Company of Liars - Karen Maitland [Dt: Der Fluch der Gaukler - ab 05/09]

  • Ein außergewöhnlicher historischer Roman. Ich war (auch wenn ich auf Deutsch gelesen habe :-)) sehr begeistert.


    Man begleitet mit Spannung die Reise der "Gaukler", möchte hinter ihrer Geheimnisse kommen. Auch die Bedrohung durch die Pest und wie die Menschen darauf reagierten, ist sehr glaubhaft dargestellt. Und was hat es mit dem Wolfsgeheul auf sich?


    Mystische Elemente hat dieser Roman sicher, aber es spielen auch viel Aberglauben und Magie, an die die Menschen dieser Zeit glaubten, eine Rolle, wie Eskalina bereits schrieb.


    10 Punkte.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ich hab meine Rezi zu diesem spannenden Buch vor ein paar Tagen in den falschen thread gestellt, ohne es zu merken. Ich glaub, ich bin urlaubsreif. :lache


    Hier also noch mal mein Eindruck an der richtigen Stelle:


    Ich durfte das Buch als Wanderbuch lesen. :anbet Anfangs bin ich nicht so recht in die Geschichte reingekommen und es las sich etwas schleppend an, was aber auch daran liegen kann, dass ich einfach kaum Zeit zum Lesen hatte und wenn man nur ein , zwei Seiten lesen kann, dann packt einen kaum eine Geschichte so richtig.


    Aber mit der Zeit wurde es dann besser und es ist mir zunehmend schwerer gefallen, das Buch aus der Hand zu legen. Das Buch erzählt vom Leben einer Gauklertruppe, die sich scheinbar zufällig zusammengefunden hat, um in der Zeit der ersten großen Pest in England 1348 zu überleben. Noch ist Sommer, aber es regnet ununterbrochen. Für Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, wird das Vorankommen bei dieser Witterung sehr schwer, vor allem, wenn man sich mit einem störrischem Pferd und Wagen über unbefestigte, verschlammte Wege kämpfen muss.
    Wenn das das einzige Ungemach für die Truppe darstellen würde, wären sie noch gut dran, aber es kommt noch viel schlimmer für die Gaukler. Sie können der Pest nicht ewig davonlaufen und wen der schwarze Tod nicht holt, der muss sich gegen einen weiteren unsichtbaren, mysteriösen Feind behaupten.


    Im Laufe des Romans wird vieles deutlich, aber im letzten Drittel steigert sich die Spannung dann bis zu einem unvorhersehbaren Ende.


    Es ist ein spannender, aber auch beklemmender Roman. Ich war mehr als einmal froh, nicht in diese Zeit hineingeboren worden zu sein.

    Lieben Gruß Idgie



    Erst wenn man viel gelesen hat, lernt man wenig Bücher schätzen.

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  • Karen Maitlands Buch gehört zu der Sorte Buch, das mich in sich gesogen hat. Völlig gefesselt las ich von den 9, vor der Pest fliehenden Menschen, die alle ein dunkles Geheimis haben. Ich bin rundum begeistert und fast sprachlos, endlich nach langer Abstinenz wieder einen richtig guten historschen Roman gefunden zu haben.
    Auf jeden Fall werde ich mir Maitlands neuen Roman zulegen, auch wenn die Beginen mich nicht so sonderlich interessieren.


    Von mir gibts jedenfalls volle Punktzahl und wahrscheinlich sogar einen Platz unter menen Top 10 für dieses Jahr.

  • Meine Gedanken zum Buch:


    „Was auch immer deine Mühen und Träume sind in der lärmenden Verwirrung des Lebens: Halte Frieden mit deiner eigenen Seele“
    (aus einem irischen Segensspruch)


