Schreiben als Hauptberuf

  • Zitat

    Original von Leserättin
    Und damit wächst dann auch die Begeisterung, weil man halt Erfolge sieht.


    Genau darauf wollte ich hinaus: Die Begeisterung und Liebe zum Schreiben ist bei Dir noch da. Das ist ein wichtiges Kriterium, das sich in der Qualität niederschlägt. Das Handwerkszeug kommt mit der Zeit und man wächst im Schreiben. Professionalität ist natürlich wichtig, darf diese Liebe zur Tätigkeit aber nicht verdrängen

  • Ich habe zwar inhaltlich nichts Produktives zu sagen, aber ich wollte anmerken, dass dies einer der interessantesten Threads (für mich) seit langem in der Autorenecke war. :-) Das begann schon mit der Statistik am Anfang (ich bin eine der wenigen Verrückten auf diesem Planeten, die Zahlen und Statistik lieben). Vielen Dank dafür.


    Was mich wirklich schwer interessieren würde, wären die umgekehrten Bedingungen. Es wird immer erfasst, wie viele Autoren auschließlich (!) vom Schreiben leben können, aber irgendwie gibt es keine Erfassung, wie viele es wollen. Vielleicht bin ich da auch naiv, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wirklich jeder den Beruf, den er 'vorher' ausgeführt hat, so wenig mag, dass er ihn unbedingt bei der ersten Möglichkeit komplett fallen lassen möchte. Zum Beispiel finde ich persönlich, dass Tanzpädagogin mit eigenem Studio großartig klingt. Ein Beruf, in dem man mit Menschen arbeitet, auch eine Art sich -anders als beim Schreiben- körperlich auszudrücken (ich weiß nichts über den Alltag des Berufes, nur, wie es für mich klingt). Möchte man das wirklich alles völlig aufgeben, weil man es nicht mehr zwingend bräuchte, um davon zu leben?


    Mich würde wirklich interessieren, wie es damit (statistisch) aussieht. :gruebel

  • Hallo Jass,


    Tanzpädagogin (für den Bereich Bühnentanz) ist wirklich auch ein toller Beruf und man arbeitet äußerst kreativ. Von daher gar nicht so sehr weit vom Autorendasein entfernt, denn ich muss mir immer die Choreographien ausdenken.


    Der Haken an der Sache: Es ist nahe beim Leistungssport. Und mit über fünfzig ist es schon heftig, sechs Stunden am Tag vorwiegend Jazztanz zu unterrichten. Der Beruf ist sehr anstrengend in jeder Hinsicht. Außerdem mache ich das ganze mit eigenem Studio schon seit bald 17 Jahren, davor noch ein paar Jahre VHS, irgendwann ist man nicht mehr mit derselben Euphorie dabei. Deshalb würde ich gerne den Beruf über kurz oder lang aufgeben und vom Schreiben leben können. Doch zunächst möchte ich Stunden reduzieren, vielleicht auch nur auf 400-Euro-Basis unterrichten und ansonsten schreiben, das wäre mein Ziel für etwa Mitte 2010/Anfang 2011.


    Grüßle,
    Judith

    Toni und Schnuffel / Tricks von Tante Trix / Papino und der Taschendieb / Das Dreierpack und der böse Wolf
    Tanz mit Spannung / ... und jetzt sehen mich alle! / Voll drauf / Die Kellerschnüffler u.a.

  • Zitat

    Ein Beruf, in dem man mit Menschen arbeitet, auch eine Art sich -anders als beim Schreiben- körperlich auszudrücken (ich weiß nichts über den Alltag des Berufes, nur, wie es für mich klingt). Möchte man das wirklich alles völlig aufgeben, weil man es nicht mehr zwingend bräuchte, um davon zu leben?


