'Zeit der Freundinnen' - Kapitel 27 - 33

  • Dann erleben wir Jodies Paranoia in ihrer ganzen Bandbreite.
    Diese Selbstverliebtheit sprengt alle Grenzen. Welche Defizite muss ein Mensch haben, der es nötig hat, sich derart aufzuwerten? Ich nehme an, Robert hat sie ziemlich schnell durchschaut und sie deshalb versetzt. Oder er hatte nie vor, mit ihr zu verreisen und sie hat sich das wieder mal alles nur eingebildet.


    Zitat


    Übrigens hat sie unseren Jungen in ihrer ersten Lehrstunde darüber informiert, dass Prostitutierte diesen Job machen, weil sie Sex lieben, und dass keine Prostitutierte jemals unter ihrem Job leidet. Das ist sozusagen ein Traumberuf, den die Welt nur völlig verkennt ... wenn ich das den Nutten auf dem Hollywood Boulevard erzählt hätte, wären wir das Problem "Jodie" viel früher losgeworden - die Damen hätten ihr den Schädel eingeschlagen.


    Ob sie das tatsächlich geglaubt hat, oder nur sagte, um sich und ihre "Geilheit" zu rechtfertigen? So naiv kann ja wohl keiner sein!
    Ich habe während eines Mordfalls an einer Prostituierten Einblick in deren Job bekommen und erfahren, unter welchen Bedingungen und vor allem Risiken sie arbeiten. In den Vernehmungen von mehr als zehn Mädchen, die ich da geschrieben habe, hat nicht eine einzige den Eindruck hinterlassen, ihren Job zu lieben. Vielmehr ganz im Gegenteil.



    Der große Lichtblick dieses Abschnitts sind zweifellos die "Oscaros". :lache
    Bei der Beschreibung der Arbeitsabläufe, die die Nachbarin beobachtet hat, welchen langen Weg der Hammer nehmen musste, um von einem zum anderen zu gelangen, hatte ich Lachtränen in den Augen. Wie gut, dass diese Arbeiter pro Projekt und nicht nach Stunden bezahlt werden - aber vier Wochen diese Clowns im Garten zu haben, ist vielleicht unterhaltsam, aber auf Dauer auch nicht so der Bringer. :rolleyes

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Jodie wird immer nerviger. Vor allem ihr Monolog über sich selbst ist atemberaubend. Wie kann man so von sich selbst denken?
    Jetzt erklären sich auch die kurzen Röcke!


    Cathy scheint ja vernünftiger zu sein als ich dachte. Ich dachte, sie kopiert Jodie jetzt komplett. Aber sie scheint sich doch noch ihren eigenen Charakter zu behalten. Und irgendwie doch vernünftiger zu werden.


    Vic find ich interessant. Wir selbst haben auch jemand schwulen in der Familie, der sich nicht getraut hat, uns das zu sagen. Ich kann das auf bedingte Art verstehen. Er meinte, er hätte Angst, dass ich nicht mehr mit ihm spreche. Dabei war er mir immer einer der Liebsten in der Sippe. Das hat sich bis heute nicht geändert - seinen Mann mag ich auch total gern. Manchmal haben sie vielleicht einfach Angst, die Wahrheit zu sagen, weil die Leute so reagieren KÖNNTEN.


    Charlotte hat also einen Gummibauch ;-)
    Ich konnte die Geschichte mit der Schwangerschaft - vor allem in dem Alter - irgendwie auch nicht so recht glauben. Ich habe übrigens von Anfang an vermutet, dass sie etwas vor hat. Anscheinend will sie ja wirklich ein Baby klauen. Sonst hätte sie sich ja nicht so über die Sicherheit im Krankenhaus informiert.


