Ein vorbestrafter Ministerpräsident - geht das?

  • Alraune :


    Zitat

    Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum wir Menschen oft genug von "Höhergestellten", z.B. von Politikern oder auch Managern eine "höhere Moral" erwarten ....


    Weil es zu deren Aufgaben gehört? Schau einfach mal nach der staatwissenschaftlichen Definition von "Repräsentation".

  • Nehmen wir doch ein anderes aktuelles Beispiel dazu...


    Unser Verkehrsminister tritt zurück, weil er zu schnell gefahren ist (119 km/h bei erlaubten 50 m/h), dabei ist niemand zu Schaden gekommen, dennoch nimmt der Verkehrsminister es zum Anlaß, sein Amt zu verlassen. Und jemand der einen ähnlich unschwerwiegenden Verstoß, jedoch mit anderen Folgen begangen hat, sieht sich bemüßigt für ein noch weit höheres Amt zu kandidieren... :gruebel

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Diese Handlungsweise wäre dann ja auch vorsätzlich und jeder von uns kandidiert nicht für ein solches Amt... lassen wir doch die Stammtischparolen am Stammtisch... ja? :grin


    Schnell einen Smilie einfügen...


    Der Smilie nachträglich ist nett :grin.
    Täuscht aber auch nicht darüber hinweg, dass deine Erwähnung von "Stammtischparole" eines der "Argumente" ist, die gerne genommen werden, nicht konform gehende Diskussionsbeiträge zu diskreditieren.


    Und nein - nicht jeder von uns kandidiert für ein solches Amt. Die Gründe hierfür zu eruieren, wäre allerdings einen Extra-Thread wert.


    Ich bleibe dabei - gleiches Recht (wenn denn schon eins existiert :-)) für alle. Jeder "Otto Normalbürger" wäre mit dem Rechtsspruch (ja, wenn er rechtskräftig wird) verurteilt und hätte die entsprechenden Folgen zu tragen. Eine weitere moralische und ethische Verurteilung würde dieser Person evtl. aus dem Bekannten- und Freundeskreis, vielleicht auch im Arbeitsleben entgegenschlagen. Legitim, jeder darf seine Meinung haben und diese zum Ausdruck bringen.


    Das wird auch Herrn Althaus passieren. Ganz sicher.


    Aber aus diesem "fahrlässigen Unfall" eine Frage nach dem Geeignetsein für ein hohes politisches Amt zu machen, das will mir immer noch nicht in den Kopf....


    Gruß
    Alraune

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Beo,
    das ändert aber nichts an der Tatsache, daß hier das Landesbeamtengesetz disziplinarisch greifen würde.


    Aber nur auf Beamte und das sind Ministerpräsidenten erade nicht- ein Beamter, der Mitglied der Regierung wird scheidet automatisch aus dem Beamtenverhältnis aus.

  • Alraune,
    durch eine Verurteilung wird ihm fahrlässige Tötung bescheinigt.


    Fahrlässigkeit bedeutet (ganz simple ausgedrückt), daß jemand die Gefahr absehen konnte und dennoch falsch handelte, weil er darauf vertraute, daß schon nichts passieren wird.


    Möchtest du jemanden der erwiesenermaßen so gehandelt hat, tatsächlich an der Lenkung und Führung unseres Landes beteiligt sehen?
    Jemanden, der eine Gefahr erkennt und dennoch falsch handelt?



    @ Beo
    Das wußte ich eben nicht.
    Dennoch finde ich, daß man somit zwar vielleicht rechtlich keinerlei Handhabe hat, aber einen ähnlichen Maßstab dennoch zumindest moralisch anlegen sollte.
    Aber ich überlege wie gesagt noch...

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Nehmen wir doch ein anderes aktuelles Beispiel dazu...