    Das ist so eine zwiespältige Sache. Ich arbeite in der Oper, noch dazu in einem ganz wunderbaren Bereich, Kinderoper, da gibt es an der Wiener Staatsoper ein eigenes kleines Zelt, wo Oper nur für Kinder gespielt wird. Dort arbeite ich seit 10 Jahren. Bezahlt ist es schlecht, aber ich hab es eigentlich immer geliebt. Inzwischen merke ich aber, dass mich diese Arbeit zwar nicht zeitlich aber energetisch vom schreiben abhält und ich spüre, dass in mir drin sich was dagegen wehrt. Es drängt mich schon, hauptberuflich zu schreiben, weil ich weiß, dass ich dann viel konzentrierter und intensiver an meinen Geschichten arbeiten kann. Ich weiß aber auch, dass die tägliche Arbeit und Begegnung mit Menschen wichtig ist und mir in vieler Hinsicht gut tut. So lange es also geht, will ich beides betreiben. Dennoch ist die Schriftstellerin in mir stärker und würde sich, wenn es enger wird, durchsetzen.


    lg :wave Claudia

  • Hallo Jass,


    selbst wenn man seinen Beruf mag, hat man doch irgendwann einfach ein Zeitproblem, wenn man ernsthaft schreibt (und veröffentlicht).


    Ich arbeite Vollzeit und mag meinen Beruf. Vor allem habe ich so viel Zeit und Arbeit darin investiert, dass ich ihn nur ungern aufgeben würde. Auch, weil ich dadurch ein sehr stabiles Einkommen habe.


    Allerdings geht deshalb meine gesamte Freizeit (samt Wochenende) fürs Schreiben drauf, ich komme locker auf 80 Stunden pro Woche (Job und Schreiben), da bleibt keine Zeit mehr, das Leben noch irgendwie zu genießen. Das kann ich ein paar Jahre durchhalten (mache ich inzwischen seit sieben Jahren), aber irgendwann wird die Belastung zu groß und ich muss mich entscheiden, ob ich den Job kürze oder das Schreiben. Derzeit müsste ich das Schreiben aufgeben, weil ich davon nicht leben könnte.



    Viele Grüße,


    Michelle

  • Hallo, Jass.


    Eine solche Statistik gibt es meiner Kenntnis nach nicht. Ich nehme aber tatsächlich an, dass relativ viele Menschen, die ungefragt bzw. unverlangt Manuskripte an Verlage versenden, mit der etwas irrigen Idee schwanger gehen, nach Veröffentlichung des Manuskripts (Wahrscheinlichkeit: siehe weiter oben) ziemlich kurzfristig nicht mehr ihrer "normalen" Arbeit nachgehen zu müssen. Je weniger solche Leute über den Literaturmarkt wissen, umso intensiver scheinen sie zu glauben, dass schon ein einziger veröffentlichter Roman dazu führen kann, sogar notwendigerweise dazu führt, dass man seinen Brotjob an den Nagel hängen und von den Tantiemen (und Filmrechten und derlei) leben kann. Das klingt auch immer wieder mit, wenn mir angehende Autoren privat Manuskripte zusenden (zur "Prüfung", was häufig heißt: Bitte um Kontaktherstellung). Das Fernsehen kolportiert diese Auffassung mit seinen vielen Castingshows. Menschen träumen davon, durch eine Buchveröffentlichung quasi sofort reich und berühmt zu werden. Dass das Gros der veröffentlichten Autoren damit weit weniger Geld verdient als jemand, der einem Ausbildungsberuf nachgeht, ist in der breiten Öffentlichkeit so gut wie unbekannt. Die meisten, die Manuskripte verschicken, gehören dieser breiten Öffentlichkeit an.


    Aber auch diejenigen, die über ausreichende Kenntnisse des Literaturmarktes verfügen, neigen dazu, sich auf Exponenten zu beziehen - es kommen immer wieder die gleichen Beispiele wie Joanne K. Rowling, Benjamin Lebert oder Patrick Süskind, wenn man in entsprechende Diskussionen einsteigt. Auch dabei schwingt der Wunsch mit, sofort einen Sechser mit Superzahl zu landen. Dass selbst diejenigen Autoren, die - vorübergehend - in den Bestsellerlisten vertreten sind, nicht notwendigerweise so viele Bücher verkaufen, dass damit langfristig der Lebensunterhalt bestritten werden kann, wird geflissentlich ignoriert.


    Anders gesagt: Ich meine, dass es sehr viele sind. Der Gedanke, nur noch dieser bezaubernden Tätigkeit nachgehen zu können, ist sehr reizvoll. Bestseller kann man nicht antizipieren, sagen sie sich, also, im Umkehrschluss: Warum nicht ich?


