Der Adler der Neunten Legion von Rosemary Sutcliff (ca. 12 J.)

  • Der römische Centurio Marcus hat sich nach Britannien beworben, weil dort, im hohen Norden des Landes, die Legion seines Vaters spurlos verschwunden ist. Kein einziger Soldat ist zurückgekehrt und auch das Feldzeichen, den römischen Adler, hat niemand mehr wieder gesehen. Marcus möchte herausfinden, was damals wirklich geschehen ist. Doch geschieht noch viel, ehe er endlich die Erkundungsreise antreten kann. Wird es ihm aber gelingen, seinen Vater wiederzufinden und den römischen Adler zurückzuholen?


    Dieses Buch ist ein gelungenes Werk, um Kinder die römische Geschichte näher zu bringen. Ich stieß damals im Zuge auf ähnliche Werke wie "Quintus" von Stöver darauf und war sofort begeistert.



    ab 12 Jahren

  • Der Adler der Neunten Legion
    von: Rosemary Sutcliff

    OT: The Eagle of the Ninth
    Neuübersetzung aus dem Englischen von: Astrid von dem Borne

    ISBN: 978-3772517549


    Rosemary Sutcliff (1920-1992), die aufgrund einer Erkrankung längere Zeit an Bett und Rollstuhl gefesselt war und sich viel mit Geschichtsstudien befasste, schrieb zahlreiche in vielen Sprache übersetzte Jugendbücher, wovon die für mehrmals ausgezeichnete "Eagle of the Ninth"-Serie am bekanntesten ist.


    In diesem Buch, dem ersten Band der lose zusammenhängenden "Eagle of the Ninth"-Serie, der ebensogut einzeln stehen kann, bewirbt sich der junge Römer Marcus nach Britannien um mehr über das mysteriöse Verschwinden der Legion seines Vaters, der Neunten Spanischen Legion, und deren Legionsadlers herauszufinden. Nachdem er zuerst die Lagerführugn in Isca Dumnoniorum (Exeter) innehatte, muss er wegen einer Kampfverletzung die Armee verlassen und zieht zu seinem Onkel Aquila nach Calleva Atrebatum (Silchester), wo er sich mit seinem Leibsklaven (einem britischstämmingen ehemaligen Gladiator) einem Wolfsjungen und der wilden Nachbarstochter Cottia befreundet.
    Als er Informationen über einen von schottischen Stämmen als Gott verehrten Goldadler erhält, macht er sich zusammen mit seinem nun freigelassenen Sklaven Esca verkleidet als Augenarzt auf den Weg in den nicht eroberten Norden des Landes, da er hofft mehr über das Schicksal seines Vaters zu erfahren und an den Adler zu gelangen.


    Wie im Vorwort erklärt, verknüpft Rosemary Sutcliff den Fund eines Goldadlers in Silchester mit dem damals angenommen Verschwinden der Legio VIIII Hispana nach Kämpfen in Britannien zu einem geschichtlichen Abenteuerroman für Jugendliche. Man merkt Rosemary Sutcliff an, dass sie weiß wovon sie spricht. Als Geschichtslaie kann ich zwar die Richtigkeit ihrer Schilderungen zwar nicht überprüfen, aber sie erzählt mit solch einer Genauigkeit das Leben der römischen und britannischen Bürger, der Sitten und Gebräuche, dass sie die Vergangenheit wahrhaft lebendig werden lässt.


    Die Hauptcharaktere sind allesamt gut dargestellt und glaubwürdig entwickelt, als etwas schlechter empfand ich die Darstellung der Nebencharaktere. Marcus und Esca waren beide sehr sympathisch, ein nettes Gespann, das ich gerne durch unterschiedliche Gefahren begleitet habe.


    Sehr schön fand ich diesbezüglich auch, dass das Verhältnis zwischen Römern und Briten aus beiden Sichtweisen dargestellt wurde, was Schwarz-Weiß-Malerei verhinderte, wenn auch die römische Sichtweise wegen des Protagonisten Marcus überwog. Marcus erschien mir mit recht modernen und toleranten Ansichten ausgestattet - er interessierte sich für das Leben der Britannier, sah Esca eher als Gleichgestellten, denn als Untergeordneten und verabscheute sinnloses Abschlachen in der Arena.


    So gelang es Rosemary Sutcliff zugleich moderne und römische Ansichten zu verknüpfen und ein lehrreiches, wenn auch nun etwas altmodisches Buch für Kinder und Jugendliche zu schreiben. Es ist ein Abenteuerroman, voller geschichtlicher Informationen. Wenn man auf Action aus ist, mag man nicht viel daran finden und die erklärenden Passagen zu Längen deklarieren. Ich habe sie genossen. :-] So macht Geschichtsunterricht Spaß!


