Evar Örn Josepsson - Dunkle Seelen

  • Titel: Dunkle Seelen
    Originaltitel: Svartir Englar
    Autor: Evar Örn Josepsson
    Verlag: btb
    Erschienen: September 2007
    Seitenzahl: 410
    ISBN-10: 3442734762
    ISBN-13: 978-3442734764
    Preis: 9.00 EUR


    Zum Inhalt:
    Nach einem Disko-Besuch in Reykjavík verschwindet die allein erziehende Mutter Brigitta spurlos. Der Chef der Mordkommission leitet eine umfangreiche Fahndung ein und setzt alles daran, die Computerspezialistin so schnell wie möglich zu finden. Die Mitarbeiter der Kripo sind eher verwundert über den Eifer ihres Vorgesetzten bei diesem Fall. Schließlich entdecken die Suchtrupps Brigitta tot in einem Kanalrohr. Und Kommissar Árni und seine Kollegen stoßen auf einen Sumpf aus politischen Interessen, krankhafter Eifersucht und Rache ...


    Der Autor:
    Josepsson wurde 1963 geboren. Er studierte an der Universität von Sterling in Schottland und an der Universität in Freiburg, wo er sein Studium mit einem Magister in Philosophie und Englischer Literatur abschloss. Seit 1994 arbeitet er als freiberuflicher Übersetzer und ist als Journalist für zahlreiche isländische Zeitungen und Magazine tätig.


    Meine Meinung:
    Josepsson hat sicher einen ordentlichen, niveauvollen Kriminalroman geschrieben, nur bin ich mit diesem Buch nicht so richtig warm geworden. Da stimmte dann wohl letztendlich die Chemie nicht so ganz. Nach meinem Dafürhalten brauchte das Buch ziemlich lange um endlich auf Touren zu kommen, aber auch dann holperte es immer noch ein wenig. Die verschiedenen Handlungsstränge wurden immer wieder durch herbe Schnitte unterbrochen, wobei mir die Schnittstellen nicht immer als sehr glücklich und treffsicher vorkamen. Ein Flop ist dieses Buch aber ganz sicher nicht. Und es steht auch außer Frage, dass es sicher auch Leser geben wird, die dieses Buch sehr positiv beurteilen werden. Beispielsweise ist Josepsson Sprache nicht zu beanstanden und auch die erzählte Geschichte ist vom Thema her sicher sehr reizvoll. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist, dass sich Josepsson sehr bemüht auf gängige Klischees zu verzichten. Das ist ihm eigentlich auch ganz gut gelungen. Einen Leseversuch ist dieser Krimi allemal wert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Dieses Buch habe ich gerade in der Mache, und leider einen komplett falschen Zeitpunkt gewählt. Ich habe den Autor in einem Interview sinngemäß mal sagen hören, dass er es leid sei, dass in isländischen Krimis immer so sauschlechtes Wetter sei und er deshalb einmal einen Roman schreiben wollte, in dem in Island so richtig tolles, hochsommerliches Wetter herrscht.
    Das tut es in diesem Buch auch, nur leider tobt bei mir seit Tagen vor dem Fenster Schneegestöber.


    Die Protagonisten sitzen im Park und essen Eis und ich denke mir, dass auch nur Isländer bei diesem Sauwetter im Park eisessen können. Die Leiche wird gefunden, und ich denke, na, bei den Temperaturen ist das ja kein Problem, im Buch ist sie natürlich ob der Hitze schon tüchtig verwest usw. usf.


    Vielleicht liegt es ja daran, dass bei unserem letzten Islandbesuch ähnliches Wetter wie gerade in Leipzig herrschte, aber ich habe gerade wirklich Schwierigkeiten, dieses Sommerwetter in Island auf dem Schirm zu behalten. Das ist mir sonst noch nie passiert :pille

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Sehr positiv würde ich dieses Buch zwar auch nicht bewerten, stimme Voltaire aber zu: ein ordentlicher Krimi.
    Wer allerdings aufgrund des Covers auf die Idee kommt, in diesem Buch könnte eine abgehalfterte isländische Kate eine auch nur marginale Rolle spielen, oder glaubt, die Seelen der Protagonisten seien besonders düster, sei belehrt: mal wieder mussten die Klischees, die die Verlagsleute in den Köpfen der deutschen Leser vermuten, dazu herhalten, ein Buch an den Mann oder die Frau zu bringen, das eigentlich die hochmoderne, vernetzte und technikverliebte isländische Gesellschaft zum Thema hat.
    Der Roman spielt Anfang der 2000er, als sich die ganze Welt die Augen rieb ob des sagenhaften Reichtums, den die berühmt-berüchtigten Finanzwikinger innerhalb kurzer Zeit aus den bis dato völlig unbedeutenden isländischen Banken herausholten. Doch offensichtlich war schon damals denjenigen, die die Augen im Geldvermehrungswahn nicht verschlossen, klar, auf welch tönernen Füßen dieser wirtschaftliche Aufschwung stand.


    In diesem Milieu spielt der Roman: neureiche Start-up-Fuzzis, hochbezahlte Computerexperten und angesagte Clubbesucher liefern den Rahmen. Dazwischen die Reykjaviker Polizei: unterbezahlt, altmodisch und deshalb von vorneherein die Verlierer. Und doch führen gerade diese altbackenen Tugenden zum Erfolg.


    Der Plot selbst ist ein wenig bondig, aber, wie auch der Autor im Nachwort ausführlich erklärt, durchaus vorstellbar. Und wenn auch der Roman nicht unbedingt ein literarischer Geniestreich ist, liefert er doch einigen Stoff zum Nachdenken.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)