    Aus meiner ganz persönlichen Sicht: Ich hätte nichts gegen einen Bestseller. Aber mir macht mein "Brotjob" viel zu viel Spaß, um den Gedanken auch nur in Erwägung zu ziehen, ihn aufzugeben. Beide Tätigkeiten ergänzen sich, die eine stellt den Ausgleich für die andere dar, und umgekehrt. Mit zwanzig hatte ich mal den Traum, in einem Strandhaus irgendwo an der Mittelmeerküste zu sitzen und ausschließlich Romane herunterzuklopfen, zwischen ausgiebigen Spaziergängen und Cocktails in Pedros Strandbar. Inzwischen kommt mir dieser Traum ziemlich gruselig vor. Vermutlich wüsste ich nämlich überhaupt nicht mehr, worüber ich schreiben sollte. ;-)

  • @ Jass:
    Ich denke schon, daß es viele gibt, die darauf hoffen, daß sie vom Schreiben leben könnten. Ich sage es ganz ehrlich: Ich stecke in einer ausbildung fest, die ich hasse wie die Pest. Könnte ich vom Schreiben leben, könnte ich diesen Müll abbrechen, mich mehr aufs Schreiben konzentrieren und wieder ehrenamtlich beim Kulturamt arbeiten, was mir immer sehr wichtig war.

  • Also wenn ich das richtig verstehe, sind die Ansätze ziemlich verschieden:


    Michelle und Claudia würden ihre Prioritäten verschieben, also den momentanen Job zeitlich kürzen, aber ihn nicht unbedingt aufgeben.


    Tom klang danach, als würde er im großen und ganzen alles belassen, wie es ist. Bzw. einen Lebenswandel nicht in erster Linie vom Schreiberfolg abhängig machen.


    Das heißt, nur Dichterdämon hat sich so geäußert, dass das Schreiben eigentlich das ist, was er ausschließlich machen möchte. Das ist ja der entscheidene Punkt, um den es mir geht, das Ausschließiche: Ob vom Schreiben leben zu können so zwingend bedeutet, nichts anderes mehr tun zu wollen. Dass zwei Volzeitjobs über das geht, was ein Mensch im Durchschnitt an Belastung verträgt, steht gar nicht zur Debatte, gerade, wenn man nicht völlig unsozial veranlagt ist und dementsprechend das Bedürfnis hat, auch ein soziales Leben zu besitzen. Sondern es geht darum, ob man alles andere aufgeben möchte. Bei Claudia und Michelle klang es eher so, als würden sie nur gern die Freiheit haben, zu entscheiden, wie viel Energie sie in welchen Bereich stecken wollen, aber nicht, alles stehen und liegen zu lassen, was man sich in zehn, vielleicht auch zwanzig Jahren erarbeitet hat.


    Es gibt ja völlig unterschiedliche Nuancen bei denen, die schreiben. Die einen tun es, seit sie klein sind. Andere haben erst mitten im Leben eine Idee, die sie zu Papier bringen wollen. Einige schreiben auch über das, worin sie selbst gearbeitet haben. Also hat bei denen erst ihr vorheriger Job überhaupt das Thema ermöglicht, dem sie sich nun widmen. Dann gibt es Unterschiede im Ausmaß. Wie Tom schon öfter erwähnt haben, schreiben einige, weil sie es können -andere, weil sie das Bedürfnis haben. Einige erzählen einfach Geschichten, andere Anekdoten, die nächsten sehen ein technisches Handwerk darin.


    Die Ausgangsbasen sind also völlig verschieden. Dennoch klang es in allen Diskussionen, die ich bisher mitbekommen habe, so, als wäre das Endresultat in erster Linie das Gleiche: Jeder würde gerne nur (!) davon leben. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Und anhand der bisherigen Antworten habe ich auch das Gefühl, dass die Nuancen, welchen Platz das Schreiben einnehmen soll (wenn es nach Wünschen geht) ebenso unterschiedlich sind, wie die Ausgangssituationen.


    Das geht aber irgendwie unter. Vielleicht, weil es in vielen Diskussionen nur um die Frage geht, ob man davon Leben können will, aber nie darum, ob man NUR davon leben will. Hat vermutlich auch die höhere Priorität, wenn ich darüber nachdenke. Mich persönlich hat es nur etwas überrascht, weil es mir im ersten Augenblick den Eindrück vermittelt hat, dass Menschen, die gern erfolgreich Romane veröffentlichen wollen, (grundsätzlich) nicht glücklich sind mit dem Beruf, den sie momentan tatsächlich ausführen.


