Lawrence von Arabien

  • 1962
    Regie: David Lean


    Darsteller: Peter O’Toole, Omar Sharif, Alec Guinness, Anthony Quinn, etc.


    Ich kann gar nicht glauben, dass es zu dem Film noch gar nichts hier gibt, aber ich habe mir einen Sandwolf gesucht und nichts gefunden.


    Ich habe diesen Film immer schon sehr geliebt und ihn mir nun endlich gekauft, in u.a. Ausgabe. Hier begründet sich nicht nur mein Interesse an T.E. Lawrence selbst sondern auch meine Faszination für alles Arabische.


    Zum Inhalt muss man wohl nicht viel sagen. Der Film erzählt eine vereinfachte, teilweise abweichende und romantisierende Version des sog. Aufstands in der Wüste, einer Erhebung der arabischen Stämme gegen die türkische Oberherrschaft im ersten Weltkrieg, woran der britische Offizier T.E. Lawrence entscheidend beteiligt war. Und er erzählt von dessen Scheitern.
    Für mich fallen die Abweichungen nicht wirklich ins Gewicht. Wer hier Blut geleckt hat, wird sich ohnehin näher über die Hintergründe informieren. Und wem es egal ist, dem bleibt es egal und der kann den Film einfach genießen, idealerweise.
    Ein kurioses Detail ist, dass zwar Frauen gelegentlich auftauchen, aber keine einzige eine Sprechrolle hat. Es gibt hier nur eine Liebesgeschichte, Lawrence und Arabien.


    Es ist ein wunderbarer Film, bildgewaltig, für mich in keiner Minute langweilig, getragen von wunderschöner Musik und, vor allem, großartigen Schauspielern. Die einzige Kritik, die ich stets daran hatte, war, dass mir O’Tooles Synchronstimme nicht gefallen hat. Ich fand, dass er damit ein wenig wie eine komische Figur klingt.
    Das Problem habe ich nun, mit der englischen Originalfassung, nicht mehr. Nie wieder Deutsch! Das ist hier besonders wichtig, denn diese Version ist die restaurierte Fassung, quasi der „Director’s cut“. Da zwar die Filmaufnahmen wiedergefunden wurden, aber nicht der Ton, mussten die Dialoge später mit den Darstellern neu aufgenommen werden. Wie ich in einer Rezension gelesen habe, wurden sie aber nicht synchronisiert, weshalb Zuseher auf Deutsch in den restaurierten Szenen auch das englische Original hören, was ein wenig merkwürdig wirkt.


    Die Specials auf dieser Edition sind auch nett, vor allem das „making of“, das ausnahmsweise mal keines dieser langweiligen technischen Blablas ist. Nett ist zB, wenn Omar Sharif erzählt, dass er und O’Toole in einer Szene einen Lachkrampf hatten. So etwas erwartet man gar nicht, bei so einem Über-Film.
    Mir hat sich automatisch die Frage gestellt, ob so ein Film heute noch gedreht werden könnte, was auch Stephen Spielberg in einem Interview in den Specials anspricht. Er meint, und da stimme ich ihm voll zu, heute würde es wohl jede Menge CGI-Effekte geben, was den Charakter und die Wirkung einfach vollkommen verändern würde. Heute würde man das Leben des Hauptdarstellers wohl auch nicht in Gefahr bringen, indem man ihn auf ein Kamel setzt und ihn beim Runterfallen des Risikos aussetzt, von den nachkommenden Horden zertrampelt zu werden, wie in einer Angriffsszene. Sharif zB erzählt, dass er sich in Panik an seinem Kamel festgebunden hat und dass O’Toole tatsächlich heruntergefallen ist, aber erstaunlicherweise von seinem Kamel beschützt wurde. Quinn wiederum, der wenigstens auf einem Pferd reiten durfte, wurde von den nachkommenden Reitern beschützt, was ihm David Lean allerdings vorher nicht verraten hat, damit er einen schönen martialischen Gesichtsausdruck beibehält.
    Heute würde so etwas wohl mit technischen Spielereien gelöst und hineingeschnitten werden. Gut für die Darsteller, aber schlecht für die Zuseher, die so eine ganze andere Wirkung hätten. Ich glaube schon, dass man den Unterschied merkt, zumindest unterbewußt.


    Genug. Ein guter Film und ein von mir sehr geliebter Film. Wehe, wehe, wehe, es kommt jemals jemand auf den Gedanken, ihn neu zu verfilmen. Und irgendwann in diesem Leben lese ich bestimmt auch mal die „Sieben Säulen der Weisheit“, an denen ich beim Erstversuch vor vielen Jahren gescheitert bin.

