'Zeit der Freundinnen' - Kapitel 01 - 05

  • Zitat

    Original von dbhellmann
    Aber wie gesagt beziehe ich diese Empfindungen auf hirntote Patienten. In Gegenwart von komatösen oder sterbenden Patienten sollte man jedes seiner Worte sorgsam abwägen und möglichst sogar aufpassen, worüber man nachdenkt. Wer neben dem Bett eines Sterbenden sitzt und sich überlegt, was er noch einkaufen muss fürs Wochenende, darf sich nicht wundern, wenn der Patient plötzlich unruhig wird.


    Liebe Frau Diana Beate Hellmann,


    dieses sind so bewegende Worte für mich, man kann es einfach nicht besser ausdrücken ...


    Ich bin ein Mensch, der sehr an die Macht der Gedanken glaubt, aber in dieser Situation war es mir mit solcher Intensität bisher nicht bewusst ... Wahrscheinlich würde es mir aber auch gar nicht in den Sinn kommen, in einer solchen Situation an Wochenendeinkäufe zu denken ...


    Ich habe kürzlich mal gelesen, dass das, was wir denken, das Ergebnis dessen sein wird, was wir erleben werden ... Da frage ich mich natürlich im Nachhinein (denn mir ist gerade ziemlich viel Trauriges passiert), ob es wirklich immer gut genug war, was ich gedacht habe?


    Herzliche Grüße nach L.A. sendet Ihnen von Herzen
    Christiane Neumann

  • Um Himmelswillen, denk bloß nicht über die Öffentlichkeit nach, lass einfach alles aus Dir heraus, was ehrlich und aufrichtig ist ...


    Und auch wenn es dann Menschen gibt, die Dich verletzen, es tut weh, aber Du bist Dir selbst wenigstens nicht untreu geworden - und das zählt für Dich am Ende, Du wirst sehen, irgendwann ...

  • Liebe Christiane Neumann,


    ich persönlich glaube nicht, dass das, was wir denken, auch passiert, weil wir es mit unseren Gedanken anziehen. Das wäre ja schrecklich. und Gott hat doch immer auch noch ein Wörtchen mitzureden. Und warum hat mein Freund Franz dann auch nicht längst den Rolls Royce, den er, seit er "The Secret" gelesen hat, immerzu visualisiert?
    Ich glaube aber, dass wir für unsere Gedanken ebenso verantwortlich sind wie für unsere Taten. Das fängt schon an mit der unterschiedlichen Einschätzung dessen, was unter Untreue zu verstehen ist. Werde ich meinem Partner erst untreu, wenn ich mit einem anderen schlafe, oder bin ich bereits untreu, wenn ich mir Sex mit dem anderen wünsche? Für mich persönlich ist Letzteres auch Untreue, nur nicht beweisbar, und es verletzt den Partner nicht so, mich selbst schon.

    Sterbende Menschen haben nach meiner Erfahrung eine nicht mehr weltliche Empfindungsfähigkeit. Sie spüren, was um sie herum geschieht, mit übersinnlichen Fähigkeiten. Ich weiß noch genau, wie das war, als ich damals, als meine Mutter starb, eines Nachts neben ihr im Hospiz im Bett darüber nachdachte, wie ich das mache mit der Todesanzeige. Was ich da reinschreibe. Von einer Autorin erwarten ja auch immer alle was. Ich klamüserte mir das im Kopf zusammen, als meine Mutter plötzlich nach meiner Hand griff und sagte: "Das mach genau so!" Ich habe sie daraufhin gefragt, ob sie gehört hätte, was ich gedacht habe, und sie guckte mich ganz verwirrt an und meinte: "Klar." Dann hat sie weitergeschlafen.

  • Zitat

    Original von C.N. ...


    Ich habe kürzlich mal gelesen, dass das, was wir denken, das Ergebnis dessen sein wird, was wir erleben werden ... Da frage ich mich natürlich im Nachhinein (denn mir ist gerade ziemlich viel Trauriges passiert), ob es wirklich immer gut genug war, was ich gedacht habe?


    Ich finde diese Betrachtungsweise insofern interessant, da es ja ein Resonanzgesetz gibt, das besagt, dass wir für jede Wahrnehmung, die wir machen, in uns selbst eine Entsprechung brauchen, die in der Lage ist, "mitzuschwingen", so wie die Stimmgabel, die auf den Ton A ausgerichtet ist. Was außerhalb der eigenen Resonanzfähigkeit liegt, nehmen wir nicht wahr, umso mehr aber das, wofür wir "reif" sind. Vielleicht ist das auch eine Erklärung dafür, dass manche Menschen tief gläubig sind, andere gar nichts damit anfangen können. Und unsere Gedanken spielen da ja durchaus mit rein.
    Wie schon in Bibel stand: "Glaube, und so wird dir geschehen."
    Oder wie Goethe es formulierte: "Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken; läg nicht in uns des Gottes eigene Kraft, wie könnt uns Göttliches entzücken?"


    Was natürlich nicht heißen muss, dass alles, wovor wir uns fürchten, gleich eintreffen muss. Das wäre wirklich entsetzlich. Aber ich kann den Grundgedanken von Christiane schon gut nachvollziehen. Ich glaube, dass uns nichts umsonst passiert, dass alles seinen tieferen Sinn hat und genau zu dem Zeitpunkt geschieht, in dem wir dafür "reif" sind.