    Unser Verkehrsminister tritt zurück, weil er zu schnell gefahren ist (119 km/h bei erlaubten 50 m/h), dabei ist niemand zu Schaden gekommen, dennoch nimmt der Verkehrsminister es zum Anlaß, sein Amt zu verlassen. Und jemand der einen ähnlich unschwerwiegenden Verstoß, jedoch mit anderen Folgen begangen hat, sieht sich bemüßigt für ein noch weit höheres Amt zu kandidieren... :gruebel


    Das ist ja auch nicht mehr ganz fahrlässig und ganz freiwillig war das ja auch nicht.

  • @ Beo
    Es ist aber nichts passiert und das macht hier für mich den Unterschied aus.
    Der eine geht wegen einer Ordnungswidrigkeit, bei der niemand leiden mußte und der andere bleibt, obwohl er eine Straftat begangen und die Schuld am Tod eines Menschen trägt....

  • Zitat

    Aber aus diesem "fahrlässigen Unfall" eine Frage nach dem Geeignetsein für ein hohes politisches Amt zu machen


    "Fahrlässig" klingt so ... nett. So harmlos. Dabei ist es das nicht. Auch "fahrlässige" Unfälle sind vermeidbar, sonst wären sie nicht aus Fahrlässigkeit geschehen. Wer die Kontrolle über sein Handeln verliert und, zum Beispiel, mit achtzig Sachen eine Skipiste runterbrettert, ohne dabei noch sicher sein zu können, jeder Eventualität begegnen zu können, handelt "fahrlässig" und macht sich - schlimmstenfalls - einer "fahrlässigen" Tötung schuldig. Er ist - "fahrlässig" - Verursacher dieses Unfalls und damit verantwortlich für die Folgen. Herr Althaus ist nicht diesen Hang heruntergeschubst worden und er war auch nicht auf der Flucht vor Paparazzi. Er hat durch sein Handeln in Kauf genommen, dass etwas passiert. Damit disqualifiziert sich so jemand in meinen Augen definitiv für ein "hohes politisches Amt", das eben weit mehr ist, als ein mittelmäßig bezahlter Managerjob.


  • Wir sind hier bei der gesetzlichen Definition von "fahrlässig".


    Ich bin mir absolut bewusst darüber, dass es Parameter geben muss, die eine gewisse Rechtssprechung (sic!) erst möglich machen. Und die auch Unwuchten mit sich bringen, Grauzonen, Ausfaserungen an den Rändern.


    Ich fahre auch selbst nicht Ski, kenne aber genug Leute, die es tun, und habe genügend Schilderungen diverser Abfahrten "geniessen" :lache dürfen.
    Ich glaube nicht, dass der Mann bewusst links abgebogen ist, weil er es mal so spannend fand und ausprobieren wollte, und - wie du es formulierst - darauf vertraute, dass schon nichts passieren wird.


    Aus diesem Grund bezweifele ich die tatsächliche "Fahrlässigkeit", auch wenn sie lt. Deutscher (und offensichtlich auch Österreichischer) Gesetzgebung gegeben war.


    Und ja, was das "Anvertrauen der Lenkung und Führung eines unserer Bundesländer" betrifft ich halte es ehrlich gesagt mit Lee Iacocca :lache


    Gruß
    Alraune

  • ....und genau deswegen auch erheblich schlechter bezahlt wird als so ein mittlerer Managerjob.


    ..und die achzig hat er auch nur dann drauf gehabt, wenn der Leser zu tief ins Glas geschaut hat und doppelt sieht - nach den Gutachten hatten beide etwa 40 km/h drauf als sie in die Piste einfuhren, Herr Althaus dann eher etwas weniger, als es zur Kollision kam, da er bergauf fuhr, die Kollisionsgeschwindigkeit bei zwei aufeinanderprallenden Körpern mit je vierzig aber einer Addition entspricht, also vergleichbar mit 80 km/h gegen eine Wand- diese Zahl wirst du im Hinterkopf gehabt haben.


    Edith meint: Darauf kommt es meiner Ansicht aber gar nicht an, nur auf die Frage war er blau, war er besonders unvorsichtig- leichtsinnig, oder war es tatsächlich eine Unglückssituation in die jeder geraten kann- und wenn ich den Bericht im Standard richtig verstanden habe war es eben letzteres.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • @ Tom:


    Zitat

    Kann jemand ein Bundesland repräsentieren, der sich einer solchen Tat schuldig gemacht hat? Darf ein Mensch, der eine solche Schuld auf sich geladen hat, ob fahrlässig oder nicht, im Bundesrat über uns alle mitentscheiden?