    Als ein sehr lesenswertes und interessantes Buch habe ich den Roman „Der Fluch der Gaukler“ empfunden: Lesenswert ob der Geschichte, der Geschichten in der Geschichte, interessant ob der Verflechtungen und Beziehungen innerhalb der Gruppe jener neun Personen, die auf der Flucht ist vor der Pest und anderen „lärmenden Verwirrungen“. Mit dem Frieden innerhalb der Gruppe hapert es zunehmend, vielleicht auch, weil kaum einer von ihnen den „Frieden mit eigenen Seele“ zu halten imstande ist. Es sind dabei nicht nur die eigenen Dämonen, die der Seele keine Ruhe gönnen, sondern erst recht jene der anderen, mögen sie nun Rechthaberei, (die ganz eigene) Glauben(sauffassung) oder wie auch immer heißen. Dem anderen nicht das zu gönnen, was ihn ausmacht, die eigene Vorstellung von Recht und Ordnung unter allen Umständen umgesetzt zu wissen, Geheimnisse nicht Geheimnisse sein zu lassen oder lassen zu können, das allzu Menschliche nicht dulden zu können, sondern nach den eigenen Vorstellungen zurecht biegen zu wollen, die Lügen, die zur eigenen Lebenswahrheit geworden sind, ans grelle Licht der scheinbaren Wohlanständigkeit zu zerren – wie soll angesichts dessen harmonisches Zusammenleben gelingen? Gleichwohl: Es bietet Anlass und Stoff für einen überaus spannenden Roman.


    Die so vollkommen andere Lebens- und Glaubenswelt des Jahres 1348 ist sehr eindrücklich geschildert, die Autorin scheut sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen, Schmutz, Armut, Gewalt, Krankheit und die Angst davor, widriges Wetter beschreibt sie realistisch. Die handelnden Personen sind für mich sehr lebendig geworden, von jeder einzelnen hatte ich fast plastisch Figur und Gesicht vor Augen, ob sie nun Camelot, Narigorm, Osmond, Adela, Pleasance, Zophiel, Rodrigo, Jofre oder Cygnus heißen. Und was sind das für Namen, jeder ruft ein eigenes Bild hervor: zum Beispiel „Rodrigo“ die Sonne und Wärme, den Duft des Südens, Musik und jenen männlichen Charme, der den Damen den Kopf zu verdrehen geeignet ist; zum Beispiel „Zophiel“ das mächtige Flügelschlagen eines Engels, erfüllt von Gottes Willen und Macht und seiner eigenen Wichtigkeit; zum Beispiel „Narigorm“ einen dunklen, kalten Wind, der über eine trostlose Landschaft streicht. Wie unterschiedlich und genau Karen Maitland doch die verschiedenen Charaktere gestaltet hat. Einigen dürfte man wohl vertrauen, andere würde ich fürchten, scheinen sie mir doch aus dem Holz gemacht, aus dem Inquisitoren geschnitzt wurden. Jeder einzelne der Neun hat seine ganz eigene Glaubwürdigkeit. Auch wenn die Geheimnisse eines jeden gut versteckt waren, brachte die Aufdeckung jener von drei Personen, zu denen auch der Ich-Erzähler gehört, keine allzu große Überraschung. Um ihn habe ich beinahe am meisten gefürchtet, sobald ich seines ahnte. Und nachdem die letzte Seite umgeschlagen ist, kann ich die Befürchtung da ablegen?


    „Halte Frieden mit deiner eigenen Seele“: Ein guter Ratschlag, nur wie sollte der umzusetzen sein, wenn jede Person des Dramas ihr eigenes kleines oder großes Geheimnis unter allen Umständen zu wahren sucht? Wie soll das möglich sein, wenn da auf einmal eine Bemerkung, mal bedacht, mal fast wie der berühmte Schuss ins Blaue geäußert, die arme kleine Seele noch weiter aufscheucht, ihr nun keine Ruhe mehr gönnt? Und wie sollte das möglich sein, wenn jener Seele, dem Schmerz eh schon ausgesetzt, mit Worten geschliffen scharf wie die Klinge von Zophiels Messer immer wieder zugesetzt wird? Und glaubt wohl der Frieden zu finden, der nur die Wirkung seiner Worte erlebt, sich aber nicht einmal die Mühe macht, nach den Hintergründen zu fragen, sei es, weil es ihn überhaupt nicht interessiert, sei es, weil diese seiner Lebensanschauung nicht nur nicht gerecht werden, sondern gar widersprechen? Kann der glücklicher werden, der die eigene Anschauung zum Maßstab für die Welt machen will und, sollten andere sich dieser nicht anschließen wollen oder können, notfalls mit Gewalt - egal, ob die Streiche mit Worten oder mit dem Schwert geführt werden – seine Umgebung nach seiner Vorstellung zu gestalten sucht?


