Amoklauf in Baden-Württemberg

  • Mir geht es dabei auch um die Vorgehensweise der Presse.
    Vielleicht ist das falsch rübergekommen.


    In deinem geschilderten Fall nutzt die Presse den Schock der Schüler ebenso aus.
    Nach einem Schockerlebnis möchte man seine Empfindungen mitteilen (geht nicht allen so, aber einigen). Ich denke, das nutzt die Presse hier schamlos aus.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Es muss doch für junge Menschen eine andere Lebensperspektive geben als den wirtschaftlichen und beruflichen Erfolg. Wer gerade in diesen Punkten nicht mithalten kann, wird für sich selbst wahrscheinlich so etwas wie ein Versagens-Stigma fühlen. Daraus entstehen Aggressionen und es ist niemand da, der hier die notwendigen Hilfen beibringt um diese Aggressionen abzubauen. Jeder Mensch ist einmalig und wertvoll - egal welche Schulbildung sie/er hat, egal welcher beruflicher Erfolg erzielt wurde und egal wie hoch der Kontostand ist.


    Ich denke auch, dass das ein wichtiger Punkt ist. Es gibt eben wirklich Lehrer, die Schüler niedermachen und als Versager abstempeln, nur weil sie vielleicht in einem bestimmten Fach nicht die besten Leistungen bringen. Sowieso fraglich, weshalb so viele Lehrer immer mein, ihr Fach wäre das wichtigste.
    Lieblingslehrerin meiner ehemaligen Schule war übrigens eine Mathelehrerin, die in jedem etwas Positives gesehen hat. Nach einer schlechten Mathearbeit gab es da kein Gemecker, sondern eher Aufmunterung. Etwa sowas: "Ist ja nicht schlimm, dass dir Mathe nicht liegt. Dafür kannst du super singen." Ich denke, das so kleine Dinge und etwas Anerkennung oftmals schon helfen würden. Letztendlich glaube ich, dass es vielen Schülern/Menschen einfach nur an Aufmerksamkeit fehlt. Schließlich möchte doch jeder irgendwo respektiert werden und Anerkennung bekommen.

  • Was die Presse angeht: :write
    Ich gehörte dereinst auch mal zu der Meute und habe gelernt, wie man das macht. Aber DAS MACH ICH NIMMER!!!
    So. Das dazu mein Senf.
    Heute wird also allerorten diskutiert, man ist geschockt - und wie siehts in einer Woche aus, in zwei? Wenn man mal ein bisschen bei google nachschaut, dann findet man eine Familie, gut bürgerlich, angesehen, engagiert, sportlich erfolgreich. Menschen wie Du und ich - und trotzdem... ich frage mich, was man als ELTERN tun kann und ich komme immer wieder nur zu dem einen Schluß: mit den Kindern reden, reden, reden. Jeden Tag. Die Erziehung liegt in allererster Linie bei den Eltern, das kann und muss Schule nicht leisten. Aber ehe ich da auch wieder ein Faß aufmache: redet mit Euren Kindern!!!

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Oh Mann...und in Ethik immer von 3. Reich zu labern ist auch sowas. Macht man das nicht schon in Geschichte? Gibt es nicht sinnvolleres, was ein Schüler lernen kann? Langsam frag ich mich, in was für einer Welt wir leben... :bonk



    Das war bei mir im Ethik-Unterricht nicht einmal Thema. Wobei der ganze Kram zu Kant vermutlich ähnlich wenig gebracht hat.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Wofür zur Hölle lagert man als Sportschütze Munition im dreistelligen Bereich zuhause?


    Weil 3*100 Schuß soviel kosten wie einmal fünfhundert Schuß, das ist wie bei fast allen Dingen- Mengenrabatt.

  • Zitat

    Original von bluenightowl
    In den USA haben viele Schulen lautsprecher in den Klassenzimmer und bei Gefahr können sie sich einschließen. Vielleicht sollte man das auch hier einführen.


    Die gab es wohl: "Frau Koma kommt", hat der Konkretor über die Lautsprecheranlage durchgegeben. Daraufhin hat wohl zumindest eine Lehrerin das Klassenzimmer abgeschlossen.

