'Der Azteke' - Anfang - Kapitel 03

  • Gestern Abend habe ich angefangen zu lesen - und bin wieder mittendrin in der Geschichte. Das Buch habe ich schon einmal gelesen (vor ungefähr 15 Jahren) und da ich auch noch einen Fortsetzung hier liegen habe (der Sohn des Azteken) konnte ich dieser Leserunde einfach nicht widerstehen.


    Die Briefe des Bischofs von Mexico an den spanischen König sind herrlich. Das fängt mit den vielen Titeln an und endet mit der Beschreibung der "unglücklichen und geistlich benachteiligten Indianer". Das der Mexicatl, der den Bericht liefert, viel gelehrter und intelligenter als der Bischof ist, ist auch eindeutig. Die einzelnen Übersetzungen z.B. Exzellenz - Baum großen Schattens, sind einfach sehr schön gewählt.
    Die ganzen Beschreibungen von "Sieben Blume" sind sehr blumig und sehr farbenfroh - ich kann mir alles sehr gut vorstellen (wenn auch einiges für unsere Verhältnisse, ziemlich brutal ist (z.B. die Beschreibung der Opferszenen). Aber ich habe noch einiges zu lesen, bis ich den ersten Teil geschafft habe. Die Schrift ist sehr klein und der Schreibstil teilweise ungewohnt. :wave

  • Ich habe schon gestern begonnen, komme aber nur langsam voran. Zwar habe ich gerade erst zwei Bücher auf Englisch gelesen, bin also „drin“ in der Sprache, aber dennoch brauche ich viel mehr Zeit. Dennoch bleibe ich, nach meinen Erfahrungen mit anderen Übersetzungen, bei der Originalsprache (auch wenn ich darob hoffnungslos ins Hintertreffen bzw. Hintendran geraten werde). Allerdings habe ich von diesem Buch keine deutsche Ausgabe, so daß ich die Übersetzung nicht vergleichen (und auch nicht auf deutsch zitieren) kann. Ich gebe bei Zitaten das Original und teilweise eine sinngemäße Übersetzung, das wird schon klappen. Das als Vorrede.


    Das Buch selbst hat mich sehr schnell erfaßt. Auch wenn es mit Sicherheit keine leichte Lektüre werden wird. Leicht bezogen auf den Inhalt, nicht die Sprache. Ich habe geringe Vorkenntnisse, und werde mir die nächsten Tage nochmals die Dokumentation über die Azteken innerhalb der „500 Nations“ ansehen. Bisher stimmen die Details mit meinem Vorwissen überein. Die Überheblichkeit der „Weißen“ ebenfalls. Gleich zu Beginn (Seite 4), im Brief des Bischofs an den König:
    (...) whom devine Providence has willed that the whole world should obey and serve.“
    ((...) den die göttliche Vorsehung dazu bestimmt hat, daß ihm die ganze Welt gehorchen möge und ihm diene.“)


    Oder nächste Seite, nur ein Wort: liberator. (Befreier). Wozu, bitteschön, brauchten die Azteken (oder ein anderer Indianerstamm) Befreier? Befreier wovon, von wem? Doch wohl höchstens von den Eindringlingen. - Ihr seht, ich stehe hoffnungslos auf der Seite der Indianer. (Vor allem, da ich derzeit ein Referat über indianische Mythen vorbereiten muß.)



    Ein Satz, der mir sehr gut gefallen hat, ist dieser:


    In the afternoon of that day, in the tumult of that storm, in a little house on the island of Xaltócan, I came forth from my mother and began my dying.“ (Seite 11, Hervorhebung von mir.)


    Das nenne ich Realismus und den Tatsachen ins Auge sehen!