    Die Pool-Jungs fand ich auch amüsant. Hier ist es ja auch nicht anders.
    Ich hätte da aber schon meine Nerven verloren ;-)


    Auf zum letzten Abschnitt... :-)

  • Also die Poolrestaurierung finde ich irgendwie seltsam. Ich dachte, die haben eine Fachfirma beauftragt - die Arbeiter scheinen jedoch von ihrem Fachgebiet kaum Ahnung zu haben. Warum lassen Ben und Helen sich sowas gefallen und hauen nicht ordentlich auf den Putz? Schließlich zahlen sie doch dafür. Ich entsinne mich, als ich 1985 in meine Wohnung eingezogen bin und der Handwerker am Bad sanieren war, wollte der gehen und auf einer anderen Baustelle weitermachen. Jedoch war die Toilettenschüssel herausgehoben, also nicht benutzbar. Hier nur so viel: der ging nicht, sondern hat das Bad erst benutzbar gemacht. Der wollte nämlich erst am Montag, also nach dem Wochenende, wieder kommen, und fand das ganz in Ordnung. Wenn er mehr Aufträge annimmt, als er ausführen kann, ist das sein Problem, nicht meines.



    Dann quasi die Ruhe vor dem Sturm, mit einem sehr schönen Ausdruck, bei dem ich grinsen mußte:
    Seite 413: Als Gott eines schönen Tages der Dilettanten überdrüssig gewesen war, hatte er sich nach Nathalie in aller Ruhe hingesetzt und ein Meisterwerk von Arzt geschaffen: Dr. Steven Kidder. :chen



    Seite 419. Wenn ich ehrlich mit mir war, fragte ich mich nur, wie lange es wohl dauern würde, bis Alicia Collum versuchen würde, sich das leben zu nehmen.
    Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt, einige Absätze bevor sie hier im Buch steht. Wenn ich mir so was vorstelle :yikes :cry - ich schätze ich würde ein solches Ereignis nicht sehr lange überleben. Meine Güte, ich will gar nicht daran denken, daß dem ein wahrer Fall zugrunde liegt. Wenn dem so ist: lebt die Frau noch, hat sie dieses Ereignis überwinden können?



    Am Beginn des 31. Kapitels dann der nächste Schlag. Die Erzählung bzw. Sichtweise von Trudy Brock. Da tun sich ja langsam Abgründe auf. :yikes Wobei ich Trudys Sichtweise auf den Vater Charlottes gar nicht mal so ganz von der Hand weisen kann; da geht es mir wie Helen. Ich frage mich langsam, ob so eine Häufung von Zufällen (die früher erwähnten Daten) und Aufeinandertreffen von Menschen / Schicksalen im realen Leben auch vorkommt. Aber vermutlich schon. Das wirkliche Leben ist oft erfinderischer als es Bücher (bzw. Autoren) je sein können.


    Dann gleich die nächste Überraschung mit Jodie und Catherine. Langsam, eher schnell, frage ich mich, ob diese Jodie noch richtig tickt (glaube ich eher nicht), was sie eigentlich will bzw. bezweckt und sich bei ihren Handlungen denkt (vermutlich nichts mangels Denkvermögen).


    Seite 449, die „Dornenvögel“ waren zwar zu meiner Zeit gewesen, doch habe ich weder die Verfilmung gesehen noch das Buch gelesen, so daß ich die Anspielungen nur erahnen kann.


    Seite 457: Die Teenager von gestern erinnerten sich nur nicht mehr daran, wie sie gewesen waren. :chen


    Seite 465, als es darum geht, daß Charlotte noch Dinge von ihrem Mann hat bzw. benutzt. Ist also anscheinend doch normal. Ich habe seinerzeit die Sachen meines Vaters aus dem Pflegeheim geholt. Die Überreste eines ganzen Lebens, verpackt in zwei Müllsäcke und zwei Kartons. Bis vor eineinhalb Jahren stand alles unberührt in einem Raum, den ich aus beruflichen Gründen gemietet hatte. Erst als wir den aufgeben mußten, und kein Platz mehr da war, habe ich die Tüten bzw. Kartons wieder geöffnet und fast alles, egal in welchem Zustand, weggeworfen. Immer noch mit schlechtem Gewissen. Eine Jacke hätte mir vermutlich gepaßt, doch ich hätte die nie anziehen können.