    Aber so pauschal scheint es ja nun doch nicht zu sein. :-)

  • Zitat

    Original von JASS


    Aber so pauschal scheint es ja nun doch nicht zu sein. :-)


    Nein, isses wirklich nicht. :-)


    Ich mache meinen Brotjob z. B. die meiste Zeit (klar gibt es immer mal Scheißtage) sehr gerne und würde ihn nicht um des Schreibens willen aufgeben. Schon allein deshalb, weil er mir absolut geniale Recherchemöglichkeiten bietet, die ich unbedingt fürs Schreiben brauche. Auch weil ich in einem Super-Team arbeite, dass ich nicht mehr missen möchte.
    Zum Zweiten würde es mich panisch machen, zu wissen, ich müsste mein Geld ALLEIN mit dem Schreiben verdienen. Was, wenn ich mal keine Lust und keine Ideen habe? Ich mag mir den Druck, unter dem ich dann stehen würde, gar nicht ausmalen. Ich fürchte auch, ich würde den Spaß an der Sache verlieren, wenn ich wüsste, ich MUSS bis dann und dann soundsoviel geschrieben haben, damit ich überleben kann.
    Ich bin wirklich jemand, der beides gern tut: Den Brotjob und das Schreiben als Hobby, das noch ein bisschen Geld nebenher bringt, auf das ich aber nicht zwingend angewiesen bin, weil ich auch so überleben könnte. So weiß ich, dass ich freiwillig schreibe, und wenn ich mal keinen Bock habe, dann steht es mir frei, einfach eine Pause einzulegen. Für mich ist diese Situation optimal.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Hallo, Jass.


    Wenn sich Erfolge einstellen, stehen viele Autoren früher oder später vor der Frage, ob sie das Schreiben intensivieren wollen oder auf dem vorherigen Niveau weitermachen. Selbst jemand, der in einem 40-Stunden-Job steht, kann es schaffen, einen hochwertigen Roman pro Jahr zu schreiben. Oder sogar zwei, je nach Rechercheaufwand. Nur lassen sich die meisten Angestelltenverhältnisse nicht einfach so auf beispielsweise Halbtagsstellen reduzieren, so dass derlei mit einem Jobwechsel einherginge, was wiederum das Damoklesschwert des Wiederindenaltenjobzurückkehrenmüssens auf den Plan ruft. Oder rufen kann. Wie die Konstellation genau aussieht, das hängt natürlich sehr von den jeweiligen persönlichen - auch familiären - Verhältnissen ab, und davon, wieviel man zum Leben braucht.


    Ideal sind natürlich berufliche Verhältnisse, die fließende Übergänge erlauben oder sich sogar ergänzen. Manch ein Autor ist gleichzeitig Übersetzer oder Korrektor, einige sind sogar freiberufliche Lektoren, andere Journalisten. Grundsätzlich ergänzen sich selbständige oder freiberufliche Tätigkeiten mit der Schriftstellerei sehr gut - vorausgesetzt, man kann darauf hoffen, nach selbstgewählten Auszeiten oder bei sinkendem Verkaufserfolg wieder Aufträge zu bekommen. Das ist auch nicht ganz ungefährlich, weil man Fehleinschätzungen oder Wunschdenken erliegen kann, und nicht jede Zusage ("Klar komme ich wieder!" von Kunden) ist verlässlich. Sehr schön ist es, wenn man eine Firma betreibt, die ohne tägliche Präsenz des Inhabers auskommt. Aber das haben wenige. Ich habe das Glück, meine Arbeitszeit ziemlich frei einteilen zu können, was zwar nicht reduziert, was ich für meine Firma tun muss, aber ich kann wahlweise das eine oder andere intensiveren; meistens betreibe ich beides ähnlich intensiv. So entstehen dann 80- oder 90-Stunden-Wochen. Das ist keine Übertreibung.


    Man sollte sich allerdings vergegenwärtigen, dass eine Beseitigung des normalen Berufsalltags nicht nur Vorteile hat. Bei vielen Menschen speist sich das soziale Umfeld zu einem Großteil über den Job, und wenn das wegbricht, hat man nicht nur plötzlich weniger Bekannte, sondern geht auch einer validen Inspirationsquelle verlustig. Wenn man die Chance hat, sollte man auch einfach mal ausprobieren, wie es ist, ein oder zwei Monate ausschließlich zu schreiben. Am besten mit selbstauferlegtem Druck: Nach den zwei Monaten müssen ein Exposé und 100, 200 Seiten Leseprobe stehen. Oder sogar ein ganzer Roman. Man wird in den meisten Fällen bemerken, dass es nicht nur amüsant ist, tagein, tagaus zu schreiben. So wird aus der idealen Tätigkeit sehr schnell ein Job wie jeder andere.