    So das erst mal zum Beginn.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Das Buch selbst hat mich sehr schnell erfaßt. Auch wenn es mit Sicherheit keine leichte Lektüre werden wird. Leicht bezogen auf den Inhalt, nicht die Sprache. Ich habe geringe Vorkenntnisse, und werde mir die nächsten Tage nochmals die Dokumentation über die Azteken innerhalb der „500 Nations“ ansehen. Bisher stimmen die Details mit meinem Vorwissen überein. Die Überheblichkeit der „Weißen“ ebenfalls. Gleich zu Beginn (Seite 4), im Brief des Bischofs an den König:
    (...) whom devine Providence has willed that the whole world should obey and serve.“
    ((...) den die göttliche Vorsehung dazu bestimmt hat, daß ihm die ganze Welt gehorchen möge und ihm diene.“)


    Oder nächste Seite, nur ein Wort: liberator. (Befreier). Wozu, bitteschön, brauchten die Azteken (oder ein anderer Indianerstamm) Befreier? Befreier wovon, von wem? Doch wohl höchstens von den Eindringlingen. - Ihr seht, ich stehe hoffnungslos auf der Seite der Indianer. (Vor allem, da ich derzeit ein Referat über indianische Mythen vorbereiten muß.).


    Es gibt noch weitere "schöne" Textstellen: (Seite 15)"uns vom Joch unserer Barbarei zu befreien", oder (Seite 16) "auf einen Blick den Unterschied zwischen unserem niedrigen Damals und unserem höheren Heute zu begreifen". Ich bin bei hier auch auf der Seite der Azteken (oder wie es im Buch heißt: der Mexíca). Bei dem Bischof fällt das auch nicht schwer...



    Über den Satz bin ich auch gestolpert (wobei er sich auf Englisch besser als auf Deutsch anhört (die Übersetzung scheint aber gut zu sein): Am Nachmittag dieses Tages, im Aufruhr dieses Sturmgewitters kam ich in einem kleinen Haus auf der Insel Xaltócan aus meiner Mutter hervor und begann mein Sterben.


    In den folgenden Seiten habe ich mehrfach die Karte und das Glossar auf den letzten Seiten des Buches zu rate gezogen, um mir alles besser vorzustellen.


    Die Sprache der Mexíca Nátuatl scheint sehr treffend zu sein, so wird "unser" Mexícatl mit verschiedenen Namen betitelt:
    erst nach seinem Geburtstag: Sieben Blume, dann kommt sein Erwachsenenname: Graue Wolke. Und die inoffiziellen Namen: Maulwurf, Knoten und Umnebelt.... :wave

  • Ich komme derzeit nur langsam voran und habe vermutlich erst am Wochenende mal länger Zeit, am Stück zu lesen.



    Ein Satz auf Seite 12 hat mich sehr an mein voriges Buch erinnert (und daran, daß ich bei der Vorbereitung eines Referates auf erstaunliche und erhebliche Parallelen zwischen der indianischen Mythologie - hier allerdings Cheyenne - und der christlichen gestoßen bin):


    The place where you have just now been born ist not your true home. (Sinngemäß: Der Ort, an den du hin geboren bis, ist nicht deine wahre Heimat.)


    „From what the Bible says, it surely must feel like goin’ home, after bein’ in a strange land for the longest time.“ (Sinngemäß: „Nach dem, was die Bibel sagt, muß es sich wie ein Nachhausekommen anfühlen, nachdem man eine lange Zeit in einem fremden Land gewesen ist.“ Bezogen auf den Tod bzw. das Leben danach.)
    So steht es auf Seite 90 von Beverly Lewis "Die Erlösung der Sarah Cain“, das ich auch nur auf Englisch habe.


    Frau Dr. Renate Schukies (Ethnologin) schreibt in Ihrem Aufsatz „Venus und Orion in Kultur und Bildersprache Nordamerikas“:
    „Vor Beginn meiner Feldforschung bei den Cheyenne habe auch ich alles andere erwartet, nur nicht die Konfrontation mit meinen eigenen christlichen Wurzeln.“


    Manche Dinge und Gedanken finden sich offensichtlich überall auf der Welt in vielen Kulturen.


