Piper, März 2009
Gebundene Ausgabe: 150 Seiten
Kurzbeschreibung:
Vor allem die Frauen waren übermütig, ihre Gesichter leuchteten, und ihr Lachen hörte man die ganze Nacht hindurch. Als hätte ihnen nun der Lauf der Geschichte, die Auflösung unseres Staates, ein Argument für ein eigenes Leben gegeben. Meine Schwester aber, die in der Abgeschiedenheit der Kiefernwälder und des Stettiner Haffs von der Freiheit geträumt hatte, hatte noch nichts, das sich zu verlassen lohnte. Nur die Familie, den Ehemann. Aber sie blieb, traf sich wieder mit ihrem alten Liebhaber und gab sich fast schwärmerisch der verlockenden Vorstellung hin, dass in diesem anderen Staat ein anderer Lebenslauf für sie bereitgestanden hätte. Wäre ich aufmerksamer gewesen, hätte ich ihre verhängnisvolle Entscheidung vielleicht rückgängig machen können.
Über die Autorin:
Julia Schoch, 1974 in Bad Saarow geboren, lebt nach Aufenthalten in Bukarest und Paris als freie Autorin und Übersetzerin mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Potsdam. Für ihr von der Kritik hoch gelobtes Erzähldebüt »Der Körper des Salamanders« wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises und des Annette-von-Droste-Hülshoff-Preises.
Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einem dieser erstaunlichen ersten Sätze, die manche Bücher prägen.
„Bevor meine Schwester sich in New York das Leben nahm oder, den Ahnungslosen zufolge, zufällig dort starb, hatte ich das immergleiche Bild von ihr im Kopf“.
Und dann erzählt sie die Geschichte ihrer Schwester, wobei es scheint, dass sie sie erst in ihren Erinnerungen selbst besser kennen lernt. An diese sperrige Erzählweise muss man sich erst gewöhnen.
Das Buch ist mit 150 Seiten und großer Schrift mehr eine Erzählung als ein Roman, vielleicht ist es darauf zurückzuführen, dass ich eine größere Tiefe, jedenfalls anfangs vermisse.
Es scheint mir nicht sehr zielführend zu sein, dass bei dem Text fast mehr Wert auf die literarische Stilistik gelegt wird, als auf das Erzählen der Geschichte. Das ist deswegen so schade, weil die Figuren darunter leiden. Wobei außer der Hauptfigur sowieso keine andere Figur richtig entwickelt wird. Auch Dialoge gibt es nicht, die zwischendurch mal hätten auflockern können. Aber sie passten zugegebenermaßen nicht ins literarische Konzept.
Was immerhin bei diesem kühlen Text am Ende dann doch bleibt, ist eine Stimmung, eine melancholische Atmosphäre über die Verzweiflung einer Fau, bei der der Wechsel von einem System ins andere nicht automatisch die Erfüllung und Glück bedeutet.
Das Buch ist also weder Flop noch Top und wird mir wohl leider nicht sehr lange im Gedächtnis bleiben.