Vom Leben und Sterben der Pinguinfische von Juliane Hielscher

  • Kurzbeschreibung
    Eine Geschichte von Schmerzen, vom Alleinsein, von der Liebe als Herausforderung. Und die Geschichte von Leah und Helene, die bei der Suche nach dem verloren geglaubten Leben mehr finden, als sie jemals hätten erahnen können.
    In einer Zeit, als ihr das Weiterleben als die größte Strafe jenes Gottes erscheint, an den sie nicht glaubt, kehrt Helene in das kleine Dorf an der rauhen spanischen Nordwestküste zurück. Ein Ort, der ihr eigentlich fremd ist, an dem jedoch auch ihre eigenen Erinnerungen leben. Alles hier, der Strand, das Meer und die schattigen Gänge des Klosters, trägt Spuren ihres verlorenen Sohnes. Um dem Schmerz zu entfliehen, rennt Helene jeden Morgen am Strand entlang, atemlos. Aber die Flucht vor ihrem Leben wird ihr nicht gelingen ... Auch Leah flieht irgendwann nicht mehr. Sie trifft Helene. Leah, die mit ihren 18 Jahren erst am Anfang des Lebens steht und als Au-Pair-Mädchen zum Onkel nach Spanien geschickt wurde, findet in Helenes früherem Leben den Traum von ihrem eigenen: erfolgreiche Fotografin, geliebte Ehefrau und Mutter. Sie will nicht wahr haben, dass es diese Helene nicht mehr geben soll, und beginnt rücksichtslos, die Geheimnisse der Vergangenheit aufzubrechen ...


    Über den Autor
    Juliane Hielscher, geboren 1963, studierte Philosophie und Germanistik. Nach ihrem Studium arbeitete sie als freie Journalistin für den Hörfunk und Zeitschriftenverlage. Zwischen 1988 und 1995 war Juliane Hielscher als Redakteurin und Moderatorin bei SAT.1, u.a. für die SAT.1-News, Deutschland Heute Mittag, das Doku-Magazin Wendepunkte und die Talk-Show Kirche Kontrovers. Für die ARD arbeitete sie als Talkmasterin in der täglichen Sendung Juliane & Andrea und seit 1998 ist sie Moderatorin beim ZDF-Morgenmagazin. Juliane Hielscher hat einen Sohn und lebt in Berlin.
    Preise und Auszeichnungen: Juliane Hielscher erhielt am 11. September 2005 für ihren Roman Vom Leben und Sterben der Pinguinfische den Debütpreis des Buddenbrookhauses, der in diesem Jahr zum zweiten Mal vom Lions-Club Lübeck-Hanse und der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck verliehen wurde.


    Meine Meinung:
    Ich hab das Buch eigentlich ohne Kenntnis des Inhalts nur wegen des aus meiner Sicht grandiosen Namens ausgesucht. Meine Neugier auf den Inhalt war so groß, daß ich sehr zügig zu dem Buch griff und es gelesen habe.
    Obwohl ich sonst ein sehr schneller Leser bin, mußte ich mir hier Ruhe und Zeit nehmen, das ist kein Buch, das man mal eben so nebenbei zur Unterhaltung liest. Immer wieder mußte ich aus den Fluten auftauchen und ein wenig nach Luft schnappen. Die hier geschilderten Lebensgeschichten und Dramen gehen so nah und sind doch so fern. Die Sprache ist dabei immer genau angepaßt, mal sehr gefühlvoll und leise, mal sehr plakativ, brutal und laut. Aus meiner Sicht ein sehr poetisches Buch, auch wegen der schönen eingeflochtenen Gedichte, die Leah hier und dort ihrem Tagebuch anvertraut.
    Es wird sich mit vielen Thematiken auseinander gesetzt, Neid, Tod, Haß, Trauer, Liebe, Inzest, Depression, Suizid, Glaube, Religion und vieles mehr, dennoch wirkt das Buch zu keiner Zeit überladen und zu voll, sondern alles liest sich gut und interessant.
    Auch ich als nicht gläubiger Mensch konnte mit der Sehnsucht nach Stille, dem Rückzug ins Kloster doch sehr viel anfangen, weil es mehr um Selbstfindung, als um Gottfindung geht.
    Die Aufteilung des Buches in kleine Geschichten: "Dies ist nicht Bens Geschichte!" oder "Dies ist Hermana Consuelos Geschichte!" oder "Dies ist die Geschichte einer Pilgerfahrt!" wirkte auf mich unheimlich ansprechend auch die vielen durch Sprache gezeichneten Bilder und Metaphern fand ich wirklich sehr gelungen und angenehm.
    Das Buch erzählt eine sehr traurige Geschichte und nicht nur der Tod eines Kleinkindes wirkte auf mich sehr traurig, sondern auch die anderen Dramen der Protagonisten und ihre Hilflosigkeit haben mir hier und dort doch mal Tränen in die Augen gezaubert. Dennoch sprühte dieses Buch vor Lebensfreude und Liebe zur spanischen Küste.


