• Ich weiß, die Überschrift wirft Fragen auf, aber es handelt sich um folgenen Sachverhalt:


    Wie ich hier irgendwo schon mal geschrieben habe, war am Mittwoch in NRW ein Fachärzte"streik".
    Mein Chef (Arzt) teilte uns am Montag mit, daß die gesamte Belegschaft am Mittwoch bei diesem "Streik" (ich denke, es handelte sich da eher um eine Demonstration) mitmachen muß. Beginnen sollte das ganze um 11:00 Uhr in Düsseldorf, also noch während unserer regulären Arbeitszeit.


    Ich hätte lieber meine Arbeitszeit an meinem Arbeitsplatz verbracht, auch wenn das meinem Chef weniger gefallen hätte. Ist man mit dieser Einstellung auf der gesetzlich sicheren Seite?
    Irgendwie sehe ich es nämlich überhaupt nicht ein, als unterbezahlte Arzthelferin für einen Ärztestreik auf die Straße zu gehen.


    Übrigens hat mein Chef sich letztendlich dann doch gegen den Streik entschieden und lieber die Praxis an diesem Tag geöffnet, um keine Patienten zu verärgern und weil er überhaupt erst so kurz vorher über diesen "Streik" benachrichtigt wurde ;-).
    Soooo schlimm kann es also mit der finanziellen Benachteiligung der Ärzte dann doch nicht sein :-)

  • Schön, dass Du den Thread aufgemacht hast, Charlotte. Die Antwort interessiert mich.
    Ich verstehe total, dass Du als Nichtarzt nicht an dem Streik teilnehmen willst. Ich habe grundsätzlich ein Problem, wenn mich jemand zu einer Demo zwingen wollen würde.


    Was allerdings die niedergelassenen Ärzte angeht - nun ja, da habe ich momentan überhaupt keine Lust auf Schelte. Ich weiß nicht, wie das in NRW ist, aber hier in Berlin geht momentan die große Existenzangst um. Mit Einführung neuer Abrechnungsmodi ist die KV so überfordert, dass sie es nicht schafft, den Ärzten das Geld zu überweisen und wie die Quartale ab I/09 bezahl werden, ist überhaupt nicht klar. Zu Weihnachten wurden Briefe verschickt, die ein Drittel der bisherigen Zahlungen implizieren.
    Meist wird nichts so heiß gegessen wie gekocht, aber ich verstehe die Ärzte: Die müssen Miete, Gehälter, etc. zahlen und die KV bekommt es nicht auf die Reihe klarzustellen, wann sie gedenkt den Ärzten wieviel für ihre längst erbrachten Leistungen zu zahlen.



    Aber wie gesagt, der "Streikzwang" interessiert mich auch.

  • Nabend :-)


    Charlotte - gehe ich recht in der Annahme, dass du in der Praxis eines niedergelassenen Arztes arbeitest?
    In diesem Fall kann dein AG dich ganz sicher nicht zum Streik "zwingen". Bzw., er kann seine Praxis dicht machen, müsste sein Personal, das in der Zeit nicht arbeiten kann, aber trotzdem bezahlen. Ansonsten würde er ja sein unternehmerisches Risiko auf seine AN abschieben, das geht nicht!


    Vulkan - ich hab nicht ganz mitgekriegt, WARUM die Ärzte streiken wollen. Geht es tatsächlich nur um die Abrechnungspraxis, oder auch um die Verteilung insgesamt? Wäre dankbar für die Aufklärung!


    Liebe Grüße
    Alraune

  • Nein, keine/r kann gezwungen werden zu streiken. Und schon gar nicht, wenn man einer anderen Berufsgruppe angehört. Ärztin-Arzthelferin sind unterschiedliche Berufsgruppen.


    Ich möchte zu bedenken geben, daß über einen Streik grundsätzlich abgestimmt wird. Ist hier jemandem noch der Begriff 'Urabstimmung' bekannt?


    'Streik' und 'Demo' sind zwei völlig unterschiedliche Formen der politischen resp. arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Aber zur Teilnahme an einer Demonstration kann auch niemand gezwungen werden, nicht einmal bei laufendem Streik.



    Charlotte


    Dein Chef hätte die Praxis schließen können, Du aber hättest weiterarbeiten - müssen. :grin
    Du hättest höchstens aus Solidarität mitstreiken können, weil Du keine außenstehende Dritte bist und Eure wirtschaftliche Verbindung eng ist. So würde ich argumentieren, aber bei Solidaritätsstreiks gibt es hierzulande einige rechtliche Haken, die beachtet werden müssen. Da muß man sich im Einzelfall genau erkundigen.


    Jedenfalls hätte Dein Chef Dir auch an seinem Streiktag Dein Gehalt zahlen müssen, da Du vertragsgemäß arbeitest. Du wärst auch weiterhin sozialversichert etc.
    Da Dich das Problem sichtlich plagt, empfehle ich Dir, bei Deiner Berufsorganisation (wie immer sie heißt) nachzufragen.