  • "Lawrence von Arabien" ist einer meiner absoluten All-Time-Favorites! :anbet


    Lawrence ist ein faszinierender Charakter, die Geschichte ist spannend, historisch interessant (auch wenn nicht 100% akkurat) und tragisch, Peter O'Toole in der Rolle seines Lebens, und die Bilder der Wüste sind einfach gewaltig. Mir fällt dazu sofort diese Szene des ersten Zusammentreffens mit Omar Sharif ein, Lawrence sitzt allein in der Wüste, inmitten der riesigen Sanddünen, und in der flirrenden Hitze taucht am Horizont ein kleiner schwarzer Punkt auf. Es dauert ungefähr fünf Minuten bis der Reiter herangekommen ist und das in Cinemascope, die Filmmusik gehört auch zu den besten aller Zeiten. Grandios! (Heutzutage würde das wahrscheinlich kein Regisseur mehr wagen, da die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Zuschauer dazu nicht mehr reichen würde).


    Als Kind habe ich den Film zum ersten Mal im deutschen Fernsehen gesehen, und da wir hier bei uns auch das niederländische Programm empfangen konnten, habe ich damals auch schon die OV sehen können. Anfang / Mitte der 90er kam die restaurierte Fassung (auch in OV) ins Kino, ich glaube, da bin ich alle drei Tage ins Kino gegangen, um die kurze Zeit, die er auf der GROSSEN Leinwand lief, auszunutzen. :-] Wer den Film kennt und liebt, wird wahrscheinlich auch verstehen können wieso. Als Alternative bleibt mir jetzt nur, meine DVD für das zigste Ansehen wieder herauszuholen.

  • Zitat

    Original von Uta
    Mir fällt dazu sofort diese Szene des ersten Zusammentreffens mit Omar Sharif ein, Lawrence sitzt allein in der Wüste, inmitten der riesigen Sanddünen, und in der flirrenden Hitze taucht am Horizont ein kleiner schwarzer Punkt auf.


    Nicht ganz allein, er hat da ja noch den armen Tafas bei sich. Aber, das ist wirklich eine geniale Szene. Auf den Auftritt kann sich Omar Sharif schon was einbilden. In der Filmgeschichte sicher einer der denkwürdigsten.


    Zitat

    Wer den Film kennt und liebt, wird wahrscheinlich auch verstehen können wieso.


    Auja, auf der Großleinwand muß das unfassbares Erlebnis sein.


    O'Toole ist zwischendurch wirklich so hübsch, daß man an den "Florence" von Arabien-Spruch denken muß. Und jetzt endlich mit vernünftiger Stimme. :-]


    (Ich habe da ja noch den Nebengedanken, daß Dunnett ihn in dieser Rolle mal als eines ihrer möglichen Lymond-Bilder bezeichnet hat.)

  • Zitat

    Nicht ganz allein, er hat da ja noch den armen Tafas bei sich. Aber, das ist wirklich eine geniale Szene. Auf den Auftritt kann sich Omar Sharif schon was einbilden. In der Filmgeschichte sicher einer der denkwürdigsten.


    Lawrence's Führer durch die Wüste habe ich mal ganz dezent weggelassen, eine halbe Stunde später war er ja sowieso tot. :rolleyes


    Zitat

    O'Toole ist zwischendurch wirklich so hübsch, daß man an den "Florence" von Arabien-Spruch denken muß.



    Zitat

    (Ich habe da ja noch den Nebengedanken, daß Dunnett ihn in dieser Rolle mal als eines ihrer möglichen Lymond-Bilder bezeichnet hat.)



    Hatte DD das gesagt? In den Lymond Ausgaben von Arrow hat der gezeichnete Lymond auf dem Cover sogar eine leichte Ähnlichkeit mit Peter O'Toole. Mit einer Verfilmung hätten sie sich beeilen müssen, der hat sich seine Schönheit auch ziemlich bald weggesoffen,



    ist aber ein toller Charakterdarsteller geblieben.

  • Zitat

    Original von Uta
    Hatte DD das gesagt? In den Lymond Ausgaben von Arrow hat der gezeichnete Lymond auf dem Cover sogar eine leichte Ähnlichkeit mit Peter O'Toole. Mit einer Verfilmung hätten sie sich beeilen müssen, der hat sich seine Schönheit auch ziemlich bald weggesoffen,


    Soll sie wirklich mal gesagt haben, aber eben speziell in dieser Rolle. Mein Bild trifft er zwar nicht, aber nachvollziehen kann ich es schon.


    Zitat

    ist aber ein toller Charakterdarsteller geblieben.


    Stimmt. Es wundert mich zwar immer wieder, ihn in Rollen wie "Troy" oder "Tudors" zu sehen, aber, wenn es ihm Spaß macht und Geld bringt, warum nicht.

  • Oh lala, was entdecke ich hier - einen Thread zu meinem liebsten "Wüsten"-Film :grin


    Ich hab den Mitte der 70er Jahre "uncut" im letzten Breitwand-Kino meiner Heimatstadt gesehen - das heute selbstredend schon lange nicht mehr steht :bonk


    So um 4 Stunden, wenn ich mich recht erinnere, mit Pause zwischendurch wie im Theater :-]. Und danach war ich so hin und weg, dass ich alles Greifbare über den echten Thomas Edward Lawrence im Speziellen und über den Nahen und Mittleren Osten allgemein gelesen habe.