    Abschließend hat sich in diesem Abschnitt ja ein richtiges „Schlußkatastrophenszenario“ aufgebaut, dessen Gipfel die Behauptung Jodies ist, daß Charlotte nur Scheinschwanger ist und damit verbunden der Vorwurf, sie plane eine Babyentführung. Das kann ich mir allerdings überhaupt nicht vorstellen. Wie sich diese ganzen „Knoten“ lösen sollen - da kann eigentlich nur ein großer „Knall“ kommen, der alles regelt. Hoffentlich dabei auch nicht alles wegweht.



    Edit bzw. Ergänzung nach dem Lesen der vorherigen Posts


    Den „Geheimtip 2408 für gesteßte Therapeuten“ habe ich mir notiert. Wir könnten eigentlich sowieso neue Matratzen gebrauchen, vielleicht läßt sich so die Anschaffung etwas vorziehen und besser begründen. :chen ;-) Allerdings habe ich keinen Therapeuten, dem ich meine Vorstellungen bei so einer Aktion mitteilen könnte.



    Nachdem ich alle Posts gelesen habe, muß ich zugeben, daß mir erst jetzt bewußt geworden ist, wie real das Vorbild für Jodie war/ist. Ich bin ja in diese Leserunde quasi „hineingestolpert“, weil ich - wie ich es meistens tue - in den „Fragen an die Autorin“-Thread hineingelesen habe, was mein Interesse weckte. An das Buch bin ich ohne große Vorbereitung bzw. Vorkenntnisse herangegangen.


    Jetzt bin ich noch mehr geschockt, als ich es beim Lesen des Buches ohnehin schon war/bin. Ich glaube, ich brauche erst mal so was wie eine "Zigarettenpause", dabei bin ich Nichtraucher.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Seite 419. Wenn ich ehrlich mit mir war, fragte ich mich nur, wie lange es wohl dauern würde, bis Alicia Collum versuchen würde, sich das leben zu nehmen.
    Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt, einige Absätze bevor sie hier im Buch steht. Wenn ich mir so was vorstelle :yikes :cry - ich schätze ich würde ein solches Ereignis nicht sehr lange überleben. Meine Güte, ich will gar nicht daran denken, daß dem ein wahrer Fall zugrunde liegt. Wenn dem so ist: lebt die Frau noch, hat sie dieses Ereignis überwinden können?


    Das würde mich allerdings auch interessieren. Wenn sie es geschafft hat, dieses Drama zu überleben, ist sie in meinen Augen eine Heldin!



    Zitat


    Den „Geheimtip 2408 für gesteßte Therapeuten“ habe ich mir notiert. Wir könnten eigentlich sowieso neue Matratzen gebrauchen, vielleicht läßt sich so die Anschaffung etwas vorziehen und besser begründen. :chen ;-) Allerdings habe ich keinen Therapeuten, dem ich meine Vorstellungen bei so einer Aktion mitteilen könnte.


    Aber du hast ein tolles Internetforum, wo du das könntest! Ich wäre gespannt! :chen

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  • Zitat

    Original von Britt
    Aber du hast ein tolles Internetforum, wo du das könntest! Ich wäre gespannt! :chen


    Das glaube ich Dir gerne. :chen

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Wenn ich ehrlich mit mir war, fragte ich mich nur, wie lange es wohl dauern würde, bis Alicia Collum versuchen würde, sich das leben zu nehmen.


    Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt, einige Absätze bevor sie hier im Buch steht. Wenn ich mir so was vorstelle - ich schätze ich würde ein solches Ereignis nicht sehr lange überleben. Meine Güte, ich will gar nicht daran denken, daß dem ein wahrer Fall zugrunde liegt. Wenn dem so ist: lebt die Frau noch, hat sie dieses Ereignis überwinden können?


    Zitat

    Original von Britt


    Das würde mich allerdings auch interessieren. Wenn sie es geschafft hat, dieses Drama zu überleben, ist sie in meinen Augen eine Heldin!