    Als Threadstarter und bekannt dafür, dass Deine Beiträge überlegt
    formuliert sind, möchte ich Dich fragen, wofür das "oder nicht" in Deiner Ausgangsfrage steht.


    Zitat

    Herr Althaus ist nicht diesen Hang heruntergeschubst worden und er war auch nicht auf der Flucht vor Paparazzi. Er hat durch sein Handeln in Kauf genommen, dass etwas passiert. Damit disqualifiziert sich so jemand in meinen Augen definitiv für ein "hohes politisches Amt", das eben weit mehr ist, als ein mittelmäßig bezahlter Managerjob.


    Warst Du Zeuge bei dem Unfall? Hast Du die Gutachten zum Tathergang gelesen? Kennst Du Althaus' Aussage, obwohl sich der Verurteilte an nichts mehr erinnert? Hast Du das Urteil und die Ausführungen zur Schuld des Angeklagten gelesen?
    Wie gut kennst Du das österreichische Strafrecht?
    Und meine letzte Frage: Woher weißt Du, dass Althaus wieder kandidieren wird?


    All die aufgeworfenen Fragen und noch ein paar mehr kann ich für meine Person nicht beantworten und damit letztlich auch nicht beurteilen, ob Althaus moralisch verwerflich gehandelt hat, ob es sich um einen Unfall oder eine Straftat handelte und schlussendlich, ob Althaus taugt, ein Ministerpräsidentenamt zu bekleiden.


    Edit:Rechtschreibung.

  • Das, liebe Salonlöwin, finde ich jetzt wieder zu eng betrachtet. Althaus mag sich entscheiden wie er will, mag gesundheitlich vielleicht gar nicht mehr können oder abgesägt werden- das hindert uns nicht an der Diskussion über die Frage ob ein Mensch mit diesem Tatgeschehen als Ministerpräsident kandidieren sollte

  • Okay Beo, lass ihn kandidieren, dann kenne ich die näheren Umstände auf der Skipiste immer noch nicht. Und Dir muss ich den schmalen Grat zwischen zwischen einer fahrlässigen Handlung und einem Unfall nicht erklären, die letztlich zu einer strafrechtlichen Beurteilung führen können.

  • Würde sich für euch bei der Beurteilung dieser Frage etwas ändern, hätte das Gericht zwar den Sachverhalt festgestellt, wie er medial kolpurtiert wird, aber zu dem Schluß gekommen wäre, dass kein [in Ö] strafbares Verhalten vorliegt?


    Ich bin zwar mit Skifahren nur unfreiwillig auf drei Schulskikursen konfrontiert worden, finde aber auch eine Argumentation schlüssig, dass - bei kolportierten Sachverhalt - keine Fahrlässigkeit vorliegt, weil es die Sorgfaltspflichten mE deutlich überspannt. *


    Maßstab für die Strafe ist immer die Schwere der Schuld. Für fahrlässige Tötung sieht das öStGB bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vor. Der Richter hat eine Strafe von 45 180 Tagessätzen ausreichend gesehen (lt. Standard - 33.000 = 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, 1 TGS = 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), wobei der Straffrahmen für Tagessätze mindestens 2 und maximal 360 beträgt. Soweit den Medien zu entnehmen wurde als Milderungsgrund reumütiges Geständnis, Unbescholtenheit, Tod eines Menschen [wobei ich hier vorsichtig wäre, weil dies lt. StGB und meiner dunklen Erinnerung nach auch laut Rsp nur beim Tod eines nahen Angehörigen ein Milderungsgrund darstellt - möglich wäre, dass es über die Medien verzerrt wurde und in Wirklichkeit eine schwere Verletzung von Althaus selbst einen Milderungsgrund darstellt].