    Später hab ich mich irgendwann mal tierisch gefreut, dass er im TV kam - und war ebenso tierisch enttäuscht. Diese gekürzte und geschnittene Fassung ist sowas von bäh.... :fetch


    Ich finde übrigens heute noch, dass dieser Film einiges an Aufschluss gibt, warum bestimmte Dinge heutzutage in der Area (Iran/Irak/Syrien/Jordanien insbesondere) so ablaufen wie sie es tun. Immerhin hat die Weltgemeinschaft, allen voran Großbritannien, diese Länder mehr oder weniger auf dem Reißbrett "erschaffen" und bestimmten Clans zugeteilt. Das geht aus dem Film schön hervor!


    Meine Lieblingszene ist immer noch die, wo die versammelte "Scheichschaft" in Damaskus zusammensitzt und sich lautstark und handgreiflich darüber streitet, wer für was verantwortlich ist, warum der eine Clan die Herrschaft über die Wasserversorgung hat und der andere sich um Strom kümmern muss etc., und alle wissen nicht, was sie tun, und es funktioniert schlicht nix. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass es in den Parlamenten dieser Welt oft nicht anders zugeht :lache :lache


    Danke für den "Directors cut", Grisel, da werde ich doch mal eine Anschaffung erwägen ...


    Lieben Gruß
    Alraune

  • Zitat

    Original von Alraune
    Ich finde übrigens heute noch, dass dieser Film einiges an Aufschluss gibt, warum bestimmte Dinge heutzutage in der Area (Iran/Irak/Syrien/Jordanien insbesondere) so ablaufen wie sie es tun. Immerhin hat die Weltgemeinschaft, allen voran Großbritannien, diese Länder mehr oder weniger auf dem Reißbrett "erschaffen" und bestimmten Clans zugeteilt. Das geht aus dem Film schön hervor!


    Das stimmt, das kommt hier schön heraus. Ich war ganz aus dem Häuschen, als ich später, ich glaube, nach dem Tod von König Hussein von Jordanien und den Berichten über ihn, mal geschnallt habe, daß das Königreich Jordanien ja in gewisser Weise auch damals kreiert wurde und daß das die gleiche Familie, die Hashemiten, ist, zu der Fürst Faisal gehört.


    Als mir kurz nach dem Gucken unten stehendes Buch über den Weg gelaufen ist, konnte ich noch standhaft widerstehen. Gestern, beim zweiten "Treffen" mit dem Buch, nicht mehr. Jetzt muß ich es nur noch lesen. Irgendwann. Aber, T.E. Lawrence erscheint tatsächlich im Personenregister.


    Apropos, kannst Du oder sonst jemand eine gute Biographie über ihn empfehlen?


    Ich würde gerne mal eine lesen, bisher habe ich ja nur seine eigenen Bücher, "Aufstand in der Wüste" und "Unter dem Prägestock" gelesen. Und den netten Roman, "Empire of sand", aber, der war wohl nicht wirklich ernst zu nehmen.


    Zitat

    Danke für den "Directors cut", Grisel, da werde ich doch mal eine Anschaffung erwägen ...


    Ich glaube, es lohnt sich, wenn man den Film mag. Wie gesagt, auch das Zusatzmaterial hier ist ausnahmsweise mal nicht überflüssig.


  • Liebe Grüße
    Alraune

  • Zitat

    Original von Alraune
    ... Und danach war ich so hin und weg, dass ich alles Greifbare über den echten Thomas Edward Lawrence im Speziellen und über den Nahen und Mittleren Osten allgemein gelesen habe.


    Nach den ersten Malen sehen habe ich auch diverse Biographien und Bücher zum Thema aus der Stadtbibliothek gelesen, an Titel kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern.
    "Seven Pillars of Wisdom" habe ich mir gekauft, das subbt noch. Vor einer Weile hatte ich auch eine neuere Biographie gekauft, aber auch noch nicht gelesen: "Lawrence: The Uncrowned King of Arabia" von Michael Asher.


    Zitat

    Ich finde übrigens heute noch, dass dieser Film einiges an Aufschluss gibt, warum bestimmte Dinge heutzutage in der Area (Iran/Irak/Syrien/Jordanien insbesondere) so ablaufen wie sie es tun.
    Meine Lieblingszene ist immer noch die, wo die versammelte "Scheichschaft" in Damaskus zusammensitzt und sich lautstark und handgreiflich darüber streitet, wer für was verantwortlich ist, warum der eine Clan die Herrschaft über die Wasserversorgung hat und der andere sich um Strom kümmern muss etc., und alle wissen nicht, was sie tun, und es funktioniert schlicht nix. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass es in den Parlamenten dieser Welt oft nicht anders zugeht :lache :lache


    :grin Die Szene fand ich auch immer gut und eben aufschlussreich.



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