Klappentext:
Eltern sind auch nur Menschen. Und was macht man mit einem Sohn, der nicht mehr in die Schule gehen möchte? David, der Vater, hat da eine ungewöhnliche Idee ...
Unser allerbestes Jahr erzählt die wunderbare und wahre Geschichte darüber, wie Mut und Vertrauen belohnt werden, wie Zeit und Zuneigung Leben verändern können.
Eine herzerwärmende, witzige und auch nachdenkliche Hommage eines Vaters an seinen Sohn. Ein Buch voller Lebensweisheit, das uns allen bestätigt, dass wir weder als Eltern noch als Kinder perfekt sein müssen. Und dass Filme Familien retten können.
Über den Autor:
David Gilmour, Jahrgang 1949, lebt in Toronto, Kanada, und ist Buchautor, Journalist und Filmkritiker. Er wurde mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet, u.a. mit dem renommierten Governor General's Award. Unser allerbestes Jahr ist David Gilmours erstes Buch in deutscher Übersetzung und war in Kanada ein Bestseller. (Quelle: S. Fischer)
Meine Meinung:
Richtigerweise müsste der Titel dieses autobiografischen Romans lauten Unsere allerbesten Jahre, denn insgesamt sind es drei Jahre, die der Ich-Erzähler David rückblickend zur schönsten und intensivsten Zeit mit seinem Sohn Jesse zählt.
Jesse ist das, was man lapidar einen Schulversager nennen könnte. Er ist ein kluger Junge, beliebt bei seinen Mitschülern, bemüht, seinen Eltern keine Schande zu machen und doch muss sein Vater irgendwann erkennen, dass er einen aussichtslosen Kampf um gute Noten und eine konventionelle schulische Laufbahn führt.
David stellt seinem Sohn frei, die Schule abzubrechen. Einzige Bedingung:
Drei Filme pro Woche, die sich Vater und Sohn gemeinsam ansehen.
Jesse willigt ein uns so verbringen Vater und Sohn viel gemeinsame Zeit auf der Couch vor dem Fernseher.
Sie sehen sich Basic Instict und Showgirls ("einen der schlechtesten Filme aller Zeiten") an, bewundern Marlon Brando in "Der letzte Tango in Paris", sprechen über die magischen Momente in Filmen, über die Figur Holly Golightly (die Jesse als Nutte bezeichnet), über Kameraperspektiven und Beleuchtungstechniken, Method Acting und die Filme der Nouvelle Vague. Und, angeregt durch die Filme, unterhalten sie sich über das Leben:
Über Talent, Träume, Zukunft, Liebe, Sex und Enttäuschung.
Im Lebensabschnitt der Pubertät, in dem Jugendliche sich eigentlich von ihren Eltern abkapseln, sie aus ihrer Welt ausschließen, kann David Zeit und Gedanken mit seinem Sohn teilen. Dieses Geschenks ist er sich bewusst. Und doch ist nicht alles eitel Sonnenschein. Jesse ist unglücklich verliebt, zweifelt an sich, trinkt Alkohol und experimentiert mit Drogen. Und David stellt zunehmend seinen unkonventionellen Erziehungsstil in Frage, befürchtet, seinem Sohn dadurch die Zukunft verbaut zu haben.
Unser allerbestes Jahr erzählt von einer außergewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung. Für mich beschreibt der Roman auch den schmerzhaften aber notwendigen Prozess des Loslassens.
Die Ohnmacht, die David angesichts Jesses Liebeskummer empfindet, die Ängste, die ihn als Vater umtreiben und die innige Liebe, die er für seinen Sohn empfindet, werden greifbar und authentisch zu Papier gebracht. Die Geschichte von Jesse und David weckt Emotionen, sie berührt und sie schafft es, zu fesseln, auch wenn ich viele der Filme, die zur Sprache kamen, nur vom Hörensagen kannte.
Für meinen Geschmack waren es etwas zu viele filmspezifischen Passagen (obwohl ich vieles ungeheuer interessant fand, z. B. die Tatsache, dass die Axtattacke von Nicholson in Shining 40 mal wiederholt werden musste, weil der Regisseur Kubrick ein "egozentrischer, selbstverliebter Pedant" war), teilweise hatte ich das Gefühl, der Autor nutzt diesen Roman als kleinen Vorwand, um seiner Leidenschaft für Film ungehemmt frönen zu können ...
Andererseits gelingt es ihm, Filmszenen so lebendig, anschaulich und nachvollziehbar zu beschreiben, dass man man meinen könnte, man hätte den Film selbst schon gesehen. Deshalb verzeihe ich dieses in meinen Augen kleine Ungleichgewicht von eigentlicher Geschichte und cineastischem "Beiwerk" gerne.
Unser allerbestes Jahr ist für mich ein richtiges "Wohlfühlbüch". Emotional ohne kitschig zu sein, mit einer gewissen Leichtigkeit, Herzenswärme und Humor erzählt, ohne in allzu seichten Gewässern herumzudümpeln.