    Insofern spricht hier vieles dafür, dass es sich um ein Verhalten am untersten Rand der Strafbarkeit handelt. Insofern sehe ich hier keinen Grund, der von der Ausübung eines politischen Amts disqualifizieren würde.


    Edit: ein peinlicher Fehler ausgebessert


    Edit: *
    Anm. zur Frage ob Fahrlässigkeit :
    Ich hab in der Zwischenzeit auch mit einer Freundin per mail darüber diksutiert und bin dabei darauf gekommen, dass die Graphik - von der ich ausgegangen ist - harmloser aussieht, als eine Wiedergabe des Gutachtens bzgl. des Unfalls ist. Durch die Graphik gehe ich davon aus, dass sich der Zusammenstoß auf einen Bereich der Piste ereignet hat, an dem beide Pisten zusammengehen. Das Gutachten scheint eher dafür zu sprechen, dass Althaus auf die andere Piste hinaufgefahren sei. Allerdings will ich damit keine Diskussion über den Unfallhergang anregen, sondern hatte dieses Thema im obrigen Beitrag nur zur Untermauerung der Frage angeschnitten.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich bin jetzt etwas irritiert- unsere Medien behaupten es seien 180 Tagessätze, pro 2 Tagessätze ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe ?(


    Edit:
    Peinlich. Rechnen müsste man dann auch noch können. Jetzt hätte ich natürlich nicht dividieren, sondern mulitplizieren müssen.

  • Brisanz gewinnt der Fall und die Diskussion eigentlich vor allem durch die zeitliche Nähe zur nächsten Wahl.


    Nehmen wir einmal an, dieser Unfall wäre ein halbes Jahr nach der Wahl passiert. Ich wage die Behauptung, dass nur die Wenigsten gefordert hätten, dass Althaus von seinem Amt als Ministerpräsident zurücktreten müsste. Ok, Tom schon :grin


    @ BJ Was euren Verkehrsminister angeht, habe ich irgendwo gelesen, dass dieser Verstoß bei weitem nicht sein erster (entdeckter!) im Straßenverkehr war. Da hat's wohl auch die Summe gemacht ...


    Ich hoffe, dass Althaus gesundheitlich (bald) in der Lage ist, selbst zu entscheiden, wie er auf sein Amt bezogen mit der Situation umgeht. Dass er bzw. seine Anwälte bemüht waren, das Verfahren möglichst schnell hinter sich zu bringen, ist absolut verständlich. Niemand von uns hätte in vergleichbarer Situation anders gehandelt.


    Unsachliche Bemerkungen zum Schluss (auf die ich mein posting bitte nicht reduziert sehen möchte): Ich frage mich angesichts dieser Diskussion schon ein bisschen, wodurch Toms Eifer bei diesem Thema motiviert ist. Vor allem die immer wiederkehrende Betonung der Vorbildfunktion eines Ministerpräsidenten lässt vor meinem geistigen Auge ständig das Gruppenbild der aktuellen MPs entstehen und entlockt mir ein Grinsen.


    Gefrieren will mir das Grinsen als Saarländer allerdings, wenn ich an den nämlichen 30. August und einen möglichen MP Lafontaine denke. Ich weiß, der hat niemanden auf der Skipiste auf dem Gewissen ...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von churchill


    Nehmen wir einmal an, dieser Unfall wäre ein halbes Jahr nach der Wahl passiert. Ich wage die Behauptung, dass nur die Wenigsten gefordert hätten, dass Althaus von seinem Amt als Ministerpräsident zurücktreten müsste.


    Ich wage es mal, den für mich entscheidenden Kernsatz aus Churchills Posting heraus zu ziehen.


    Nur den würde ich ohne zu überlegen unterschreiben.


    Haben wir Menschen eigentlich wirklich nichts Besseres/Wichtigeres zu tun, als über andere zu "Gericht" zu sitzen?...Dann scheint es uns allen offenbar wirklich nicht schlecht zu gehen.


    *kopfschüttelndwegzurarbeitgehe*


    :wave
    Ikarus