    Viele Fragen sind mir da gekommen beim Lesen. Doch manchmal will mir scheinen, dass das vielleicht der Unterschied ist zwischen einem Roman und einem guten bis sehr guten Roman: Es muss da ein Mehr geben als nur eine Handlung, nicht nur (manchmal gar zu billige) Antworten muss es geben, sondern es müssen sich auch Fragen bilden, mal ganz spontan, manchmal müssen sie sich langsam entwickeln. Sei es, wie es sei: „Der Fluch der Gaukler“ ist für mich ein sehr guter Roman, ein sehr lesenswertes und interessantes Buch ist es allemal.

  • Eigentlich wollte ich das Buch nicht lesen, dafür ist mir die Epoche zu ausgelutscht. Aber dann hat es mich bei Weltbild angelacht und ich musste zugreifen.


    Gotseidank.


    Das ist sicherlich einer der besten Mittelalterromane, den ich in den letzten Jahren gelesen habe.
    Die Schilderungen der Lebensumstände und der Handlung ist deutlich, dennoch blitzt der wunderbare Humor der Autorin durch. Die Handlung ist spannend mit immer wieder überraschenden Wendungen.
    Ob man die fantastische Komponente der Geschichte selbst nun glaubt oder nicht- die handelnden Personen tun es, bewegen sich innerhalb ihres Weltbildes und sind damit stimmig.


    Ich habe diesen Spontankauf jedenfalls nicht bereut.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Ich habe dieses Buch eben beendet und kann nur sagen: Wow. Selten hat mich ein Buch dermaßen beeindruckt. Gegen diese drastische und eindringliche Schilderung des Alltaglebens im MA lesen sich Bücher wie "Die Säulen der Erde" wie Gute-Nacht-Geschichten.


    Wie schon mehrmals erwähnt, trifft der englische Titel "Company of Liars" den Inhalt um 100 % besser als der deutsche. Dieser klingt doch eher nach "hui, wie lustig ist das Gauklerleben im Ma, hollario", und das wird dem Buch einfach nciht gerecht.


    Die Story scheint simpel, aber die Schilderung des mittelalterlichen Lebens (und Überlebens!) sowie die Geheimnisse und Schicksale der neun Hauptfiguren lassen einen das Buch nciht mehr aus der Hand legen. Ich zumindest hab es in zwei Tagen ausgelesen.


    Nur gegen Ende dachte ich schon, der Schluß würde mich enttäuschen, aber ich hätte auf die Autorin vertrauen sollen: er tut es nicht!


    Ich gebe dem Buch 10 von 10 Punkten!


    lg, A.

  • Das Buch hat mich ebenfalls fasziniert. Was für eine düstere packende Geschichte! Etwa das letzte Drittel fand ich allerdings auch etwas schwächer. Wobei ich die Entscheidung des Camelot doch gut verstehen konnte (und er hätte es doch selber machen sollen!).


    Allerdings ist das Buch nicht so leicht zu verdauen, es ist eine grausame Zeit und es geschehen grausame Dinge.

    Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.
    Antoine de Saint-Exupéry 'Der kleine Prinz'

  • Ja, es war eine absolut faszinierende Geschichte, fesselnd geschrieben und abseits vom Mainstream der gängigen historischen Romane, deswegen habe ich sie auch zu Ende gelesen.
    Aber wirklich gefallen hat mir das Buch nicht. Unglaublich düster und "feucht", jede Menge Krankheit, Unglück und Tod. Mit den mystischen Elementen konnte ich nicht allzuviel anfangen, für meinen Geschmack passten sie auch nicht besonders zur Geschichte. Und das Ende... :rolleyes!
    7 Punkte.

  • Über die Autorin


    (Dem Buch entnommen) Karen Maitland studierte Sprachgeschichte und promovierte in Psycholinguistik. Sie ist Autorin zahlreicher Fachbücher. Ihr Arbeitsgebiet interkulturelle Kommunikation führte sie von Nigeria bis nach Israel und Nordirland. Mit einer unabhängigen Schauspieltruppe reiste sie durch entlegene Orte Englands und entwickelte dabei die Idee für ihren Roman über mittelalterliche Gaukler. Sie lebt in Lincoln.


