Fausts Gretchen - Susanne Alberti

  • von Susanne Alberti


    Wer Goethes Faust mag und sich schon immer Gedanken um Gretchen gemacht hat, dem sei dieser Roman ans Herz gelegt.


    Klappentext:
    Die Geschichte des Gretchens in Goethes Faust-Tragödie ist mit wenigen Worten erzählt: Eine schlichte, schulisch ungebildete, junge katholische Kleinbürgerin wird von einem besser gestellten Bildungsbürger, einem alternden Intellektuellen, verführt, geschwängert und ihrem Schicksal überlassen.
    Gretchen tötet das Kind, das sie nicht ernähren kann, wird verhaftet und zum Tode verurteilt. Obgleich Goethe seine Margarete nur in wenigen Szenen zu Wort kommen lässt, wurde sie zu einer der wichtigsten Frauengestalten der deutschen Kultur.
    In diesem Roman wird ihr Leben erzählt. Die Autorin folgt den Vorgaben Goethes und entwirft im Lichte heutiger Forschung ein Frauenschicksal im Deutschland des 18. Jahrhunderts, berichtet von der Geburt bis zum Tod und erzählt die Geschichte einer mutigen jungen Frau, die sich über alle religiösen und gesellschaftlichen Zwänge hinwegsetzt und dafür mit dem Leben bezahlt.


    Edit:
    Meine Meinung:
    Schon immer hat mich Goethes Faust fasziniert und so kam ich an dem Roman von Susanne Alberti natürlich nicht vorbei. Aus der im "Faust" knapp gehaltenen Liebesgeschichte strickt die Autorin einen fesselnden Roman, und zwar aus der Sicht der Opfers. Der Leser wird entführt ins 18. Jahrhundert und erlebt die Verführung Gretchens und die weitere Entwicklung dieser Liebe ohne Zukunft sozusagen hautnah mit. Es ist eine tragische Geschichte, in der es bekanntlich keine Gewinner und auch keine Superhelden/-heldinnen gibt. Es gibt nur ein naives, ungebildetes Mädchen und einen suchenden Mann, der selber nicht so genau weiß, was er eigentlich sucht.
    Es ist schon lange her, dass ich dieses Buch gelesen habe, aber es ist mir vor allem deshalb in guter Erinnerung geblieben, weil es sich durch die Beschreibungen der Lebensbedingungen der damaligen Zeit sowie der Gefühlswelten so "echt" anfühlte. Nicht nur für "Faust"-Freunde empfehlenswert.


    Gruß
    Kalypso

  • also, ich möcht hier schonmal meine ersten Eindrücke schreiben, weil mir das Buch bisher sehr gut gefällt:


    Das Buch ist in viele kürzere Kapitel unterteilt, so hangelt man sich durch die Handlung und kann meist nicht mehr aufhören (och, ein Kapitel les ich noch schnell... :grin )


    Was ich schon im ersten Kapitel sehr gut fand:


    es werden zwei parallel verlaufende Situationen umschrieben, indem immer in kurzen Absätzen hin und hergesprungen wird:


    -Gretchens Geburt und der Kampf und die Schmerzen ihrer Mutter


    - dieser unsympathische Herzog Ludwig, der zur gleichen Zeit auf die Jagd zieht und schlussendlich seinem Falken den Kopf rumdreht, weil dieser keine Beute gemacht hat :wow


    Diese beiden Geschehnisse sind so miteinander verwoben, dass man hier schon sieht: da liegt ein dunkler Schatten auf Gretchens Geburt und man ahnt schon, das wird alles einen tragischen Verlauf nehmen.


    Irgendwie auch eine krasse Zeit, es wird umschrieben, dass die Mutter erst nach ca. 4 Wochen nach der Geburt wieder in die Kirche darf, weil sie vorher als unrein angesehen wird.


    Oder Gretchen wird so fest gewickelt und bandagiert als Säugling, dass sie die Ärmchen nicht bewegen kann (soll wohl vor krummen Gliedmaßen bewahren :wow ). Insgesamt wird sie sehr streng erzogen und auch irgendwie recht kühl, einmal wird umschrieben, wie sie ihre ersten Schritte in dieser seltsamen "Gehschule" (eine Art Holzställchen auf Rädern) macht und die Mutter ihr dessen keine Beachtung schenkt.