    Ansonsten empfehle ich die Website von ver.di, dort gibt es eine Broschüre zur Frage 'Streik'. Man kann sie sich sogar herunterladen. Alles ganz bequem heutzutage.
    Allerdings habe ich darin keine Auskunft zum Thema 'Streiken müssen' gefunden. Das Problem kommt wohl eher selten vor.



    @zum letzten ÄrztInnen-Streik


    wenn ich das recht sehe, geht es um die ÄrztInnen in der Deutschen Renteversicherung. Diese weigert sich seit längerer Zeit mit dem Marburger Bund Tarifverhandlungen zu führen.


    Auskunft gibt die Website des Marburger Bunds.


    Zum Streikrecht in diesem unseren Land findet sich auch ein recht informativer Artikel bei Wikipedia.


    Wie schön, daß es Internet gibt.
    :-]



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ihr verwechselt hier aufgrund der laienhaft provokativ gestellten Frage die eigentliche Problematik. Hier geht es darum, ob ein Chef entscheiden darf, die Praxis bleibt heute geschlossen und ich übe mein allgemeines Weisungsrecht als Arbeitgeber dahin aus, dass sie ihre Arbeitsleistung dadurch erbringen, dass sie sich meinem Leistungsboykott der fälschlicherweise als "Streik" bezeichnet wird anschliessen und mich als Arbeitgeber zu einer Veranstaltung begleiten, die als Demonstration oder Kundgebung zu bezeichnen ist.


    Edit: Also vergleichbar mit dem Fall steigen sie in den Bus und bringen sie diese Blutproben ins Labor..

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • :lache


    jahaa, beo,


    das ist natürlich die eigentliche Sachlage. Aber wenn gefragt wird, ob man zum Streiken gezwungen werden kann ...
    kann ich nicht widerstehen.


    :lache



    Aber eben wegen dem, was Du schreibst, habe ich ja angeregt, z.B. bei der Berufsorganisation nachzufragen. Die müßten das doch wissen. Und die richtige Auskunft geben.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Danke für eure Antworten :-)


    Nun, beo, die Frage ist wahrscheinlich laienhaft gestellt, weil ich in dieser Hinsicht ein Laie bin. Wäre ich das nicht, hätte ich die Frage nicht stellen müssen ;-).


    Ja, ich arbeite bei einem niedergelassenen Arzt für Neurolgie und Psychiatrie.
    Und würde dieser Arzt faire Gehälter zahlen und hätte er uns über die Sachlage des Streiks oder der Demonstration richtig informiert, so wäre ich vielleicht auch aus eigenem Interesse "mitmarschiert".


    ABER uns wurde nur mitgeteilt: "Wir streiken übermorgen - Punkt".
    Kein weiterer Kommentar dazu, worum es überhaupt geht.
    Erst auf meine provokante Frage: "Wir streiken morgen? Die Arzthelferinnen auch?", hat er sich dazu herabgelassen uns ein wenig mehr Informationen mitzuteilen.
    Ein wenig mehr Informationen: Es ginge um die Existenz der Ärzte und somit hängt auch unsere (die der Arzthelferinnen) davon ab.


    Vulkan , ich kann nachvollziehen, das manche Ärzte wirklich Existenzängste haben.
    Mein Arbeitgeber gehört für mich definitiv nicht dazu.
    Wenn man, wie ich, täglich um die Existenz kämpfen muß, weil man ein Gehalt bezieht, das wirklich nur wenige Euro über dem Existenzminimum liegt, dann kann man das ewige Gejammere vom Arbeitgeber (der sich immerhin noch einen "dicken" Wagen, viermal im Jahr Urlaub, die Studium-Finanzierung seiner Kinder und vieles mehr anscheinend locker leisten kann) wirklich nicht mehr ertragen und leider auch nicht mehr ernst nehmen. Und wenn er dann letztendlich nicht an diesem Streik/Demonstration teilnimmt, weil es für ihn "unbequem" ist, dann empfinde ich das "Gejammere" einfach nur noch lächerlich.


    magali, mir ist schon der Unterschied zwischen einem Streik und einer Demonstration bewußt, aber ich denke in einer Demokratie sollte beides auf freiwilliger Basis passieren. (Ok, bei einem Arbeitnehmertreik sieht die Sache manchmal noch etwas anders aus, aber darauf will ich jetzt nicht eingehen ;-)).

  • Mir ist schon klar, daß Du den Unterschied kennst. Du hast ja auch nur von Streik gesprochen. ;-)


    Die 'freiwillige Basis', die Du verlangst, ist insofern gegeben, weil über einen Streik grundsätzlich abgestimmt wird. Eigentlich. Manchmal gibt es aufgrund der Abstimmungsergebnisse auch keinen Streik. ( 75 % Ja-Stimmen erforderlich).
    Wenn die Mehrheit allerdings erreicht ist, muß man auch mitmachen, wenn man eigentlich nicht will.
    Das ist Demokratie.



    EDIT: zur Klärung, wurde eben darauf aufmerksam gemacht, daß das verflixt mißverständlich ist:


    Ich rede von Gewerkschaftsmitgliedern.
    Bei Nicht - Mitgliedern ist die Lage vertrackt.