    Ich bin die Dritte, die das sehr interessiert. Ich kann mir nur ganz schwer vorstellen, wie man mit solch einem Schmerz jemals wieder halbwegs leben kann ...

  • Ich habe das Buch gerade ausgelesen, ich modifiziere meine Frage morgen, wenn ich im Schlußteil schreibe. Bin jetzt zu sehr mitgenommen, um noch was sinnvolles zustande zu bringen.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Mir fällt noch ein, ob auch an deutschen Krankenhäusern Plaketten verteilt werden bei besonders stressige Tage? :gruebel
    Das ist ja der Hammer!


    Die Handwerker sind der Hammer Nr. 2 in diesem Abschnitt :yikes
    Ob sie am Ende des Buches fertig sind? :gruebel


    Wie Jodie Mr. Moredock anmacht :schlaeger
    Überhaupt diese ... Aufmachung! :yikes Angst, dass mal jemand zupackt, hat sie wohl nicht.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Wir erfahren bei meiner Arbeit im Trauma-Center fast nie, was aus den Angehörigen wird, denen wir in einer so schwierigen Situation ihres Lebens begegnen. Manchmal treffen wir sie bei den Celebrations of Life wieder, und was aus der Frau geworden ist, die im Buch Alicia Collum heißt, weiß ich deshalb.
    Sie war nach dem Verlust ihrer Familie geraume Zeit in der geschlossenen Psychiatrie auf Suicíde Watch. Anschließend haben Freunde sich ihrer angenommen, doch war es unmöglich, sie in irgend einer Weise in irgend etwas einzubinden. Und dann hat sie eines Tages vor dem Fernseher gesessen.


    Es gibt hier bei uns die Oprah-Winfrey-Show, eine tägliche Talkshow mit enormen Einschaltquoten. In einer Sendung hat Oprah eine Frau vorgestellt, der Unfassbares passiert war. Sie ist eine Tierärztin, die aus erster Ehe vier Kinder hatte, das älteste 17, das Jüngste 5 oder 6. In zweiter Ehe heiratete sie einen Polizisten, doch ging das schon nach wenigen Monaten schief, und sie trennten sich wieder. Das war bereits geraume Zeit her, und es gab keinen Grund für die Frau, sich vor irgend etwas zu fürchten, schon gar nicht vor ihrem zweiten Ex-Mann.
    Sie ging jeden Morgen um halb sieben für zwanzig Minuten mit ihrem Hund spazieren. Als sie einen Morgen nach Hause kam, war ihr zweiter Ex-Mann innerhalb dieser zwanzig Minuten in ihr Haus eingedrungen und hatte ihre vier Kinder und dann sich selbst getötet. Er war geisteskrank, manisch-depressiv.


    In der Sendung erzählte die Frau Dr.vet., dass sie einen festen Termin hatte, ihrem Leben ein Ende zu setzen, und sie nichts und niemand davon würde abhalten können. Durch die Sendung erhielt sie massenhaft Zuschriften von Menschen, die Ähnliches mitgemacht hatten, unter anderem die Zuschrift von der Frau, die im Buch Alicia Collum heißt.


    Heute betreiben diese und eine Reihe anderer Frauen eine Selbsthilfegruppe für Menschen, denen durch Unfälle, Verbrechen oder Naturkatastrophen solche Verluste widerfahren. Ihre Philosophie ist es, die verbleibende Lebenszeit als eine bittere Pflicht in den Dienst anderer zu stellen, weil es einen Grund gehabt haben muss, dass sie übriggeblieben sind. Leben als nackte Aufgabe.

  • Zitat

    Original von dbhellmann


    Heute betreiben diese und eine Reihe anderer Frauen eine Selbsthilfegruppe für Menschen, denen durch Unfälle, Verbrechen oder Naturkatastrophen solche Verluste widerfahren. Ihre Philosophie ist es, die verbleibende Lebenszeit als eine bittere Pflicht in den Dienst anderer zu stellen, weil es einen Grund gehabt haben muss, dass sie übriggeblieben sind. Leben als nackte Aufgabe.


    Ich wünschte, ich würde irgendwelche Worte finden ...


