich verliebt zu haben. Das ist allerdings alles meine Meinung.


    Klarer Sieger in diesem Buch ist Xue Lian. Sie mag ich wirklich gern und kann mich teilweise auch sehr gut in sie reinversetzen. Auch wenn sie in diesem Abschnitt nicht häufig erwähnt wird. Sie ist derzeit mein einziger Halt.


    Trotz dieser immensen Wut in mir, ist das Buch super geschrieben. Es lest sich fließend lesen und ich kann es nicht aus der Hand legen. Die Beschreibungen des Landes, der Garkuchen und allem was hierin und hierzu gehört sind unglaublich nah und so gut beschrieben, das man das Gefühl hat dabei zu sein und hat bildlich alles vor sich. Auch die Traditionen sind sehr einprägsam und nachvollziehbar geschildert. Das gefällt mir sehr gut.


    So … nun muss ich aber weiterlesen … sag doch … kann das Buch nicht aus der Hand legen.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

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    Hörbuch: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Idylle

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • Zitat

    Original von streifi
    irgendwie hab ich bei Paul immer mehr den Eindruck, daß er eigentlich drauf wartet, daß jemand anderes für ihn entscheidet. Selbst sinnvolle Entscheidungen für seine Zukunft zu treffen, ist wohl gar nicht sein Ding.


    Das ist eines von Pauls Problemen. Er wird es lernen müssen - oder am Leben scheitern, fürchte ich. Für mich ist dies einer der Kernkonflikte des Romans.


    Zitat

    Xue Lian gefällt mir besser als Giovanna, sie steht einfach gefestigter im Leben, wo Giovanna noch am suchen ist.
    Selbst wenn sie alleine Pauls Kind großziehen müsste, würde sie das hinkriegen.


    :write

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Schubi
    Boah … Hasskappe …


    Trotz dieser immensen Wut in mir, ist das Buch super geschrieben. Es lest sich fließend lesen und ich kann es nicht aus der Hand legen. Die Beschreibungen des Landes, der Garkuchen und allem was hierin und hierzu gehört sind unglaublich nah und so gut beschrieben, das man das Gefühl hat dabei zu sein und hat bildlich alles vor sich. Auch die Traditionen sind sehr einprägsam und nachvollziehbar geschildert. Das gefällt mir sehr gut.


    So … nun muss ich aber weiterlesen … sag doch … kann das Buch nicht aus der Hand legen.


    Ach Schubi, du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich über deinen Eifer freue. :-] Ich fasse es als Bestätigung auf, dass ich diese Gefühle, auch Wut und Ärger, in dir wecken konnte. :knuddel1

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von harimau: Zitat: Original von streifi irgendwie hab ich bei Paul immer mehr den Eindruck, daß er eigentlich drauf wartet, daß jemand anderes für ihn entscheidet. Selbst sinnvolle Entscheidungen für seine Zukunft zu treffen, ist wohl gar nicht sein Ding. Das ist eines von Pauls Problemen. Er wird es lernen müssen - oder am Leben scheitern, fürchte ich. Für mich ist dies einer der Kernkonflikte des Romans.


    Bei mir liegt die Lektüre bereits eine geraume Zeit zurück, aber ich empfand die Situation völlig anders als Streifi. Mir tat sich der Eindruck auf, dass es sich bei Paul um eine Marke, einen Typen handelt, dem immer wieder das unverschämte Glück widerfährt, keine Entscheidungen treffen zu müssen, weil sie ihm abgenommen werden oder sich alles glücklich fügt. Paul ist einfach ein Knabe, dem das Leben wohlgesonnen ist, dem die Frauen zu Füßen liegen und Geld irgendwie immer vorhanden ist (und ein verdammt rückgratloser Kerl, auf den die Leserschaft dennoch ein wenig neidisch ist und zumindest die Grundkoordinaten auf ihr eigenes Leben übertragen möchte; die weibliche Leserschaft vice versa ;-)).

  • Zitat

    Original von Salonlöwin


    Bei mir liegt die Lektüre bereits eine geraume Zeit zurück, aber ich empfand die Situation völlig anders als Streifi. Mir tat sich der Eindruck auf, dass es sich bei Paul um eine Marke, einen Typen handelt, dem immer wieder das unverschämte Glück widerfährt, keine Entscheidungen treffen zu müssen, weil sie ihm abgenommen werden oder sich alles glücklich fügt. Paul ist einfach ein Knabe, dem das Leben wohlgesonnen ist, dem die Frauen zu Füßen liegen und Geld irgendwie immer vorhanden ist (und ein verdammt rückgratloser Kerl, auf den die Leserschaft dennoch ein wenig neidisch ist und zumindest die Grundkoordinaten auf ihr eigenes Leben übertragen möchte; die weibliche Leserschaft vice versa ;-)).


    Hmm. Fügt sich wirklich alles glücklich, oder wäre er in mancher Hinsicht nicht besser gefahren, wenn er sein Leben zeitiger eigenverantwortlich in die Hände genommen hätte? Der Mann hat, vor einem zugegebenerweise sehr privilegierten Hintergrund, 18 Jahre in emotionaler Abschottung von der Welt gelebt, wenn man seinen Schuldkomplex ausnimmt. Ruhm, Geld und jede Menge guter Sex sind natürlich kein Grund zum Klagen, aber erfüllendes Glück in relativer Einsamkeit zu finden, halte ich für schwierig. Ist das eine zu romantische Sicht?

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Hallo harimau,


    Deine Sicht ist keineswegs romantisch, sondern meine nur pragmatisch ;-).
    Paul Handewitt hat sich in seinem Leben gut eingerichtet, arrangiert.
    Da er zu keinen Entscheidungen gezwungen wird und meines Erachtens auch nicht zu der Sorte Mensch gehört, die sein Leben bewusst und entscheidend gestaltet, lässt er die Dinge laufen. Manche Menschen leben mit Verdrängung recht gut und genau an diesem Punkt verhält sich die Geschichte mit Paul wie das richtige Leben mit uns.