    Ich glaube, dass ein Gebet genauso funktioniert, manche nennen es auch "Wunsch ans Universum". Und so was funktioniert durchaus.
    Freund Franz hat vielleicht aus dem Grund noch nicht den Rolls Royce, den er schon so lange visualisiert, weil er in seinem Inneren noch nicht reif dafür ist und deshalb auch nicht wirklich daran glaubt, dass er ihn bekommen kann. Vielleicht auch, weil er ihn nicht wirklich braucht, und das tief in seinem Inneren auch weiß.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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  • Zitat

    Original von dbhellmann
    Liebe Christiane Neumann,


    ich persönlich glaube nicht, dass das, was wir denken, auch passiert, weil wir es mit unseren Gedanken anziehen. Das wäre ja schrecklich. und Gott hat doch immer auch noch ein Wörtchen mitzureden. Und warum hat mein Freund Franz dann auch nicht längst den Rolls Royce, den er, seit er "The Secret" gelesen hat, immerzu visualisiert?
    Ich glaube aber, dass wir für unsere Gedanken ebenso verantwortlich sind wie für unsere Taten. Das fängt schon an mit der unterschiedlichen Einschätzung dessen, was unter Untreue zu verstehen ist. Werde ich meinem Partner erst untreu, wenn ich mit einem anderen schlafe, oder bin ich bereits untreu, wenn ich mir Sex mit dem anderen wünsche? Für mich persönlich ist Letzteres auch Untreue, nur nicht beweisbar, und es verletzt den Partner nicht so, mich selbst schon.

    Sterbende Menschen haben nach meiner Erfahrung eine nicht mehr weltliche Empfindungsfähigkeit. Sie spüren, was um sie herum geschieht, mit übersinnlichen Fähigkeiten. Ich weiß noch genau, wie das war, als ich damals, als meine Mutter starb, eines Nachts neben ihr im Hospiz im Bett darüber nachdachte, wie ich das mache mit der Todesanzeige. Was ich da reinschreibe. Von einer Autorin erwarten ja auch immer alle was. Ich klamüserte mir das im Kopf zusammen, als meine Mutter plötzlich nach meiner Hand griff und sagte: "Das mach genau so!" Ich habe sie daraufhin gefragt, ob sie gehört hätte, was ich gedacht habe, und sie guckte mich ganz verwirrt an und meinte: "Klar." Dann hat sie weitergeschlafen.



    Ehrlich gesagt haben mir diese Worte auch Angst gemacht, dass unsere Gedanken möglicherweise einen solch intensiven Einfluss haben könnten auf das, was wir erleben. Wiederum muss es ja gar nicht so schrecklich sein, weil man dann durch positive Gedanken die Möglichkeit hat, die Dinge in eine gute Richtung zu lenken.


    Ihre Sichtweise finde ich aber auch absolut nachvollziehbar für mich und danke Ihnen sehr, dass ich mich in Zukunft auf jeden Fall mit beiden Betrachtungsweisen auseinandersetzen werde.


    Auch für Britts Antwort zu diesem Thema lieben Dank. Es ist schön, durch einen Erfahrungsaustausch neue Aspekte hinzuzugewinnen.

  • Ich muß gestehen, dass ich durch meinen Mann zum Teil unangenehm tiefen Einblick in die Problematik bekommen habe, die mit diesem Thema "Gedanken können Berge versetzen" einhergeht.
    Es ist ja bekannt, dass in den USA alles etwas früher kommt als in Europa und auch alles etwas extremer gehandhabt wird. Hier gibt es eine Welle von philosophischen "Lehren", die sich wie Epidemien ausbreiten, und wie Epidemien ihre Opfer fordern.


    Fall 1: Vor einer Krebs-Selbsthilfegruppe berichtet Patientin A, dass ihre letzte Nachuntersuchung ohne Befund war, und alle applaudieren, denn sie ist "a winner". Weil sie ihrem Krebs gute Gedanken geschickt hat, ist er weggeblieben. Sie hat visualisiert, mit ihrem Mann in einem Altenheim zu enden, und deshalb wird das auch so kommen. Nur was ist mit Patientin B? Die hat gerade erfahren, dass jetzt Ende ist im Karton, Krebs ist in der Leber und in der Lunge, und ihre drei Kinder werden in sechs Monaten Halbwaisen sein. Was hat sie falsch gemacht? Nach der vorliegenden Lebenslehre ist ihr Schicksal allein ihre Schuld. Sie ist "a loser".


    Fall 2: Ein Ehemann und Vater von drei minderjährigen Kindern, Alleinverdiener, wird auf dem Heimweg von der Arbeit von einem betrunkenen Autofahrer getötet. Wenn wir das, was uns Gutes widerfährt, selbst bestimmen, weil kraft unserer Gedanken "anziehen" können, müssen wir, um die Theorie auch nur leidlich ernstnehmen zu können, auch die Umkehrung akzeptieren. Was sagen wir in einem solchen Fall also den Hinterbliebenen? Dass es der heimliche Wunsch ihres Vaters/Ehemannes war, just auf diese Weise zu enden? Oder sind Unfälle und Naturkatastrophen von der Heilsleere des postiven Denkens ausgenommen? Und wenn das so ist, wo liegen dann die Grenzen?


