Ein vorbestrafter Ministerpräsident - geht das?

  • Zitat

    Original von Tom


    Mit Verlaub, erst prangert sie an, dass das Thema dem öffentlichen Gerüchteunwesen Tür und Tor geöffnet hätte, und zwei Absätze später mutmaßt sie selbst, dass ihm "seine Frau gewissermaßen (bei Stellungnahmen) die Hand geführt" hätte. :pille


    Das ist mir auch aufgestoßen...deshalb ja das Wörtchen fast


    Zitat

    Aus meiner Sicht hat sich seit vorgestern nichts geändert. Ein Ministerpräsident, der - ob im In- oder Ausland - wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde, darf sein Amt technisch und rechtlich betrachtet weiter ausüben, aber er sollte es nicht. Das hat mit Bigotterie oder Selbstgerechtigkeit nichts zu tun, sondern mit der grundsätzlichen Auffassung, dass jemand, der in seiner Freizeit nachgewiesenermaßen nicht die nötige Disziplin aufzubringen bereit ist, um andere zu schützen, dies auch in seinem Amt nicht können kann.


    Lieber Tom,


    Du gehst mMn mit Dir und demzufolge auch mit anderen recht unnachgiebig und mit fast zu hohem moralischen Anspruch um, denke ich.


    Man kann Dir nur wünschen, nie in eine Situation zu geraten, wo Dir mal Fahrlässigkeit oder auch nur Unachtsamkeit vorgeworfen werden könnte.


    :wave
    Ikarus

  • Ich gehe nicht "mit anderen" unnachgiebig um, sondern bestenfalls mit einem verdammten Ministerpräsidenten. Und ich wünsche mir tatsächlich sehnlichst, niemals in eine vergleichbare Situation zu kommen, aber sollte dies geschehen und wäre ich zu diesem Zeitpunkt Ministerpräsident, Bundeskanzler oder -präsident, schwöre und gelobe ich hiermit feierlichst in aller Öffentlichkeit, zwei Minuten nach Bekanntwerden des Urteils zurückzutreten.

  • Zitat

    Original von Tom
    ... aber sollte dies geschehen und wäre ich zu diesem Zeitpunkt Ministerpräsident, Bundeskanzler oder -präsident, schwöre und gelobe ich hiermit feierlichst in aller Öffentlichkeit, zwei Minuten nach Bekanntwerden des Urteils zurückzutreten.


    Eine interessante Einschränkung, Tom!
    Also geht es dir nicht um die Tatsache an sich - nämlich das fahrlässiges Verhalten einen Menschen zu Tode gebracht hat - sondern um die Tatsache, dass hierüber ein Gerichtsurteil gefällt wurde?


    Oder hab ich das jetzt falsch verstanden?


    Gruß
    Alraune

  • Ich gehe von der - hier offenbar vorliegenden - Voraussetzung aus, dass der Täter das Geschehen nicht mehr (oder anders) erinnert und deshalb ein Gericht darüber befinden muss, was passiert ist und wer welche Schuld trägt.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich gehe von der - hier offenbar vorliegenden - Voraussetzung aus, dass der Täter das Geschehen nicht mehr (oder anders) erinnert und deshalb ein Gericht darüber befinden muss, was passiert ist und wer welche Schuld trägt.


    Verstehe ich nicht ganz :gruebel. Es reicht dann doch wohl, wenn vertrauenswürdige Menschen dem "Täter" die Tatsachen mitteilen, da muss doch für die von dir kolportierte eigene Moral und Ethik kein Gerichtsbeschluss her?
    Das jedenfalls würde ich nach den von dir hier geposteten M;ral- und Ethikvorstellungen so sehen. DAS wäre dann konsequent....


    Gruß
    Alraune

  • Nunja. Ich zitiere:


    Der Karlsruher SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss ist wegen des Verdachts der Kinderpornografie von seinen Ämtern zurückgetreten – sein Bundestagsmandat will er aber behalten.


    Das dürfte wohl der entscheidende Satz sein. Dass er die anderen beiden Ämter niederlegt, ist logisch und sicher keine eigene Einsicht. In solchen Fällen funktionieren die Räderwerke der Parteien blitzschnell, vor allem wenn es um Außendarstellungen geht.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von churchill
    In solchen Fällen funktionieren die Räderwerke der Parteien blitzschnell, vor allem wenn es um Außendarstellungen geht.


