Ein vorbestrafter Ministerpräsident - geht das?

  • Zitat

    Original von Tom
    Deutschland hat sechzehn Bundesländer, die von Ministerpräsidenten, Präsidenten des Senats, Bürgermeistern oder Regierenden Bürgermeistern geführt werden. Diese sechzehn Personen repräsentieren alle Menschen, die in der Bundesrepublik leben. Die Frage lautet, ob jemand, der durch seine Nachlässigkeit bewiesenermaßen (da verurteilt) einen Menschen zu Tode gebracht hat, zu diesen sechzehn Personen gehören darf und sollte.


    So lange in diesen 16 Bundesländern Ministerpräsidenten regieren, die bei Bedarf Erinnerungslücken zu heiklen politischen und strafrechtlichen Themen haben, kann auch einer Minsterpräsident sein, der sich in seiner Freizeit in einigen Sekunden unabsichtlich fahrlässig verhalten und damit den Tod eines Menschen verursacht hat


    meint Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • @ BJ: ob Ost oder West: das bleibt gleich: wer nicht wählen geht, verschafft den kleinen Parteien Vorteile - diese Art von Protest ist jedenfalls nicht das, was ich will.

  • Zitat

    Original von licht
    @ BJ: ob Ost oder West: das bleibt gleich: wer nicht wählen geht, verschafft den kleinen Parteien Vorteile - diese Art von Protest ist jedenfalls nicht das, was ich will.


    Das mag durchaus richtig sein, ändert aber aus meiner Sicht nichts daran, daß hier in NRW wohl kaum eine NPD durch das fehlen meiner Stimme massiv mehr Macht erlangen würde... aber wir driften schon wieder.

  • dann drifte ich mal ganz kurz mit:
    man sollte auf jeden fall - aus den bereits genannten gründen - wählen gehen. wenn man seinen unmut kundtun will, kann man dies durch abgabe einer ungültigen stimme tun - ohne damit spliutterparteien zu unterstützen.
    zur titelfrage habe ich noch keine endgültige meinung.
    :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • nein.
    denn je geringer die wahlbeteiligung, desto niedriger ist die 5%hürde, welche dann umso leichter von den auf jeden fall wählen gehenden sympathisanten von extremparteien überschritten werden kann
    (hab ich jedenfalls mal in der schule so gelernt)...

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • Ja, aber wo siehst du den Unterschied zwischen nicht wählen gehen und ungültiger Stimme? Sie zählt in beiden Fällen nicht und hilft damit den ungeliebten Parteien.
    Und genau das soll sie doch nicht.
    Du kannst es nur verhindern, wenn du eine gültige Stimme für eine der großen abgibst. Oder liege ich da jetzt so verkehr? :gruebel
    So habe ich es nämlich gelernt.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Nehmen wir doch ein anderes aktuelles Beispiel dazu...


    Unser Verkehrsminister tritt zurück, weil er zu schnell gefahren ist (119 km/h bei erlaubten 50 m/h), dabei ist niemand zu Schaden gekommen, dennoch nimmt der Verkehrsminister es zum Anlaß, sein Amt zu verlassen. Und jemand der einen ähnlich unschwerwiegenden Verstoß, jedoch mit anderen Folgen begangen hat, sieht sich bemüßigt für ein noch weit höheres Amt zu kandidieren... :gruebel


    [klugscheiß]er fuhr 109, nicht 119, weil er dachte, Landstraße = Tempo 100 und das Ortsschild nicht gesehen hat[/klugscheiß]


    Ich finde das durchaus bedauerlich, daß Herr Wittke nicht mehr Verkehrsminister ist. Gerade die Erfahrung, wie leicht man im Sauerland oder im Oberbergischen vor die Laserpistole geraten kann, wenn man irgendwo einen "Gesslerhut" übersieht, sollte einem Verkehrsminister zu denken geben.