    Mein Mann erzählt mir immer, dass viele der schweren psychischen Zusammenbrüche, mit denen sie es heute zu tun haben, auf dieser Egomanie beruhen, die sich inzwischen in alle Bereiche des menschlichen Lebens vorgearbeitet hat. Es stimmt, dass ein Mensch, der selbst nicht glücklich ist, keinen anderen Menschen glücklich machen kann. Doch hat das Wissen darum in den letzten Jahren lediglich dazu geführt, dass jeder - angeblich aus Altruismus - auf der Jagd nach seinem eigenen Glück ist. Aber alle gelangen irgendwann an einen Punkt, wo Leistung, Bemühen, Beziehungen und Geld nicht mehr ausreichen, um das angestrebte Glück zu erreichen. Plötzlich ist das Schicksal im Spiel.


    Logisch, dass auch da findige Köpfe versuchen, Abhilfe zu schaffen (es läßt sich mit nichts so schnell so viel Geld verdienen in den USA wie mit einem geschickt plazierten Self-Help-Book!). Was ich will und wovon ich überzeugt bin, es zu brauchen, schicke ich mit all meiner Energie wie ein Gebet ins Universum, und voilà, mir wird gegeben. Und wenn mir nicht gegeben wird, ist an meiner Denke was verkehrt, muss ich die revidieren, korrigieren, adjustieren. Ich-meiner-mir-mich habe ALLES selbst in der Hand. Und dann kommt trotzdem ein unauffälliger, aber frustrierter Jugendlicher und schießt mich einfach tot?


    Um es abzukürzen: Wer keinen Sport treibt, läuft nicht Gefahr, eine Sportverletzung zu erleiden. Wer hofft, dass alles immer gut ausgeht, schläft besser. Es ist indes erwiesen, dass Pessimisten im Leben erfolgreicher sind als Optimisten. Keineswegs glücklicher, aber erfolgreicher, weil sich einfach den Realtiäten klarer ins Auge sehen. (Pessimisten gelten übrigens auch als mental gesünder, darf man gar nicht laut sagen.)
    Letzten Endes ist es gut, dass keiner von uns weiß und auch nicht bestimmen kann, was ihm in seinem Leben passiert. Uns allen bleibt der Moment. Den zu genießen, steht jedem von uns frei. Und wir dürfen uns sogar gefahrlos auf die Zukunft freuen, wenn wir positives Denken so praktizieren, wie es ursprünglich gemeint war: Gleichgültig, was mir blüht, irgendwie werde ich damit fertig werden. Wie ... das wird sich zeigen, wenn es soweit ist.

  • dbhellmann


    Ich bin sehr bewegt von Ihren so ausführlichen Zeilen ... Und ich bin auch sehr erleichtert, dass Sie mir mit Ihren Worten eine neue Sicht auf die Dinge eröffnet haben, denn meine bisherige Betrachtungsweise hat mir manchmal ziemlich zu schaffen gemacht. Gerade wenn man versucht hat, nach bestem Gewissen alles so gut und richtig wie möglich zu machen und dann doch scheitert und sich mit quälenden Fragen den Kopf zermartert, was denn wohl an mir oder meiner "Denke" so falsch gewesen sein könnte. Ich bin erleichtert, dass ich mir das dank Ihrer verständlichen Worte in Zukunft nicht mehr antun werde.


    Auch Ihre Ansicht über das positiven Denken im ursprünglichen Sinne gefällt mir gut.


    Aber völlig positiv überrascht bin ich von Ihren Worten zum Thema Pessimisten. Mir sagt man das nämlich ganz gerne mal nach, owohl ich es selbst vielmehr so sehe, dass ich nur gern auf das Schlimmste vorbereitet sein möchte, damit es mich nicht unverhofft treffen kann. Zudem hat man dann die größten Aussichten, dass es eigentlich nur besser kommen kann. Für mich ist es eine erfreuliche Überraschung zu lesen, dass Pessimisten als erfolgreicher, wenn auch nicht glücklicher, und mental sogar gesünder gelten.


    In diesem Sinne für heute allen eine gute Nacht, weiterhin viel Spaß beim Lesen "unseres" Buches und Ihnen, liebe Frau Hellmann, an dieser Stelle ein ganz, ganz großes und herzliches DANKESCHÖN für Ihre so engagierte und offenherzige Teilnahme an unserer Runde!!! Ihnen wünsche ich einen wunderschönen restlichen Tag!

  • Bei (zum Zeitpunkt, da ich das Schreiben beginne) 44 Posts in diesem Bereich dürfte schon das meist ausdiskutiert sein. Ich schreibe, bevor ich die anderen Posts gelesen habe und bitte bei Wiederholungen (auch von Fragen) um Nachsicht.


    Klappentext und Cover haben mich - ehrlich gesagt - nicht angesprochen. Aber vermutlich gehöre ich auch nicht zur eigentlichen Zielgruppe.



    Nach dem Prolog bin ich erst mal ein bißchen verwirrt. Ein Blick auf den U4-Text hilft weiter, den einzuordnen. Jedenfalls hat er eine düstere, unheilschwangere Stimmung aufgebaut.


    Seite 19: (...), und kaum etwas faszinierte ihn mehr als das kranke Verhalten von Menschen, die man gemeinhin für gesund hielt.
    Ein sehr ... interessanter Satz.