    Ich habe das Buch in einer älteren Übersetzung von Ilse Wodtke gelesen, die mir sehr gefallen hat - mit Astrid von dem Borne habe ich allerdings schon eine schlechte Erfahrung bezüglich eines anderen Jugendbuches gemacht.


    Fazit:
    Ein gelungenes spannendes Jugendbuch, das Geschichte lebendig werden lässt.


    8/10 Punkten

  • Wie so oft verstehe ich auch bei diesem Buch nicht wirklich, was es eigentlich als Jugendbuch qualifiziert. Aber gut, das ist eine alte Frage, an der ich oft kaue. Das Problem ist einfach, dass "Jugendbuch" vor allem früher für mich - ironischerweise vor allem als junge Jugendliche - ein Stigma war. Skandalöser Irrtum, den ich glücklicherweise irgendwann überwunden habe, wenn auch als Erwachsene.


    Wie auch immer. Dies ist auf jeden Fall ein sehr gutes und sehr schönes Buch. Die Charaktere sind mehrdimensional, außer vielleicht dem Quotenmädchen Cottia, die mir ein bisschen zu klischeehaft war.


    Im Mittelpunkt stehen natürlich Marcus und Esca und hier entwickelt sich die Freundschaft sehr schön. Mein geheimer Favorit war allerdings Onkel Aquila mit seiner ironischen Art, in der er immer wieder erwähnt, wie sehr er (nicht) darunter leidet, dass ihm nun dieser Neffe über den Weg gelaufen ist. Überhaupt hat mir der Schreibstil (ich habe englisch gelesen) sehr gut gefallen, weil es mit einem Augenzwinkern geschrieben war. Und Cub fand ich - Hundemensch, der ich bin - auch allerliebst. Aber können Wölfe wirklich lernen zu bellen und mit dem Schwanz zu wedeln, wie Hunde? Egal.


    Dass sich das Abenteuer nicht zu einem "Wir gegen die" entwickelt hat, sondern mehr ein "Ich respektiere sie aber ich will halt diesen Vogel wieder haben!" war, war auch sehr schön gemacht.


    Ich habe in meiner Leseliste überrascht entdeckt, dass ich vor vielen Jahren schon mal eine Sutcliff gelesen habe, "Bonnie Dundee", die mich, wie man sieht, nicht sonderlich beeindruckt hat. Aber jetzt vergesse ich den Namen nicht mehr, denn es mag sich lohnen, auch anderes von ihr zu lesen. Ein anderes ihrer "keltischen" Bücher habe ich sogar erstaut in meiner LUB entdeckt. Ich denke, jetzt vergesse ich das auch nicht mehr und sollte es zweifellos auch irgendwann lesen, denn jetzt weiß ich, dass Sutcliff schön erzählen kann.


    PS: Eigentlich habe ich die Film-tie-in-Version gelesen, aber es erscheint mir jetzt geradezu obszön, diesen Film mit diesem Buch in Verbindung zu bringen, weshalb ich lieber eine andere Ausgabe verlinke. Ich werde mich dazu noch im Filmthread auslassen.
    .

  • Es ist ein historischer Roman ab ca. 14 Jahren. :grin


    Das zugrundeliegende Thema, was genau ist Ehre eines Soldaten in einem besetzten Land sowie das zweite Thema, was ist Heimat, sind sehr anspruchsvoll und auch anspruchsvoll gelöst. Ich habe so manches in diesem Buch als Jugendliche nicht verstanden, das kam erst später. Ich hatte den 'Adler' nur immer als richtig gutes Buch in Erinnerung, vor allem, weil ich das Gefühl hatte, daß ich hier nicht als Teenager, sondern als recht erwachsene Leserin angesprochen werde. Die Autorin befand mich für wert, mir von ernsthaften, großen Themen zu berichten, so in der Richtung. Das schwang immer mit.
    Abgesehen davon, daß ich die Geschichte mit dem Rätsel um eine verschwundene Legion rasend spannend fand.


    Eien Liebesgeschichte hätte ich auch nicht gebraucht und sie wirkt auch ein wenig aufgesetzt aus heutiger Sicht. Sutcliff braucht sie aber, weil es ihr ja um die Verwurzelung der Besatzer im Land und der Verschmelzung der Kulturen im Hinblick auf die Entstehung einer neuen geht. Und so, wie sich gewisse Leute dann jenseits des Wall ansiedeln, muß Marcus das sozusagen dann tun, wenn er wieder zurückkehrt.
    Um die Zukunft zu sichern, muß halt ein weibliches Wesen her. Das ist durchaus logisch in Sutcliffs Kontext.


