Schreiben als Hauptberuf

  • Hallo, SteffiB.


    Ein bemerkens- und bewundernswerter Ansatz, aber eigentlich keine Antwort auf die Ausgangsfrage "Schreiben als Hauptberuf". Du hast die Voraussetzungen dafür geschaffen, eine Weile ohne nennenswerte Einnahmen auskommen zu können, aber Du lebst nicht vom Schreiben, wie ich annehmen muss, denn Du hast bis dato einen Roman veröffentlicht, der meiner Kenntnis nach auch erst noch auf dem Weg zum Bestseller ist. Um nicht falsch verstanden zu werden - wenn man die Voraussetzungen erfüllt (was durch einen gut dotierten Verlagsvertrag bei einem Unternehmen, das sich auch guten Gewissens "Verlag" nennen darf, gegeben ist), ist dieser wagnisreiche Schritt absolut nachvollziehbar. Aber es ist eben (noch) nicht so, dass Du hauptberuflich Schriftstellerin bist.

  • Ui, da wäre mein Sicherheitsbedürfnis auch zu groß, drauf zu vertrauen, dass sich schon wieder ein Job finden wird. Wenn ich schon mal einen Job in den Krallen habe, den ich gern mache und der sich lohnt, geb ich den höchst ungern wieder her. In meinem Alter wär das auch grob fahrlässig.


    Aber es gibt Leute, die würden bei so viel Vorhersehbarkeit im Leben den Vogel kriegen, die brauchen ihre Freiheit. Das muss eine grundlegende Lebenseinstellung sein. Ich hab Freunde und Verwandte, die so ticken. Die werden schon unruhig, wenn sie mal drei Jahre am Stück in ein und demselben Land leben. Find ich irgendwo bewundernswert, weil die sicher mehr Spannendes erleben als ich, aber ich könnte es nicht.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Liebe Michelle,
    ich kann und will mich deinen Argumenten gegenüber nicht verschließen, aber ich gebe trotzdem zu bedenken, dass einen die Anforderungen an seinen Beruf heutzutage selbst am Arbeitsplatz, im Berufsleben stehend, rechts überholen können, wenn man nicht aufpasst. Das Risiko mag kleiner sein, aber es ist da.
    Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass ein Lebenslauf mit Knicken und Sprüngen heutzutage kein Handicap mehr ist.
    Und - eine Auszeit, um ein oder zwei Bücher zu schreiben, ist ja schließlich kein Freibrief zum Nichtstun. Bücher schreiben, egal, ob es von Erfolg gekrönt ist oder nicht, ist richtige, echte Arbeit, keine Lücke im Lebenslauf. Eine kreative Arbeit, die trotzdem extrem viel Disziplin erfordert. Ein Personalchef muss schon ziemlich dämlich sein, wenn er die fürs Schreiben erforderlichen "skills" nicht erkennt.


    Liebe Grüße
    von SteffiB,
    die in ihrer Branche (Werbung) übrigens schon lange zum alten Eisen gehört und bei der der Versuch eines eventuellen Wiedereintritts nicht unbedingt positiv verlaufen wird und die sich deshalb auch Plan C und D ausdenken muss ...

  • Das geht übrigens nicht nur Autoren so, sondern bezieht sich auf jede kreative Tätigkeit.
    Zum Beispiel sieht es toll aus, wenn ein Maler für ein bild 2000€ bekommt. Wenn man allerdings bedenkt, wei lange er an diesem Bild gearbeitet hat und daß er vielleicht (mit viel Glück) zwei Bilder im Jahr verkauft, klingt das nicht mehr so paradiesisch.
    Ähnlich mit Musikern. Wer Glück hat (und richtig gut ist), bekommt einne großen Plattenvertrag und verkauft viele CDs. Dafür muß man aber viele Jahre im Proberaum zubringen und sich auf Dorfbühnen plagen.
    Wieso also erwartet jemand, daß es mit Büchern anders wäre?

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, SteffiB.


