Klappentext
“Schau dir mal das Bild vorne auf dem Buchdeckel an. Der Mann mit dem Bart ist mein Papa. Und der Typ mit dem Hut ist bei der Kripo und heißt Willi Nikotin. Er schnüffelt wegen Papas Geheimnis hinter uns her - doch meine Schwester Sina und ich müssen es für uns behalten. Und du kannst mir glauben, dieses Geheimnis ist schlimmer als die, die es in den meisten anderen Familien gibt - viel schlimmer!
Deswegen konnten wir schließlich nicht mehr schweigen, und davon handelt dieses Buch. Es ist natürlich sehr spannend, aber auch ein bisschen lustig, und es ist ganz bestimmt anders als alles, was du bisher gelesen hast. Schlag es einfach auf und lies - du wirst sehen...
PS. Ich bin Hagen, der Junge mit dem Käppi, 12 Jahre alt und so normal, wie man sich nur denken kann!“
Meine Meinung
Menschenfresser in der Kinderliteratur sind ja nichts Neues, schon Ringelnatz hat es in seinem Kinder-Verwirrbuch vorgereimt, Dissertationen wurden darüber geschrieben. Der Kannibale spielt in diesem Buch aber eine eher untergeordnete Rolle, der Untertitel verrät, wohin es gehen soll: „Ein Buch für Kinder, die Probleme mit ihren Eltern haben“.
Sina und Hagen haben Probleme mit ihren Eltern, ihrem Vater, der, das wird bald klar, Menschenfresser ist, und ihrer Mutter, die ihre ganze Energie darin setzt, die Fassade der heilen Welt aufrechtzuerhalten. Aber auch ihr Lehrer, der so jähzornig ist, dass er aus Wut gegen die Busse tritt, die vor seinem eigenen an der Haltestelle halten, Willi Nikotin, der Kommissar, der ihren Vater zur Strecke bringen will und sie in arge Loyalitätskonflikte stürzt und die fiese Mädchenbande um die pinke Paula machen ihnen das Leben zur Hölle.
So einfach ist das alles eben nicht: Sie mögen ihren Vater, diesen seltsamen Kerl, finden seine Leidenschaft aber auch schon alleine deshalb bedenklich, als sie nicht mehr guten Gewissens Freunde nach Hause einladen können. Am Ende kriegen sie das Problem gelöst, wenn auch auf recht unkonventionelle Weise...
So richtig warm geworden bin ich mit diesem Buch nicht. Es ist streckenweise herrlich absurd, wunderbar tabulos und voller witziger Ideen. Allerdings ging mir die aufdringliche Botschaft: „Schlimmer geht's immer“ manchmal gehörig auf den Senkel, die Story ist an manchen Stellen zu derb und auch die Illustrationen empfand ich als gewöhnungsbedürftig. Gerade deshalb ragt es aber aus dem Einheitsbrei heraus und ist sicher was für Kinder, die gerne mal literarische Experimente eingehen. Für Erwachsene natürlich auch.
Mal sehen, was die Zielgruppe dazu sagt...