Kurzbeschreibung:
Alexej Volkov, genannt »Volk«, kennt Moskaus dunkle Gassen wie kein Zweiter. Der ehemalige Tschetschenienkämpfer arbeitet für Maxim, den Herrscher der Moskauer Unterwelt. Außerdem dient er einem Mann, der nur der »General« genannt wird. Als er aus der Eremitage in St. Petersburg ein unbekanntes Bild von Leonardo da Vinci entwenden soll, gerät er mit seiner Gefährtin Valja in einen nahezu ausweglosen Strudel der Gewalt. 25 Jahre nach "Gorky Park" hat Brent Ghelfi einen knallharten, atmosphärisch dichten Thriller aus dem heutigen Russland geschrieben.
Der Autor:
Brent Michael Ghelfi arbeitete als Anwalt, bevor er mit dem Schreiben begann. Heute lebt er mit Frau und Familie in Phoenix/Arizona. RUSSISCHES ABENDMAHL (eng. "Volk's Game") ist sein Debütroman.
Mein Fazit:
RUSSISCHES ABENDMAHL ist ziemlich hard boiled geraten - und das im durchaus klassischen Sinn. Schließlich ist Ghelfis Hauptfigur Volk geradezu der Prototyp des einsamen Wolfs, dessen raue Schale nur dann etwas vom ihr innewohnenden Kern zeigt, wenn ihn der Anblick seiner treuen Begleiterin Valja rührt. Die Geschichte selbst, die sich um einen Kunstraub und die daraus erwachsenden Komplikationen dreht, ist hier nur Mittel zum Zweck, schlägt gelegentlich unerwartete Haken und lässt ansonsten den Leser ungestört die morbide Atmosphäre des "Schlachthauses Russland" in sich aufsaugen, vor dessen düsterem Hintergrund Ghelfi sein dem klassischen Pulp-Repertoire entsprungenes Figurenarsenal agieren lässt. Da gibt es gewissenlose Politiker, kreuzgefährliche Gangster, korrupte Speichellecker, mysteriöse Frauen und natürlich den stahlharten Volk selbst, der aus seiner Zeit in Tschetschenien unbewältigte Konflikte mit sich schleppt. Moskau und St. Petersburg erscheinen in einem diabolischen Licht, das moderne Russland wird hier, am Rande der Gesellschaft, bewusst auf archaisches Niveau herabgeprügelt. Es regieren Anarchie und barbarische Gewalt, und der Tod ist ein so alltäglicher Begleiter, dass ihn die Menschen bald genauso gleichmütig erdulden wie ihre Armut und den ständigen Hunger. Über dieser Szenerie liegt gleichwohl eine stille Trauer, und Volk ist ein gebrochener Mann, der nach Frieden sucht, während er seinen Feinden den Krieg bringt. Für mich ein starkes Stück (Pulp-)Literatur, das vordergründig spannende Unterhaltung bietet, aber auf so vielen anderen Ebenen funktioniert, dass jeder Leser weitere Eindrücke mitnehmen wird - von einem Russland, für das der Wandel zu schnell kam und das (wie die aktuell wieder einsetzende Wirtschaftskrise zeigt) ein Opfer der Globalisierung wurde. Ein wirklich lesenswerter Thriller für Hartgesottene.
Die Fortsetzung ist übrigens zu Beginn des Jahres ebenso in der Heyne Hardcore Edition erschienen.