    Ein bemerkens- und bewundernswerter Ansatz, aber eigentlich keine Antwort auf die Ausgangsfrage "Schreiben als Hauptberuf". Du hast die Voraussetzungen dafür geschaffen, eine Weile ohne nennenswerte Einnahmen auskommen zu können, aber Du lebst nicht vom Schreiben, wie ich annehmen muss, denn Du hast bis dato einen Roman veröffentlicht, der meiner Kenntnis nach auch erst noch auf dem Weg zum Bestseller ist. Um nicht falsch verstanden zu werden - wenn man die Voraussetzungen erfüllt (was durch einen gut dotierten Verlagsvertrag bei einem Unternehmen, das sich auch guten Gewissens "Verlag" nennen darf, gegeben ist), ist dieser wagnisreiche Schritt absolut nachvollziehbar. Aber es ist eben (noch) nicht so, dass Du hauptberuflich Schriftstellerin bist.


    Lieber Tom,
    stimmt, wir sind vom Haupthema abgekommen, und ich will mich jetzt auch gern wieder auf meine Finger setzen .... aber es war tatsächlich dein Argument, man müsse in jedem Beruf in Vorlage gehen, welches mich auf Abwege brachte:

    Zitat

    Original von Tom
    Dass es sich nicht lohnt oder lohnen kann, hat keiner gesagt. Auch für einen "normalen" Brotberuf muss man (oder müssen die Eltern) lange in Vorlage gehen, bis es sich auszahlt. Kindheit, zehn bis dreizehn Jahre Schule, Ausbildung, Studium, Praktikantenzeiten. Bis man, schließlich im bezahlten Berufsleben stehend, wieder erwirtschaftet hat, was man selbst bis dahin gekostet hat, vergehen Jahre und Jahrzehnte. So gesehen "lohnt" sich auch das erst nach einer ganzen Weile. ;-)


    Ich mochte einfach die in diesem Thread geäußerten Bedenken nicht allein und einsam stehen lassen. Denn genau wie mein Lebensentwurf sind auch diese persönliche Einstellungen und Präferenzen.
    Liebe Grüße von
    SteffiB



    PS: Was den Beruf "Schriftsteller" anbelangt – ich kann mit deiner Definition gut leben
    ;-)

  • Zitat

    Original von SteffiB


    Eben. Wahnsinn. Wunderbarer Wahnsinn. Muss man doch auch ausprobiert haben. Ich vertrete da ganz entschieden die Alles-oder-Nichts-Position.
    Um einen "normalen" Job kann man sich dann wieder kümmern, wenn man die Karre vor die Wand gesetzt hat. Ehrlich gesagt, ich riskiere lieber den Crash, anstatt überhaupt nicht loszufahren. Und was den "normalen" Job anbelangt: Menschen, die in der Lage sind, ein Buch zu schreiben, die Ausdauer und Fantasie beweisen, berappeln sich auch wieder.


    Das auszuprobierren ist okay, wenn man nur für sich selbst verantwortlich ist. In Deutschland muss niemand hungern oder frieren, von daher riskiert man auch nicht, auf der Straße zu landen, aber wer dann plötzlich vom Eigenheim und gut bezahlten Job in der Hartz4-Wohnung landet, der fällt ziemlich tief. Denn das kann passieren.
    Du hast Dir vorher ein Polster angelegt, hattest also die Sicherheit, dass sich für dich nichts ändert, wenn es doch schief geht.
    Wer aber das ohne Polster probiert, handelt in meinen Augen sehr leichtsinnig. Und wenn derjenige Familie hat, kann man nur hoffen, dass es dann wirklich gut geht.

  • Nun, ich habe ausdrücklich gesagt, dass dieser Entwurf NICHT für Menschen mit familiären Verpflichtungen gilt. Und ja, die Fallhöhe kann hoch sein – macht mir persönlich nichts aus. (Meine ist nicht sonderlich hoch, die Wohnung ist Hartz-4-tauglich, Auto hab ich nicht ...) Die Polster waren übrigens jedes Mal nach der Auszeit auch restlos aufgebraucht.
    Und warum muss der Weg denn automatisch in Hartz 4 führen, wenn etwas nicht klappt? Schriftsteller sind kreative Menschen, und ich unterstelle jetzt einfach, dass sie eine Menge geistiger Resourcen haben.


