Nachdem das meine erste Leserunde überhaupt ist, poste ich jetzt einfach mal drauflos, und ihr klopft mir bitte auf die Finger, falls ich ich Dinge schreibe, die ich hier besser nicht schreiben sollte, okay?
Das gesamte erste Kapitel dient vor allem dazu, die Hintergründe um die Familienverhältnisse zu erklären und den Charakter der wichtigsten Figuren zu skizzieren. Und das finde ich herrlich gemacht, mit diesen typischen boshaften Bemerkungen im Nebensatz. Ein Ehemann, der trotz geringem Einkommen "Geselligkeit und einen guten Tropfen sehr wohl schätzte" klingt doch gleich ganz anders als "Säufer".
Auch die Motive der Beteiligten und ihre Reaktion beim Einzug Fannys sind bezeichnend und werfen ein erstes Licht auf ihren Charakter: Sir Thomas, durchaus beseelt von einem karitativen Gedanken, der aber trotzdem bedächtig kalkuliert und das ganze Szenario bis in die Zukunft durchspielt, und der zu seiner eigenen Überraschung bei Fannys Ankunft merkt, daß er dieses Kind vielleicht sogar persönlich gern haben möchte, wenn er nur wüßte wie das geht. Lady Bertram, der alles egal ist, solange nicht das Schlimmste geschieht und sie etwa vom Sofa aufstehen müßte. Und Mrs. Norris, die mit dem Mundwerk zu allem bereit ist und der es vor allem darauf ankommt, jemanden zu haben, der in der familieninternen Hackordnung möglichst weit unter ihr steht.
Was auch klar ist: Es wird über Sachwerte diskutiert, über Erziehung und spätere Aussteuer. An das Kind und sein Seelenleben denkt erst mal niemand. Nicht aus Gefühlskälte, sondern weil das auch sonst in der Familie wenig üblich ist. Das wird in den nächsten Kapiteln deutlich: Außer Edward, der sich ernsthaft um Fanny bemüht und der in seinem Verhalten über bloße Höflichkeit hinausgeht, lebt man auf Mansfield Park nach den standesgemäßen Regeln, aber ansonsten recht gleichgültig nebeneinander her. Der älteste Sohn ein Bruder Leichtfuß, die Schwestern oberflächlich wie ihre Mutter, die Tante eine unerträgliche Besserwisserin mit Minderwertigkeitskomplex, die sich dauernd in den Vordergrund schieben muß.
Daß Fanny selbst nun ausgerechnet ein Angsthase und eine Heulsuse ist, erleichtert ihre Situation nicht gerade.
Mit dem Eintreffen der Crawfords und der Abreise Sir Thomas' wird der Rahmen für die zu erwartenden amourösen Verwicklungen abgesteckt. Katze aus dem Haus, Mäuse auf dem Tisch. Und die Crawford-Geschwister können gleich ein paar herrliche Bonmots über die Ehe und das Heiraten anbringen. Überhaupt waren diese Überlegungen - ab welcher Höhe ihrer Mitgift kann eine Frau mit Fug und Recht erwarten, sich einen wohlhabenden Grundbesitzer oder gar einen Adligen zu angeln? - mir in diesem Abschnitt die liebsten Szenen.