    Nach dem ersten Kapitel bin ich immer noch etwas verwirrt und habe etwas Probleme, mich ins Buch hineinzudenken. Der „normale Alltagswahnsinn“ kommt, mit ein paar amerikanischen Eigenheiten versehen, ganz gut durch.


    Mehr als nur leicht verwundert haben mich die Absätze über das Schulsystem in LA (Seite 32). Ist das wirklich so katastrophal, oder nur hier im Buch so? 45.000 Dollar im Jahr! :yikes Wir haben bei uns in der Familie eine etwas andere als die „übliche“ Aufteilung. Will heißen, meine Frau als Akademikerin hat von Anfang an den größeren Teil zum Einkommen beigesteuert und ist ganztags berufstätig. Ich habe mein Büro (bewußt) zu Hause dabei, damit eben immer jemand hier und unsere Tochter nicht alleine ist. Auch erledige ich auch einen guten Teil im Haushalt, weil meine Frau schlecht den ganzen Tag in der Apotheke sein und abends noch den ganzen Haushalt alleine schmeißen kann. Insofern sind mir manche häuslichen Probleme nicht ganz unbekannt. Aber 45.000 Dollar hätten wir uns selbst zu besten Verdienstzeiten nie und nimmer als Schulgeld leisten können. Die beschriebenen Verhältnisse müssen doch katastrophale Folgen zeitigen?! :gruebel


    Durch die ständigen Andeutungen liegt eine bleierne, düstere und drohende Schwere über dem Ganzen.


    Ha, jetzt weiß ich, woran mich das Buch erinnert. Nicht von der Thematik, sondern von der bedrohlichen Stimmung her. An den Film „The Day After“. Man weiß (als Zuschauer), daß und was passieren wird, und sieht dem unerbittlichen Countdown zu. So fühle ich mich hier beim Lesen. Nur daß ich nicht weiß, was auf mich zukommt, was die Bedrohung steigert.


    Seite 54f (sowie S. 71). Die Beschreibung des „Ethos“ der Ärzte hat mich sehr an ein Buch erinnert, das ich vor vielen Jahren gelesen habe. Dort wurde genau die gleiche Einstellung beschrieben wie hier. Der Tod als Feind des Arztes, den es unter allen Umständen zu besiegen gilt. Auch wenn das heißt, daß ein Mensch ewig leben muß - aber der Tod ist in jeden Fall inakzeptabel. Es war „Das Leben als letzte Gelegenheit“ von Marianne Gronemeyer. Mir ist diese Thematik/Problematik damals beim Lesen erstmals so richtig bewußt geworden und ich muß oft daran denken. Nicht unbedingt in der „offiziell verbindlichen“ Weise. Der Tod pfuscht ihnen (den Ärzten) ins Handwerk. Gut beobachtet, das ist heute die allgemein anerkannte Ideologie (wobei ich dieses - für mich - negativ besetzte Wort hier bewußt verwendet habe).


    Was mich ein bißchen irritiert hat: wenn Herr Henson registrierter Organspender ist, müßte doch alles klar sein. Weshalb bedarf es dann noch des Einverständnisses des/der Hinterbliebenen? Er selbst hat doch schon zugestimmt. Das verstehe ich nicht so ganz.


    Diese Frage wurde ja nun im nächsten Kapitel beantwortet, das ich gerade fertig gelesen habe. Dabei fällt mir ein, daß ich nun zwar über die Rechtslage für Organspenden in Californien grob Bescheid weiß, offen gesagt von der hiesigen aber eher keine Ahnung habe. :rolleyes


    Seite 76f, die Beschreibung der „Ethik“ im Krankenhaus. Bist du sicher, daß Du damit die USA meinst? Aber vielleicht ist das heute überall auf der Welt, zumindest in den „zivilisierten“ Ländern, so.


    Seite 77, der Satz ist mir aufgefallen:
    Im Gegensatz dazu ist Trauer ein Weg, ein langer Weg zwar, doch er ist nur zu Anfang dunkel und steinig, am Ende führt er immer zurück ins Leben.
    Da muß ich erst mal ein bißchen drüber nachdenken.


    Was mir übrigens zu Ende dieses Teils noch nicht ganz klar ist, ist die Definition von „Trauma“. Da wird in diesem Zusammenhang anscheinend etwas anderes darunter verstanden, als ich gewohnt bin. Falls in früheren Posts noch nicht geschehen, könntest Du diesen Begriff bitte kurz definieren bzw. erläutern?


    Jetzt werde ich erst mal die zahlreichen früheren Posts lesen.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von dbhellmann


    Fall 1: Vor einer Krebs-Selbsthilfegruppe berichtet Patientin A, dass ihre letzte Nachuntersuchung ohne Befund war, und alle applaudieren, denn sie ist "a winner". Weil sie ihrem Krebs gute Gedanken geschickt hat, ist er weggeblieben. Sie hat visualisiert, mit ihrem Mann in einem Altenheim zu enden, und deshalb wird das auch so kommen. Nur was ist mit Patientin B? Die hat gerade erfahren, dass jetzt Ende ist im Karton, Krebs ist in der Leber und in der Lunge, und ihre drei Kinder werden in sechs Monaten Halbwaisen sein. Was hat sie falsch gemacht? Nach der vorliegenden Lebenslehre ist ihr Schicksal allein ihre Schuld. Sie ist "a loser".


