Es war einmal ein BMW-Fahrer, der hatte schon lange keine Frau mehr in seinem Auto (in seinem Bett oder woanders auch nicht) gehabt. Um diesen Zustand so schnell wie möglich zu beenden, düste er durch die Stadt, zeigte, was er drauf hatte.
Einige Stunden ging das gut, doch dann, oh je, kam auf der Gegenfahrbahn ein LKW.
„Ich hab Vorfahrt!“, schrie der BMW-Fahrer und hielt auf den Vierzigtonner zu. Dem würde er es aber zeigen!
Es krachte, so laut, dass dem BMW-Fahrer die Ohren dröhnten. Sein Wagen überschlug sich, der LKW, der im letzten Moment ausgewichen war, hatte ihn dabei noch gerammt.
Über die Leidplanke ging es, eine Umdrehung, eine zweite, eine dritte, bis es so viele waren, dass der BMW-Fahrer, der nie gut in Mathe gewesen war, mit dem Zählen nicht mehr nachkam.
Endlich, endlich prallte der BMW vor einen Baum.
Nun, da er sich nicht mehr aufs Zählen konzentrieren musste (denn er wollte natürlich wissen, wie oft er sich überschlagen hatte, um damit vor seinen Kumpels und möglichen Bettgefährtinnen angeben zu können), widmete er sich ganz seinem Schmerz.
Denn, ach je, das Lenkrad hatte sich gelöst und drückte in seinen Unterleib. Und sein Auto, das schönste, beste, liebste Stück, das er besaß. Was war mit seinem BMW?
Tonfolgehorn erklang und weil der Fahrer eingeklemmt war, wurde flugs eine Kettensäge besorgt. Es tat ihm weh, als er Augen- und Ohrenzeuge wurde, wie sein schöner BMW zersägt wurde. Fast so weh wie sein Geschlechtsteil, das pochte und so sehr schmerzte, dass er fürchtete, es nie wieder benutzen zu können.
Man brachte ihn in ein Krankenhaus und das, was von seinem BMW noch übrig war, auf den Schrottplatz.
Fest gewickelt in Verbänden lag er da und trauerte um das, was er verloren hatte. Dahin war sie, seine Männlichkeit, das Auto unwiederbringlich verloren, das körperliche Teil ebenso.
Vom eigenen Wagen entmannt stand in großen Lettern in der Zeitung. Man schickte ihm viele Karten und ein anderer BMW-Fahrer bot ihm sogar an, ihm einen Teil seiner Männlichkeit zu schenken. Kein Organ, sondern seinen alten BMW.
Ach ja, dachte der BMW-Fahrer, was war das noch schön, als ich mit meinem BMW durch die Straßen düsen konnte, Frauen aufreißen und nur für den Spaß gelebt habe.
Nun aber war das alles vorbei.
Nach einigen Wochen entließ man ihn aus dem Krankenhaus, er humpelte noch und Wasser zu lassen mit dem Katheder schockierte ihn jedes Mal aufs neue. Aber die Medizin machte riesige Fortschritte, vielleicht würde man auch sein Problem eines Tages beheben können. Und da er ja Vorfahrt gehabt hatte, hatte auch die Versicherung gezahlt und von dem Geld konnte er sich einen neuen BMW kaufen. Ja, das würde er, sobald er körperlich wieder soweit hergestellt war.
Aber was sollte er bis dahin machen? In der Nacht hatte er einen seltsamen Traum, jemand flüsterte ihm zu, dass er die Antwort finden würde, wenn er etwas tat, das er nie zuvor getan hatte.
Er humpelte in die Stadt, fraß sich aus Frust in einem Schnellrestaurant voll und ging in einen Buchladen. Dort war er noch nie gewesen. Er nahm ein Buch, blätterte darin und befand es für zu kompliziert.
Also das nächste. Das war schon besser, denn es enthielt viele Bilder und hatte nur wenige Seiten.
Mit so vielen Büchern, die er mit einer Hand (denn in der anderen hatte er ja den Stock, den er zum Laufen brauchte) tragen konnte, humpelte er nach Hause, legte sich hin und begann zu lesen. Und tatsächlich, es half. In seinem Kopf hörte er ein klicken oder glaubte es zumindest. Lesen bildet – das hatte er mal gehört, aber sich nie drum geschert, denn wer brauchte schon Bildung, wenn er einen BMW und ein Geschlechtsteil von den Ausmaßen einer Schlange hatte?
Doch beides hatte er ja verloren, daher fing er nun an zu lesen. Und las und las. Und hoffte, dass sich irgendwann sein Traum erfüllen möge.