No & ich - Delphine de Vigan

  • Ich durfte dieses Buch als WB lesen (Danke, Sigrid :anbet) und gebe zu, dass ich vorher etwas skeptisch war. Ja, ich habe tatsächlich überlegt, entweder abzuspringen oder mich nach hinten setzen zu lassen und erst paar Rezis abzuwarten.


    Ich bin kein Fan von französischen Filmen und hatte Angst, dass dieses Buch so ist, wie einige französische Filme - alle finden sie schön und sind hingerissen und ich denke nur "Ja...und weiter?" oder so.
    Außerdem hab ich schon mal ein Buch gelesen, von dem hier viele begeistert waren, weil die Sprache und die Themathik so außergewöhnlich schön war und ich war wieder diejenige, die dem Buch nicht so viel abgewinnen konnte wie andere Eulen ("Deine Juliet").


    Aber ich kann mit gutem Gewissen und gutem Gefühl sagen: ein wunderschönes Buch.
    Die Sprache und der Stil sind etwas ungewöhnlich, finde ich. Diese unzähligen Gedankengänge von Lou und die schnellen Gedankensprünge findet man nicht alle Tage in einem Buch. Ein interessanter Schreibstil.


    Die Geschichte ist rührend, schön, traurig und nachdenklich zugleich. Lou wächst einem ans Herz - zumindest ging es mir so. Und auch No und Lucas mochte ich sehr.


    Das Ende war weder zu kitschig noch unglaubwürdig - genau richtig, würd ich sagen.


    Ich könnte, glaub ich, nicht viele Bücher dieser Art lesen. Irgendwann wäre mir der Schreibstil doch zu anstrengend und würde mir wohl aufn Keks gehen. Dennoch - hier hat es gepasst.


    Ich weiß nicht, ob ich mich in einem Jahr noch gut an das Buch erinnern kann. Aber ich weiß, dass es mir jetzt seeeehr gut gefallen hat und volle 10 Punkte von mir bekommt :-]

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Nach all den begeisterten Rezensionen hatte ich von diesem Buch mehr erwartet. Schlecht fand ich es nicht, aber auch nicht überragend gut. Der Stil ging mir bis zum Ende auf die Nerven, auch wenn ich verstehe, weshalb die Autorin genau diesen Stil gewählt hat. Trotzdem, Lous ständige Gedankensprünge hätte man auch etwas anders zum Ausdruck bringen können. Mein Respekt gilt vor allem der Übersetzerin, denn das Buch muss unglaublich schwer zu übersetzen gewesen sein.


    Das Thema war gut gewählt und interessant aufgearbeitet, nur eines hat mich gestört: Dieses Buch zeichnet eine Welt, in der es keine funktionierende Familie gibt. Das lässt das Buch noch deprimierender nachwirken, auch wenn das Ende Hoffnung macht. Gerade die Mütter scheinen in diesem Buch allsamt kaputte Menschen zu sein: Nos Mutter, die ihre Tochter hasst, Lous Mutter, die einen wesentlichen Schicksalsschlag nie überwunden hat und in ihrer eigenen Welt lebt, und Lucas' Mutter, die ihren Sohn komplett vergessen zu haben scheint. Das wirft für mich die Frage auf, ob die Autorin selbst ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Mutter hat und es auf diese Weise verarbeitet. Ich finde es schade, dass es in diesem Buch keine einzige Mutter gibt, die halbwegs normal handelt.


    Alles in allem war es eine interessante Lektüre. No & ich ist ein Buch, das ich einem Jugendlichen sofort in die Hand drücken würde, wenn er/sie auf der Suche nach einer anspruchsvollen Lektüre ist.

  • Zitat

    Original von vorleser
    Mir bleibt nicht mehr viel zu sagen, als das ich allen positiven Rezis nur zustimmen kann. Für mich bis jetzt das beste Buch 2009!


    Noch jemand so begeistert wie ich :freude!
    Ich muss ja noch oft an das Buch zurückdenken.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Mich hat das Buch nicht (ganz) so begeistert zurückgelassen.
    Warum kann ich so genau nicht sagen.


    Die Geschichte fand ich nicht schlecht, die Idee die dahinter steckte war bewegend und regte zum Nachdenken an. Irgendwie kam mir das ganze aber wirklich wie ein Schulprojekt vor - welche Eltern lassen ein Obdachloses Mädchen bei ihnen wohnen (okay, auch wenn in Paris die Situation eine andere ist!)? Dazu dann das hyperintelligente Kind, das mir teilweise ziemlich auf die Nerven fiel mit ihren Ticks. Der Erzählstil war anregend, aber schon etwas komisch.