    Weiter im alten Text:


    Die Schwierigkeit ist eben die, daß ein Mittel wie Streik nicht so leicht auf Berufsgruppen außerhalb der Industrie zu übertragen ist.


    Du stehst ja vor dem Problem, daß Dein Arbeitgeber quasi Deine Arbeitszeit umwidmet.
    Und da wäre dann z.B. zu fragen, wie es mit so etwas wie Deinen Pausenzeiten aussieht. Wenn ich beos Ausführungen richtuig verstanden habe, handelt es sich um Deine Arbeitszeit.
    Oder: wie verhält es sich rechtlich, wenn der 'Streik', die Umwidmung Deiner Arbeitszeit per Weisungsrecht des Arbeitsgbers, über die vertraglich festgelegte Arbeitszeit hinaus dauert? Sind das dann Überstunden? Kann man die abrechnen?


    Es gibt sicher noch einige andere spannende Fragen, die sich daraus ergeben.



    :wave


    magali

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    K. Kraus

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  • Hallo magali,


    nun ja, das Wort Streik habe ich jetzt einfach mal von meinem Arbeitgeber übernommen.
    Das es sich hier wahrscheinlich eher um beos Definition weiter oben handelt - Boykott mit gleichzeitiger Demonstration oder Kundgebung - klingt für mich persönlich auch annehmbarer.
    Gut, da wurde ich dann eben von meinem Arbeitgeber falsch informiert.
    Eine von zwei Falschmeldungen in einem so kurzen Satz, wie "Wir streiken übermorgen!" ;-)


    Nach deinem Beitrag hier habe ich mir einige Gedanken über Streiks gemacht und muß feststellen, daß ich doch eher geringe Kenntnisse darüber habe.
    Aber es ist auf jeden Fall ein interessantes Thema, über das ich mich in Zukunft mehr informieren werde. Danke für die Anregung :-)


    Und nun weiter im alten Text:


    Ich stehe bzw. stand vor dem Problem, zu einer - nennen wie es jetzt der einfachheithalber - Demo gehen zu müßen, deren Sinn und Zweck mir nicht bekannt war.
    Nun fand die Demo während der regulären Arbeitszeit statt und mein Arbeitgeber hat angeordnet, daß die Mitarbeiter mitgehen müßen. Zudem bekamen wir das so kurzfristig mitgeteilt, daß ich Schwierigkeiten hatte mich privat darüber zu informieren um was es da eigentlich geht.
    Das war das eine Problem. (Privat würde ich mich logischerweise nie an einer Demo beteiligen, wenn mir nicht klar ist, für oder gegen was ich da eigentlich demonstriere).


    Zu dem zweiten Problem wäre es gekommen, wenn wir tatsächlich zu dieser Veranstaltung hätten gehen müßen.
    Es wäre keine Frage für mich gewesen, diese Veranstaltung nach Beendigung meiner regulären Arbeitszeit (das wäre mittwochs um 12:00 Uhr) sofort zu verlassen.
    Interessiert hätte mich aber schon, wer eigentlich in diesem Fall die Anreisekosten übernimmt.


    Genau die gleiche Frage habe ich mir übrigens bei beos Beispiel weiter oben sofort gestellt. Wer übernimmt die Kosten für die Busfahrt?
    Weil das Beispiel gar nicht so praxisfern ist.
    Mein Arbeitgeber hat mir zu anfang aufgetragen die Post nach Feierabend mitzunehmen und einzuwerfen.
    Kein Problem, wenn ich auf meinem Heimweg an einem Briefkasten vorbeikomme. Komme ich aber nicht! Ist für mich eine Viertelstunde Umweg und die Fahrtkosten dafür übers Jahr berechnet sind auch nicht ohne.
    Also weigere ich mich bis heute , da er weder bereit ist mich eine Viertelstunde eher gehen zu lassen oder dafür Überstunden zu zahlen, noch mir meine Unkosten zu erstatten.

  • Das sehe ich als relativ einfach an: Falls dein Chef von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen kann, dann muss er auch für die außerhalb der üblichen Arbeitsstätte liegenden Orte die Reisekosten tragen. Fraglich ist für mich in diesem Zusammenhang aber, ob die Teilnahme an der Demoveranstaltung eigentlich noch als regelmäßig zu schuldende Arbeitsleistung gilt. Sie wird nämlich nicht vom im Arbeitsvertrag üblicherweise im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten geschuldet.
    MMn kann er zwar die Praxis für den Tag dichtmachen. Wenn jemand aber nicht mit will und statt dessen anbietet, die übliche Arbeitsleistung am Arbeitsort zu erbringen (geht ja auch in Form von Informationen an die Patienten, die nichts von dem "freien" Tag des Arztes mitbekommen haben) kann er doch eigentlich arbeitsrechtlich nichts machen, d. h. er muss Lohn zahlen und fertig. Denke ich mal so mit meinen lückenhaften Kenntnissen des Arbeitsrechts.