    Wieso das mit dem positiven Denken bei einem funktioniert, beim anderen nicht, ist etwas, worüber man lange nachdenken kann.
    Ich finde die Erklärung dazu in dem Buch "Das Kind, das ich nie hatte".
    Die Lebensbücher, die dort "Wege" genannt werden, und die jeder von uns bekommt - oder auch selbst schreibt, je nach Weltanschauung - bevor er seinen materiellen Körper annimmt und zur Welt kommt, zeichnen ja einen bestimmten Weg vor, von dem man wohl auch nicht allzusehr abweichen kann. Ich glaube, wir können noch so sehr imaginieren und positiv denken; wenn unsere weltlichen Wünsche unserem geplanten Weg entgegenlaufen, wird das wohl nicht funktionieren.
    (Kleine Wünsche, die für den großen Plan unerheblich sind, funktionieren nach meiner Erfahrung hingegen wunderbar. So bekomme ich z. B. jeden Morgen in der vollbesetzten U-Bahn meinen Sitzplatz, wenn ich rechtzeitig darum bitte - selbst wenn massenhaft Leute im Gang stehen, ist immer einer für mich frei (und das hoffentlich nicht, weil ich so alt und gebrechlich aussehe ;-))
    Vielleicht ist es ja so, dass die Menschen, deren Imaginationen besonders gut funktionieren, einfach optimal mit ihrem Lebensplan in Einklang stehen. Das wäre meine Hypothese.


    Somit ist Patientin zwei in meinen Augen keinesfalls ein Loser, so fatal es klingt, wahrscheinlich war ihr Schicksal in ihrem "Weg" so vorgesehen.



    SiCollier


    Willkommen in unserer Leserunde! Ich glaube, es ist mitnichten schon alles ausdiskutiert; ich jedenfalls freue mich über die Ansichten und Meinungen eines jeden, der hier noch dazukommt.


    Du bist übrigens nicht der einzige, den Klappentext und Cover nicht ansprechen - inklusive der Autorin - da hat sich der Verlag aus Verkaufsgründen an der falschen Zielgruppe orientiert. Was aber die Leser der wirklichen Zielgruppe nicht davon abgehalten hat, sich hier wunderbarerweise zusammenzufinden, und das freut mich ganz besonders.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Nachdem ich alle Posts gelesen habe, kann ich nur bestätigen, was da schon stand, daß ich das Buch als sehr „dicht“ empfinde. Dabei ist es so geschrieben, daß es sich schnell lesen läßt. Zu schnell, weil so viele Details enthalten sind; ich muß mich bisweilen bremsen, um nichts zu verpassen oder Zusammenhänge zu verlieren.


    Interessant, was Ihr über das Sterben geschrieben habt. Ich habe bisher nur (?) zwei Menschen sterben sehen, meinen Vater und meine Schwiegermutter. In beiden Fällen waren die Ehepartner nicht anwesend, nur die Kinder bzw. Tochter und Schwiegersohn. Bei meinem Vater war ich die letzten Tage (mit Unterbrechung von Schlafen und Essen) am Krankenbett und habe das recht intensiv mitbekommen. Wenn ich das nochmals Revue passieren lasse, könnte ich fast zum Ergebnis kommen, daß er etwa eineinhalb Tage vor seinem Tod „abgeholt“ wurde. Es hat so ein, zwei Jahre gedauert, bis ich sein, hm, Hecheln der letzten Tage nicht mehr gehört habe. Aber die „laute Stille“ nach seinem letzten Atemzug „höre“ ich, nach knapp sieben Jahren, immer noch.



    Zum Thema „positives Denken“ eine Anmerkung: das läßt sich auch anders sehen, also weniger positiv gedacht. Ich weiß nicht, wie aktuell das heute noch ist, doch Thorwald Dethlefsen hat in seinem Buch „Schicksal als Chance“ eine etwas andere Definition von „Schicksal“ gegeben. Ich muß seit gestern, als ich von dem Amoklauf in Winnenden hörte, sehr intensiv daran denken und frage mich die ganze Zeit, wie das alles zusammenpaßt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SiCollier


    Inwiefern hattest du denn das Gefühl, dass dein Vater schon eineinhalb Tage vor seinem Tod "abgeholt" wurde? In dem Sinne, als dass er da schon Kontakt nach drüben hatte oder in dem Sinne, dass er seit dem schon nicht mehr "da" war?
    Bei meinem Vater hab ich auch schon einen Tag bevor er starb beobachtet, wie er vor seinem Gesicht in die Luft griff und lächelte. Es sah aus, als wolle er jemanden berühren oder die Hand reichen, der für uns gar nicht da war. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass er bis zum Schluss da war. Als ich mich kurz bevor er starb von ihm verabschiedet habe, war ich sicher, dass er mich verstanden hat.
    Aber diese prämortale Atmung, dieses grausame Röcheln, war wirklich schwer zu ertragen. Man muss sich dabei immer wieder bewusst machen, dass es nur der Körper ist, der sich wehrt, die Seele dabei aber nicht leidet.