    Zum Beispiel dahingehend, daß es nicht reicht, überall öffentlich "Fuß vom Gas" zu propagieren, wenn die Geschwindigkeitsbeschränkungen ohne reale Sicherheitsrelevanz völig willkürlich von irgendwelchen Kommunalfürsten so festgelegt werden, daß für den jeweiligen kommunalen Haushalt die größtmögliuchen Bußgeldeinnahmen zu erzielen sind.



    Herrn Althaus würde ich raten, in Thüringen aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder anzutreten. Und sich dann vielleicht im Herbst, wenn die Union mit einer 18%-Partei koaliert, für einen Posten als Bundesminister zur Verfügung zu stellen. Arbeitsminister wäre z.B. nicht ganz so repräsentativ wie Landesvater und trotzdem ein guter Job.

  • Zitat

    Original von dyke
    So lange in diesen 16 Bundesländern Ministerpräsidenten regieren, die bei Bedarf Erinnerungslücken zu heiklen politischen und strafrechtlichen Themen haben, kann auch einer Minsterpräsident sein, der sich in seiner Freizeit in einigen Sekunden unabsichtlich fahrlässig verhalten und damit den Tod eines Menschen verursacht hat


    meint Dyke



    Das verstehe ich unter Werteverlust, wenn man mangels Kandidaten ohne Leichen im Keller nur noch das kleinere Übel aus dem Sumpf wählen kann und damit auch solche Politiker billigend in Kauf genommen werden.

  • Zitat

    Original von Sabine_D
    Ja, aber wo siehst du den Unterschied zwischen nicht wählen gehen und ungültiger Stimme? Sie zählt in beiden Fällen nicht und hilft damit den ungeliebten Parteien.
    Und genau das soll sie doch nicht.
    Du kannst es nur verhindern, wenn du eine gültige Stimme für eine der großen abgibst. Oder liege ich da jetzt so verkehr? :gruebel
    So habe ich es nämlich gelernt.


    Du kannst die 5% Hürde auch hochhalten, indem Du Deine Stimme der APPD oder der PBC gibst - Parteien, die unter der 5%-Hürde landen, zählen dennoch zur Wahlbeteiligung.


    Ungültig Stimmen zählen allerdings tatsächlich nicht zur "Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen", nach der sich bemisst, wieviel 5% sind.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Das verstehe ich unter Werteverlust, wenn man mangels Kandidaten ohne Leichen im Keller nur noch das kleinere Übel aus dem Sumpf wählen kann und damit auch solche Politiker billigend in Kauf genommen werden.



    Nun kenne ich deine Leichen im Keller nicht persönlich, aber eigentlich hilft gegen miese Kandidaten nur eins- selbber kandidieren und besser machen.

  • Du wirst lachen, ich habe mich eine Weile in der Kommunalpolitik sehr engagiert. Zum Kandidieren für ein Mandat hat's nicht gereicht, weil mich auch dort ein paar Seilschaften gestört haben. Gegen die anzukämpfen erfordert mehr als ich bereit bin, zu opfern. Politik ist ein dreckiges Geschäft und für mich habe ich beschlossen, ist das nichts. :wave
    Jetzt informiere ich mich so gut es geht, und versuche ein gutes Gedächtnis zu trainieren.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Gegen die anzukämpfen erfordert mehr als ich bereit bin, zu opfern.


    Aber wenn man das Gescäft nur Dreckfinken überlässt muss sich niemand wundern nur von Dreckfinken regiert zu werden.

  • Die Straftat steht in keinem Verhältnis zur Ausübung seines Amtes.
    Es war ein Unfall, an dem er sicher einen Teil Schuld trägt, in seinem Urlaub auf einer Skipiste. Er war dort nicht als Politiker und Skifahren ist keine politische Qualifikation.


    Für mich wäre es problematischer, wenn ein Arbeitsminister zu hause seine Putzfrau schwarz beschäftigt, ein Finanzminister ein paar illegale Konten in Liechtenstein betreibt oder ein Verkehrsminister eine rote Ampel überfährt.


