Königsberger Dämonen (Originaltitel: Critique of Criminal Reason, 2006)
Michael Gregorio (=Michael G. Jakob und Daniela De Gregorio)
Piper, ISBN: 3492050107
Seiten: 443
Das Buch "Königsberger Dämonen" habe ich im 1:1 Tausch gegen "Unter dem Rabenmond" von einer Büchereule erhalten. Kant hat mich schon lange interessiert und da konnte ich nicht widerstehen. Auch die Idee einen Kriminalroman ins 19. Jahrhundert zu platzieren, gefällt mir sehr gut. Ich lese gerne Bücher, die verschiedene Genres vereinen.
Inhalt:
Wir schreiben den Winter 1804, den kältes ten seit Menschengedenken, als Hanno Stiffeniis in Königsberg eintrifft. Kein Geringerer als König Friedrich Wilhelm III. hat den Juristen in die ostpreußische Hauptstadt beordert, wo er vier mysteriöse Todesfälle aufklären soll. Aber obwohl er jeden Winkel innerhalb der eisigen, düsteren Stadtmauern beleuchtet und selbst in die Königsberger Unterwelt hinabsteigt, kann er weder Täter noch Motiv ausmachen. Immer mehr Menschen fallen dem Serientäter zum Opfer, und man munkelt bereits, der Teufel habe seine Hand im Spiel. Fast schon ist auch Stiffeniis geneigt, dieser Theorie zu glauben - bis er eine ungewöhnliche Spur entdeckt, die in den Gelehrtenkreis um den großen Aufklärer Immanuel Kant führt ...
Immanuel Kants Königsberg, die stolze, altehrwürdige Universitätsstadt, bevölkert von Engelmacherinnen, Prostituierten und napoleonischen Spionen, ist der Schauplatz dieses historischen Kriminalromans, in dem der preußische Prokurist Hanno Stiffeniis einen unheimlichen Serienmörder das Handwerk legen soll.
Über die Autoren:
Michael Gregorio ist das Pseudonym eines Schriftsteller-Ehepaars: des Engländers Michael G. Jacob und der Italienerin Daniela De Gregorio. Die beiden leben im umbrischen Spoleto und haben über ihr gemeinsames Interesse an der Philosophie ihre Faszination für Immanuel Kant und das alte Königsberg entdeckt. »Königsberger Dämonen«, ihr erster Roman, ist in zwölf Ländern erschienen und gelangte in Italien unter die Top Ten der Bestsellerliste.
Meine Meinung:
Der Originaltitel "Critique of Criminal Reason" gefällt mir im Vergleich zu "Königsberger Dämonen" irgendwie besser. Der englische Titel spielt auf ein Werk von Kant an, das "Kritik der reinen Vernunft" heißt und stellt somit die Person Kants mehr in den Vordergrund. "Königsberger Dämonen" passt natürlich auch zum Inhalt, nur wird hier stärker Königsberg als Ort bzw. die Dämonen, d. h. den oder die Mörder in den Vordergrund gestellt.
Das Cover ist in schwarz-grau gehalten, nur ein Wappen wurde rot gedruckt. Der Titel und der Autor ist weiß. Zu sehen ist einerseits eine Stadt an einem Fluss und andererseits ein paar altertümliche Häuser. Vermutlich handelt es sich um das Königsberg der damaligen Zeit. Das Buch ist ein sehr großes Taschenbuch, dadurch auch etwas schwerer. Diesmal muss ich den Piper Verlag allerdings loben, da nur eine ganz kleine Leserille nach dem Lesen sichtbar ist.
Hanno Stiffeniis ist Prokurator, d. h. eine Art Ermittler und nach Königsberg gerufen um dort 3 Todesfälle aufzuklären, die angeblich der Teufel verursacht hat. Er wird unter mysteriösen Umständen nach Königsberg beordert und dort geht es auch mysteriös weiter, anscheinend pflegen die Menschen dort einen großen Aberglauben. Man hat Angst vor Napoleons Einmarsch, deshalb ist die ganze Stadt im Ausnahmezustand, d. h. nur wenige Personen sind auf der Straße, die Stadt scheint fast ausgestorben. Sergeant Koch ist stets an der Seite von Hanno Stiffeniis, dessen Vergangenheit anscheinend mit der Stadt Königsberg verbunden ist. Das Buch deckt in diesem Zusammenhang allerhand Sachen aus. Kant sagt dazu an einer Stelle: "Nur jemand, der schon einmal im Reich der Schatten gewesen ist, begreift, was hier in Königsberg geschieht." Aber was hat Kant überhaupt mit den Morden zu tun? Weiß er mehr?