    "Schicksal als Chance" von Dethlefsen hab ich auch (mehrmals) gelesen. Ich glaube, wir hatten schon mal in einem anderen Thread darüber diskutiert (oder war das "Krankheit als Weg"?).
    Dethlefsen definiert das Schicksal, wenn ich mich richtig erinnere, ja als etwas, an dem wir wachsen können, das wir brauchen, um unsere Lebensaufgabe zu erfüllen. Das Schicksal (oder Gott, oder die geistige Entsprechung des Universums - wie jeder es auch nennen mag je nach Weltanschauung) sorgt seiner Meinung nach dafür, dass jeder den Lernplan erfüllt, denn er bei seiner Menschwerdung/Reinkarnation aufgestellt hat. Dabei können wir aber selbst entscheiden, auf welchem Weg wir lernen, aktiv und freiwillig - oder dadurch, dass das Schicksal uns zu unserer Lernaufgabe führt. Und positives Denken in dem Zusammenhang meint wohl, dass man immer bemüht ist, die anstehenden "Lernaufgaben" bewusst und demütig anzunehmen und das beste draus zu machen, weil man sonst das entsprechende Urprinzip auf unangenehmere Weise kennen lernen könnte. Meintest du das in diesem Zusammenhang?

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  • Die Schule, die im Buch von den Drescher-Mädchen besucht wird, gibt es unter anderem Namen wirklich, und die Schulgeldbeträge hatte ich dem Eltern-Katalog entnommen, der damals gerade aktuell war. Dabei handelt es sich nicht um DAS Schulgeld in den USA, denn das ist nicht irgend eine, sondern eine Elite-Schule, und von denen gibt es in fast jeder größeren Stadt eine.


    Bevor ich jetzt weiterschreibe, möchte ich kurz darauf verweisen, dass in den amerikanischen Law & Order-Serien mehrmals Fälle verarbeitet wurden, in denen Eltern gemordet hatten, um ihre Kinder auf eine dieser Elite-Schulen zu bringen. Und bei diesen Eltern handelte es sich immer um selbst akademisch erfolgreiche Menschen mit einer guten bis sehr guten Karriere. Es waren allesamt Fälle, die auf wahren Begebenheiten beruhten.


    Wie in Deutschland gibt es auch in den USA ein öffentliches und kostenloses Schulsystem. Jedes Kind besucht die High School. Der Abschluß ist also nicht mit dem Abitur zu vergleichen, sondern eher mit einem etwas niveauvolleren Hauptschulabschluß. Damit hat der 18- bis 19jährige nichts in der Hand. Lehrberufe gibt es nicht. Wer nicht an einer Tankstelle Benzin zapfen oder in einem Supermarkt Tüten packen will, muss zum College gehen. Nun sind die USA aber auch ein riesiges Land. Jährlich stürmen Millionen von den High Schools in Richtung College, und die Colleges nehmen nur Schüler, die Einzer und Zweier vorzuweisen haben.


    Wohl dem, der in Amerika ein Kind hat, dass akademisch keinerlei Probleme hat. Dieses Kind wird in den öffentlichen Schulen gefördert und hat alle Chancen. Wohl dem, der in Amerika ein Kind hat, das körperlich oder geistig behindert ist oder an Aufmerksamkeitsdefizitstörung oder Tourette-Syndom leidet. Dieses Kind wird in den öffentlichen Schulen erst recht gefördert und hat alle Chancen.
    Die Arschkarte gezogen (ich drücke mich hier bewußt poetisch aus) hat derjenige, der in Amerika ein schulisch mittelmäßiges Kind hat, eines, das in allem zwischen zwei minus und vier plus mitkommt. Ein Schüler mit solchen Noten hat nach der High School keine Chance, in ein College zu kommen, und ohne College hat er weitgehend keinerlei Zukunftsaussichten.


    Nur was soll man tun, wenn man Kinder hat, die mittelmäßige Schüler sind? Ich weiß ein Lied davon zu singen, denn ich habe zwei Stiefsöhne, die beide nur mittelmäßige Schüler waren, und uns finanziell nahezu buchstäblich die Haare vom Kopf gefressen haben.
    Wenn man dieses Problem hat und weiß, welche Konsequenzen es haben kann und haben wird, tröstet man sich zunächst einmal eine Weile mit dem "Der ist nur faul. Der könnte das, aber der ist faul." Irgendwann muss aber jeder mal aufwachen und begreifen, dass nicht jeder Schüler einfach nur faul ist. Manche KÖNNEN das auch einfach nicht.
    Und an dieser Stelle winken in Amerika die Privatschulen. Hier zahlen die Eltern viel Geld dafür, dass ihr Kind mehr oder weniger eine individuelle akademische Ausbildung erhält. Die Unterrichtsprogramme sind derart umfangreich und werden ständig umfangreicher, dass jeder der Schüler über kurz oder lang das finden wird, worin ER/SIE wirklich gut ist. Und das wird dann munter weiter gefördert.


    Prompt mussten auch da wieder findige Köpfe aktiv werden. Es entstanden die Eliteschulen. Dabei handelt es sich um Privatschulen, die ausschließlich Kinder aufnehmen, die auch auf jeder anderen Schule mit Leistungen brillieren würden, und diese Kinder werden dann von frühester Kindheit an akademisch und auch darüber hinaus gefördert. Angeborene Intelligenz, angelernte Bildung und das Geld schaffen einen Menschen, dem alle Türen offen stehen: Harvard, Yale, Princeton, Columbia.