    Liebe Grüße von
    SteffiB

  • Zitat

    Original von Judith
    Hallo Katerina,


    ich bin sicher, wenn du Vollzeit schreiben würdest und einen Achtstundentag für Recherche und die Schreiberei verwenden würdest, könntest du zwei bis drei Bücher pro Jahr auf den Markt bringen.


    Kann sein. Ich glaube es aber nicht.
    Z.Zt. arbeite ich in meinem Hauptberuf, in dem ich vorher vier Tage in der Woche gearbeitet habe, drei Tage (bei gleicher Patientenzahl). An den übrigen vier Tagen schreibe ich. Es gibt kein Wochenende, keinen Urlaub. Ewig wird das nicht funktionieren. Ich habe genau ausgerechnet, wie lange ich brauche, um auf diese Weise ein Buch zu schreiben. Ein Jahr.
    Würde die Schreiberei ein überragender Erfolg werden und ich würde meinen Hauptberuf aufgeben, hätte ich gerade mal einen Tag gewonnen. Es sei denn, ich würde auch in Zukunft auf Wochenenden und Urlaub verzichten.
    Hinzu kommt: welcher Verlag will von einer Autorin schon zwei Bücher im Jahr? (Von Bestsellerautoren abgesehen.)

  • Zitat

    Original von Katerina


    Kann sein. Ich glaube es aber nicht.
    Z.Zt. arbeite ich in meinem Hauptberuf, in dem ich vorher vier Tage in der Woche gearbeitet habe, drei Tage (bei gleicher Patientenzahl). An den übrigen vier Tagen schreibe ich. Es gibt kein Wochenende, keinen Urlaub. Ewig wird das nicht funktionieren. Ich habe genau ausgerechnet, wie lange ich brauche, um auf diese Weise ein Buch zu schreiben. Ein Jahr.
    Würde die Schreiberei ein überragender Erfolg werden und ich würde meinen Hauptberuf aufgeben, hätte ich gerade mal einen Tag gewonnen. Es sei denn, ich würde auch in Zukunft auf Wochenenden und Urlaub verzichten.
    Hinzu kommt: welcher Verlag will von einer Autorin schon zwei Bücher im Jahr? (Von Bestsellerautoren abgesehen.)


    Du kannst doch unter verschiedenen Pseudonymen schreiben oder für verschiedene Verlage (was man bei unterschiedlichen Genres ja oft macht).


    Zu dem Wochenende und Urlaub: ich halte es gar nicht aus, einen Tag mal nicht zu schreiben. Da werde ich total kribbelig und hab dermaßen viele Ideen, die muss ich dann zumindest notieren.

  • Zitat

    Und warum muss der Weg denn automatisch in Hartz 4 führen, wenn etwas nicht klappt? Schriftsteller sind kreative Menschen, und ich unterstelle jetzt einfach, dass sie eine Menge geistiger Resourcen haben.


    Weil es bequem ist und man sich hierzulande daran gewöhnt hat, dass es das soziale Netz gibt. Natürlich landet man nicht automatisch dort, aber wenn es hart auf hart kommt, fallen vermutlich selbst die besten Vorsätze aus guten Zeiten und man macht gern von der staatlichen Stütze Gebrauch.


    Nach den bisher geposteten Beiträgen ist es offenbar auch kein Zuckerschlecken, die geistigen Resourcen in klingende Münzen umzuwandeln.


    Allein die Möglichkeit, nur halbtags oder nicht die ganze Woche lang arbeiten zu müssen, ist nicht selbstverständlich und sicher viel weiter bei Frauen als bei Männern, die trotz aller Emanzipation meist die Familienernährer sind, verbreitet. Vermutlich finden deshalb auch prozentual mehr Frauen die Zeit für schriftstellerische Ergüsse (das stelle ich jetzt mal einfach so in den Raum ohne die Statistiken zu kennen).

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Vermutlich finden deshalb auch prozentual mehr Frauen die Zeit für schriftstellerische Ergüsse (das stelle ich jetzt mal einfach so in den Raum ohne die Statistiken zu kennen).


