Das Haus der sieben Frauen, Leticia Wierz, Originaltitel „A casa das sete mulheres“, Übersetz. Stefanie Karg, Limes Verlag, München, 2009, ISBN 978-3-8090-2561-0
Zur Autorin: (lt. Klappentext)
Leticia Wierz wurde 1972 in Porto Alegre geboren. „Das Haus der sieben Frauen“ war ihr großer Durchbruch als Schriftstellerin und stand monatelang auf Platz 1 der brasilianischen Bestsellerliste. Die Verfilmung des Romans wurde zu einer der erfolgreichsten südamerikanischen TV-Produktionen der letzten Jahre. Leticia Wierz lebt mir ihrem Mann und ihrem Sohn in Porto Alegre.
Meine Meinung:
Über historische Familiensagas, in deren Zentrum charismatische historische Figuren stehen, freue ich mich immer wieder. Aber auch das Auftauchen interessanter Nebenfiguren, verlockt mich immer wieder. So ging es mir auch nach der Lektüre des Klappentextes der historischen Familiensaga „Das Haus der sieben Frauen“ von Leticia Wierz, der Guiseppe Garibaldi als durchaus wesentliche Nebenfigur versprach.
1835 steht Brasilien kurz vor einem Bürgerkrieg. Bevor der Großgrundbesitzer und Revolutionär Bento Goncalves da Silva zu seinen Truppen aufbricht, bringt er die Frauen seiner Familie zur Sicherheit auf ein Landgut im Ufergebiet des Arrio Grande, das weit genug von den Kampfgebieten entfernt liegt und schwer erreichbar ist. Auf der Estancia da Barra sollen die sieben Frauen und die vier Kinder der Familie des Bento Goncalves das Ende der Großen Revolution abwarten. Die Lumpenrevolution „Revolucao Farroupilha“ bricht am 19. September 1835 in Sao Pedro do Rio Grande aus. Die Revolutionäre fordern die sofortige Absetzung des Provinzpräsidenten Fernandes Braga und eine neue Politik für den Charque, ein an der Luft gedörrtes, gesalzenes Rindfleisch, das von der Regierung besteuert wird, während zugleich die Einfuhrgebühren dafür gesenkt werden. Am 21. September vertreibt das Farroupilha-Heer unter der Führung von Bento Goncalves da Silva die regierungstreuen Truppen und marschiert in die Stadt Porto Alegre ein. Der lange Krieg in der Pampa beginnt.
Zu diesem Zeitpunkt ahnt keines der Familienmitglieder, daß der als vorübergehende Schutzmaßnahme gedachte Ausflug zum Landgut zu einem zehnjährigen Auftenhalt werden wird. Bentos Schwestern und seine Frau Caetana versorgen das Landgut und meistern ihr Schicksal mit allen Höhen und Tiefen. Sie haben unerfüllte, glückliche und verbotene Lieben, Sehnsüchte und müssen den Tod ihnen nahestehender Personen verkraften. Langsam verändert sich der Alltag der sieben Frauen, die älteren Frauen kümmern sich um das Gut und die Herden, versorgen Verwundete und warten währenddessen sehnsüchtig auf Nachricht aus den Kampfgebieten. Die jungen Mädchen kommen ins heiratsfähige Alter. Manuela ist Giuseppe Garibaldi treu ergeben, Rosario, die sich durch die Evakuierung auf das Landgut außerstande sieht, ihren Lebenshunger ausleben zu können, verliert den Verstand und Mariana verliebt sich unstandesgemäß in einen Landarbeiter und wird schwanger...
Leticia Wierz Geschichte über die Lumpenrevolution in Brasilien ist eine Geschichte über den Krieg aus weiblicher Sicht. Die Autorin erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, besondere Intensität erreicht sie durch die Perspektive der Manuela, die über Tagebucheinträge dargestellt wird. Auch wenn das Buch im Wesentlichen von den sieben Frauen handelt, erhalten die Männer, insbesondere Persönlichkeiten wie Bento Goncalves und Guiseppe Garibaldi ihren Raum. Ihr Charisma wird durch die Betrachtung aus Sicht der Frauen zum Ausdruck gebracht.
Denkt man an lateinamerikanische historische Familiensagas, denkt man automatisch an Autoren wie Isabel Allende und Gabriel Garcia Marquez. In der Tat erinnert mich Leticia Wierz Geschichte und Erzählstil ein wenig an die beiden Autoren. Ihr Erzählstil ist einfühlsamer, subtiler und poetischer als der von Allende, die erzählte Geschichte trotz der enthaltenen Sehnsüchte und Tragik nicht ganz so schmerzvoll wie die Geschichten von Marquez, ihre Sprache ist schlicht, aber dennoch eindrucksvoll.
Interessant fand ich wie Leticia Wierz Historie und Fiktion sowie Natürliches und Übernatürliches mischt. Die Entwicklung Rosarios psychischer Erkrankung ist beeindruckend und bewegend.
Einziger Mangel des Epos sind aus meiner Sicht einige Längen, die aber durchaus gewollt sein können, um dem Leser die Unerträglichkeit des Wartens auf dem Landgut deutlicher zu machen.
Leticia Wierz historische Familiensaga „Das Haus der sieben Frauen“ ist eine Leseempfehlung für jeden, der sich für lateinamerikanische Geschichte interessiert und der gerne ruhige, langsame und eindringliche Romane liest.
8 von 10 Punkten