    Verbleibende Lebenszeit, bittere Pflicht, nackte Aufgabe,
    ich weiß nicht, ob ich das zu wenig und zu grausam oder doch sinn- und hoffnungsvoll finden soll?


    Es tut mir erst mal nur weh ...

  • Zitat

    Original von dbhellmann


    Heute betreiben diese und eine Reihe anderer Frauen eine Selbsthilfegruppe für Menschen, denen durch Unfälle, Verbrechen oder Naturkatastrophen solche Verluste widerfahren. Ihre Philosophie ist es, die verbleibende Lebenszeit als eine bittere Pflicht in den Dienst anderer zu stellen, weil es einen Grund gehabt haben muss, dass sie übriggeblieben sind. Leben als nackte Aufgabe.


    Einfach unglaublich.


    Das ist wohl auch wirklich das "Beste" - nein, treffender gesagt, das "Einzig Mögliche" was man aus so einer Situation machen kann. Die einzige Alternative zum Suizid. Seinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Wenn man schon kein Glück mehr empfinden kann, so wenigstens eine gewisse Sinnhaftigkeit.
    Ja, es muss ja - wenn man Gott nicht unterstellen will, ein Trottel zu sein - einen Sinn für diese schreckliche Erfahrung geben, die diesen Frauen aufgebürdet wurde. Sie haben ihn so für sich gefunden und angenommen.
    Ich kann diese Frauen nur megamäßig bewundern. Sie haben eine Kraft entwickelt, von der sie sicher selbst niemals geglaubt hätten, dass sie sie haben.


    edit:
    Was mich tröstet ist, nach nochmaligem Lesen, dass sie offenbar trotz dieser Katatstrophen in ihrem Leben ihren Glauben nicht verloren haben. Denn wenn sie sicher sind, dass das alles einen Grund gehabt haben muss, dann sind sie durch dieses Trauma nicht vom Glauben abgefallen. Und der Glaube macht das alles wohl auch noch halbwegs erträglich.

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  • Ich bin jetzt gerade mit diesem Abschnitt durch und hab die Posts hier gelesen. Bis gerade eben, war mir nicht klar, daß es für Jodie ein reales Vorbild gibt :wow :wow Am liebsten würde ich jetzt das Buch gleich nochmal von vorn anfangen, mit diesem Wissen. Und Alicia Collum gibt es auch im real life? Trudy und Charlotte auch?


    Ich hab gestern abend gelesen und gelesen, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich hab mich aufgeregt über Jodie und Trudi, gelacht über die Handwerker und war wie ihr alle betroffen über Alicia Collums Schicksal. Das Buch wirft mich von einer Gefühlswelt in die andere, das hätte ich nicht erwartet, als ich das Buch gekauft habe. Wie gesagt, ohne Leserunde und ohne Britt hätte ich es wohl nie bestellt.


    Leider hab ich heute keine Zeit mehr, den Rest zu lesen, aber morgen werde ich mich den letzten Kapiteln widmen :wave

    Liebe Grüße
    Sabine


    Ich :lesend"Talberg 1935" von Max Korn

    Ich höre "Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes

    SuB: 163

  • Es ist nach meinem persönlichen Empfinden weniger der Glaube, der Menschen wie "Alicia Collum" bei der Stange des Lebens hält, als vielmehr Angst. Angst davor, dass sie, wenn sie sich das Leben nehmen, damit die Chance verlieren, im Jenseits mit ihren Lieben wiedervereinigt zu werden. Dabei fürchten sie sich nicht so sehr vor einer christlichen Hölle, denn sie erleben ihr derzeitiges Leben als solche, sondern sie fürchten sich vor der Möglichkeit einer Reinkarnation für Selbstmörder. Dass sie dann alles noch mal machen müssen, weil sie es diesmal hier nicht aushalten konnten.


    Da ihnen niemand versichern kann, dass das nicht passieren wird, erscheint das Aushalten die auf Dauer erträglichere Entscheidung. Und die Hoffnung, dass es bis zu ihrem eigenen Ende nicht mehr so lange hin ist.

