Verlag: Fischer
384 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-10-013920-7
Erschienen: März 2009
Aus dem Amerikanischen von Eva Kemper
Kurzbeschreibung:
Eine Familie zwischen den Welten und zwischen den Zeiten: Junot Díaz erzählt von dem liebenswürdigen Nerd Oscar und seiner toughen Schwester Lola. Beide sind in New Jersey groß geworden, aber ihre Wurzeln liegen in der Karibik. Und dorthin verschlägt es sie immer wieder, wenn das Leben ihr mühsam zusammengekratztes Glück gerade wieder einmal wegwischt. Hier finden sie im Haus der Großtante Zuflucht - genauso wie ihre Mutter vor vielen Jahren, von deren düsterer Vergangenheit sie allerdings nichts ahnen. Dabei wirkt die Vergangenheit wie ein Fluch. In einem letzten, verzweifelten Akt riskiert Oscar eines Tages alles für sein Glück. Den Fluch zu bannen wird sein letztes Abenteuer.
Über den Autor:
Junot Díaz wurde 1968 in der Dominikanischen Republik geboren und kam als Kind in die Vereinigten Staaten. Er lebt in New York. Bereits sein Erzählungsband Abtauchen wurde hymnisch gefeiert und mit dem PEN/Malamud-Preis für Kurzgeschichten ausgezeichnet. Für "Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao" erhielt Junot Díaz 2008 den Pulitzer-Preis.
Meine Meinung:
Junot Diaz verwendet mit gekonnter, spielerischer Leichtigkeit verschiedene Erzähltechniken, unterschiedliche und versetzte Zeitebenen sowie mehrere Perspektiven und schafft so einen großen Roman um eine Familie in New Jersey, die aus der Dominkanischen Republik eingewandert ist. Das Ergebnis ist eine Art Schelmenroman, wie er nur alle 5 Jahre geschrieben wird und Junot Diaz hat dafür zu Recht den Pulitzerpreis gewonnen.
Zentral wird der Lebensweg Oscars gezeigt. Er hat schon in seiner Jugend Gewichtsprobleme und wird, obwohl er intelligent ist, von seinen Kommilitonen nicht gesellschaftlich akzeptiert. Er ist Fan der Science Fiction Literatur und schreibt selbst an einem großen Zyklus, einem Mix aus Weltraumepos a la E.E.Doc Smith und Tolkien.
Oscar ist immer wieder verliebt, doch keins der Mädchen erhört ihn.
Auch seine Schwester Lola wird genau betrachtet. Sie ist stets um Oscar besorgt, selbst ist sie ebenso rebellisch wie durchsetzungsfähig.
Ausführlich wird dann die Mutter der beiden, Beli erzählt, wie sie in der Dominikanischen Republik aufgewachsen ist, wie sie misshandelt wurde und vor den Anhängern des Diktator Trujillo fliehen musste. Das deckt den Bereich 1955 bis 1962 ab. Später wird sogar noch weiter in die Vergangenheit des Landes gegangen, der Text wird streckenweise essayistisch.
Trujillo war der berüchtigtste Diktator, der von 1930 bis 1961 mit unvorstellbarer Brutalität das Volk beherrschte.
Diese Wunden, die die Bevölkerung davon getragen hat, lässt auch die Familie in New Jersey nicht los. Es ist wie ein Fluch, der alle verfolgt.
Einige Passagen, vor allem der Bereich 1944 bis 1946 erinnert mich an den Film Der Tod einer Bestie, eine Verfilmung des Romans Das Fest des Ziegenbocks von Mario Vargas Llosa. Dieses Buch wird tatsächlich sogar mehrfach im Roman erwähnt.
Alle diese unterschiedlichen Lebenswege werden von verschiedenen Protagonisten betrachtet, dementsprechend unterschiedlich sind die Erzählweisen. Der Text bleibt dadurch abwechslungsreich und frisch, der Ton leicht und mit vielen Zwischentönen durchsetzt.
Es hat auch eine Komik, wenn ein großer Teil von Oscars Freund und Kommilitonen Yunior erzählt wird, der ein Großmaul und Aufreißer ist. Doch er liebt Lola und fühlt sich daher für Oscar verantwortlich und zum Schluss sogar fasziniert, denn Oscar verliert nie die Fähigkeit zu lieben, auch wenn seine Liebe noch so unerwidert bleibt.
All diese Figuren mit ihren Macken und Schwächen bleiben immer liebenswert und sympathisch, sie zeichnen sich durch Kraft und Lebhaftigkeit aus.
Überhaupt lässt sich das Buch genauso leicht und flüssig lesen, wie es geschickt und raffiniert komponiert ist. Nur ab und zu, fast augenzwinkernd, baut Junot Diaz eine herausfordernde Szene ein, ohne dabei den Lesefluß zu stören.
Vom Lesegefühl werde ich an Carlos Ruiz Zafon erinnert.
Junot Diaz hat ein Meisterwerk geschrieben.