Die Zeit der hundert Königreiche/Marion Zimmer Bradley

  • Gilt chronologisch als Band 4 des Darkover-Zyklus.
    Originaltitel: Two to conquer


    Inhalt:
    Bard di Asturien ist der Bastardneffe des Königs von Asturias und wurde an dessen Hof erzogen. Wegen seiner hervorragenden kriegerischen Fähigkeiten steht ihm eine glänzende Zukunft als Befehlshaber der königlichen Armeen bevor. Als ihm der König auch noch seine eigene Tochter zur Ehe verspricht, scheint ihm dies wie die Erfüllung all seiner Sehnsüchte. Doch als er versucht, diese Ehe vorzeitig und gegen den Willen seiner versprochenen Gemahlin zu vollziehen, löst er damit ein Verhängnis aus.


    Meinung:
    Zu „Die Zeit der hundert Königreiche“ hatte ich immer schon ein eigenartiges Verhältnis. Beim ersten Mal lesen habe ich es verabscheut, da Bard, der Held, alles andere als ein netter Mensch ist und ein Frauenverächter und –feind par excellence. Es hat einige Jahre und etwas an Abstand gebraucht, bis ich, ohne es noch einmal zu lesen, erkannt habe, dass gerade das dieses Buch zu einem der mutigsten unter den Darkover-Romanen macht. Bard di Asturien wird wohl nie zu meinen Favoriten unter den darkovanischen Helden zählen, aber er ist ohne Zweifel einer der vielschichtigsten und interessantesten. Und MZB wäre nicht sie selbst gewesen, hätte sie nicht dafür gesorgt, dass der Übeltäter bekommt, was er verdient. Doch dies auf eine sehr innovative und, wie mir scheint, sinnvolle Weise. Er lernt durch seine Strafe, ein besserer Mensch zu sein und den Teil von ihm hervorzubringen, der verschüttet war und den eine Frau lieben konnte, ehe er selbst weiß, dass er liebenswert ist. Und wir!


    Der deutsche Titel mag ein wenig unkreativ sein, doch ist dieses Buch tatsächlich jenes, in dem die Problematik des darkovanischen Zeitalters der „100 Königreiche“ am anschaulichsten dargestellt wird. Unabhängig vom problematischen Charakter des Helden ist es ein interessantes und spannendes Buch.


    Interessant ist auch die Art, wie MZB hier mit einer etwas kurios anmutenden Theorie spielt, auch wenn es schade ist, dass dies hier nicht ganz den Raum gefunden hat, in all seinen Konsequenzen untersucht zu werden.


    Im Darkover-Kosmos ist „Die Zeit der hundert Königreiche“ sehr wichtig, weil es neben der Darstellung des namensgebenden Zeitabschnitts ein historisches Ereignis behandelt, das Darkover für immer verändern wird.



    Dass man anfängt, über so etwas und vieles andere nachzudenken, macht auch dieses Buch zu einem wichtigen und einem typischen Darkover-Roman.

  • Da sitze ich nun vor dem Bildschirm, eine weiße Fläche (der Textverarbeitung) vor Augen und soll eine Abschlußrezi zu diesem Buch schreiben, das ich 310 (von 378) Seiten nur widerwillig gelesen habe. Nicht wegen des Schreibstils, der ist gut wie immer bei MZB, sondern wegen des Hauptdarstellers Bard di Asturien. Ich kann mich nicht entsinnen, in den letzten Jahren von so einem ... Widerling gelesen zu haben. Wie Grisel schon schrieb, erhält er seine (mehr als verdiente) Strafe, die wirklich „innovativ“ ist (und die ich so mit Sicherheit nicht erwartet habe). Es wird noch eine Weile dauern, bis mir dieser Teil des Buches vom „Kopf“ in den „Bauch“ gesunken sein und verinnerlicht sein wird. Dann werde ich auch in der Lage sein, meinen Frieden damit zu schließen.


    Aber möglicherweise stieß mir diese Hauptperson deshalb so gewaltig auf, weil er mich auf eine Frage stieß, die mich schon seit Jahren umtreibt, ohne daß ich eine sinnvolle Antwort gefunden hätte: muß man so viele unglückliche Jahre (als Sammelbegriff für Unglück, Leid, Fehlentscheidungen, "Bard-Verhalten“ usw.) erleben, um am Ende geläutert ein besserer Mensch zu sein, Gutes zu tun? Braucht es so viel Leid in der Welt, damit ein paar gute Dinge passieren? Lohnen ein paar gute Jahre die vielen schlimmen zuvor? Und was ist, wenn man nie an diesen Punkt kommt, und es bis zum (Lebens-)Ende nur schlimme Jahre sind? (Ebenezer Scrooge fällt mir da beispielsweise ein, der erst im Alter durch den Besuch der drei Geister ein anderer Mensch wurde, nachdem er sein Leben lang ein Geizkragen und Halsabschneider war.)


    Durch die starke Darstellung von Bards dunkler Seite ist es MZB wieder einmal gelungen, das Augenmerk auf wichtige und existentielle Fragen zu lenken. Vielleicht waren die vielen Seiten Reibung an dem Buch doch nötig, um das Bewußtsein zu schärfen und die Parallelen hier zu unserer Erde zu sehen? Um ganz klar zu machen,

    (Bezieht sich auf Grisels Spoiler)


    Insofern stimme ich Grisels Spoiler in vollem Umfang zu. Auch ihrem Schlußsatz. Ob das Buch ein typisches Darkover-Buch ist, vermag ich (nachdem ich gerade mal vier gelesen habe) noch nicht zu beurteilen. Ein wichtiges ob der enthaltenen Thematik ist es auf jeden Fall. (Leider) Auch heute noch.


    In der Leserunde habe ich geschrieben, ich würde das Buch sicher nicht nochmals lesen. Inzwischen, nachdem ich es durch habe, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Nach etwas Abstand vielleicht, oder eher gewiß nochmals. In Kenntnis dessen, was kommt. Als Anstoß, um über auch für uns wichtige und relevante Fragen nachzudenken.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich fand das Buch spannend und durchaus lesenswert, wenngleich auch ich Probleme hatte mit der Figur Bard und seiner frauenverachtenden Art. Seine Bestrafung jedenfalls hatte ich nicht auf diese Art erwartet, das fand ich eine durchaus gute Idee. Ganz zum Schluß war es mir beinahe ein bißchen zu versöhnlich, aber ansonsten hat MZB wieder einmal astrein eine interessante Geschichte erzählt.