Inhalt
Sara entflieht dem dunklen Januar und ihrer Winterdepression und reist für eine Woche allein nach Teneriffa. Sie ist Mutter eines zweijährigen Jungen und enttäuscht - vom Kinderkriegen, von ihrem Mann, der sie gleich nach der Geburt ein paar Wochen alleine ließ, von der Gesellschaft, in der immer noch die Männer dominieren. Auf Teneriffa hat sie Zeit, über alles nachzudenken und zu beobachten: warum Frauen bitterfotzig werden, an welchen Punkten die Ungleichbehandlung offensichtlich wird und wie hoffnungslos alles ist, wenn bereits in der Zweierbeziehung so vieles falsch läuft.
Die Autorin
Maria Sveland, geboren 1974, absolvierte ein Studium am Institut für Film- und Fernsehwissenschaften in Stockholm und arbeitet seitdem als TV- und Hörfunkjournalistin. Verheiratet, zwei Söhne. "Bitterfotze" ist ihr erster Roman, der in Schweden für großes Aufsehen sorgte und wochenlang auf den Bestsellerlisten steht.
Der Stil
Der Stil des Buches ist sehr einfach gehalten und leicht zu lesen. Ich habe schnell den Einstieg gefunden und das Buch an zwei Abenden durchgelesen.
Anders als der Titel es vermuten lässt, driftet die Wortwahl nur an wenigen Stellen ins Derbere ab, wirkt dabei jedoch nie wirklich anstößig oder vulgär.
Ich empfand den Schreibstil als sehr angenehm und fühlte mich bereits nach ein, zwei Kapiteln motiviert weiterzulesen.
Das Thema und die Umsetzung
Maria Sveland wollte zunächst ein Sachbuch über die Ungleichheit und Ungerechtigkeit zwischen Mann und Frau innerhalb einer Ehe, aber auch in der Gesellschaft schreiben. Sie merkte jedoch schnell, dass sie die Leserschaft mit einem Roman besser erreichen kann - in meinen Augen vielleicht die falsche Entscheidung.
Sara wirkt direkt zu Beginn des Buches sehr pessimistisch. Sie scheint mit Schuldgefühlen beladen zu sein und überhaupt die ganze Welt mitsamt ihren Ehen und Männer-Frauen-Beziehungen für ungerecht zu halten.
Frauen sind in ihren Augen benachteiligt: Sie stehen Männern jederzeit bereitwillig zur Verfügung, kümmern sich um Kinder und Haushalt, während die Herren der Schöpfung den Freizeitpapa mimen und ihre eigenen Wünsche und Ziele trotz Kind verwirklichen können.
An dieser Einstellung ändert sich im Laufe des Romans wenig. Es werden bisweilen allzu klischeehafte Beispiele aufgeführt, in denen Frauen benachteiligt werden - angefangen in der Schule, wo der Lehrer Sara rät, lieber ruhig zu sein und ein Wissenschaftsmagazin zu lesen, um dann ungeachtet ihrer Leistung eine Vier zu bekommen. Sie könne als Frau mit Physik ja eh nichts anfangen.
Weiter geht es mit dem schweigsamen Kommunikationsverhalten der Männer in Beziehungen, das als Bestrafung der Frauen diene, sowie das Alleinlassen der Mutter nach der Geburt, um sich selbst zu verwirklichen.
Allzu verbittert und frustriert erscheint die Protagonistin: Es gibt kaum Hoffnung, sie wird in fast allen Lebensbereichen ungerecht behandelt und glückliche Ehen gibt es auf der Welt eh nicht.
Genau diese Einstellung und der Hang zum Pauschalisieren ist in meinen Augen der größte Fehler des Romans.
Die Fakten des Gleichberechtigungskonflikts gehen in der persönlichen Geschichte Saras zu sehr unter, vor allem unter dem Aspekt der immensen z.T. selbst auferlegten Schuldgefühle und Komplexe. Dadurch wirkt die Darstellung der Ungerechtigkeit sehr subjektiv, sodass ich als Leserin den Konflikt als zu überzogen dargestellt finde. Mir bieten sich dadurch nur wenige Identifikationsmöglichkeiten.
Der Aufklärungsgehalt wird durch die Romanform minimiert. Zwar nennt Sveland im zweiten Teil häufiger Beispiele zur allgemeinen Ungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen (vor Gericht, bei der Arbeit, in der Schule) und das macht auch neugierig, sich damit zu befassen und sich zu informieren, allerdings sind mir einige Situationen zu oberflächlich angerissen.
Der Schwerpunkt liegt auf Saras persönlichem Schicksal, ihrer Kindheit und ihrem Umgang mit der Situation, sowohl bezüglich ihrer Beziehung und der Geburt ihres ersten Kindes, als auch ihres Jobs.
Fazit
Mir ist es schwer gefallen, das Buch zu bewerten.
Für den Stil gebe ich 8 Punkte: Leicht zu verstehen, flüssig, locker und motivierend.
Für die Umsetzung des Themas gebe ich 4 Punkte: Sara wirkt einfach zu leidend, sie positioniert sich selbst zu sehr in der Opferrolle, ohne aktiv dagegen zu handeln. Ihre teilweise veraltete Auffassung von Ungerechtigkeit kann ich in der heutigen Zeit und durch meine Erfahrung als Frau nicht bestätigen.
Die dargelegten Argumente wirken bisweilen allzu klischeehaft - trotz dass Saras Reaktionen an manchen Stellen nachvollziehbar sind und sie einige interessante Studien einbezieht.
Für den Effekt auf den Leser gebe ich 10 Punkte: Man regt sich auf, wird zum Nachdenken angeregt und möchte widersprechen und diskutieren.
Geeinigt habe ich mich auf 7 Punkte.