Amoklauf in Baden-Württemberg

  • Tom und @Churchill...ihr lieben Privatmenschen...;-)


    Der Vorfall hier ist nicht irgendwo in den USA oder an einem anderen Ende der Welt passiert, wo wir wieder einmal schadenfroh mit dem Finger zeigen könnten und uns darüber mokieren, was die wieder für einen Mist bauen, sondern in unserem Land hier, hervorgerufen durch wasweißich....Ich bin nicht Jesus; mir wächst kein Gras aus der Tasche!


    Und da ich in diesem Lande lebe, hier zwei Kinder großgezogen habe und mich hier an deren Kindern freuen möchte, möchte ich...verdammt noch mal...wissen, was meine Generation, die vorangegangenen Generationen, die von Euch beiden Jungspunden ;-), die jetzige Generation...von denen wir ja wohl einige unter den Eulen haben... oder nachfolgende Generationen dagegen tun können, um zu verhindern, das sowas nochmal passiert.


    Wenn jeder nur in seiner Wohnung vor sich darüber hinbrütet, bringt das wohl nicht sehr viel.


    Das nur zynisch mit Betroffenheitsgefasel abzutun, finde ich nicht sehr hilfreich.

  • Ikarus


    Zwischen lästern, mit Finger zeigen und allenorts Betroffenheit anmelden, liegen Welten.


    Ich find auch schlimm was passiert wird, aber schon heute gehen mir die Endlosdiskussionen auf den Keks. Da werden auf sämtlichen Sendern die Psychologen, Kenner, Wisser und Besserwisser durchgereicht. Jeder erzählt was von schlimm, man könnte, man sollte, vielleicht wäre und niemand kann es wirklich aufs Tapet bringen wie man es verhindern könnte. Kann man auch nicht.


    *so, sich mal zu Churchill und Tom auf die stille Treppe setz* :grin

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • Zitat

    Original von Ikarus
    Der Vorfall hier ist nicht irgendwo in den USA oder an einem anderen Ende der Welt passiert, wo wir wieder einmal schadenfroh mit dem Finger zeigen könnten und uns darüber mokieren, was die wieder für einen Mist bauen, sondern in unserem Land hier, hervorgerufen durch wasweißich....
    Das nur zynisch mit Betroffenheitsgefasel abzutun, finde ich nicht sehr hilfreich.


    Nun ja, ich gebe zu, es fällt mir schwer, meine Betroffenheit je nach Nationalität einzustellen... ;-)
    Ich verstehe, was Tom meint - angesichts der Grausamkeiten, die jeden Tag tausenden von Menschen geschehen, ist es zumindest verständlich, wenn man sich hin und wieder fragt, warum welche Ereignisse die Menschen wirklich berühren.

  • @ ikarus: seh ich genauso


    Die für mich einzig wichtige Frage ist: Was kann jeder Einzelne, jede Institution und sonstige Organisation unserer Gesellschaft tun, damit Ähnliches möglichst verhindert wird?


    Der Mensch denkt beim sprechen besser als in der Stille.


    Ich verstehe nicht, warum Ihr so ein Problem mit der Medienflut habt - ich hab es nicht. Ich habe heute weder Radio noch Fernseher angehabt.


    Gestern fand ich es sehr angenehm (nachdem ich aus dem Rest eines Radiobeitrags mitbekommen hatte, das etwas passiert war) ohne Probleme den Fernseher auf einem beliebigen Kanal anschalten zu können und mit Informationen versorgt zu werden. Fand ich gut! Anschließend habe ich wieder abgestellt.

  • Das Literaturcafé hat das "Thema" auf ganz wunderbare Art aufgegriffen. Und dadurch bemerkenswerte Parallelen zu Erfurt/2002 gezogen. Mehr als das gar: Durch einfaches Cut & Paste wurde aus einem Text von damals ein hochaktueller. Was geändert wurde, kann man durch Hervorhebung sehen:


    http://www.literaturcafe.de/bf.htm?/berichte/morden.php


    Besonders zu beachten: Der ergänzende Text "Teeny-Tränen kommen gut" von Wolfgang Tischer (unten).