    Auf der nächsten Seite habe ich mir gleich den nächsten Absatz angestrichen:
    We grow up and look down, we grow old and look back. Ayo, but what it was to be a child, to be a child! To have the roads and the days all stretching out forward and upward and away, not one of them yet missed or wasted or repented. Everything in the world a newness and a novelty, as it once was to Ometecúitl and Omeciuatl, our Lord and Lady Pair, the first beings of all creation.
    (Sinngemäß: Wir wachsen heran und schauen herab, wir werden alt und schauen zurück. Ayo, aber was war es doch für eine Sache, ein Kind zu sein, ein Kind! Die Wege und Tage alle vor sich ausgebreitet, nach oben und fort, nicht einen davon verpaßt oder verschwendet oder bereut. Alles in der Welt war neu und frisch, so wie es einstens für Ometecúitl und Omeciuatl, unser Herr und unsere Herrin, war, die ersten aller Geschaffenen.)


    Was wieder an indianische Schöpfungsmythen erinnert, wie man sie auch in Nordamerika findet.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Den „Alter Pars“ habe ich durch; bevor ich weiterlese, erst mal meine Kommentare (damit es hier nicht ganz so ruhig ist ;-) ).


    Gleich auf der zweiten Seite dieses Kapitels (S. 28) ist mir eine Stelle aufgefallen, die mich an den bereits in meinem letzten Post erwähnten Aufsatz von Frau Dr. Renate Schukies (Ethnologin) erinnert hat (Link siehe mein vorheriges Post, "Venus und Orion ..."). Ich beziehe mich dabei auf den ersten Teil davon. Hier im Buch werden Parallelen zum christlichen Glauben gezogen, in dem Sieben Federn aufzählt, daß es eigentlich im Christentum mehr „Götter“ gibt als bei ihnen. Vordergründig (und aus seiner Sicht betrachtet) ist das vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen. Interessant wie gesagt fand ich den Vergleich mit dem Christentum. Denn in dem erwähnten Aufsatz von Frau Dr. Schukies, der sich zwar auf die (nordamerikanischen) Cheyenne bezieht, findet sich ein gleiches - enorm große Parallelen zwischen deren Religion und der christlichen. Wie ich früher schon schrieb, gibt es anscheinend in der Tat eine ganze Reihe von mythologischen Motiven, die überall auf dem Globus, zu verschiedenen Zeiten und bei vielen Völkern in ähnlicher Form auftreten.


    Beachtlich fand ich auch die Erkenntnisse des Azteken in Bezug auf die verschiedenen möglichen Aspekte eines Gottes bzw. eines Geschehens. Was für die einen der Sieg, ist für die anderen die Niederlage. So hat ein Gott eben den friedlichen wie den kriegerischen Aspekt. Ich müßte die Stelle erst mal suchen, aber in Nicoles „Der Himmel über Darjeeling“ gibt Mohan über die indischen Götter eine ganz ähnlich lautende Erklärung.


    Es folgt der schlimme Unfall im Steinbruch. Die Stelle, als der Priester des Filth Eater kam, hat mich sehr an die (katholische) Beichte erinnert. Auch die Begründung bzw. Folgen dieser Beichte.


    Ich gebe zu, manches erschien mir etwas zu langatmig erzählt. Andererseits, wenn ich mir vorstelle, daß dem Buch die Erzählung eines alten Azteken zugrunde liegt, ist es wiederum gut beobachtet bzw. aufgeschrieben. Ich vermute, ganz genau so würde so ein Mensch erzählen. Das paßt im Stil zu den anderen indianischen Büchern, die ich letztes Jahr gelesen habe (wenngleich die eher in Nordamerika angesiedelt waren).


    Dann wieder ein Menschenopfer, anläßlich der Einweihung des Sonnensteines. Ganz aus der Sicht eines Menschen erzählt, der das für etwas ganz Normales und Alltägliches hält.


    „Sieben Federn“ wird zum „Maulwurf“, bedingt durch seine extreme Kurzsichtigkeit. Die Beschreibung ist recht gut; das entspricht ziemlich genau dem, wie ich selbst mit dem rechten Auge, auf dem ich sehr kurzsichtig bin, sehe. Wenn ich mir vorstelle, so schlecht zu sehen und dann ohne Brille - nein, lieber nicht.