  • Zitat

    Original von keinkomma
    [...] ich komme immer wieder nur zu dem einen Schluß: mit den Kindern reden, reden, reden. Jeden Tag. Die Erziehung liegt in allererster Linie bei den Eltern, das kann und muss Schule nicht leisten. Aber ehe ich da auch wieder ein Faß aufmache: redet mit Euren Kindern!!!


    Ja, volle Zustimmung! ABER - das kostet Zeit, das kostet Nerven, das kostet auch in Frage gestellt werden von eben diesen Kindern.


    Das heisst dann wieder - im besten Falle - sich auseinander setzen müssen mit dem eigenen Leben, den eigenen Lebensentwürfen, dem Weg, den man selbst gegangen ist. Das ist - leider - für die meisten Menschen heutzutage nichts, was sie sich "antun" möchten. Oder auch z.T. nicht "antun" können, bei den Anforderungen, die z.B. von der Arbeitswelt an sie gestellt werden....


    Wir leben in einer Welt, in der am besten jeder perfekt zu funktionieren hat. In der jedes Leben und jeder Lebensentwurf sich dem stellen "muss", was "angesagt" ist, erfolgreich, anerkannt, beliebt wenns geht auch noch. Alles, was da nicht reinpasst - und natürlich passt doch bei jedem von uns da was nicht rein! - ist nicht akzeptabel. Und das auch noch mit den eigenen Kindern diskutieren? No way für die meisten, die ich kenne :bonk


    Diese Diskrepanz merken viele der heutigen Jugendlichen sehr stark. Sie suchen oft nach Ehrlichkeit, Authentizität, sogar - ich wage es kaum zu schreiben - persönlicher Integrität. Bei den Eltern, den Lehrern, der Umwelt. Und sie begegnen oft - Scheinidentitäten. Masken. Verschweigen. Unehrlichkeit.


    Schwer für sie, da einen eigenen "anständigen" WEg zu finden....


    Lieben Gruß
    Alraune

  • Aber mal ehrlich: Das weiß man doch auch, bevor man Kinder bekommt :cry
    Ich wäre irgendwie enttäuscht, wenn ich Kinder hätte und die nicht häufig mit mir über die verschiedensten Dinge reden würden. Das ist doch interessant, wichtig und es macht Spaß. Mir persönlich zumindest schon... ich liebe lange gespräche, egal zu welchen Themen und wenn ich dabei selbst kritisiert werde, ist es doch gut. Nur mit Kritik kommt man voran.

  • ... wie Alraune schrieb: das kostet Nerven, das kostet Zeit und ist, je älter die Kids werden, manchmal auch nicht angenehm.
    Klar: wenn man von morgens bis abends arbeiten muss, ist man ausgepowert, keine Frage. Aber: es kommt nicht auf die Quantität der Zeit an, die man seinen Kindern widmet, sondern auf die Qualität.
    Wenn ich mich so im Bekanntenkreis umgucke, was da zu Hause abgeht - da kanns einen nur schaudern. Ich bin alles andere als perfekt, bei weitem nicht, und die Mütterweisheit hab ich auch nicht mit Löffeln gefressen. Aber Kinder sind nunmal keine Puppen, die man nach Belieben ein- und ausschalten kann. (Was ich, zugegeben, in manchen Momenten sehr schade finde... :grin)
    Erschreckend für mich ist, dass der Amokläufer aus einem scheinbar völlig intakten Elternhaus kommt, was man so recherchieren konnte.

  • Bei mir ist es eher so, dass ich gerade Lust zum Reden habe, wenn ich einen stressigen Tag hatte. Das lenkt ab und man kann sich anderenw ichtigen Dingen widmen. Natürlich kommt es auf die Qualität der gespräche an.
    Ich kann natürlich nur spekulieren, wie ich mit Kindern umgehen würde, denn ich habe ja noch keine. Aber ich bin halt so ein Mensch, mit dem man auch nach einem ekelhaften Tag richtig gut reden kann. Ich kann das dann ausblenden.

  • Zitat

    Original von bluenightowl
    es ist schlimm was da passiert ist, erklären kann man das wohl nie, was Menschen bewegt Menschen zu töten. Angeblich hat er vorallem Mädchen erschossen, vielleicht liegt da der Grund?


    Erweiterter Selbstmord? :yikes Wollte er beim Sterben einfach nicht allein sein?