  • Zitat

    Original von dbhellmann
    Es ist nach meinem persönlichen Empfinden weniger der Glaube, der Menschen wie "Alicia Collum" bei der Stange des Lebens hält, als vielmehr Angst. Angst davor, dass sie, wenn sie sich das Leben nehmen, damit die Chance verlieren, im Jenseits mit ihren Lieben wiedervereinigt zu werden. Dabei fürchten sie sich nicht so sehr vor einer christlichen Hölle, denn sie erleben ihr derzeitiges Leben als solche, sondern sie fürchten sich vor der Möglichkeit einer Reinkarnation für Selbstmörder. Dass sie dann alles noch mal machen müssen, weil sie es diesmal hier nicht aushalten konnten.


    Da ihnen niemand versichern kann, dass das nicht passieren wird, erscheint das Aushalten die auf Dauer erträglichere Entscheidung. Und die Hoffnung, dass es bis zu ihrem eigenen Ende nicht mehr so lange hin ist.


    Ich muß das jetzt einfach vollständig zitieren, damit klar ist, worauf ich mich beziehe. Auch wenn ich solches noch nicht erlebt habe (und hoffentlich nie erlebe), kann ich diese Einstellung gut nachvollziehen. Etwas, was mMn übrigens fast genau so in Richard Mathesons "Das Ende ist nur der Anfang" ("What Dreams May Come" - der Originaltitel ist dem deutschen wieder mal haushoch überlegen) sehr überzeugend thematisiert wird.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das scheint mir auch absolut logisch, wobei ich ja auch genau das mit „Glaube“ meinte: Wenn man überzeugt ist, dass Selbstmörder im nächsten Leben die verpasste Erfahrung bzw. die Konsequenz daraus ohnehin nachholen müssen (die Schulklasse wiederholen nennt das Dethlefsen glaube ich), dann hat sie doch genau ihr Glaube am Suizid gehindert.
    Ich glaube, dass diese Frauen – mag jetzt zynisch klingen, aber ich meine es ganz anders – in diesem Leben einen enormen Schritt nach vorn gekommen sind. Sein eigenes Leid in den Dienst anderer zu stellen – ich glaube, etwas Wertvolleres kann man mit seinem Leben kaum anstellen. Die Menschen, die an gar nichts glauben, zerbrechen sicher an so einer Situation und entscheiden sich viel eher für den Suizid.


    SiCollier
    Ich kann es kaum erwarten, dass dieses Buch endlich bei mir ankommt, und ich hoffe sehr, dass wir einen gemeinsamen Termin für eine Leserunde finden.

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  • Zitat

    Original von dbhellmann
    Es ist nach meinem persönlichen Empfinden weniger der Glaube, der Menschen wie "Alicia Collum" bei der Stange des Lebens hält, als vielmehr Angst. Angst davor, dass sie, wenn sie sich das Leben nehmen, damit die Chance verlieren, im Jenseits mit ihren Lieben wiedervereinigt zu werden. Dabei fürchten sie sich nicht so sehr vor einer christlichen Hölle, denn sie erleben ihr derzeitiges Leben als solche, sondern sie fürchten sich vor der Möglichkeit einer Reinkarnation für Selbstmörder. Dass sie dann alles noch mal machen müssen, weil sie es diesmal hier nicht aushalten konnten.


    Da ihnen niemand versichern kann, dass das nicht passieren wird, erscheint das Aushalten die auf Dauer erträglichere Entscheidung. Und die Hoffnung, dass es bis zu ihrem eigenen Ende nicht mehr so lange hin ist.


    Diese Erklärung ist für mich die wirklich einzig nachvollziehbare. Zwar ist es richtig, was Britt schreibt: "Sein eigenes Leid in den Dienst anderer zu stellen – ich glaube, etwas Wertvolleres kann man mit seinem Leben kaum anstellen." Doch vermute ich, dass Menschen wie "Alicia Collum" eigentlich in ihrer hiesigen Hölle nur noch darin Trost sehen, dass es bis zu ihrem eigenen Ende nicht mehr so lange hin ist und sie endlich zurück zu ihren Lieben können.