    Ich kann nicht sagen, dass mir das Buch schlecht gefallen hätte - dazu war ich zu schnell durch (1 Tag) und habe es doch zu sehr genossen - aber uneingeschränkt TOLL und so wundervoll wie viele andere hier kann ich es nicht finden.


    Für mich sind das 7 von 10 Punkten.

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

  • Die nicht-repräsentative, informelle Eulen-Statistik hat Recht behalten: nachdem mich schon "Gargoyle" begeistert hat, ging es mir mit "No & ich" genauso.


    Ein wunder-wunderschönes Buch, das mich bezaubert und berührt hat. :-]

  • So ganz in den Bann konnte mich das Buch nicht ziehen. Aber nicht weil mir die Geschichte nicht gefiel. Ganz im Gegenteil. Die Geschichte ist richtig schön geschrieben. Auch die Sprache gefiel mir. Vor allem die philosophischen Gedankengänge von No und den anderen fand ich klasse.


    Ein Buch was ich Jugendliche durchaus empfehlen würde. Aber auch Erwachsene Leser.


    Von mir gibt es allerdings nur 8 Punkte. Der gewisse Kick fehlte einfach.

  • Leider kann ich mich den vielen positiven Rezensionen zu „No & ich“ nicht anschließen. Dabei hat diese Geschichte Potential, sowohl was das Thema Obdachlosigkeit und soziale Gerechtigkeit, als auch das Erwachsenwerden vor dem Hintergrund einer gar nicht heilen Welt angeht.
    Woran lag es nun, dass mich dieses Buch so gar nicht überzeugen konnte?


    Da sind zum einen die Figuren:
    Lou benimmt sich nicht wie eine hochbegabte Dreizehnjährige, sondern eher wie ein experimentierfreudiges Kleinkind: die Länge einer Klopapierrolle per Versuch zu bestimmen, anstatt sie auszurechnen, dieses Experiment dürfte wohl jedes Zweijährige schon einmal unternommen haben. Auch die Analyse der Welt um sie herum mutet keineswegs genial an „Wir schicken Menschen zum Mond, und auf der Straße sterben die Menschen“. Ersetze den zweiten Teil des Satzes durch „..und in Afrika verhungern die Kinder“ oder „..und in Island fressen sie Wale“, und das Standard Argument jeder Aktionsbude in der Fußgängerzone zur Vorweihnachtszeit ist fertig. Ihr Blick auf das Leben auf der Straße ist das eines Wohlstandskindes, dem ein Leben ohne Fernsehabende im kuscheligen Wohnzimmer als eine Katastrophe erscheint. Und genau dieser naive Blick ist auch der Grund, warum das Schicksal der Obdachlosen blass und klischeehaft bleibt: sie wohnen in Zelten auf dem Grünstreifen und trinken Rotwein aus Plasteflaschen. Vielmehr erfahren wir nicht, ein Blick in die örtliche Straßenzeitung führt da zu wertvolleren Erkenntnissen.


    Auch No, eigentlich ja Hauptperson des Buches, bleibt seltsam farblos. Zunächst noch die furchteinflößende Straßengöre, kommt es wie es kommen muss: innerhalb kürzester Zeit wird sie zu einem Wrack der Straße, das sich ohne zu zögern brav unter die Fittiche eines kleinen Mädchens begibt, nach einiger Zeit des Aufpäppelns gesund und munter den Müll runterbringt, mit Lous Eltern plaudert, eine schlecht bezahlte Arbeit annimmt und von gelegentlichen Gläsern Cidre beim gemeinsamen Fernsehabend mal abgesehen, dem Alkohol abschwört. Da sind keinerlei Konflikte erkennbar, keine Reibereien, keine Seelenarbeit, keine Entwicklung. Was denkt dieses Mädchen, fühlt sie? Wir erfahren es nicht, sondern müssen uns mit den kindlich-oberflächlichen Betrachtungen Lous zufrieden geben. Seht ihr, gebt den Obdachlosen ein ordentliches Heim und alles wird gut. Zwar zeigt der Roman am Ende, dass es so einfach doch nicht ist, ob das jedoch zu einem wirklichen Lernprozess bei Lou führt, bleibt fraglich. Folgerichtig wendet sich ihr Interesse am Ende des Buches auch ganz anderen Dingen zu.