  • Wie BJ schon schrieb- für die wissenschaftliche Forschung besteht ein Teil der Tragik darin, dass die Täter sich am Schluß eines Amoklaufes selbst töten. Es fehlt für die Ursachenforschung an etwas ganz Wesentlichem, an der Täterforschung. Zwischen der Zahl der Fernseher im Kinderzimmer und der Zahl der Schulabbrecher kann eine signifikante statistische Beziehung gezogen werden, zwischen den Amokläufern und irgendwas anderem eben, dank der wenigen Fälle nicht.

  • Zitat

    Original von keinkomma


    Erschreckend für mich ist, dass der Amokläufer aus einem scheinbar völlig intakten Elternhaus kommt, was man so recherchieren konnte.


    Die Frage ist halt, was man in unserer heutigen Gesellschaft so intakt nennt?


    Wie ihr schon geschrieben habt, bin auch ich der Meinung, dass viele Eltern ihre Kinder bekommen und großziehen, ohne viel Gelegenheit zu haben, sich mit ihren Wünschen und Problemen auseinander setzen zu wollen oder oft auch zu können. Manche meinen tatsächlich, ab dem 3. Lebensjahr gibt man die Kids dann eben in die Verantwortung der Kita oder der Schule ab und das sei dann gut und richtig so.


    Teilweise stimmt das ja auch. Ich finde, man muß sich als Eltern immer mehr aus dem immer eigenständiger werdenden Leben der jungen Heranwachsenden zurückziehen können, damit sie ihre eigene Weltanschauung und Lebensform finden können und quasi aber doch (um ein Bild zu malen) mit offenen Armen (um bei Bedarf auffangen zu können) die Kinder begleiten.


    Und das hört nie auf...um es mal mit Reinhard Mey ("Keine ruhige Minute") zu sagen.

  • Überall springt einem jetzt Betroffenheit, Schuldzuweisungen und die Frage nach dem Warum? entgegen.


    Warum wird ein junger Mensch so?
    Warum hat er wahllos um sich geschossen?
    usw.


    Keiner kann die Fragen so richtig beantworten. Warum? Die Ignoranz unserer Gesellschaft ist daran Schuld!


    Wer interessiert sich heutzutage noch wie es dem Nachbarn geht, Hauptsache einem selber geht es gut. Oder wer kennt heutzutage noch alle seine Nachbarn?


    Wer schaut weg, wenn er in der Öffentlichkeit Konflikte sieht? Bloss nicht da reingeraten ... es könnte ja einer eine Waffe haben. Leute wo ist die viel gepriesene Zivilcourage geblieben?


    Wenn so ein Opfer, dass immer getrietzt, gemobbt, bedrängt wurde, irgendwann "ausrastet" dann ist das Geschrei groß. Wie konnte er nur ... usw.?


    Irgendwann setzt halt der Verstand aus und es laufen uralte menschliche Instinkte ab ... Verteitigung gegen die "Angreifer" ... wenn ich der Mächtiger bin, dann kann mir keiner was, "alle liegen mir dann zu Füßen".


    Wir sollten einfach auch mal wieder daran denken, dass nicht nur ein friedliches Nebeneinander leben wichtig ist, sondern ein friedliches Miteinander noch wichtiger.


    Meine obrigen Worte sollen in keinster Weise den Amokläufer in Schutz nehmen, den Gewalt ist kein Mittel zur Konfliktlösung, aber sie sollen aufzeigen, dass nicht eine bestimmte Gruppe unser Gesellschaft (hier oft angesprochen die Lehrer) sondern die ganze Gesellschaft versagt hat.


    Unseren Politikern und Politkerinnen sei gesagt, wenn sie ihren Job ordentlich machen würden, dann hätten sie an solch einem Tag das Thema Amoklauf nicht gleich für Ihren Wahlkampf missbraucht. Irgenwie fällt mir dazu der Spruch ein "Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken."

  • Zitat

    Original von keinkomma
    Erschreckend für mich ist, dass der Amokläufer aus einem scheinbar völlig intakten Elternhaus kommt, was man so recherchieren konnte.


    Was heißt denn schon intakt? Die Eltern waren wohl beide nicht arbeitslos und lange Zeit verheiratet. Es gab keinen Ehekrach, der nach außen bekannt war und auch keine Streitereien mit dem Kind. (Alles meine Annahmen - falls da was bekannt ist, nehm ich es zurück).
    Aber das sagt nichts darüber, was der Junge gedacht/gefühlt hat.