    Im Grunde ist mir schleierhaft, wofür so viel Leid gut sein soll im Leben? Warum es wichtig ist, ob man das aushält oder nicht? Wäre nicht eigentlich viel wichtiger, ob man ein guter Mensch ist, der auch, wenn er glücklich ist oder zufrieden, dabei nie eigennützig wird und vergisst, auch an andere Menschen zu denken und Gutes zu tun?

  • Zitat

    Original von C.N.


    Im Grunde ist mir schleierhaft, wofür so viel Leid gut sein soll im Leben? Warum es wichtig ist, ob man das aushält oder nicht? Wäre nicht eigentlich viel wichtiger, ob man ein guter Mensch ist, der auch, wenn er glücklich ist oder zufrieden, dabei nie eigennützig wird und vergisst, auch an andere Menschen zu denken und Gutes zu tun?


    Ja, aber wird man das denn so einfach, ohne jemals Leid erfahren zu haben? Wie kann man wirkliches Mitgefühl entwickeln, ohne jemals selbst in einer vergleichbaren Situation gewesen zu sein?


    Ich beziehe mich jetzt damit nicht auf den speziellen Fall Alicia Collum - ich würde nie wagen, zu spekulieren, warum ihr ein solches Schicksal aufgebürdet wurde.
    Ich habe auch nie wirklich begriffen, warum Hiob so viel aushalten musste, ob das wirklich nötig war, immer und immer noch eins drauf zu kriegen. Ebenso hatte ich so meine Probleme mit der Versuchung Abrahams, als er eigenhändig seinem Sohn Isaak opfern sollte. Wirklich nachvollziehen konnte ich das nicht so richtig - der Gott der Bibel kam mir hier ziemlich selbstgerecht und willkürlich rüber.


    Ich bin aber inzwischen so weit, dass ich nicht mehr alles mit dem Verstand begreifen muss, sondern darauf vertraue, dass alles, was mir widerfährt, seinen Sinn hat. Der sich mir vielleicht erst sehr viel später offenbart.
    Ob ich das in Alicia Collums Situation noch genauso empfinden würde, möchte ich hier allerdings nicht beschwören.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt


    Ja, aber wird man das denn so einfach, ohne jemals Leid erfahren zu haben? Wie kann man wirkliches Mitgefühl entwickeln, ohne jemals selbst in einer vergleichbaren Situation gewesen zu sein?


    Ich sehe das ähnlich wie Britt.
    Menschen, die anderen Menschen in extremen Situationen als Helfer beistehen und das auch können haben fast immer entweder schonmal selbst in ihrem Leben viel Leid ertragen und damit umgehen gelernt oder haben sich langsam über viele Jahre oft über Jahrzehnte von "kleinen" Helferstellen an die "Hardcorefront" vorgearbeitet.
    Solche Jobs oder auch Ehrenämter sind anderst gar nicht zu bewerkstelligen.
    Von irgentwelchen Schicksalsschlägen Betroffene haben da ganz feine Antennen und merken sehr schnell, ob ihnen durch jemand wirklich ehrliche Hilfe zuteil wird oder ob sie sich mit dem "Helfer" noch einen weiteren Stein in ihren meist eh schon viel zu schweren Rucksack laden.

  • Leid zu erfahren und daran zu wachsen, das halte ich im Leben durchaus für wichtig und richtig. Aber ich denke, man kann auch ein guter und sehr selbstlos helfender Mensch werden, ohne zuvor völlig erbarmungslos gemartert worden zu sein. Gott sei Dank kenne ich dafür einige Beispiele, um das guten Gewissens behaupten zu können.


    Dennoch möchte ich auch Froschis Ausführungen gar nicht von der Hand weisen, im Gegenteil.