    ...vor allem wenn es um Außendarstellungen zu Wahlkampfzeiten geht. Der Beschuldigte war schliesslich als Generalsekretär von Amts wegen für den Wahlkampf der SPD in Baden- Württemberg verantwortlich.


    Ausserdem Tom : Der Vergleich zwischen einem tragischen Unfall und dem Vorwurf Kinderpornographie zu vertreiben und/oder zu besitzen ist meines Erachtens nach ziemlich hanebüchen- und das nicht nur weil im strafrechtlichen Sinne fahrlässig begangene Tat mit einer Vorsatztat verglichen wird.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • ...danke Beowulf...


    In Zukunft halte ich mich aus Diskussionen jeder Art in Internet-Foren raus. Ist mir zu...na, zu zu mißverständnisträchtig usw. usf. eben...


    Thank god there are books...and so on... :wave

  • beowulf :


    Zitat

    Der Vergleich zwischen einem tragischen Unfall und dem Vorwurf Kinderpornographie zu vertreiben und/oder zu besitzen ist meines Erachtens nach ziemlich hanebüchen- und das nicht nur weil im strafrechtlichen Sinne fahrlässig begangene Tat mit einer Vorsatztat verglichen wird.


    Du wählst Deine Worte mit Bedacht. ;-) Die eine Straftat ist ein "tragischer Unfall", die andere wird beim Namen genannt. Ein "tragischer Unfall" entsteht meiner Meinung nach durch die tatsächliche Verkettung unglücklicher Umstände und ohne Schuld eines mittelbar Beteiligten, zum Beispiel durch das Versagen technischer Gerätschaften wie Fahrzeuge. Dieser Skiunfall war nach meiner Lesart in erster Linie kein "tragischer Unfall", sondern eine vermeidbare (weil fahrlässig herbeigeführte) Situation. Durch die jemand zu Tode kam. Verschuldet durch einen anderen. Dieter Althaus aus Thüringen.


    Die eine Straftat ist nachgewiesen und verurteilt, für die andere gibt es bisher nur einen Verdacht. Noch nicht einmal eine Anklage. Trotzdem ist der Mann zurückgetreten. Das nenne ich - bis zum Zeitpunkt einer etwaigen Verurteilung - ehrenhaft und vorbildlich.

  • @ Tom
    Ich habe irgendwo mal Statistiken zur Ursache von Reitunfällen gelesen. Auch wenn ich nicht mehr die genaue Zahl im Kopf habe - die meisten Unfälle (auch außerhalb des Reitsports) sind eben auf irgendein Fehlverhalten mindestens eines Unfallbetroffenen zurückzuführen. Ein Unfall wird nicht dadurch zum Vorsatz, dass er durch kurze Unaufmerksamkeit oder fehlendes Einschätzungsvermögen der eigenen Kräfte erfolgt ist. Obwohl ich Deine Einwände verstehen kann, müsste dann in der deutschen Sprache ein neues Wort gefunden werden - momentan werden mit "Unfall" tausende "Situationen" bezeichnet, die natürlich nicht zwangsläufig passiert sind, sondern hätten vermieden werden KÖNNEN.
    Der entscheidende Unterschied ist für mich wirklich Vorsatz vs. Fahrlässigkeit. Zumal Kinderpornographie in meinen Augen sowieso moralisch so mit das Verwerflichste ist, aber darüber zu streiten lohnt nicht, solange es keine klaren Fakten bezüglich Tauss gibt.

  • Vulkan : Wenn Althaus vorsätzlich gehandelt hätte, würden wir hier nichts diskutieren, hoffe ich zumindest. Weil sich dann die Frage nach Rücktritt oder nicht kaum stellen würde. Es ging mir auch nicht um den Vergleich Vorsatz vs. Fahrlässigkeit (auch Fahrlässigkeit kann einem Vorsatz folgen!), sondern um die Konsequenz des Handelns und die moralische Vereinbarkeit eines Ministerpräsidentenamtes mit einem Schuldspruch für fahrlässige Tötung. Der Verweis auf Tauss diente nur dem Zweck, darauf hinzuweisen, dass mitnichten alle Politiker Vorwürfe aussitzen oder bis zum Prozess warten.