    Es ist beachtenswert, wie wir immer versuchen, von Einzelfällen auf das Gesamte zu schließen, obwohl das Gesamte funktioniert, sonst würde man die Einzelfälle nicht Einzelfälle nennen. Will sagen: Wäre derlei an der Tagesordnung, sollte man tatsächlich darüber nachdenken, ob es kollektive Ursachen wie Ballerspiele oder Super RTL gibt. Das aber ist nicht der Fall. Ein explodiertes Haus in zwanzig Jahren aufgrund eines Gaslecks lässt ja auch niemanden darüber nachdenken, die komplette Republik von Gas auf Kuhpupse umzustellen.

  • @Tom...ich glaube, ich verstehe, was Du meinst und akzeptiere und respektiere auch Deine Meinung (und die anderer).


    Dennoch finde ich, dass es nicht schaden kann, wenn man sich einige Gedanken macht, denn niemand ist schließlich eine Insel und alles, was man tut und sogar das, was man nicht tut, hat irgendeine Außenwirkung auf andere...auch hier in einem kleinen, recht überschaubaren Bücherforum.


    Und...so unwichtig ich hier als simple Leserin auch bin und so unwichtig ich selbst als einfache Frau und Mutter in der großen, großen Welt auch bin....möchte ich doch im Rahmen meiner begrenzten Möglichkeiten dazu beitragen, dass es den Menschen, die sich in meinem Einflußbereich befinden besser und nicht schlechter geht.


    Was ich dazu tun kann, werde ich zumindest versuchen. Und ich denke mal, zuhören gehört dazu, jungen Leuten wie "alten" ;-) :-) Sonst kann man nicht verstehen.


    Manche unsachlichen Bemerkungen kann man ja dann zum Glück immer noch ignorieren. :grin


    :wave

  • Zitat

    Original von Tom
    Gegenfrage: Wie medial gesteuert muss man eigentlich sein, um bei solchen Tragödien sofort das Bedürfnis zu verspüren, seine Betroffenheit öffentlich und somit zu einem Bestandteil des Geschehens zu machen?


    Ich verstehe den Wunsch, sich mitzuteilen und sich über Gefühle auszutauschen, möglicherweise sogar "gemeinsam zu verarbeiten" (womit ein solches Forum meiner Meinung nach deutlich an seine Grenzen geführt wird). Aber die reflexartige Betroffenheitsbekundung, zumeist auch noch einhergehend mit laienanalytischer Ursachenforschung, stimmt mich immer skeptisch. Ich halte davon nichts. Aber das ist nur meine völlig unbedarfte und absolut unmaßgebliche, eigentlich auch sehr private Meinung. ;-)


    :write Da bleibt (mir) nichts mehr hinzuzufügen :write

  • Zitat

    Die für mich einzig wichtige Frage ist: Was kann jeder Einzelne, jede Institution und sonstige Organisation unserer Gesellschaft tun, damit Ähnliches möglichst verhindert wird?


    Nichts. So etwas passiert einfach. Und wenn nicht das, dann etwas anderes. Es gibt immer Menschen, die durch das gesellschaftliche Netz fallen, wie heute ein Professor für Soziologie im Radio so schön gesagt hat. Die ausscheren und Dinge tun, die für den Rest nicht nachvollziehbar sind.


    An den Medien allein liegt es nicht. Höchstens insoweit, als der Amokläufer dadurch eine Plattform hat, um sich selbst bzw. sein Ableben zu inszenieren und weil's jemand anderer vorgemacht hat.

    Meiner Meinung nach hilft es auch nicht viel, das Waffengesetz dauernd umzuschreiben. Das ist bloß die einzige und verzweifelte Maßnahme der Politiker, an die die Forderung gestellt wird, etwas zu tun. Und was können sie sonst tun, als an den Gesetzen zu schrauben?


    Fakt ist, man kann nichts tun, und im Nachhinein weiß es immer jeder besser. Wahrscheinlich wird es auch wieder passieren, bis jemand sich eine andere Variante ausdenkt. So ist der Mensch.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Schrecklich, immer wieder.
    Eine gute Schulfreundin hat noch letzten Samstag auf einem Tischtennis-Turnier eine Stunde lang mit ihm geredet. So etwas in einem Menschen zu sehen oder vorauszuahnen ist einfach unmöglich, wenn man mal von den Eltern absieht.
    Gerade in der Schule merkt man, wie groß der Verarbeitungswunsch ist - an jeder Ecke wird davon gesprochen. Aber wirklich realisieren kann man so etwas immer nur schwer.