    Aber wenn Britt sogar einräumt, dass sie im Falle Alicia Collums nicht mehr beschwören möchte, ob sie dann noch genauso empfinden würde, kann ich dazu nur sagen: Genau!!! Warum muss es so viel Leid sein, dass eigentlich gar nichts mehr geht, wenn auch die Hälfte völlig gereicht hätte?


    Aber gut, es gibt so vieles, was wir dabei nicht berücksichtigen, weil nicht wissen, warum es aus irgendeinem Grunde vielleicht ja doch Sinn macht, wenn wir es bis zum Ende sehen könnten ...


    Mir kam gerade ein Gedanke, den ich gern noch ergänzen möchte.


    Vielleicht verhält es sich manchmal sogar genau umgekehrt, dass Menschen, die viel zu tief im eigenen Leid stecken, gar nicht wirklich die Kraft haben, anderen Menschen zu helfen. Sondern dass Menschen, denen es gut geht und die den Kopf frei haben, viel eher dazu in der Lage sind?

  • Zitat

    Original von C.N.
    Aber ich denke, man kann auch ein guter und sehr selbstlos helfender Mensch werden, ohne zuvor völlig erbarmungslos gemartert worden zu sein. Gott sei Dank kenne ich dafür einige Beispiele, um das guten Gewissens behaupten zu können.


    Ich möchte mal um drei Worte ergänzen: "... ohne in diesem Leben völlig erbarmungslos gemartert worden zu sein." ;-)


    Zitat


    Aber wenn Britt sogar einräumt, dass sie im Falle Alicia Collums nicht mehr beschwören möchte, ob sie dann noch genauso empfinden würde, kann ich dazu nur sagen: Genau!!! Warum muss es so viel Leid sein, dass eigentlich gar nichts mehr geht, wenn auch die Hälfte völlig gereicht hätte?


    Wer könnte das schon beschwören? Es ist doch verdammt schwierig, den Sinn von großem Leid zu begreifen, besonders wenn man selbst mittendrin steckt. Da verschließt sich einem jeder Sinn und Zweck. Und es klingt absolut zynisch, wenn man spekulieren würde, dass einem so etwas passiert, damit man sich selbst in Extremsituationen kennen lernt. Seine Stärke erfährt. Eine andere Erklärung würde sich mir aber gar nicht erschließen.


    Diese Sichtweise macht allerdings nur dann Sinn, wenn wir davon ausgehen, dass wir alle auf diese Erde kommen, um uns selbst zu erfahren. "Erkenne dich selbst" steht über dem Orakel von Delphi und nicht umsonst heißt der Apfelbaum mit der Schlange im Paradies "Baum der Erkenntnis". Adam und Eva aßen vom Baum der Erkenntnis und wurden dadurch aus dem Paradies - aus der Einheit - in die materielle (polare) Welt geworfen. In der polaren Welt gibt es Sommer und Winter, Licht und Dunkel, Glück und Leid. So wie man den Sommer nicht ohne den Winter erkennt und das Licht nicht ohne das Dunkel wahrnehmen kann, kann man wirkliches Glück nicht erfahren und nicht schätzen, wenn man das Leid nicht durchlebt hat. Nur über die Polarität können wir uns selbst erfahren und kennen lernen.
    Wir wüssten gar nicht, wozu wir fähig sind, wenn wir nie vom Apfel gekostet hätten und für alle Zeiten im Paradies vor uns hindümpeln würden.


    Zitat


    Aber gut, es gibt so vieles, was wir dabei nicht berücksichtigen, weil nicht wissen, warum es aus irgendeinem Grunde vielleicht ja doch Sinn macht, wenn wir es bis zum Ende sehen könnten ...


    Richtig, da hilft nur eine große Portion Gottvertrauen, umso größer, desto schlechter es uns geht. Ich glaube weder, dass wir zum reinen Vergnügen, noch dass wir zufällig hier sind. Dieser Glauben gibt mir ein bisschen Kraft, schwierige Situationen besser durchzustehen. Aber bei Gott - so etwas wie Alicia Collum - nee, das hoffe ich nie erleben zu müssen. Dann möchte ich mich lieber nicht ganz so gut kennenlernen.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)