    Am meisten hat mich aber Lucas geärgert, selten ist mir in der Literatur eine derart unausgegorene Figur begegnet. In der Schule Totalverweigerer (ob er wohl ein Zukunft wie No ansteuert?), ist er in Wirklichkeit klug, wunderschön und reinen Herzens. Das soll glaubhaft sein? Auch hier muss eine lieblos zusammengekleisterte „Lebensgeschichte“ Erklärung genug sein, lässt einen aber eher ratlos zurück.


    Dass dann auch noch „Der kleine Prinz“ herhalten musste, hat mich nicht weiter überrascht, bewegen sich die philosophischen Erkenntnisse Lous auf einem ähnlichen Niveau.


    Vielleicht habe ich das Buch aber einfach nicht verstanden. Die Wechsel von Imperfekt und Präsens folgen womöglich einem ausgeklügelten Schema, die ständigen Wiederholungen (...wäre mir eine echte Hilfe) sind möglicherweise Stilmittel. Mich hat es jedenfalls nur noch genervt.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Rezension


    Die 13jährige Lou gilt mit einem IQ von 160 als hochbegabt und hat bereits zwei Klassen übersprungen. In der Schule ist sie deswegen eine Außenseiterin, klein, schmächtig und für die älteren Mädchen gänzlich uninteressant.
    Auch zu Hause hat Lou es nicht leicht. Seit dem Tod ihrer jüngeren Schwester lebt ihre Mutter in ihrer eigenen Welt und trotz der Bemühungen des Vaters, die Normalität so gut es geht zu wahren, ist das Familienleben der Bertignacs kaum noch als solches zu bezeichnen. Durch unzählige Experimente mit Alltagsgegenständen stillt Lou nicht nur ihren Wissensdurst, sondern verdrängt gleichzeitig auch ihren Schmerz.


    Als sie für die Schule ein Referat über das Thema Obdachlosigkeit vorbereiten muss, lernt sie No kennen, die mit gerade mal 18 Jahren auf den Straßen von Paris lebt und täglich ums Überleben kämpfen muss, stets auf der Suche nach etwas Essbarem und einem trockenen und sicheren Schlafplatz.
    Zunächst treffen sie sich nur aufgrund des Referats, aber bald entwickelt sich eine Freundschaft, fast schon eine Abhängigkeit zwischen den beiden und Lou beschließt, No wieder ins richtige Leben zurückzuführen. Ein Experiment mit positivem Ausgang?


    «No & ich» wurde 2oo8 mit dem französischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet und überzeugt vor allem durch seine starken Charaktere. Trotz der geringen Seitenzahl verleiht die Autorin ihren beiden tragischen Heldinnen eine enorme Tiefe und zieht den Leser damit gleich in ihren Bann. So manches Mal möchte man die beiden Mädchen gerne in den Arm nehmen, sie trösten und ihnen sagen, dass alles gut wird. Aber so einfach ist das nicht. Denn das Schicksal ist nicht immer gerecht. Das müssen Lou und No am eigenen Leib erfahren.


    So erzählt Lou ihre Geschichte mal voller Hoffnung, mal zutiefst traurig, auf der einen Seite poetisch, auf der anderen wieder kindlich-amüsant. Sie lässt ihren übersprudelnden Gedanken freien Lauf und sprengt dabei sämtliche Grenzen der Grammatik. Statt einzelne Sätze mit einem Punkt zu beenden, werden sie lediglich durch Kommas getrennt und ziehen sich so über die halbe Seite. Wörtliche Rede wird ohne Anführungszeichen ebenfalls zwischen die Kommas gequetscht. Dieses Stilmittel vermittelt zwar eine klare Vorstellung davon, was in Lous Kopf vor sich geht, hemmt aber leider auch etwas den Lesefluss.
    Zum schnellen Verschlingen ist das Buch aber ohnehin nicht geeignet. Dazu liegt schon das Thema zu schwer im Magen. Denn, wie kann es immer noch Menschen geben, die durch sämtliche Raster fallen und auf der Straße leben müssen? Eine unbequeme Vorstellung, die betroffen macht.


    Zum Ende hin schwächelt die Erzählung allerdings etwas. Einerseits scheint der Abschluss genau richtig, andererseits bleibt aufgrund diverser Entwicklungen ein schaler Beigeschmack. Es macht eben einen Unterschied, ob man mit Sicherheitsnetz leiden kann oder nicht.


    FAZIT: Eine bittersüße, eindringlich erzählte Geschichte, die durch das Ende aber etwas von ihrem Zauber verliert.


    Wertung: 4/5

  • Das Buch fiel mir in der Bibliothek immer wieder auf, weil ich das Cover schön gestaltet finde. Total ansprechend! Als ich dann hier all diese guten Besprechungen las, entschied ich mich, das Buch auch zu lesen.


