Immer wieder Dezember
Susanne Schädlich
ISBN: 9783426274637
Droemer Verlag
240 Seiten, 16,95 Euro
Die Autorin: Susanne Schädlich, geboren 1965 in Jena, Tochter des Schriftstellers Hans Joachim Schädlich, arbeitet als Autorin und Übersetzerin. Nach elf Jahren in den USA kehrte sie 1999 nach Berlin zurück.
Klappentext: Alles sollte anders werden, als Susanne Schädlich im Dezember 1977 die DDR verließ. Doch es war der Beginn einer dramatischen Zerreißprobe: Der Westen war fremder, als gedacht, von Sicherheit keine Spur. Dreißig Jahre nach der Ausreise, fast auf den Tag genau, holt die Vergangenheit Susanne Schädlich unvermittelt wieder ein und es zeigt sich: Geschichte vergeht nicht.
Meine Meinung: Susanne Schädlich berichtet in ihrem Buch über einen prägenden Teil ihres Lebens. Eines Lebens in zwei verschiedenen „Welten“ und einer Reise – Der Übersiedlung aus der DDR in die Bundesrepublik im Dezember 1977.
Sie erzählt von den Anfeindungen in der DDR, die immer offener und kritischer wurden, weil der Vater Hans Joachim Schädlich eine Protestresolution gegen die Ausweisung Biermanns unterschrieben hatte. Schädlich, der sich vergeblich bemüht hatte, seine Prosa in DDR Verlagen zu veröffentlichen, und der die Empfehlung bekam, es einmal „mit der Arbeit auf dem Feld, vielleicht auf einem Mähdrescher zu versuchen“ verdingte sich als Übersetzer, doch auch diese Lebensgrundlage wurde ihm entzogen. Nachdem er 1977 sein Manuskript „Versuchte Nähe“ in den Westen schmuggeln ließ, wo es dann bei Rowohlt erschien, musste er mit Strafverfolgung rechnen, da das Buch den Tatbestand der „staatsfeindlichen Hetze“ erfüllte, was mit bis zu 10 Jahren Freiheitsentzug geahndet werden konnte. Der Bekanntheitsgrad Schädlichs und die Tatsache, dass er mit Schriftstellern wie Grass und Born Umgang hatte, retteten ihn vor einer Verhaftung. Er stellte einen Ausreiseantrag, der genehmigt wurde.
Susanne Schädlich beschreibt die Ausreise nicht nur anhand ihrer Erinnerungen, sondern zieht auch Stasi-Protokolle hinzu, denn die Familie wurde auf Schritt und Tritt überwacht. Dass sich unter den Spitzeln der eigene Onkel befand, der sie lange Zeit selbst noch im Westen bespitzelte, ist auch heute für sie nur schwer begreifbar. Mit seinem Selbstmord beginnt das Buch - Es ist der Versuch einer Aufarbeitung einer Zeit des Umbruchs in Susanne Schädlichs Leben, einer Zeit, in der sie noch nirgendwo angekommen ist. Sie berichtet über die Sehnsucht nach dem anderen Teil der Familie im Osten, und den zurück gelassenen Freundinnen ebenso, wie von den Schwierigkeiten, im Westen Fuß zu fassen.
Mit eigenen Gedächtnisprotokollen, durch Einsicht in Stasi-Akten und aus Erinnerungen der Eltern setzt sie viele kleine Puzzelteile zusammen, um ein Bild zu erhalten, dass das Geschehene von mehreren Seiten beleuchtet.
Die Autorin macht bewusst, wie es war, in die Mühlen eines politischen Systems zu geraten, was es bedeutet hat, anders zu sein und nicht angepasst zu leben – sie hat ein Stück deutscher Geschichte vor dem Vergessen bewahrt, in dem sie ihre eigene Geschichte erzählt.
Es ist kein Buch, dass sich „mal eben“ so einfach weg liest, es will nicht unterhalten, sondern es berichtet in einer wunderbar klaren Sprache von einer Reise durch zwei politische Systeme, an deren Ende es gilt einen Platz im Leben zu finden und anzukommen.
Mein Fazit: Sehr lesenswert.