    Klappentext


    Mittsommer 1348. Die Pest gelangt nach England. Totenglocken läuten in den Städten und Dörfern. Eine verzweifelte Truppe von Gauklern findet sich zusammen. Sie ziehen gen Norden, um sich zu retten. Gelingt es ihnen, dem Verderben zu entkommen?


    Meine Meinung


    Beim Lesen dieses Buches musste ich immer wieder an die „Canterbury Tales“, eine Geschichte des Autors Geoffrey Chaucer, der in etwa zu der Zeit lebte, zu der dieser Roman spielt. Denn jeder der „Gaukler“, die in diesem Roman handeln, hat eine Geschichte und erzählt diese im Laufe des Romanes, sodass die eigentliche Geschichte, ihr Herumziehen und Fliehen vor der Pest, dahinter fast zurücktreten muss. Jede der Geschichten ist auf eine so einzigartige und interessante Weise erzählt, dass man beim Lesen kaum erwarten kann, die nächste zu hören.


    Eine Geschichte erfährt man jedoch nicht – und gerade diese, und die Figur, die sie betrifft, dominieren den Roman und lehrten mich manches Mal das Gruseln.
    Auch sonst beschwören die Beschreibungen in diesem Roman eine sehr düstere und wirklich angsteinflößende Stimmung herauf. Dabei handelte es sich nicht nur um Beschreibungen übernatürlicher Art – auch der Alltag auf Englischen Dörfern zur Zeit der Pest war furchterregend. Es wird von verlassenen Dörfern berichtet, wo die Türen vernagelt und mit schwarzen Kreuzen bemalt sind, von Leuten, die sich mit der Phrase „Irgendjemand krank?“ (auf die Pest bezogen) begrüßen…


    Die Geschichte wird aus der ersten Person von einem Reliquienhändler namens Camelot geschildert – ein alter Mann, der die Reise der Gaukler beginnt, und um den sich nach und nach 8 weitere Figuren sammeln, der meist im Hintergrund bleibt, beobachtet, hier und dort helfend eingreift und der nur dem Leser seine eigene Lebensgeschichte erzählt.


    Fazit


    Ein spannender Mittelalter-Roman aus der Sicht des einfachen Volkes, mit bildhaften Schilderungen und phantasievollen Geschichten. Das einzige, was mich davon abhält, diesem Roman die volle Punktzahl zu geben, ist, dass


    Daher erhält dieser Roman von mir 9 von 10 Punkten.

  • Das ist ein historischer Roman mit großartigem Unterhaltungswert.
    Eine Gruppe von Außenseitern schließt sich mehr oder weniger freiwillig zu einer Zweckgemeinschaft zusammen. Eine Schicksalsgemeinschaft, in der jede und jeder ein Geheimnis mehr oder weniger erfolgreich bewahrt. Nach und nach werden die Lügen aufgedeckt, und es zeigt sich, dass niemand in der Gruppe schuldlos ist...
    Betrügereien, Reliquienhandel mit fragwürdigen Objekten, die Ausgrenzung sozialer Randschichten, Unwissenheit und Aberglaube, Vorurteile und Lügen... alles ist ein Thema des Buches und ergibt eine schöne Mischung.
    Karen Maitland erzählt sehr lebendig, ihre Genreschilderungen erscheinen mir recht authentisch, und sie versteht es meisterhaft, Spannung zu erzeugen. Der Roman ist Thriller, Rätsel, ein historisches Sittenbild und eine zeitlose Sozialstudie. Alles das, und zugleich kein bisschen langweilig.


    Was mich stört, ist der unpassende, reißerische Titel. Dabei ist der Originaltitel doch so treffend. Ich frage mich zum wiederholten Mal, wer sich im Deutschen derart irreführende und schlicht und einfach nur dumme Titel ausdenkt.


    Das Buch hat mich neugierig gemacht, neugierig auf weitere Romane von Karen Maitland.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde