S. Fischer
Herausgegeben von Peter de Mendelsohn
Taschenbuchausgabe von 2003, ich habe die frühere, nicht mehr lieferbare gebundene Ausgabe gelesen.
Im Anhang zu den Tagebüchern befinden sich zahlreiche essayistische Texte von Thomas Mann, zum Teil sogar in englischer Sprache.
Es sind: Two visions of peace, Brief über die Schweiz, War and Democracy, Dinner speech for Federal Union, Beverly Hills Hotel, How to win the peace, Über Deutchlands Zukunft, A Time for great things, Alvin Johnson-World Citizen, Zum Tod von Max Reinhardt sowie noch einige kürzere Texte.
Kurzbeschreibung (Amazon):
Thomas Manns Tagebücher haben unser Bild des Autors und unser Verständnis seines Werks nachhaltig verändert. Dieser Roman eines Lebens ist der umfassendste, welthaltigste, rührendste, aberwitzigste Roman, den der Autor je geschrieben hat und wie wunderbar geschrieben! Erhellend klar, unerbittlich gegen andere und sich selbst.
Über den Autor:
Thomas Mann, geboren am 6. Juni 1875 in Lübeck, entstammte einer Kaufmannsfamilie. Seit 1893 wohnte er in München und war seit 1894 freier Schriftsteller. 1929 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. 1933 verließ er Deutschland und lebte zuerst in der Schweiz am Zürichsee, dann in den Vereinigten Staaten, wo er 1939 eine Professur in Princeton annahm. Später hatte er seinen Wohnsitz in Kalifornien, danach wieder in der Schweiz. Er starb in Kilchberg bei Zürich am 12. August 1955.
Über den Herausgeber:
Peter de Mendelssohn (1908-1982) wuchs als Sohn eines Goldschmieds in der Künstlersiedlung Dresden-Hellerau auf. Bereits während seiner Redakteurstätigkeit beim "Berliner Tageblatt" veröffentlichte er erste Texte. 1933 emigriert, baute sich Mendelssohn eine zweite Existenz als Journalist und Schriftsteller in Großbritannien auf. Nach dem Krieg war er Pressechef bei der Britischen Kontrollkommission in Düsseldorf, wohnte als Berichterstatter den Nürnberger Prozessen bei und half beim Aufbau des "Berliner Tagesspiegels" und der "Welt". 1970 kehrte er nach München zurück, wo er bis zu seinem Tode lebte. Als Thomas-Mann-Biograf und Herausgeber von dessen Tagebüchern ist Peter de Mendelssohn in den siebziger Jahren bekannt geworden.
Meine Meinung
Dieser Teil der Tagebuchgesamtausgabe umfasst 4 Jahre, die in Thomas Mann mit seiner Familie im Exil in den USA verbringt. Aus diesem Grund sind die Eintragungen überwiegend kühl und zurückhaltend. Er lebt gut in den USA, hat eine Dozentur in Princton, lebt auf großen Fuß. Das ist etwas, was er der Öffentlichkeit nicht vorenthält, deshalb wird ihm das geneidet und angelastet, obwohl andere bekannte Künstler ebenfalls gut leben.
Manche, wie z.B. Alfred Döblin geht es eher schlecht, auch Heinrich Mann ist finanziell auf seinen Bruder angewiesen.
Die aktuelle politische Situation findet sich in den Tagebüchern auch wieder, sogar in einem stärkeren maße als andere Jahre, obwohl Thomas Mann selbst bei Kriegserklärung der USA an Japan so unaufgeregt bleibt, dass er problemlos an seinem Werk weiterarbeiten kann. Die familiären Belange werden auch relativ kurz und ereignislos behandelt, nur über Heinrich Manns Frau Nelly regt sich Thomas Mann gelegentlich auf, nennt sie konsequent nur das Weib. Zitat: „Das Weib betrunken, laut und frech.“
Er arbeitet in dieser Zeit an der Novelle Die vertauschten Köpfe, an essayistischen Texten und vor allem bringt er mit Joseph, der Ernährer sein großes Werk Joseph und die Brüder zum Abschluss. Dann beginnt er mit Dr.Faustus.
Über seine Bücher erfährt man wenig, er trägt meist nur ein „am Joseph gearbeitet“, aber was genau, wird nicht weiter erläutert.
Auch der Tagesablauf war fast immer unspektakulär.
Kaffe getrunken, Spazieren gegangen.
Das ist auf die Dauer banal und ermüdend, aber dann kommt doch einmal der eine oder andere Satz, der die Tagebücher so wertvoll macht, weil man mehr über Manns innerstes erfährt. Das, was er immer zu Lebzeiten vorenthalten hat.
Er erinnert sich einmal voller Zuneigung an seinen einstigen Geliebten, Klaus Heuser und denkt, dass er sie auch erlebt hat, die große Liebe.
Seine Frau Katia hingegen bleibt sein bester Kamerad, die sein Leben in Ordnung hält.
Ganz spannend ist auch noch, dass man viel über seine Lesegewohnheiten erfährt, er ist ein unermüdlicher Leser, eine rechte Büchereule, der sich darauf freut Abends Theodor Fontanes Stechlin zu lesen, über Franz Werfel regt er sich eher auf.
Auch seine zweite große Leidenschaft, das Muskhören wird ausführlich erwähnt.
Dieses Band gehört zu den ernsteren und wenig spektakulären. Es gibt ein gutes Bild wieder über das Leben der Exildeutschen in den USA und der Stimmung im Land.
Aus diesem Grund sind die Tagebücher ebenfalls sehr bedeutend, doch aufgrund des stockenden Leseflusses benötigt man mehr Zeit als für andere Tagebücher Manns.
Mit 664 Seiten Tagebuch sind es eine Menge Eintragungen, dem folgt noch ein umfangreicher Anhang mit informativen und detaillierten Anmerkungen des Herausgebers und einem Register. (Eine große Leistung des Herausgebers Peter de Mendelsohn.)
So werden 1200 Seiten gefüllt. Das kann man nicht am Stück lesen. Eine Lesezeit von mehreren Jahren sollte daher nicht verwundern.