    Denn das ist das Schreiben - ein ganz normaler (Frei-)Beruf, der nicht nur Spaß macht: Man muss zu festgesetzten Terminen Manuskripte abliefern, man kämpft um Vorschüsse und Verlagsverträge, man hetzt zu Lesungen, man leidet an Schreibblockaden und Ideenverstopfungen, man muss tonnenweise Anfragen beantworten, man überarbeitet wochen-, monatelang zum x-ten Mal Manuskripte, die man längst für druckreif hielt, man bekommt Ausstattungsentwürfe, die Würfelhustenanfälle auslösen, man muss das zehnte Selbstplagiat abliefern, weil der Verlag einem Linienwechsel widerspricht - und, und, und. Schreiben heißt nicht nur, sich in der Sonne des eigenen Erfolgs bräunen. Die Vorstellung von der edlen Künstler-Eremittage hat mit der Realität nichts zu tun.

  • Zitat

    Was ist eigentlich Würfelhusten?


    Einfach ausprobieren: Eine Tube Zahnpasta in den eigenen Rachen drücken, runterschlucken und anschließend zwei Tafeln Schokolade essen. Oder ersatzweise anderthalb Flaschen Tequila (plusminus, je nach Kondition) trinken. Der Würfelhusten setzt dann früher oder später ganz automatisch ein. :grin

  • Hallo Jass!


    Ein wichtiger Punkt wurde mehrmals angesprochen. Führt man ein relativ normales Leben, speist das Sozialleben sich zu einem wesentlichen Teil aus dem Umgang mit Kollegen im Job. Wir Schreibenden sind alle Menschenbeobachter und leben davon, dass uns Gespräche, Situationen und menschliche Kontakte inspirieren. Wenn man nicht ein außergewöhnlich kommunikativer Mensch ist und mit jedem überall ins Gespräch kommen kann, fährt man ganz gut, wenn man ein interessantes Arbeitsumfeld hat. Diverse Feinheiten in Figurencharaktasierungen bringen das zum Ausdruck. Daher ist die Frage, wie erstrebenswert es ist, zum schreibenden Einsiedler zu werden.


    Ich habe Glück. Mein Job - der dafür aber bei Gott keine Sicherheit oder Lebensgrundlage bietet - ist zeitlich sehr sehr locker, ein Opernhaus sprüht dafür nur so vor Leben, man hat Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen, vom Arbeiter über den Künstler bis zum Big Boss und lernt immer was neues dazu. Daher ist das hilfreich. Einen Vollzeitjob jedoch kann ich mir nicht vorstellen, dann käme ich ja weder zum lesen noch zum reisen, zwei Dinge, die für mich essenziell zur Recherche und zur Weiterbildung als Autor dazugehören. Daher sage ich Job ja, aber nur Teilzeit.


    Lg Claudia

  • Zitat

    Original von Tom


    Grundsätzlich ergänzen sich selbständige oder freiberufliche Tätigkeiten mit der Schriftstellerei sehr gut - vorausgesetzt, man kann darauf hoffen, nach selbstgewählten Auszeiten oder bei sinkendem Verkaufserfolg wieder Aufträge zu bekommen.


    Also ich bin überhaupt erst Autorin geworden, weil ich angefangen habe, freiberuflich zu arbeiten.
    Als ich noch angestellt war, habe ich nebenbei aus Spaß einen Roman geschrieben - abends, nach der Arbeit, an den Wochenenden und in den Ferien. Das ging gut. Folglich konnte ich mir damals gut vorstellen, irgendwann mal ein weiteres Buch zu schreiben ... irgendwann, wie gesagt. Den Job dafür aufgeben?!? Niemals!
    Aber leider werden in meiner Branche nur Zeitverträge vergeben und Freiberufler werden händeringend gesucht. Da habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und beschlossen: Ich werde Texterin. Ca. 50% als Autorin, 25 % als Redakteurin und 25% als PR-Texterin. Manchmal auch 70% Autorin. je nach Auftragslage. Das geht.
    Spaß kann es auch machen. Aber ich vermisse meinen alten Job sehr oft - alleine die Kollegen, den Alltag, die Teamarbeit und das berechenbare Einkommen.