    Der Schreibstil und die Erzählweise gefiel mir wirklich gut. Die ganze Geschichte erzählt aus der Sicht des jungen Mädchens - schön und mit vielen Details ausgeschmückt. Auch die Idee, mit dem Thema der Obdachlosigkeit fand ich gut gewählt. Vor allem gegen Schluss verlor die Geschichte für mich jedoch ein wenig an Faszination mit dem hin und her und auf und ab. Das Ende, das aber einiges offen lässt finde ich hingegen okay so. Leider kann ich mich hier diesen Lobeshymnen nicht unbedingt anschliessen, wobei ich das Buch aber keineswegs total schlecht finde.

    Zeile für Zeile,
    Meine eigene Wüste
    Zeile für Zeile
    Mein Paradies.
    (Marie Lusie Kaschnitz)

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  • Ich lese jetzt noch die letzten 4 Seiten,
    dann muss ich leider ein schönes Buch zur Seite legen.
    Lou und No haben mich von Anfang an in ihren Bann gezogen.
    Ein feines Jugenduch, dass auch mir (nicht mehr ganz jung)
    das ein oder andere Auge geöffnet und mich zum Nachdenken
    angeregt hat.
    8 von 10 Punkten!


    Wenn es wer will:
    No & ich in Melkats TT-Regal

  • No & ich behandelt die rührende Freundschaft zwischen einer 13-jährigen Hochbegabten und einer Obdachlosen von 18 Jahren.
    Obwohl beide Mädchen in verschiedenen Welten leben, sieht unsere Protagonistin nicht ein, warum dies ein Hindernis darstellen soll und freundet sich entgegen aller Konventionen mit Nolwenn an. Delphine de Vigan lässt den Leser ausschließlich durch Lous Augen sehen, fühlen und enthält sich selbst jeglichen Kommentars. Während des Lesens ist man demenstprechend introvertiert, einsam und ständig am Grübeln. Man versinkt in Lous einzigartiger Gedankenwelt. Einerseits ist es erstaunlich wie weit Lou ihrer Umgebung voraus ist, andererseits hegt sie die einfachen, naiven Wünsche und Hoffnungen eines Kindes und scheint genau diese nicht erfüllt zu bekommen.
    Ich habe mit No & Lou mitgelitten, wollte trotz der Unwahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Entkommens aus dem unerbittlichen Strudel, in den Nolwenn erbarmungslos hineingezogen wurde, dass sich alles zum Guten wendet.


    Die Dialoge finden größtenteils in der indirekten Rede statt.
    Die Sätze sind oftmals kurz und einfach. Wenn sie indessen länger sind, ist es überwiegend eine Aneinanderreihung von wiederum kurzen Sätzen, bei denen Lou lediglich den zu setzenden Punkt vergessen zu haben scheint.
    Es lassen sich viele Passagen und Aussagen finden, die vieldeutig, ausdrucksstark und schön sind.


    10 Punkte für diese Geschichte, die mich etwas traurig zurückgelassen hat. Ein Buch, das man, soweit die Möglichkeit besteht, auf jeden Fall in der Originalsprache lesen sollte.

    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen - Buddha

  • Wir haben hier im Forum nicht nur die vielen angemeldeten Eulen die Meinungen zu den Büchern lesen sondern auch sehr viele Besucher die sich gerne zum Kauf oder zum Lesen von Büchern inspirieren lassen. Da gerade die Urlaubszeit beginnt ist sicherlich der/die ein(e) oder andere auf der suche nach einem Urlaubsbuch. Hier ist ein Roman den ich uneingeschränkt zur Urlaubslektüre empfehlen kann. Mit knapp 250 Seiten ist das Buch nicht allzu lang, was dem ein oder andern Gelegenheitsleser entgegenkommen könnte. Zudem spielt die Geschichte in Paris und irgendwie ist es gefühlt eine typisch französische Geschichte. :zwinker


    Kurzbeschreibung (von Homepage Droemer Knaur)


    Lou lebt in Paris. Sie ist 13 Jahre alt, hochbegabt und eine Einzelgängerin. Sie kann seit ihrem vierten Geburtstag lesen und sich jede Unterhaltung genau merken. Lou hat bereits zwei Klassen übersprungen, doch obwohl sie einen IQ von 160 hat, macht ihr das Binden ihrer Schnürsenkel noch immer gewisse Probleme. Um die Welt zu verstehen, beobachtet sie die Menschen und stellt unglaublich gewagte Theorien auf.