Die Schreibweise der Autoren ist flüssig und leicht zu lesen, was den Einstieg in das Buch erleichtert hat, aber auch so angenehm war. Die Zeit, in der das Buch spielt ist sehr interessant: man erhält einen Einblick wie das Leben der Menschen im Königsberg des 19. Jahrhunderts gewesen sein könnte. Die Autoren haben an Anfang des Buches noch einen Hinweis aufgeführt: "Alle Personen, Orte und Ereignisse (mit Ausnahme dokumentarischer Fakten, die in Verbindung stehen mit erwähnten historischen, religiösen, gesellschaftlichen und philosophischen Gegebenheiten der Epoche) entspringen der Phantasie von Michael Gregorio." Das ganze Buch hindurch kommt Immanuel Kant vor, dessen Biographie in bestimmten Zügen übernommen wurde, d. h. im Buch stirbt Kant 1804, in Wirklichkeit war dies auch der Fall. Mir ist Kant manchmal etwas verwirrt vorgekommen, ob er wirklich so war oder ist das der Phantasie der Autoren entsprungen? Das Buch ist also eine Mischung aus Kriminalroman und Historischem Roman, was mir sehr gut gefällt.
Der Leser wird direkt angesprochen, wenn etwas angedeutet werden soll bzw. vorweggenommen wird. Die Ich-Perspektive hat mich in keinster Weise gestört, so erfährt man die Gefühle und Motive von Hanno genauer. Einerseits möchte er ein "guter Mensch" sein, aber auf der andere Seite will er so schnell wie möglich wieder zu seiner Frau nach Hause und weg von Königsberg, sodass er auch unlautere Mittel einsetzt, d. h. er ist eigentlich gegen Gewaltanwendung, aber er dennoch schlägt eine Verdächtige.
In diesem Buch überrascht Kant mit ganz neuen Methoden um die Morde aufzudecken. Es werden z. B. die Leichen genauer untersucht, man versucht auch mittels eines Nekromanten mit den Toten zu kommunizieren, aber auch eine Art Täterprofil wird erstellt. Kant äußert sich dazu wiefolgt:" Mit ihren Ermittlungen müssen Sie das Wie der Dinge rekonstruieren. Das Warum werden sie Ihnen nicht verraten. Das Motiv liegt weiter im Verborgenen. Logik und Rationalität beherrschen das menschliche Herz nicht, auch wenn sie möglicherweise seine Leidenschaften erklären." In der damaligen Zeit gab es noch keinen Rechtsstaat und so war jeder Angeklagte von Anfang an schuldig. Diese Methode, d. h. erst Beweise zu suchen, war neu.
Sehr hilfreich finde ich die Anmerkungen am Ende des Buches, wo dem Leser zwei Bücher ans Herz gelegt werden, die sich mit dem Königsberg des 19. Jahrhunderts und mit Immanuel Kant beschäftigen.
Teilweise fehlt dem Buch aber die Spannung und die Geschichte ist doch an einigen Stellen sehr vorhersehbar. Die moderne Sprache, die die Protagonisten verwenden, spricht nicht für das Jahr 1804. Besser hätte mir da gefallen, wenn die Autoren den Protagonisten die Sprache der damaligen Zeit in den Dialogen in den Mund gelegt hätten.
Ein Satz über das Alter hat mir sehr gut gefallen: "Das ist das Alter, Herr Prokurator, es kann einem die seltsamsten Streiche spielen, und es macht auch vor Genies nicht Halt." Den lasse ich einfach mal so stehen.
Fazit: "Königsberger Dämonen" ist ein Buch das man nicht unbedingt lesen muss, wer allerdings gerne Genre-Vermischungen hat und an einigen Stellen auf ein klein wenig Spannung verzichten kann, ist damit bestens bedient.
Ich vergebe 3,5 von 5 möglichen Punkten.