    Letzteres ist übrigens auch noch so ein Punkt: Wer hauptberuflich als Autor tätig werden will, muss sich auf viel Papierkram gefasst machen. Und damit meine ich nicht die Manuskripte!


    Was vorher alles nett vom Arbeitgeber geregelt wurde, hat man nun selbst zu organisieren. :cry
    Da fällt also schon mal der Arbeitgeberanteil weg, man muss die Krankenkasse komplett bezahlen (die teueren Selbständigen-Tarife) und sich um eine Rentenversicherung kümmern.
    Dann sollte man sich überlegen, ob man nicht in die Künstlersozialkasse eintreten sollte. Das ist wieder viel Papierkram und man muss die Kasse davon überzeugen, dass man auch wirklich Autor ist. Sprich: Man sollte ein paar Autorenverträge vorlegen können.


    Und dann macht mal eine Steuererklärung, wenn einer der Ehepartner angestellt ist und der andere arbeitet freiberuflich und schriftstellerisch. Da kann man dann auch schon mal den hier genannten Würfelhusten bekommen ...

  • Bücherkäfer : Ein guter Steuerberater ist ohnehin unverzichtbar. Vor allem einer, der einem vorher sagt, was auf einen zukommt - und entsprechende Empfehlungen zur Hand hat. Gerade wenn man verheiratet ist und gemeinsam veranlagt wird, kann es passieren, dass man am Jahresende mehr Steuern bezahlt als man Honorare eingenommen hat. ;-) Aber das sind Probleme, mit denen letztlich jeder, der in die Selbständigkeit oder Freiberuflichkeit geht, zu kämpfen hat. Es dräuen außerdem die Aberkennung der Freiberuflichkeit, wenn die Einnahmen jahrelang marginal ausfallen, die Aberkennung von Ausgaben für Recherchereisen ("Schreiben Sie doch Romane, die in Deutschland spielen!") oder Literatur und vieles mehr. Dinge, über die man sich im Angestelltenverhältnis nie einen Kopf machen musste, werden plötzlich existenzbedrohend. Aber Leute, die Einnahmen mit Gewinn verwechseln, gibt es in allen freien Berufen. ;-)

  • Judith : Entschuldigung, dass ich gar keinen Bezug auf dein Posting genommen habe, aber aus irgend einem Grund wurde es mir vorhin nicht angezeigt. :wow Gerade in sportlichen und sozialen Berufen kann ich mir gut vorstellen, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem man sagt "Lass die nächste Generation weitermachen, meine Energie ist erschöpft"


    Tom : Was ist ein Ausstattungsentwurf? *neugier* Das Wort kenne ich überhaupt nicht.


    @All: Das heißt, man beraubt sich möglicherweise der eigenen Kreativität, wenn man das Schreiben zu sehr fokussiert. Frei nach dem berühmten Phänomen, dass einem Ideen nicht vor dem leeren Blatt kommen, sondern beim Joggen, in Unterhaltungen, beim Shoppen, im Café... (Das Gehirn ist manchmal wirklich bemerkenswert in seiner Art zu arbeiten).


    *schmunzel* In meiner Familie gibt es mehrere Steuerberater mit eigenem Büro und die Hälfte meiner Freunde werden Anwälte. Sieht so aus, als wäre ich aufs Schlimmste im Leben vorbereitet. :lache

  • Zitat

    Original von Britt
    [Auch weil ich in einem Super-Team arbeite, dass ich nicht mehr missen möchte.


    Hast Du ein Glück. Die Klasse, die ich hier am Hals habe, ähnelt einer entmilitarisierten Zone und ich warte nur darauf, daß hier mal einer Amok läuft (im Zweifelsfalle ich).
    Deshalb will ich hier ja auch weg. Die Zusammenarbeit im Kulturamt war da sehr viel produktiver.

  • Und weil Tom sich eleganterweise einer näheren Definition des Begriffes enthalten musste, drängt jetzt das kleine Ferkelchen in mir an die Oberfläche und und verweist auf die ausführliche Erläuterung des angesprochenen Phänomens. ;-)


    Würfelhusten

    Der Macintosh ist katholisch: das Wesen der Offenbarung wird in einfachen Formeln und prachtvollen Ikonen abgehandelt.
    Jeder hat das Recht auf Erlösung.
    (Umberto Eco)