    Ich glaub, das war früher alles normal so...oh Mann, irgendwie shocking.


    Bisher ist das Buch sehr gut, ich werde weiter berichten :grin

  • hallo Willma :wave


    ich könnte zumindest den Lebenslauf vom Buchdeckel hinzusteuern:


    Susanne Alberti schrieb bisher wahre und erfundende Geschichten, Hörspiele und Drehbücher: war Dozentin für Film- und Fernsehdramaturgie; sie vertritt die Auffassung, dass die Identität des Urhebers für eine literarische Arbeit von geringer Bedeutung ist; (was ja eigentlich erklärt, warum sie so unbekannt ist :grin )


    "Fausts Gretchen" ist das Ergebnis ihrer jahrelangen Auseinandersetzung mit dem Werk Goethes und ihrer Studien der Geschichte des 18. Jahrhunderts.

  • hallo, ich habe das Buch jetzt durch: Hammer!!!


    Ich habe gestern 200 Seiten gelesen!! Konnte es nicht mehr weglegen.


    Werde jetzt keine Details mehr verraten, sonst möchtet Ihr es vielleicht nicht mehr lesen :grin , nur so meine Gedanken dazu:


    die Umschreibung im Klappentext


    "...erzählt die Geschichte einer mutigen jungen Frau, die sich
    über alle religiösen und gesellschaftlichen Zwänge hinweg-
    setzt und dafür mit dem Leben bezahlt."


    finde ich etwas irreführend...denn man erwartet hier fälschlicherweise vielleicht - wie es in vielen historischen Romanen z. B. der Fall ist - eine Frau, die zwar in der damaligen Zeit lebte, allerdings mit den Maßstäben und Idealen einer Frau aus der heutigen Sicht agiert. Vielleicht erwartet man eine Heldin, die modern und fortschrittlich für ihre Zeit denkt.


    Das alles ist Gretchen nicht.


    Sie ist eine naiv gehaltene, junge Frau, gottesfürchtig und unterdrückt, ohne große Bildung. Sie lebt in ihren gesellschaftlichen Strukturen und durchbricht diese zwar, allerdings "nur" entsprechend ihrer Fähigkeiten, die sie innerhalb dieser Strukturen hatte. Sie ist kein Idol, keine Vorreiterin ihrer Zeit.


    Aber genau das macht das Buch aus: eine Frau, wie sie im 18. Jahrhundert gelebt hat, in all den Zwängen. Es ist authentisch - ohne Heldentum.


    Sie setzt sich nur insofern über die Zwänge hinweg, als sie es wagt, ihre Liebe auszuleben. Allerdings auch mit einer großen Blauäugigkeit.


    Gretchen ist ein Produkt ihrer Zeit.


    Und genau das macht das Buch so authentisch und natürlich auch tragisch.


    Wirklich sehr gut.


    Zwischendurch, im ersten Drittel hatte ich lesetechnisch einen kleinen Durchhänger...aber dann gab es kein Halten mehr und ich habe es in einem Rutsch durchlesen müssen und konnte gestern abend nur schwer einschlafen, weil ich noch so lange über Gretchen nachgegrübelt habe.


    Ich kanns jedem nur empfehlen.


    10 Punkte!

  • Zitat

    Original von Wilma Wattwurm
    Kalypso
    Schade, daß du uns weder deine eigene Meinung mitteilst, noch irgendetwas über die Autorin sagst.
    Das Thema an sich spricht mich schon an, aber wer ist Susanne Alberti?


    Über die Autorin weiß ich auch nicht mehr als Mina und meine Meinung habe ich jetzt dazu gesetzt.


    :wave
    Kalypso

  • Zitat

    Original von mina
    Sie setzt sich nur insofern über die Zwänge hinweg, als sie es wagt, ihre Liebe auszuleben. Allerdings auch mit einer großen Blauäugigkeit.
    Gretchen ist ein Produkt ihrer Zeit.
    Und genau das macht das Buch so authentisch und natürlich auch tragisch.
    Wirklich sehr gut.


    Stimmt!


    Viele Grüße
    Kalypso