    Ich finde es eher fraglich, ob Althaus aus gesundheitlichen Gründen seine Aufgabe noch erfüllen kann. Wenn er gesundheitlich voll wieder hergestellt ist, gibt es für mich keinen Grund, warum er nicht weiter als Ministerpräsident tätig sein kann.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • gestern abend in einem italienischen Restaurant, ganz in der Nähe der Staatskanzlei in Erfurt... "solange der sich nicht erinnern kann und nicht vernehmungsfähig ist, kann er auch kein Land regieren.".


    Das ist vielleicht eine Art Stimmungsbild, wie ich es dieser Tage häufiger höre.
    Was mich nach wie vor aufregt und sehr wundert ist, dass das Urteil so wunderbar passend wenige Tage vor der Nominierung der Kandidaten kam. Bisher hieß es generell und überall, dass mit einem Urteil kaum vor dem Frühjahr 2010 gerechnet werden kann, damit Experten den Unfall nachstellen können. Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien, aber mich wollte es arg wundern, wenn da nicht im Hintergrund sehr viele diplomatische Gespräche geführt worden sind, die da geholfen haben. Ich bin nicht sicher, ob hier mit verschiedenem Maß gemessen und ermittelt und verfahren wird. Ich bin nicht sicher, inwieweit hier Rang und Name und Datum eine wesentliche Rolle beim Prozeßablauf und der Urteilsfindung spielten. Ich hoffe, dass der Staatsanwalt Revision einlegt, damit diese Fragen ausgeräumt werden können. Ansonsten nehme ich an, dass Herr Ramelow einen Untersuchungsauschuss beantragen wird, was ich dann auch für sehr sinnvoll halte. Es kann ja nicht angehen, dass die Justiz derartige Wahlkampfhilfe gibt. Ich finde, die CDU täte gut daran, Frau Lieberknecht als Spitzenkandidatin aufzubauen.
    Das wird nicht leicht sein, aber das Problem ist hausgemacht: Ich finde es absurd und dumm, wenn eine Partei nicht in der Lage ist, mehrere Politiker so aufzubauen, dass sie im Falle eines Falles bereit stehen, Verantwortung zu übernehmen.

  • ich hatte jetzt die wahl zwischen einem sehr langen und einem relativ kurzen post - und habe mich für das kurze entschieden*g*:
    nach reiflicher überlegung unter abwägung aller mir bekannten fakten und mit ständiger hinterfragung, ob ich äpfel mit birnen vergleiche und "den ersten stein werfe" - ich finde, er sollte nicht ministerpräsident werden.
    sehr glücklich bin ich mit dieser entscheidung nicht, aber ich fühlte mich mit einer anderen noch unwohler...
    :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • ...ebenfalls nach reiflicher Überlegung ein Statement von mir...und gleichzeitig nochmals Churchill recht gegeben:


    Ich würde an Herrn Althaus Stelle zurücktreten und diese ganze schöne bigotte Gesellschaft eben genau das sein lassen, was sie ist: selbstgerecht und bigott!


    Klaue mir mal kurz den Spruch aus der Signatur von Drehbuch: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)


    ...und der Meinung Christiane Kohls kann ich mich nur fast uneingeschränkt anschließen:


    Klick

  • Zitat

    und der Meinung Christiane Kohls kann ich mich nur fast uneingeschränkt anschließen:


    Mit Verlaub, erst prangert sie an, dass das Thema dem öffentlichen Gerüchteunwesen Tür und Tor geöffnet hätte, und zwei Absätze später mutmaßt sie selbst, dass ihm "seine Frau gewissermaßen (bei Stellungnahmen) die Hand geführt" hätte. :pille


    Aus meiner Sicht hat sich seit vorgestern nichts geändert. Ein Ministerpräsident, der - ob im In- oder Ausland - wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde, darf sein Amt technisch und rechtlich betrachtet weiter ausüben, aber er sollte es nicht. Das hat mit Bigotterie oder Selbstgerechtigkeit nichts zu tun, sondern mit der grundsätzlichen Auffassung, dass jemand, der in seiner Freizeit nachgewiesenermaßen nicht die nötige Disziplin aufzubringen bereit ist, um andere zu schützen, dies auch in seinem Amt nicht können kann.