Tilly auf Reisen - Laurence Bourguignon/Quentin Gréban (Bilderbuch ab 4 J.)

  • Tilly ist eine junge schwarzweiße Kuh. Tilly hat Langeweile. Überall nur Gras, zum Fressen wie zum Schauen. Das kann es doch nicht schon sein?
    Kühe fressen eben Gras, sagt die freche Fliege. Tilly hat aber keine Lust mehr auf Gras. Der kleine Hund hat mehr Verständnis, er läßt Tilly an seinem Knochen knabbern. Leider klappt das nicht so recht.
    Hab ich doch gesagt, sagt die freche Fliege.


    Der Frosch frißt Fliegen. Das findet Tilly interessant, die Fliege aber nun überhaupt nicht. Also wandern sie weiter zum Zaun und schauen in die Gegend. Da wächst aber auch nur Gras. Nein, Dummkopf’ sagt die freche Fliege. Die Welt hat viel mehr als Gras. Da gibt es ...


    Hätte sie bloß nichts gesagt! Denn schon ist Tilly über den Zaun gehüpft. Da in diesem Augenblick auch der 3 Uhr 30 - Zug heranfährt, hüpft sie gleich noch weiter. Und schon fahren sie in die Welt.


    Sie fahren und fahren. Zuerst landen sie in Rußland und treffen einen fischenden Bären. Aber Fisch, ach nein. In China lernt Tilly, daß man die Gabe von Bambussprossen höflich annehmen muß. Pandas können nämlich zornig werden, wenn man ihnen nicht mit Respekt begegnet.
    Hinter China beginnt das Meer und so geht die Reise per Schiff weiter. Das ist aufregend. Auch für die freche Fliege. Du fällst mir noch ins Wasser! schimpft sie. Leider hat sie recht. Und das vor Südamerika. Das gibt wenigstens den bunten Papageien etwas zu lachen. Tilly allerdings nicht.


    Dann lieber nach Afrika. Das ist groß! Am besten gefällt Tilly die Wüste. Kein Grashalm weit und breit. Die Kamele dagegen finden es weniger schön.
    Die Fahrt geht weiter, aber auf einmal landen Tilly und ihre Begleiterin wieder auf der altvertauten Weide. Sie sind im Kreis gefahren. Die Fliege kann es nicht fassen. Aber ihrem Erzfeind, dem Frosch, hat sie doch einen winzigkleinen roten Fez mitgebracht.
    Doch was ist das? Tilly steht schon wieder am Zaun. Und dort kommt der nächste 3 Uhr 30 - Zug. Tilly wird doch nicht etwa?


    ‚Tilly auf Reisen’ ist ein überaus attraktives Bilderbuch, das der eigenen Phantasie viel Raum läßt. Die Geschichte ist so sparsam skizziert, das sie kaum eine richtige Geschichte ist. Die Details darf man sich selbst ausdenken. Dabei helfen die Illustrationen. Tilly im Zug, Tilly im Ochsenkarren, Tilly an Bord eines Riesenschiffes und dort noch ‚verkehrt herum’, nämlich nur im Wasser gespiegelt - ein geniales Bild, das Kindern einiges an Abstraktionsvermögen abverlangt -, Tilly im Heißluftballon. Dazu großflächig Porträts der Tiere, die unsere reisende Heldin unterwegs trifft. Da tragen die Lamas Baseballkappen, die Strauße Schals um den Hals, der Panda einen Rucksack voller Bücher, die Kamele Fez und die Papageien Brillen. Dazwischen immer die kleine Fliege und ihre Stimme im Text, kritisierend, spöttelnd, warnend. Es gibt soviel zu entdecken.
    Sehr gut ausgedacht das Vorsatzblatt und der folgende fliegende Vorsatz. Sie zeigen im dunkelblauen Weltall schwebend die Erdkugel, einmal die Nordhalbkugel, einmal die Südhalbkugel mit ihren Kontinenten. Herausgehoben sind diejenigen, die Tilly besucht, mit einer winzigen Skizze all der Tiere, die sie treffen wird. Auch hier gibt es viel zum Schauen.


    Das Ganze ist sehr gelungen, bunt, lebhaft, ein bißchen schräg und voller kleiner Überraschungen. Ich habe nur eines zu bemängeln: im belgischen Original heißt die kleine unternehmungslustige Kuh Olga. Das gefällt mir besser als Tilly.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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