    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die ganzen "Warum"-Fragen und "Wie kann man das verhindern"-Fragen im Endeffekt nicht viel bringen, wenn sich unsere Gesellschaft und unsere Welt weiterhin in die Richtung bewegt, in die es sich bewegt - Erfolg, Macht, Fortschritt.


    Zum einen denk ich, dass sich das Denken jedes Einzelnen ändern sollte. Zum anderen ist das, was keinkomma mit Kindern anspricht, sicher ein wichtiger Punkt.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Manchmal hab ich das Gefühl, dass unsre Gesellschaft heut einfach irgendwie kaputt ist.
    Die Hemmschwelle für solche Amokläufe ist enorm gesunken. Wie oft das inzwischen schon in Deutschland vorkam! Schrecklich!
    Aber ich denke eigentlich auch, dass es anders wäre, wenn Eltern wieder mehr Eltern wären. Autoritärer, aber gleichzeitig auch für die Kinder da.
    Nicht alles durchgehen lassen, aber mit den Kindern reden und ihnen helfen. Ich denke, dass viele Kinder und Jugendliche ihren Eltern gar nichts mehr erzählen... Wie können die Eltern dann noch helfen? Wie kann man wissen, was in diesen Leuten vorgeht?
    Auf PC Spiele kann man den Grund nicht einfach abwälzen! Der Grund muss in der Denkweise dieser Leute allgemein liegen...

    Zitat

    Wenn so ein Opfer, dass immer getrietzt, gemobbt, bedrängt wurde, irgendwann "ausrastet" dann ist das Geschrei groß. Wie konnte er nur ... usw.?


    Ja, aber dieser 17-Jährige war ja anscheinend immer gut angesehen in der Klasse und er hatte auch Freunde, mit denen er weggehen konnte...
    Auf sowas kann man das auch nicht schieben! Sonst müsste ich ja auch mal Amoklaufen und das tu ich ganz sicher nicht.

  • Zitat

    Original von Nightflower
    Manchmal hab ich das Gefühl, dass unsre Gesellschaft heut einfach irgendwie kaputt ist.


    Auch wenn das jetzt sehr "bekehrend" klingt - "die Gesellschaft" sind doch immer wir Menschen. "Die Gesellschaft" wird nicht einfach so kaputt, wenn alle in Ordnung wären. Und "die Gesellschaft" wird sich auch nicht ändern, wenn sich nicht bei jedem Einzelnen was ändert. :gruebel

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  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Was heißt denn schon intakt? Die Eltern waren wohl beide nicht arbeitslos und lange Zeit verheiratet. Es gab keinen Ehekrach, der nach außen bekannt war und auch keine Streitereien mit dem Kind.


    Danke Gummi, ich wundere mich immer wieder, dass nach jedem Amoklauf oder anderen schrecklichen Verbrechen (z. B. Amstetten) die Presse gebetsmühlenartig mitteilt, wie intakt und solide die Familien gewesen sein. Als wenn eine geregelte Arbeit, ein eigenes Haus und eine nicht geschiedene Ehe irgendwas über das menschliche Miteinander aussagt. Damit möchte ich die Familie des Amokläufers nicht verurteilen. Aber der Verweis auf die angebliche Intaktheit, die mit der Gutsituiertheit begründet wird, geht eben völlig an der Frage vorbei, ob diese Familie wirklich ein freundliches, humanes Miteinander hatte. Mißbrauch und Vernachlässigung jeglicher Art ist nun mal nicht Eigenschaft der Arbeitslosen und Armen, sondern ist - mit gewissen Verschiebungen - gleichmäßig über die Gesellschaft verteilt. Wie gesagt, das soll nicht heißen, dass ich damit die Familie des Attentäters vorverurteilen möchte, ich wollte nur auf diesen merkwürdigen Reflex der Presse hinweisen.

  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Auch wenn das jetzt sehr "bekehrend" klingt - "die Gesellschaft" sind doch immer wir Menschen. "Die Gesellschaft" wird nicht einfach so kaputt, wenn alle in Ordnung wären. Und "die Gesellschaft" wird sich auch nicht ändern, wenn sich nicht bei jedem Einzelnen was ändert. :gruebel


    Genau das meine ich doch!!