    Toll fand ich auch die Aufmachung des Buches. Der Umschlag zeigt eine Haustüre, die sich öffnet und hinter der man den Strand erahnt, nimmt man den Schutzumschlag ab, sieht man diesen Strand in voller größe auf dem Einband. Toll gemacht fand ich das.
    Außerdem fand sich ein sehr wichtiger Satz für mich in diesem Buch, neben vielen anderen wichtigen Sätzen, hat sich dieser doch stärker bei mir eingebrannt, eben auch weil er in einer sehr seltsamen Situation geäußert wird: "Wenn du dem Leben immer zu den Arsch zeigst, darfst du dich nicht wundern, wenn es dich von hinten fickt."
    Das ist eine der wenigen Stellen, die wenig poetisch und dennoch sehr wahr sind.


    Für mich war dieses Buch eine absolute Entdeckung und genau das richtige Buch zu genau der richtigen Zeit.
    Kurz, ich bin bezaubert...

  • Danke für die Rezi, BJ :anbet


    Klingt echt gut. Frag mich zwar, ob mir persönlich das Buch nicht zu poetisch ist und ob ich wirklich den Zugang dazu finden würde, aber ich glaube, ich würds gern mal versuchen. Ich pack schon mal auf die WL, ist ja nicht so teuer :gruebel


    Zitat

    Original von Babyjane
    Außerdem fand sich ein sehr wichtiger Satz für mich in diesem Buch, neben vielen anderen wichtigen Sätzen, hat sich dieser doch stärker bei mir eingebrannt, eben auch weil er in einer sehr seltsamen Situation geäußert wird: "Wenn du dem Leben immer zu den Arsch zeigst, darfst du dich nicht wundern, wenn es dich von hinten fickt."


    Der Satz ist klasse. Gefällt mir sehr gut :-)

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Zu poetisch... hm sagen wir sie schreibt mit einer sehr schönen Sprache und viel Gefühl. Es snd 4 oder 5 kleine Gedichte enthalten, aber wirklich nicht zu viele, ich fand es war genau die richtige Dosis, ohne schmalzig oder überladen zu wirken und Sätze, wie der von dir zitierte, bringen dann wieder die Realität rein und wirken so ein wenig schnodderig, das gefiel mir.

  • Danke für die schöne Rezi, Babyjane :wave


    Das Buch steht bei mir auch im RUB und ich denke, ich werde es bald lesen. Hört sich nach einem echt schönen Buch an.


    Komisch, früher habe ich bevorzugt Krimis / Thriller gelesen. Seit ich hier bei euch angemeldet bin, habe ich viel umfangreichere Interessen :-)

    Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken.
    (Hermann Hesse)

  • Bin schon so oft um das Buch herumgeschlichen. Deine Rezi bestätigt genau das, was ich mir von diesem Buch erhofft habe. Allein der Buchtitel ist wunderschön. Von daher wird es jetzt bald ganz, ganz schnell den Weg zu mir finden.

    Nur eines ist vergnüglicher als abends im Bett, vor dem Einschlafen, noch ein Buch zu lesen - und das ist morgens, statt aufzustehen, noch ein Stündchen im Bett zu lesen.
    - Rose Macaulay -

  • Ein Beutestück vom Eulen-Büchertisch!
    Zugegriffen habe ich wegen des Titels - der hat mir gut gefallen. Auch die Kombination von Schutzumschlag und Cover ist etwas Besonderes und passt zum Inhalt.


    In einem kleinen Dorf im äußersten Nordwesten Spaniens begegnen sich zwei Frauen. Helene und Leah. Beide kommen aus Deutschland, beide haben eigentlich vor, für sich zu bleiben, sind hier um sich zurückzuziehen, fühlen sich aber zueinander hingezogen und kommen sich näher. Eine zunehmend wichtigere Rolle spielen die Bewohner des Dorfes und eines alten Klosters.
    Immer wieder gibt es "Zwischendurch-Geschichten". Manchmal sind es Rückblicke in ihr altes Leben, manchmal erzählen Einwohner des Dorfes uralte Geschichten. Das ist schön komponiert.
    Die Schilderung der beiden sehr unterschiedlichen Frauen in ihrem Schmerz ist einfühlsam, vermeidet Klischees und berührt die Leserin. Ebenso die Schilderung der Natur, wild und rauh, es entstehen immer wieder ausdrucksstarke Bilder.
    Eine wunderschöne Geschichte von Freundschaft und Trauer, von Nähe und Distanz, aber auch von Menschlichkeit und Liebe zu Traditionen, die den Menschen gut tun.
    Hier passt die Werbung, die ich kürzlich im Cover eines anderen Buches gelesen habe: Ein Buch wie eine warme Decke.
    8 von 10 Punkten bekommt dieses Buch von mir.