  • @ Tom:


    Zitat

    Hier ist jemand gerade von allen Ämtern zurückgetreten, obwohl bisher nur der Verdacht besteht, er hätte eine Straftat begangen; zudem beteuert er seine Unschuld. So kann es also auch gehen: http://www.n-tv.de/1115570.html


    Deine Meinung sei Dir unbelassen; ich kann sie respektieren und Deine Argumente nachvollziehen.
    Lass mich nur eines schreiben:
    Die Art Deiner Beiträge führt nicht nur bei mir zu Kopfschütteln, insbesondere
    da nach den Vorwürfen gegen Herrn Tauss m.E. kein Grund zum Triumphieren besteht. An dieser Stelle hätte ich mir von Dir ein wenig Sensibilität gewünscht.
    Nicht jegliches Handeln sollte Anlass zur Provokation geben.

  • Salonlöwin : Ich "triumphiere" nicht. Ich halte Herrn Tauss' Vorgehensweise für überaus ehren- und beispielhaft. Er demonstriert, dass etwas mehr dazu gehört, öffentliche Ämter zu bekleiden, als "nur" formell schuldlos zu sein, mit oder ohne Urteil. Tatsächlich hätte er mein Verständnis, wäre er nicht umgehend zurückgetreten. Althaus hat es nicht, dieses Verständnis.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich halte Herrn Tauss' Vorgehensweise für überaus ehren- und beispielhaft. Er demonstriert, dass etwas mehr dazu gehört, öffentliche Ämter zu bekleiden, als "nur" formell schuldlos zu sein, mit oder ohne Urteil. Tatsächlich hätte er mein Verständnis, wäre er nicht umgehend zurückgetreten.


    Ich wünsche mir wirklich sehr, dass Du mit Deiner Einschätzung recht haben wirst - wirklich.

  • Interessanter Thread :gruebel


    Ist die Überlegung eigentlich, ob jemand der eine Straftat begangen hat (noch) ein öffentliches Amt bekleiden darf (sollte), oder ist die Frage eher....was sehen wir durch Berichterstattung in den Medien (nur noch) ihn *ihm*.


    Also
    -in Herrn Fischer den kleinen lustigen Steinewerfer der späten 68ziger Lese...?
    - in Herrn Scharping den gepimpten Gräfinen Liebhaber im Pool bei Versuchen Dirty Dancing nachzuplanschen?
    - in Herrn Schill den Kokser?
    - im Herrn Schröder immer den Songsinger *Haste mal ne Flasche Bier* in Hemdsärmeln
    usw usw


    ?????


    Ist es also eigentlich noch möglich in Herrn Althaus *nur* den Ministerpräsidenten zu sehen?
    Oder immer den Mann der einen Unfall verschuldete, der einer Mutter von 4 Kindern das Leben kostete? (heute in den Newtickern das Urteil ist rechtskräftig und Althaus nach Verurteilung wieder Spitzenkandidat der CDU)


    Kann ich also unvoreingenommen sein? :gruebel

  • Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ausser Acht lässt. Ein Unfall ist ein unvermutetes, von außen auf einen Menschen rasch einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), das zu einer Verletzung, einer Gesundheitsschädigung oder zum Tod führt. Unfälle sind für den Betroffenen unvorhersehbar und unfreiwillig. Sie erfolgen meist plötzlich, ihre Ursache kann aber längerdauernd sein. Tragik ist ein erschütterndes Geschehen, ein schicksalsschweres Zusammentreffen.


    Was da auf der Skipiste passiert ist, ist daher ein tragischer Unfall und nichts anderes.

  • ...allerletztes statement von mir, weil ich mich an meine eigenen Entscheidungen (s.o.) halten werde:


    beowulf ... :-) Danke für die Aufklärung. Es ist schon enorm (und mMn kein allzu gutes Bild), dass es nötig zu sein scheint, in einem Forum, wo viel und viel Gutes gelesen wird und sich hauptsächlich Erwachsene befinden, solche sachlichen Aufklärungen noch nötig zu sein scheinen.


    Honi soit qui mal y pense


    Ein ruhiges und ausgeglichenes Wochenende allen gewünscht.


    :wave
    Ikarus