    Verständlicherweise wird an diesem Schulsystem viel Kritik geübt, doch trifft sie auf taube Ohren. Denn daneben gelten immer auch noch andere Erfolgsprinzipien, für die Amerika ja von jeher bekannt war. Auch heute noch kann man in einer Firma als Schreibkraft mit zwei Jahren College anfangen und sich zehn Jahre später in der Geschäftsführung wiederfinden. Doch schafft man eben auch das nur, wenn man NICHT mittelmäßig ist.

  • Mit kosmischer Einwirkung und positivem Denken hat das mit dem Platz in der U-Bahn nur wenig zu tun, wenn ich meinem Mann da Glauben schenken soll. Ich habe eine Freundin, die vor Jahren immer behauptet hat, dass sie immer sofort einen Parkplatz findet, weil sie das eben mit ihren Gedanken so manipuliert. Mein Mann erklärte ihr daraufhin, die Sache sei leider viel platter:


    Von zehn Leuten, die zur gleichen Zeit in eine U-Bahn steigen, denken sieben darüber nach, was sie am Vorabend gemacht haben oder was sie über Tag vor der Brust haben: Die dümpeln also. Zwei weitere steigen ein in die Bahn und gucken sich dann um, ob da ein Sitzplatz ist. Und dann ist da die Britt. Die denkt schon vor dem Einsteigen an den Sitzplatz.
    Da es von den Augen zum Gehirn und zurück zu den Füßen ein ziemlich weiter Weg ist, erklärt sich von selbst, wer den Sitzplatz zuerst entdeckt und gezielt darauf zusteuert. Die anderen hängen dem Ganzen hinterher.

  • Na ja, das ist wohl auch eine Glaubensfrage. Unterm Strich kann's mir egal sein, hauptsache ich sitze. ;-)
    Das mit der Parkplatzsuche kenne ich auch - wir hatten das Thema schon mal in einer anderen Leserunde hier im Forum. Es ist wirklich erstaunlich, bei wie vielen das klappt.
    Eine andere Geschichte:
    Wir waren mit einem gemieteten Wohnmobil in Norwegen unterwegs, als uns auf einer schmalen Bergstraße mit Karacho ein anderes Womo entgegenkam und uns den Außenspiegel abfuhr. :wow
    Es war Freitag Abend nach 18 Uhr. Wir haben den völlig gesplitterten Spiegel so gut es ging wieder in die Halterung gedrückt (das andere Womo war übrigens weitergefahren, kein Mensch weit und breit), haben unseren Weg fortgesetzt und uns laut und deutlich eine Ford-Werkstatt im nächsten Ort gewünscht, die noch offen hat. (Zur Erinnerung: Freitagabend.)
    Der nächste Ort war Kristiansand. Inzwischen war es gegen 20 Uhr am Freitagabend. Es gab tatsächlich einen Fordhändler - aber der hatte natürlich geschlossen, anhand der Öffnungszeiten konnten wir sehen, dass auch Samstags dicht war.
    Als wir gerade mutlos wieder gehen wollten sah ich im Hof eine Tür offen stehen, aus der Licht kam.
    Es war die Werkstatt! :grin
    Ein einzelner Angestellter machte dort noch Überstunden, der obendrein auch noch Deutscher war. Er hatte zwar keinen passenden Spiegel am Lager, aber auf dem Hof stand ein Transit, der "zufällig" die gleichen Spiegel hatte wie unserer Womo.
    "Wisst ihr was", meint der gute Mann. Da bau ich einen ab und bestelle gleich Montag einen neuen.


    Natürlich kann man sagen, das war Zufall. Aber dann kann man auch sagen, dass Gwendolyn Wagner schwanger war ohne es zu wissen, und Helen ihr das 'aus Versehen' vorhergesagt hat, war auch Zufall.
    Das glaub ich aber nicht. ;-)


    Ich glaub, jetzt sind wir aber ein bisschen weit vom Topic weggekommen. Sei's drum.


    Ich möchte mit dieser Geschichte nicht missionieren. Ich möchte auch nicht behaupten, meine Erklärung sei die einzig richtige. Ich will damit nur sagen: Manchmal geschehen Wunder. Und egal ob es sich dabei um Gwendolyn Wagner oder einen abgefahrenen Außenspiegel handelt - da ist jemand, der für uns sorgt. Ob er nun auf unser "Gebet" reagiert oder den Spiegel sowieso für uns bereit gehalten hat, ist unter'm Strich egal. Man muss nur bereit sein für Wunder. Ich denke, dann sieht man sie auch.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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  • Zitat

    Original von Britt
    Man muss nur bereit sein für Wunder. Ich denke, dann sieht man sie auch.


    Das hast du sehr schön gesagt. :knuddel
    Die meisten von uns erleben jeden Tag kleine, manchmal auch große Wunder. Ist man offen für sie wird man sie entdecken.


    Manchmal sehen Herz und Bauch viel besser als die Augen...