    Was Sutcliff selbst angeht, so habe ich, obwohl ich nicht allzu viele ihrer Bücher gelesen habe, den Eindruck, daß sie Männerfiguren einfach besser gestalten kann als Frauen. Ihre Frauenfiguren sind, auch wenn es sehr tragisch werden kann, Flavia in 'Drachenschiffe drohen am Horizont' (The Lantern Bearers) von 1957 etwa, nicht unbedingt blaß, aber immer eher Hintergrund.


    'The Silver Branch' - Der silberne Zweig könnte noch eins für Dich sein, es gehört auch zu den Büchern um die Familie Aquila und spielt vor allem unter Offizieren in der römischen Armee.


    Herzlichen Dank, daß Du auf den Link zu besagter Neuerscheinung verzichtet hast. :-)


    Ich schreibe hier noch einmal, was ich schon im Film-Thread geschrieben habe: die neuere Übersetzung (seit ca. 2000 auf dem Markt) liest sich flott, aber sie hat einige dämliche Holperer und es fehlen einige Stellen. Die ältere Übersetzung ist auf jeden Fall besser, wenn man das Buch nicht im Original lesen möchte oder kann.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von magali
    Um die Zukunft zu sichern, muß halt ein weibliches Wesen her. Das ist durchaus logisch in Sutcliffs Kontext.


    Cottia hat nicht gestört, dafür dass sie das schreckliche "ich bin ein wildes Mädchen das brav sein soll"-Klischee erfüllt hat. Wobei das zugegebenermaßen zu Sutcliffs Zeit noch nicht so ausgereizt war und sich auch daraus erklärt, dass sie als Keltin bei der romanisierten Tante lebt. Cottia, nicht Sutcliff. :grin


    Zitat

    'The Silver Branch' - Der silberne Zweig könnte noch eins für Dich sein, es gehört auch zu den Büchern um die Familie Aquila und spielt vor allem unter Offizieren in der römischen Armee.


    Danke, ich habe es gemerkzettelt. Überrascht in meiner LUB entdeckt habe ich "Owins Weg in die Freiheit".


    Zitat

    Herzlichen Dank, daß Du auf den Link zu besagter Neuerscheinung verzichtet hast. :-)


    Es ist schon kurios, aber das erschien mir in dem Fall wirklich falsch.

  • Ach was tut ihr mir an. Ich hab sofort die ganze Eagle of the ninth Serie auf meine Wunschliste gesetzt.

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. - Marie von Ebner-Eschenbach

  • Grisel


    Das 'Owin'-Buch müßte Dawn Wind sein, das spielt aber bereits im 6. Jahrhundert. Heißt der Mann nicht Owain?


    'Drachenschiffe' war mein liebster nach 'Eagle', aber 'Drachenschiffe' ist ziemlich düster.



    Lili_Morinstal


    :grin


    Aber: die Bücher sind keine Serie im traditionellen Sinn. Es ist die Geschichte vom römischen England bis fast zum normannischen, lose verbunden durch den Familiennamen 'Aquila' und einen gewissen Ring, den die Männer der Familie tragen. Also keine fortlaufende Familiengeschichte, sondern die Geschichte einer Familie in der fortlaufenden Entwicklung Englands über acht -, neunhundert Jahre.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Das 'Owin'-Buch müßte Dawn Wind sein, das spielt aber bereits im 6. Jahrhundert. Heißt der Mann nicht Owain?


    Das ist "Dawn wind", ja. Aber der Knabe heißt in meiner deutschen Ausgabe tatsächlich Owin. Hat man ihm sein a abererkannt? Vielleicht einer dieser rätselhaften Fälle, wo man dachte, man müsse den Namen vereinfachen/eindeutschen. Wobei Owin ja nicht wirklich ein Name ist, scheint mir.

  • Gaaah!
    Scheint mir wirklich mal wieder so ein Fall von Unfall zu sein. Was, bitteschön, ist gegen das schöne keltische 'Owain' einzuwenden?
    'Owin' gibt es so nicht.


    'Owin' im deutschen Text mag sein, was es will, als germanischer Name gibt es überhaupt keinen Sinn. Freund ('win') wovon? Vom 'O'??
    Gaah!


    Jetzt muß ich hier aber aufhören, gestern habe ich mich glatt dabei erwischt, daß ich den 'Silbernen Zweig' aus dem Regal gezogen und darin gelesen habe.
    Dafür habe ich nun wirklich keine Zeit! :fetch


    Aber schön war's. :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    'Owin' gibt es so nicht.
    'Owin' im deutschen Text mag sein, was es will, als germanischer Name gibt es überhaupt keinen Sinn. Freund ('win') wovon? Vom 'O'??


    Vielleicht war der Übersetzer Fan meiner Heimatstadt und wollte sie geschickt verewigen? "Oh Wien!" :chen