    Als Lou die 18-jährige No trifft, die mitten in Paris auf der Straße lebt, wagt sie ihr bis dahin größtes Projekt: No retten! No mit ihren dreckigen Klamotten und ihrem müden Gesicht. No, die bettelt und schier am Verhungern ist und zu viel trinkt. No, deren Einsamkeit sie völlig fertig macht. No, die für Lou ein Mensch ist, der ihre Welt auf den Kopf stellt.


    Meine Meinung


    Beim Lesen dieses Buches fühlte ich mich wieder zwanzig Jahre jünger, zwar nicht körperlich sondern geistig. Ich fühlte mich in eine Zeit zurückversetzt als man als jugendlicher glaubte alles zu Wissen und die Welt verändern zu können. Und zwanzig Jahre später weiss ich, dass ich damals nur einen Bruchteil gewusst hatte und das der Elan zum Weltverbessern weitgehend abhanden gekommen ist. *tiefer Seufzer*


    Deutlich wird das, weil wir Leser Lou Bertignac dabei begleiten können wie sie sich mit der Obdachlosen No anfreundet und versucht Nos Leben zum Guten zu wenden und ihr die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu vermitteln. Dabei hat Lou trotz oder gerade durch ihre Hochbegabung genug eigene Probleme. Als kleinstes und schmächtigstes Mädchen in ihrer Schulklasse ist sie eine Aussenseiterin und auch in ihrer eigene Familie steht nicht alles zum Besten. Vielleicht gerade weil die beiden jungen Menschen auf ihre jeweils unterschiedliche Art Aussenseiter sind finden sie zusammen und schliessen Freundschaft. Nos Leben zu verändern erfordert von Lou unheimlich viel Kraft und Courage und wird zu ihrem bisher schwersten "Experiment" denn leider verläuft nicht alles so wie es sich die beiden Erhoffen und Wünschen. Werden sie es zusammen schlussendlich schaffen?


    Bei diesem Buch habe ich schon nach ein paar Seiten gemerkt das ich eine Trouvaille in den Händen halte. Die Geschichte ist mit viel Charme und Einfühlungsvermögen geschrieben und hat mich nicht nur berührt sondern auch zum Nachdenken bewogen. Ein Roman der melancholische Momente hat aber auch viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft vermittelt. Ein Roman der die Wichtigkeit der Zivilcourage zeigt aber auch welche Mühen und Hindernisse damit verbunden sind. Erwähnenswert ist der Schluss der Geschichte, mir gefällt er so wie er ist sehr gut.


    Zu Bemängeln gibt es die teilweise zu oberflächliche Ausstaffierung der Personen. Bei längerem Nachdenken sind nicht alle Personen in ihren Rollen glaubwürdig. Hier ist ganz klar Lucas zu erwähnen. Auch von No hätte ich mir manchmal mehr Einblicke in ihre Gedenken- und Gefühlswelt gewünscht. Für die Bewertung werde ich dafür zwei Punkte abziehen, aber gefühlt sind mir diese negativen Punkte nicht so wichtig, zu gut ist der Gesamteindruck des Buches. 8 von 10 Punkten von mir.


    Für wen eignet sich dieses Buch?


    Dieser Roman hätte auch unter der Kategorie Jugendbücher eingeordnet werden können. Die Handlung dürfte fast alle Jugendlichen ansprechen und ist auch so geschrieben das sie es verstehen. Als Erwachsener mit mehr Lebenserfahrung verfolgt man die Handlungen der beiden Protagonisten mit viel Interesse und die schlussendliche Einordnung unter Belletristik macht Sinn. Somit kann dieses Buch Generationenübergreifend gelesen und auch so bezeichnet werden.

  • Mir hat dieses kleine Büchlein ausgesprochen gut gefallen, eigentlich kann ich alles unterschreiben, was Seestern in ihrer Eröffnungsrezension zum Ausdruck gebracht hat. Ein warmherziger, aber auch zum Nachdenken anregender Roman mit einer sehr sympathischen Hauptfigur und mit einem gut gewählten Schreibstil, der einerseits eine gewisse Leichtigkeit vermittelt, andererseits aber auch die inhaltliche Tiefsinnigkeit transportiert. Einige haben hier angemerkt, "No & ich" würde zum Ende hin schwächeln, dies habe ich gerade gegenteilig erlebt - ein absolutes passendes, nicht allzu überraschendes, aber sinniges Ende eines berührenden Werkes, in dem sich Hoffnung und Fatalismus, Melancholie und Lebensfreude miteinander vermischen.