    Zum Abschluß dieses Kapitels die, ähm, Verführung durch die Schwester. Ich habe mir schon gedacht, daß sie ihm etwas ins Essen getan hatte, aber daß sie so zielgerichtet vorgeht. Vor allem nach dem abschreckenden Beispiel einige Seiten früher (Hinrichtung der Tochter des Häuptlings). Obwohl nur angedeutet, kann ich mir die Reaktion der Herren Schreiber sehr gut vorstellen. Der Bischof kommt ja gar nicht mehr zu den Erzählungen, die müssen aber. :grin


    Und hier ist dann auch in der Tat ein Abschnitt zu Ende. Seite 62: There and then, my lord scribes, and thus, ended the roads and the days of my childhood.


    Ich fürchte, die Bitte an den König, die Berichte einzustellen, wird auch dieses Mal wieder nicht erhört werden. :grin



    Zusammenfassend:


    Das Buch ist, nicht was den Stil sondern den Inhalt betrifft, teilweise „harter Tobak“. Ich schätze, ich werde es nicht in einem Rutsch durchlesen können, sondern immer mal eine Pause brauchen (die ich nach den Abschnitten einlegen werde). Da ich über die Azteken wenig Vorwissen habe, werde ich auch mal auf die Suche gehen und versuchen, das eine oder andere zu verifizieren. Sicher ist die Handlung und die Personen fiktiv. Es würde mich aber sehr interessieren, inwieweit die geschilderten großen Begebenheiten, das Leben und die Ansichten erfunden oder historisch belegt sind.


    Davon abgesehen, habe ich große Schwierigkeiten, mir die Namen zu merken. Vor allem, wo nicht immer klar ersichtlich ist, ob es sich um einen aztekischen oder englischen Ausdruck handelt. "Unserern" Azteken werde ich künftig mit "Maulwurf" bezeichen. Das kann ich mir merken, und ist auch recht eindeutig.




    Edit bzw. Ergänzung nach Abschluß dieses Abschnittes


    Um nicht noch einen Beitrag in Folge anzuhängen, schreibe ich den Rest einfach hier hinzu. Also.


    Ich finde es immer wieder zu schön, wie unser Maulwurf seine Zuhörer anspricht, hier jetzt den Bischof. Ich kann mir so richtig dessen „pflichtgemäßes Entsetzen“, seine Indigniertheit, vorstellen. :grin



    Seite 71: But, as a general rule, our wars against other peoples were not for conquest - at least not in the sense that your armies have conquered all of this New Spain and made it an abject colony of your Mother Spain.
    (Sinngemäß: Doch in aller Regel waren unsere Kriege gegen andere Völker keine Eroberungskriege - zumindest nicht in dem Sinne, in dem Eure Armeen dieses ganze Neu Spanien erobert und zu einer elenden Kolonie Eures Mutter Spanien gemacht habt.


    Das paßt zu dem, was ich schon über andere Indianerstämme bzw. Indianerkriege (untereinander) gelesen habe. Nie ging es um eine Eroberung im europäischen Sinne, sondern in der Regel in irgendeiner Form ums Überleben. Mit deutlich weniger Toten, als wir das aus den Hollywood-Western gewohnt sind.



    Ein paar Seiten weiter (Seite 74) habe ich mich gefragt, ob es bei den Azteken schon Autos und Industrie gab? Denn die sind doch der Verursacher für den Klimawandel? Oder ist diese Sicht doch zu einseitig und es gibt am Ende noch andere (natürliche) Faktoren? Damit würde aber die ganze schöne Ideologie zusammenbrechen.



    Am Ende dieses Erzählteiles, die Bemerkung des Alten über das Leben, hat mich sehr beeindruckt. Da steckt viel Weisheit drin. Ich werde noch eine Weile darüber nachdenken.



    Da fällt mir noch passend eine Bemerkung unseres letzten RoundTable Abends ein, bei dem es um indianische Mythen ging. Eine unserer Teilnehmerinnen, die schon in den USA bei indianischen Riten war, erzählte, daß die älteren Frauen im Stamm die Aufgabe hätten, den jungen Kriegern zu zeigen, was die (jungen) Frauen von ihnen in der Ehe erwarteten. Ähm, learning by teaching. :chen Entspricht etwa dem, was der Azteke hier erzählt. War also anscheinend bei vielen Stämmen verbreitet.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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