  • Aufgrund von einigen Beiträgen hier im Forum melde ich mich daher aus meiner persönlichen Betroffenheit und Bestürzung ab. Passt nicht in unsere Zeit, wo doch an allen Ecken der Welt immer wieder Menschen tragisch zu Tode kommen. Da kann man doch angesichts von 16 Toten - vor allen Dingen jungen Menschen - nicht bestürzt und betroffen sein.


    Ab sofort bin ich auch nicht mehr betroffen und bestürzt um die unzähligen Hungertoten, um die unzähligen Toten aus Kriegshandlungen, um die unzähligen Toten aufgrund von Profitstreben (Zurückhaltung von lebenswichtigen Medikamenten beispielsweise).


    Beim Lesen einiger Beiträge bin ich aus dem Kopfschütteln einfach nicht rausgekommen......

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Nichts ist natürlich eine bequeme Lösung.


    Wozu geben wir dann überhaupt Geld aus, für die Therapie psychisch kranker Menschen?


    Wenn ich vergleiche, welcher Druck auf mich als Schülerin ausgeübt wurde und welchen Druck ich heute auf meinen Sohn ausübe - ist das ein sehr großer Unterschied.


    In den letzten 20 Jahren hat sich unser Berufsleben extrem verändert. Vielleicht ist es nur in meinem Dunstkreis so, aber der Druck ist stark gestiegen. In den letzten Jahren berichten dies auch Beamte. Wo lassen denn die Erwachsenen den Druck? - Ich unter anderem auch bei meinem Sohn.


    In unserem Landkreis wurden die Stellen für Schulpsychologen in den letzten Jahren von der Landesschulbehörde extrem gekürzt. Von 27 Stellen auf 12. Diese Nachricht wurde übrigens einige Tage vor dem Unglück bekanntgegeben.


    Vielleicht keine so gute Idee, oder?


    Wenn wir nicht darüber sprechen, wird weiterhin das oberste Prinzip "Einsparungen" sein.

  • Isjoeckel : Ich denke, das hängt auch von der Familie und dem Charakter der jeweiligen Person ab wie sie den Druck verarbeiten oder weitergeben. Sonst gäbe es in Asien kontinuierlich Amokläufe, ganz zu schweigen von den aufstrebenden Ländern, die eine viel grössere soziale Bandbreite haben und eine gute Privat-Ausbildung einen nicht unerheblichen Aufstieg bedeuten können.


    Was den jungen Kretschmar dazu bewegt hat, solche Rache an seiner Umgebung zu nehmen, werden wir nie in Erfahrung bringen. Aber solche Jungen nehmen psychologische Angebote nicht an und sind auch sonst nicht wirklich emotional ansprechbar.

  • Zitat

    Original von Alice Thierry


    Nichts. So etwas passiert einfach.


    Man kann nichts dagegen tun, daß ein Mensch durchknallt, sich irgendeine wie auch immer geartete Waffe verschafft und ein Massaker startet. Aber man kann durchaus etwas dagegen tun, daß er in einer Schule jede Menge hilflose Opfer vorfindet, an denen er ungestört seine Allmachtsfantasien ausleben kann.


    Wie endet denn so ein Amoklauf typischerweise, wie hat dieser hier geendet? Der Täter wurde von einer Polizeikugel in's Bein getroffen, war kampfunfähig und hat sich dann der Festnahme durch Selbstmord entzogen. Hätte ihn zehn Tote früher schon jemand in's Bein geschossen, hätte es nur ein Drittel der Opfer zu beklagen gegeben.


    Um einen Einzeltäter zu stoppen, braucht man kein Sturmgewehr und keine Panzerfaust. Der Täter hatte eine Berretta 9mm, aber selbst wenn er eine Kalaschnikow gehabt hätte, hätten 2-3 Bewaffnete auch nur je eine 9mm Pistole gebraucht, um ihn zu stoppen. Die Frage ist nur, wie man diese 2-3 Waffenträger sinnvoll in den Schulaltag integriert. Mein Vorschlag wäre ein Schulfach "Waffenkunde", das von Polizisten oder Bundeswehroffizieren unterrichtet würde. Je nachdem halt, ob die landespolitische Hoheit über die Schulen wichtiger ist oder die sinnvolle Beschäftigung für Soldaten.

