Ein vorbestrafter Ministerpräsident - geht das?

  • Zitat

    Original von Alraune


    Definiere: geht es tatsächlich um das "Recht" ? Wenn ja, welches Recht, wessen Recht?
    Oder geht es um Rechtssprechung, Gesetze, Gesetzgebung?


    Wollen wir hier jetzt rechtsphilosophisch diskutieren?
    Es geht hier um nichts anderes als um geltendes deutsches Recht. Der Hinweis auf das ggf. menschenverachtende Recht in anderen Ländern halte ich für kontraproduktiv.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Dann ist es also ok, dass Herr Althaus wieder Ministerpräsident werden will, weil sich sein Opfer nicht maximal geschützt hat. Der maximale Schutz wäre übrigens gewesen, sie wäre gar nicht Ski gefahren.


    Irgendwas ist hier verkehrt. Wer sagt denn, dass sie es mit Helm sicher überlebt hätte? Nur die Chance wäre größer gewesen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • @ Jane
    Ja, aber ich fürchte, mir wäre das in dem Falle egal - ich würde mich für den Rest meines Lebens martern, warum ich meinem Kind, Mann, Verwandten, Freund nicht ausreichend Horrorstories erzählt habe, was ohne Helm passieren kann und nicht dafür gesorgt habe, dass er/sie/es den Helm trägt. Die juristische Seite wäre mir da - glaube ich - herzlich egal.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    @ Voltaire
    Da stimme ich nicht ganz mit dir Überein...
    Bei Beamten gibt es sowas wie die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht, da ich mir nicht sicher bin, in wie weit ein Ministerpräsi Beamtenstatus hat, drücke ich mich nur vorsichtig aus, finde aber, daß man da ganz klar nicht zwischen Amt und Mensch unterscheiden sollte... :-]


    Ein Ministerpräsident befindet sich in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis und ist dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und ihren Gesetzen - einschließlich der Landesverfassung und den Landesgesetzen - verantwortlich.


    Die "außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht" wird heute nicht mehr so eng gesehen. Es gilt hier lediglich noch der Grundsatz, dass durch das persönliche Verhalten das Ansehen des Öffentlichen Dienstes nicht beschädigt werden darf. Dazu zählt man in erster Linie aber radikale politische Äußerungen (politische Zurückhaltungspflicht), einen unmoralischen Lebenswandel (eine Beamtin arbeitet beispielsweise mit Nebenbeschäftigung als Prostituierte).


    Hätte Althaus dieses Unfall beispielsweise unter Alkholeinfluß verursacht, dann hätte er dem Ansehen des Amtes Schaden zugefügt.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Dann ist es also ok, dass Herr Althaus wieder Ministerpräsident werden will, weil sich sein Opfer nicht maximal geschützt hat. Der maximale Schutz wäre übrigens gewesen, sie wäre gar nicht Ski gefahren.


    Irgendwas ist hier verkehrt. Wer sagt denn, dass sie es mit Helm sicher überlebt hätte? Nur die Chance wäre größer gewesen.


    Wie schon gesagt, ich gehe davon aus, daß dieser Punkt auch im Ösistrafrecht eine Rolle spielt und ausreichend berücksichtigt wurde....
    (Eventuell ist dadurch auch die vergleichsweise milde Strafe zu begründen....)


    @ Voltaire
    Da ist meine persönliche Erfahrung eine andere, was die Wohlverhaltenspflicht angeht.
    Wenn ich mir überlege, daß derzeit junge Polizeibeamte (noch nicht BAL) aus dem Dienst entfernt werden sollen, weil sie sich bei Studivz unter Beruf als "Müllentsoger" oder "Sklaven" bezeichnet haben, dann finde ich die fahrlässige Tötung eines Menschen doch als schwerwiegender... :gruebel

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Wollen wir hier jetzt rechtsphilosophisch diskutieren?
    Es geht hier um nichts anderes als um geltendes deutsches Recht. Der Hinweis auf das ggf. menschenverachtende Recht in anderen Ländern halte ich für kontraproduktiv.


    Daran ist nichts philosophisches - ganz im Gegenteil! Es besteht oft genug ein extremer Unterschied zwischen dem, was als "Recht (=richtig)" empfunden wird, und der geltenden Gesetzgebung und Rechtssprechung. Das ist doch wohl nichts Neues?


    Genau darum geht es hier doch. Herr Althaus ist - wenn das Urteil rechtskräftig wird - rechtskräftig verurteilt. Der Rechtssprechung, der Gesetzgebung ist damit Genüge getan.


    Worüber hier diskutiert wird, ist doch eher die Frage, ob das für sein weiteres Leben und vor allem seine politische Laufbahn als rechtens angesehen wird.


