Aus der Amazon.de-Redaktion
Eine Art intellektuelles David-gegen-Goliath: Da stellt sich einer hin, weder Biologe noch überhaupt Naturwissenschaftler, und möchte im Alleingang die Evolutionstheorie zu Fall bringen. Bewaffnet ist er bloß mit einem Sack voller Worte, die er dem Riesen an den Kopf schleudert. Das ist wagemutig, fast schon verwegen, und man klappt das Buch in gespannter Erwartung auf, ob und wie es ihm gelingen wird.
Eine geschliffene Waffe sind Müllers Worte in der Tat: So einen brillanten Stil muss man in einem Sachbuch lange suchen. Aber auch seine Argumente sind größtenteils beeindruckend, vor allem wenn er dem Darwinismus an überzeugenden Beispielen seine stochastische Unwahrscheinlichkeit vor Augen führt.
Natürlich geht es in Das Glück der Tiere nicht darum, eine Veränderung der Arten im Lauf der Zeit zu leugnen (gar zu Gunsten einer göttlichen Schöpfung) oder einen kompletten Gegenentwurf zu liefern. Müller deckt nur die Ungereimtheiten und bröckligen Fundamente einer Theorie auf, die heutzutage nicht nur unumstritten scheint, sondern auch "als umfassendes Deutungsmuster aller Phänomene des Seelischen wie des Sozialen" unkritisch auf immer mehr Bereiche -- vom Kapitalismus bis zum Geschlechterkampf -- übertragen wird.
Da sind Müllers Exkurse in die Entstehungszeit der Evolutionstheorie erhellend: Wie schwer zu Beginn der Kampf um wissenschaftliche Anerkennung war, weshalb Darwin nicht zu knapp in die Trickkiste greifen musste, um die Vielfalt des Lebendigen durch eine biologische Naturgesetzlichkeit zu fassen, und wie die Frage "Was ist das Lebendige?" zu Gunsten des enger gefassten "Wo kommt es her?" völlig aufgegeben wurde.
Als Gegenstück zum vorgestellten "Gipfel des Unwahrscheinlichen - Richard Dawkins" empfehlenswert.
Gruss,
Doc