    Nee, ist wohl nicht so.
    Ich kann (hab grad keine Zeit) mal einen Link setzen dorthin, wo ich das her hab. Da stand, mehr Männer als Frauen schreiben, und sie verdienen auch mehr als die Frauen. Ist halt wie überall.

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Weil es bequem ist und man sich hierzulande daran gewöhnt hat, dass es das soziale Netz gibt. Natürlich landet man nicht automatisch dort, aber wenn es hart auf hart kommt, fallen vermutlich selbst die besten Vorsätze aus guten Zeiten und man macht gern von der staatlichen Stütze Gebrauch.


    Bequem ist es auf keinen Fall und so engmaschig ist das soziale Netz auch nicht.
    Ich kann Dir versichern, daß es weitaus angenehmer wäre, auf eigenen Füßen stehen zu können

  • Zitat

    Original von Alice Thierry



    Weil es bequem ist und man sich hierzulande daran gewöhnt hat, dass es das soziale Netz gibt. Natürlich landet man nicht automatisch dort, aber wenn es hart auf hart kommt, fallen vermutlich selbst die besten Vorsätze aus guten Zeiten und man macht gern von der staatlichen Stütze Gebrauch.


    Liebe Alice, dass "man" gern von der staatlichen Stütze Gebrauch macht, ist natürlich möglich. Ich persönlich habe mich nach jeder Wiederkehr aus dem Ausland umgehend ins Taxi gesetzt, um Steffi und mich finanziell über Wasser halten zu können. Dass ich diese Möglichkeit besitze, hilft uns sicher im entspannteren Umgang mit dem "Risiko", ebenso wie die Tatsache, dass wir keine Kinder haben und nur für uns allein verantwortlich sind. Hartz IV ist für mich, Krankheit vorbehalten, keine Option. Dafür bin ich dankbar, andererseits ist der Taxenschein auch nicht vom Himmel gefallen. :grin


    harimau :wave

  • @ Dichterdämon


    Für einen bestimmten Anteil der Bevölkerung ist es offensichtlich bequemer als zu arbeiten. Ich habe leider immer wieder mit Menschen zu tun, die diese Einstellung vertreten.


    Und ich würde mir wünschen, dass alle davon Deine Ansicht teilen und sich ernsthaft und aktiv bemühen, um von staatlichen Beihilfeleistungen unabhängig zu werden, sprich, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Und sei es auch durch das Schreiben von Büchern ;-).



    edit: Ergänzung zum Adressat

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



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    (Danny Kaye) :flowers

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  • edit: Dichterdämon, unsere Postings haben sich überschnitten. Das mit dem Taxenschein sollte keinesfalls eine dämliche Bermerkung in deine Richtung sein. :knuddel1


    harimau :wave[/quote]

  • Dichterdämon :


    Zitat

    Zwei oder mehr Bücher im Jahr sind ok, wenn der Verlag wirklich überzeugt ist. Das müssen nicht unbedingt Bestseller sein


    Gerade wenn bisher keine Bestseller vorliegen, wird zumindest ein Publikumsverlag nur ausnahmsweise mehr als ein Buch pro Jahr von einem Autor veröffentlichen, nicht zuletzt aus Marketinggründen. Der Autor würde sich sonst im eigenen Haus Konkurrenz machen. Und außerdem muss man erst einmal mehr als ein Buch pro Jahr schreiben. Technisch ist das vielleicht kein Problem, aber Ideenentwicklung am Fließband beherrscht auch nicht jeder.

  • Zitat

    Ich persönlich habe mich nach jeder Wiederkehr aus dem Ausland umgehend ins Taxi gesetzt, um Steffi und mich finanziell über Wasser halten zu können.


    @ harimau


    Sei stolz darauf! Im Gegenzug gibt es zum Glück auch immer wieder Menschen, die sich sagen: "Irgend eine Arbeit kriege ich immer." Und dann auch alles annehmen, was sich anbietet, auch wenn es nicht glänzend bezahlt wird, der eigenen Ausbildung entspricht oder keine Anerkennung bringt.


    Davor habe ich großen Respekt!

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



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    (Danny Kaye) :flowers

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