    Deshalb meine Frage - und versuch doch nicht, mit deiner Meinung, die du versuchst als Tatsache hinzustellen - solche Fragen abzuwürgen :lache


    Gruß
    Alraune


  • Die Frage "Was ist Recht und Gerechtigkeit" ist Grundlage der Rechtsphilosophie.


    Ich versuche hier gar nichts abzuwürgen. Entscheidend ist der juristische Faktor. Ob das dann für sein weiteres Leben wichtig und entscheidend ist wird sich dann zeigen. Darüber zu reden ist überflüssige Spekulation und bringt nichts. Diese Frage kann Althaus eh nur für sich beantworten.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Nachtgedanken : Danke für diese Anmerkung! Die Diskussion dahingehend zu verschieben, ob die Frau überlebt hätte, wenn sie auch einen Helm getragen hätte, ist m.E. so sinnvoll wie ein Bikini am Nordpol.


    Voltaire : Ein Ministerpräsident ist eben nicht (mehr) "in erster Linie Bürger". Er regiert. Damit bleibt er zwar Staatsbürger, entscheidet aber über sie und letztlich sich selbst. Da unsere Gesetze nicht nur technische Regelungen sind, sondern auch ethische und moralische Grundlagen transportieren, sind jene, die sie repräsentieren, auch einer höheren Moral verpflichtet.

  • Zitat

    Original von Vulkan
    @ Jane
    Ja, aber ich fürchte, mir wäre das in dem Falle egal - ich würde mich für den Rest meines Lebens martern, warum ich meinem Kind, Mann, Verwandten, Freund nicht ausreichend Horrorstories erzählt habe, was ohne Helm passieren kann und nicht dafür gesorgt habe, dass er/sie/es den Helm trägt. Die juristische Seite wäre mir da - glaube ich - herzlich egal.



    Und was machst Du, wenn Dein Verwandter trotz Helmes stirbt?

    :lesendR.F. Kuang: Babel


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  • Hochinteressante Diskussion.
    Leider muss ich jetzt erstmal ins Bett - um 5 Uhr ist die Nacht zuende.


    Aber ich werde mich sicher dann am morgigen Mittwoch hier nochmal zu Wort melden.


    Bis denne..... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.


  • Gruß
    Alraune

  • @ Nachtgedanken
    Ich habe relativ früh gelernt, dass menschliches Leben sehr verletzlich sein kann. Ich persönlich kann leichter trauern und irgendwann auch abschließen, wenn ich keine Schuldgefühle (so absurd diese sein mögen) habe. Das mag bei jedem anderen anders sein. Schuldgefühle martern mich ewig und überlagern die eigentliche Trauer.

  • Zitat

    Entscheidend ist der juristische Faktor.


    Für die juristische Betrachtung durchaus. Man kann Althaus nicht seines Amtes entheben oder für die Wahl sperren, weil dieser tragische Unfall (so es denn einer war, was aber anzunehmen ist) passiert ist. Eine Straftat ist mit Verbüßung der Strafe (in diesem Fall: Zahlung der Geldstrafe) erledigt. Beschneidungen der staatsbürgerlichen Rechte zieht das nur in extremen Ausnahmefällen nach sich. Theoretisch kann auch ein verurteilter Mörder nach Verbüßung seiner Haftstrafe für ein hohes politisches Amt kandidieren - sogar für den Posten des Bundeskanzlers oder -präsidenten -, nachdem die fünf Jahre Sperrung des passiven Wahlrechts verstrichen sind (§ 45 StGB). Die Frage ist aber immer noch - jedenfalls aus meiner Sicht - eine nichtjuristische: Sollte er?

  • Zitat

    Original von Tom
    Nachtgedanken : Danke für diese Anmerkung! Die Diskussion dahingehend zu verschieben, ob die Frau überlebt hätte, wenn sie auch einen Helm getragen hätte, ist m.E. so sinnvoll wie ein Bikini am Nordpol.


    Voltaire : Ein Ministerpräsident ist eben nicht (mehr) "in erster Linie Bürger". Er regiert. Damit bleibt er zwar Staatsbürger, entscheidet aber über sie und letztlich sich selbst. Da unsere Gesetze nicht nur technische Regelungen sind, sondern auch ethische und moralische Grundlagen transportieren, sind jene, die sie repräsentieren, auch einer höheren Moral verpflichtet.



