Hallo,
Ich weiß jetzt nicht, ob das Thema hier hin passt, oder ob es eher in Belletristik gehört :gruebel. Aber wenn es hier total deplaziert ist, können die Mods es ja verschieben :wave.
Zum Buch
Autor: Erlend Loe
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Erscheinungsdatum: August 2007
Seitenzahl: 149
Zum Inhalt
»So lange es Magermilch gibt, gibt es Hoffnung.«
Andreas Doppler mag die Menschen nicht, das wird ihm nach einem Sturz vom Fahrrad plötzlich klar. Er zieht in den Wald, um endlich so einsam sein zu können, wie er es möchte. Sein bester Freund wird ein Elchkalb, doch ab und zu muss Doppler in die Stadt, um Magermilch zu besorgen, nach der er süchtig ist. Seine Besuche sind nicht folgenlos, denn schon bald finden weitere Menschen Gefallen an Dopplers Lebensweise ... Andreas Doppler, 40 Jahre alt, Familienvater und erfolgreicher Geschäftsmann, kommt nach einem Sturz vom Fahrrad zu der Erkenntnis, dass er sein wohl geordnetes, tüchtiges Leben satt hat, und so zieht er in den Wald. Als der Winter kommt, erlegt er eine Elchkuh und nimmt ihr nun verwaistes Kalb auf, das schon bald sein bester Freund wird. Seine Familie - er hat bereits zwei Kinder und ein drittes ist unterwegs - akzeptiert zunächst Dopplers Rückzug, doch stellt seine Frau eine Bedingung: Wenn das Kind geboren wird, ist mit dem Waldleben Schluss. Nach und nach suchen immer mehr Menschen im Wald eine neue Erfüllung und stören Dopplers Einsiedlertum, und als der Geburtstermin naht, muss er sich entscheiden... Ein schräger, temporeicher und witziger Roman über einen Mann in der Midlife Crisis und seinen Kampf gegen die Tugend der Tüchtigkeit.
Zum Autor
Erlend Loe, geboren 1969 in Trondheim, Studium der Literaturwissenschaften in Oslo, später an der Dänischen Filmschule in Kopenhagen und an der Kunstakademie in Trondheim. Lebt als Schriftsteller, Drehbuchautor und Übersetzer in Oslo.
Meine Meinung
Nachdem ich von Erlend Loe ja schon "Ich bring mich um die Ecke" gelesen hatte, waren meine Erwartungen an "Doppler" schon recht hoch. Aber das Buch wurde diesen Erwartungen wirklich mehr als gerecht. Für mich ist Erlend Loe quasi meine Autorenneuentdeckung 2008; ich liebe seinen Schreibstil und die Art und Weise, wie er es immer wieder schafft, absolut skurile, abwegige und irrationale Gedanken seiner Figuren an unverhoffter und scheinbar unpassender Stelle im Text anzubringen und so für eine Menge Lacher zu sorgen. Die Gedankengänge von Loes Ich-Erzähler Andreas Doppler legen den Verdacht nahe, dass dieser frisch aus der Irrenanstalt entflohen ist; aber weit gefehlt: Es handelt sich lediglich um einen verheirateten Familienvater, der sein spießbürgerliches Leben satt hat und deshalb nach dem Tod seines Vaters beschließt, ein Leben im Wald zu führen.
Trotz des humorvollen und zugegeben sehr skurilen Plots kommt auch der Tiefgang nicht zu kurz. Die existenzielle Frage nach dem Sinn des Lebens; nach dem, was bleibt, wenn man stirbt, gehört zu den zentralen Themen in "Doppler" und wird durch die Situation des Protagonisten, der gerade seinen Vater verloren hat, zunehmend in den Vordergrund gerückt.
Wie bei "Ich bring mich um die Ecke" ist auch bei "Doppler" das Ende in meinen Augen nicht vorhersehbar oder gar klischeehaft - eine Sache, die ich an Loes Büchern besonders schätze. Ich denke, "Doppler" ist es auf jeden Fall wert, gelesen zu werden; daher würde dem Buch 9 von 10 Punkten geben.