  • Diese Szene im Buch, wie einfühlsam Helen mit der Gwendolyn Wagner spricht, die war überhaupt so ergreifend ... Dass sie diese tröstenden Worte für sie fand, warum sie nicht auch mitgenommen wurde, eben weil vielleicht ihre Kinder das nicht wollten, das hat mir Gänsehaut gemacht. Das war so ein schöner, hoffnungsvoller Trost in jenem Moment, der Gwendolyn völlig neuen Lebensmut gab. Und dass sich diese Hoffnung dann auch tatsächlich so schnell bewahrheitete, das ist schon ganz schön viel glücklicher Segen Gottes oder Zufall oder Schicksal, wie immer man es sehen möchte.


    Bei Britts Norwegen-Geschichte mit dem Fordhändler in dieser einsamen Gegend am späten Freitagabend, da fällt es mir wirklich mal wieder ganz schwer, einfach nur an Zufall zu glauben, während ich bei der U-Bahn-Sitzplatz-Geschichte eher geneigt bin, Frau Hellmanns Ansicht zu teilen. Ich fand die Erklärung, wie platt es leider auch sein könnte, übrigens sehr spaßig zu lesen.


    Ich finde es überhaupt total beeindruckend, hier in all den Beiträgen der Autorin stets den unverkennbaren Schreibstil wiederzufinden, der mir aus all ihren Büchern so vertraut ist. Ein Thema kann noch so traurig oder ernst sein, irgendwann kommt ganz bestimmt der Moment, wo man durch einen riesen Lacher erst mal wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt wird. Dieses Wechselbad der Gefühle, das ist so wunderschön in Frau Hellmanns Büchern.

  • Zitat

    Original von Britt
    Manchmal geschehen Wunder. Und egal ob es sich dabei um Gwendolyn Wagner oder einen abgefahrenen Außenspiegel handelt - da ist jemand, der für uns sorgt. Ob er nun auf unser "Gebet" reagiert oder den Spiegel sowieso für uns bereit gehalten hat, ist unter'm Strich egal. Man muss nur bereit sein für Wunder. Ich denke, dann sieht man sie auch.


    Ich möchte Froschi gern zustimmen, das ist wirklich wunderschön gesagt. Aus irgendeinem Grund muss ich gerade an "Der kleine Prinz" denken, man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar ...

  • @ Britt


    Ja, das mit Dethlefsen kommt so in etwa hin. „Man trifft auf das, für was man bereit ist. Wenn man nicht freiwillig lernt, dann mit Gewalt." Jetzt frage ich mich seit gestern, was die 16 Todesopfer wohl freiwillig nicht lernen wollten, wenn denn diese Idee stimmt. Beim Brandner Kaspar heißt es, als die Marei mit 24 stirbt und „oben“ beim Portner ankommt: „... auf daß ihr erspart werde viel Leid, das fürderhin ihren Lebensweg gekreuzt hätte.“ So kann man es natürlich auch betrachten.



    Ich habe damals drei Tage später an einen guten Bekannten einen Brief geschrieben, in dem ich vom Sterben erzählte. Den habe ich noch gespeichert und drum alles so „abrufbar“, wie es in der direkten Erinnerung war.


    Mein Vater war rund vier Jahre lang ein Pflegefall. Zuletzt weitgehend gelähmt und nicht mehr in der Lage zu sprechen oder sich sonst zu artikulieren; er starb im Prinzip an Altersschwäche - die Organe haben der Reihe nach den Dienst versagt. Plötzlich fing er an mit seinen Armen, die er seit über einem Jahr nicht mehr bewegen konnte (weil gelähmt), heftig zu gestikulieren und über Stunden schien es so, als ob er sich mit jemandem, der im Raum war, wir anderen aber nicht sehen können, unterhielte und diskutierte. Es war fast schon gespenstisch; es schien, als ob er auf Fragen antworten würde. Es folgte dann nochmals ein Aufflackern dergestalt, daß wir ihm (auf Anraten der Schwester) von früher erzählten. Das hat er deutlich wahrgenommen und reagiert. Am nächsten Morgen war es vorbei. Er hat noch bis in die nächste Nacht gelegen, war aber schon - wie man sagt - „weit weg“. Ob er uns noch erkannt hat, weiß ich nicht. Er hat auf nichts mehr reagiert. Bis zum Ende, das genau so kam, wie der Arzt vorher gesagt hatte, nicht mehr.



    Übrigens danke für die Erklärungen zum Schulsystem. :wave Wenn ich es recht überlege, ist es wohl recht gut, daß ich in den USA kein Kind habe. Denn nur einsen und zweien hat unsere Tochter nicht; zwar überwiegend, aber eben nicht nur.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Was du vom Gestikulieren deines Vaters schreibst, ist faszinierend. Obwohl seit Jahren gelähmt, kann er plötzlich die Arme bewegen. Es ist fast, als ob ihn sein Körper nicht mehr einsperren würde.
    So ähnlich hab ich das bei meinem Vater auch erlebt - der scheinbare Kontakt zu jemandem, den wir nicht sehen können. Offenbar haben die langsam Sterbenden schon lange vor ihrem Tod Kontakt nach drüben. Bei Unfallopfern mag das anders aussehen.


    Du hast aber verdammtes Glück mit deiner Tochter. Mit meiner hätte ich wohl dasselbe Problem wie Helen mit ihrer Großen. Sie ist in der Schule eher mittelmäßig.
    Nur gut, dass wir hier gar nicht erst in Versuchung kommen, sie auf so eine Elite-Schule zu geben, wir hätten gar nicht das Geld dazu.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)