  • Zitat

    Original von Behrnie
    Mein Vorschlag wäre ein Schulfach "Waffenkunde", das von Polizisten oder Bundeswehroffizieren unterrichtet würde. Je nachdem halt, ob die landespolitische Hoheit über die Schulen wichtiger ist oder die sinnvolle Beschäftigung für Soldaten.


    Sorry, aber dazu kann ich nur den Kopf schütteln. Ich hoffe das meinst du nicht wirklich ernst. :pille

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


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  • Zitat

    Original von Behrnie
    Mein Vorschlag wäre ein Schulfach "Waffenkunde", das von Polizisten oder Bundeswehroffizieren unterrichtet würde. Je nachdem halt, ob die landespolitische Hoheit über die Schulen wichtiger ist oder die sinnvolle Beschäftigung für Soldaten.


    Es ist nicht Aufgabe unserer Soldaten die gesellschaftlichen Defizite zu lösen. Das ist auch nicht Aufgabe der Polizei. Und mit einem Fach "Waffenkunde" wird man wahrscheinlich eh nur das Gegenteil erreichen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Behrnie


    Die Frage ist nur, wie man diese 2-3 Waffenträger sinnvoll in den Schulaltag integriert. Mein Vorschlag wäre ein Schulfach "Waffenkunde", das von Polizisten oder Bundeswehroffizieren unterrichtet würde. Je nachdem halt, ob die landespolitische Hoheit über die Schulen wichtiger ist oder die sinnvolle Beschäftigung für Soldaten.


    :gruebel
    Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?
    Was bitte soll dieses Fach denn bringen?
    Und wie sollen diese 2-3 Waffenträger im Schulalltag denn aussehen? Schulpolizisten?


    Sorry, aber das klingt mit jetzt irgendwie nach einer eigenartigen Idee!

  • In der Stadt in der meine Schule ist (Pforzheim) gabs gestern einen Amok-Droh-Anruf, das da heute ein Amoklauf wäre (nicht an meiner Schule), war natürlich nicht echt...War den Leuten ja eig. fast klar (war Ende letztes Jahr schon mal), sie haben es natürlich trotzdem ernst genommen


    War aber eben nur ein Trittbrettfahrer...


    Aber man muss ja schließlich alles ernst nehmen, könnte ja wirklich was passieren.
    Aber ich denke wenn man es wirklich macht, droht man es nicht vorher so direkt an, oder?


    Wollte euch nur mal darüber informieren.


    hier noch ein link:
    http://www.pz-news.de/Home/Nac…893_puid,1_pageid,17.html

    An old man turned ninety-eight
    He won the lottery and died the next Day
    It's a black fly in your Chardonnay
    It's a death row pardon two minutes too late
    Isn't it ironic, don't you think
    (Alanis Morisette - Ironic)

  • Oryx


    oh je, das hört sich aber ziemlich hoffnungslos an...


    @ Behrnie


    Bitte nicht noch mehr Waffen an die Schulen. Mit einer Waffe ändere ich letztlich nichts.


    Tut mir leid, aber ich glaube fest daran, das jeder Mensch etwas Gutes in sich trägt. Vielleicht stellt sich für den Einzelnen nur die Frage ob er das Gute in sich auslebt, oder eben nicht.

  • Zitat

    Original von Alice Thierry


    Nichts. So etwas passiert einfach. Und wenn nicht das, dann etwas anderes.


    Genau. Darum lehnen wir uns jetzt alle mal entspannt zurück und akzeptieren, dass wir einfach nichts tun können. Es ist schon paarmal passiert, es wird noch paarmal passieren und das Einzige, was man tun kann, ist zu beten, dass man beim nächsten Mal glücklicherweise nur zu unbeteligten Beobachtern gehört. Immerhin etwas, was man für sich selbst tun kann.


    (*Ironiemodus aus*)

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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