    Och, in den Iglus ist es bestimmt warm genug für Bikinis ;-)


    Als Ministerpräsident ist er oberster Dienstherr der Beamten und Beschäftigten des Landes. Und es wird doch sicher niemand etwas dagegen haben, dass an ihn die gleichen Maßstäbe wie an seine Untergebenen angelegt werden. Entlassen wird ein Beamter in Bayern ab einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe von einem Jahr - ich meine sogar auch auf Bewährung. Jede Verurteilung darunter zieht auf jeden Fall ein Disziplinarverfahren nach sich, was vom Eintrag in die Personalakte bis zur Rückstufung alles bedeuten kann.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


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  • Nachtgedanken
    Das ist richtig und gilt meines Wissens nicht nur für Bayern.
    (Auch der Teil mit der Bewährung ist korrekt.)


    Tom war schneller...
    Allerdings würde ich die Maßnahmen, die Nachtgedanken meint eher aufs LBG stützen, als aufs StGB... :wave

  • Zitat

    Original von Tom


    Voltaire : Ein Ministerpräsident ist eben nicht (mehr) "in erster Linie Bürger". Er regiert. Damit bleibt er zwar Staatsbürger, entscheidet aber über sie und letztlich sich selbst. Da unsere Gesetze nicht nur technische Regelungen sind, sondern auch ethische und moralische Grundlagen transportieren, sind jene, die sie repräsentieren, auch einer höheren Moral verpflichtet.


    Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum wir Menschen oft genug von "Höhergestellten", z.B. von Politikern oder auch Managern eine "höhere Moral" erwarten ....


    Moral ist ist zum Einen soziologisch terminiert, es gibt die Moral der Gesellschaft. Zum Anderen gibt es durchaus persönliche Moral und Ethik, die sich natürlich aus den verschiedensten Erfahrungen des Einzelnen zusammensetzt. Was heute noch moralisch ist, kann in 50 Jahren bereits als völlig unmoralisch angesehen werden.


    Ich bleibe dabei, für mich wäre Herr Althaus unwählbar, wenn er bewusst Schindluder getrieben hätte mit seinen Mitmenschen, bewusst anderen Schaden zugefügt hätte oder sich persönlich bereichert hätte.


    Er hat sich sicherlich nicht auf die Piste gestellt und beschlossen "ach heia, heute fahr ich mal eine um". Ein solcher Unfall kann jedem von uns passieren, das sollten wir uns alle doch bitte mal klarmachen.


    Und alle, die sich hier aufs hohe Ross setzen, sollten mal in sich gehen.


    Gruß
    Alraune

  • Zitat

    Original von Alraune


    Er hat sich sicherlich nicht auf die Piste gestellt und beschlossen "ach heia, heute fahr ich mal eine um". Ein solcher Unfall kann jedem von uns passieren, das sollten wir uns alle doch bitte mal klarmachen.


    Diese Handlungsweise wäre dann ja auch vorsätzlich und jeder von uns kandidiert nicht für ein solches Amt... lassen wir doch die Stammtischparolen am Stammtisch... ja? :grin


    Schnell einen Smilie einfügen...


    Für mich bleibt als Fazit der ganzen Geschichte:


    Jemand, der nicht in der Lage ist auf einer Skipiste in die richtige Richtung zu fahren und der aufgrund dieser Unfähigkeit den Tod einer jungen Frau verursachte, soll nun ein Bundesland in die richtige Richtung führen....Kann er das?


    Diese Frage kann ich für mich einfach nicht beantworten, wenn ihr das so klar könnt, dann finde ich das sehr bewundernswert. :gruebel

  • Zitat

    Original von Tom
    Nachtgedanken : Das gilt in der gesamten Bundesrepublik. Wer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und mehr verurteilt wird, verliert für fünf Jahre das Recht, öffentliche Ämter zu bekleiden.


    http://bundesrecht.juris.de/stgb/__45.html


    Nicht doch Herr Schöffe! Fahrlässige Tötung ist ein Vergehen und kein Verbrechen. § 45 gilt für Verurteilungen wegen eines Verbrechens, das man auch wegen eines Vergehens zu höheren Strafen als ein Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden kann steht dabei auf einem anderen Blatt und die beamtenrechtlichen Konsequenzen bei einer Verurteilung über 12 Monate beziehen sich auch auf Verbrechen und Vergehen, aber 180 Tagessätze sind eben keine 12 Monate Freiheitsstrafe.

  • Zitat

    Original von beowulf


    Nicht doch Herr Schöffe! Fahrlässige Tötung ist ein Vergehen und kein Verbrechen. § 45 gilt für Verurteilungen wegen eines Verbrechens, das man auch wegen eines Vergehens zu höheren Strafen als ein Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden kann steht dabei auf einem anderen Blatt und die beamtenrechtlichen Konsequenzen bei einer Verurteilung über 12 Monate beziehen sich auch auf Verbrechen und Vergehen, aber 180 Tagessätze sind eben keine 12 Monate Freiheitsstrafe.


    Beo,
    das ändert aber nichts an der Tatsache, daß hier das Landesbeamtengesetz disziplinarisch greifen würde.