Zehn Wahrheiten von Miranda July

  • Kurzbeschreibung
    Zugegeben. die Menschen in Miranda Julys Geschichten sind sonderbar. Sie haben merkwürdige Obsessionen, verlieben sich möglichst hoffnungslos, wohnen gern in Luftschlössern, sind einsam und stoßen das Glück von sich, wenn es einmal anklopft, aber Sie etwa nicht?


    Über den Autor
    Miranda July, 1974 in Barre (Vermont) geboren, ist Filmemacherin, Performance-Künstlerin und Schriftstellerin. Ihre Arbeiten wurden schon im Museum of Modern Art und im Guggenheim Museum gezeigt. 2005 kam ihr Spielfilm ›Ich und du und alle, die wir kennen‹ in die Kinos, bei dem sie das Drehbuch schrieb, Regie führte und die Hauptrolle spielte. Er wurde in Cannes mit der Caméra d’or ausgezeichnet. Im Prestel Verlag ist der Bildband ›Learning to Love You More‹ erschienen, der ihr gemeinsames Internet-Kunstprojekt mit dem Künstler Harrell Fletcher dokumentiert. ›Zehn Wahrheiten‹, ihr Debüt als Autorin, wurde mit dem Frank O’Connor-Preis ausgezeichnet, dem bestdotierten Kurzgeschichten-Preis der Welt. Miranda July lebt in Los Angeles und bereitet ihren nächsten Film vor.


    Meine Meinung:
    Ich hab dieses Büchlein im Original gelesen und würde wirklich gerne behaupten, daß es an der Fremdsprache lag, daß ich die meisten Geschichten einfach nicht gerafft habe. Da mein Englisch aber recht gut ist und dieser Grund somit ausscheidet, liegt es wohl an den Geschichten selbst, daß ich sie einfach unverständlich, haarsträubend und langweilig fand.
    Der ein oder andere Lichtblick war dabei, aber wirklich gut und faszinierend und schön, wie ich nach ihrer grandiosen Website und aufgrund des herrlichen Titels ("No one belongs here more than you") erwartet hatte, waren sie leider nicht.
    Ich habe mich gequält, es zu beenden, immer in der Hoffnung, daß doch zumindest eine Geschichte wirklich richtig gut ist. War leider nicht so. Alle Geschichten haben eine tiefe Melancholie, eine absurde und strange Handlung und ein sehr seltsames Verhältnis zum Sex. Pädophilie, Homosexualität, Frigidität, Inzest, Mißbrauch, all das wird da in einen Topf geworfen und miteinander verwurstet, fand ich persönlich recht unpassend und konnte mich nicht faszinieren.
    Das Buch war für mich aufgrund meiner enttäuschten Erwartungen der absolute Flop. Leider.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Danke für die Rezi, Babyjane! :wave Ich hatte vor einiger Zeit einen Artikel über das Buch gelesen und auch die Homepage hatte mich neugierig gemacht ... aber jetzt lasse ich wohl doch lieber die Finger davon.


    Schau mal in die Leserunde, soweit ich das überblicke, sind wir alle total enttäuscht und niemand findet das Buch wirklich gut.
    Sehr schade, wie gesagt, aufgrund der Publicity und der wirklich tollen Website hatte ich mir da ganz viel von versprochen.... :cry

  • Und ich hatte gedacht, das wär der Jahrhunderttitel, so wie der überall beworben wurde:wow, danke für Deine Rezension, ich habe das Buch erstmal wieder von der Wunschliste geschubst!


    dankbare Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

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  • Ich bin sehr zwiegespalten. Ich habe mir sehr viel von dem Buch erwartet, da ich Miranda July als Künstlerin und als Person sehr interessant finde.
    Aber...es war nicht so ganz das Wahre. Es gab ein paar Geschichten die ich durchaus interessant und berührend fand. Und bei anderen wiederum konnte ich nur den Kopf schütteln.
    Stellenweise konnte ich mich gut mit den Protagonisten identifizieren, sie sind alle furchtbar neurotisch und menschlich. Aber manchmal war es mir einfach zu viel.
    Ich mag July Schreibweise, sie hat mich an die Lyrics von Sängerinnen wie Regina Spektor und Tori Amos erinnert, die ich beide verehre: also strange, nicht immer kohärent, poetisch und tragikomisch. July siedelt sich in der amerikanischen Indie-Szene an, ich musste beim Lesen an Filme wie "About Schmidt", "Little Miss Sunshine", "Sideways", "Familie Tenenbaum" oder "Der Wal und der Thunfisch" denken. Allerdings glaube ich, dass ihre Figuren als Filmfiguren oder als Songtexte wunderbar funktionieren könnten. Als Fiktionsfiguren lösen sie nur Unverständnis aus.


    Fazit: so leid es mir tut, das Buch ist definitiv nicht das Wunder, als das es verkauft wird. Vielleicht ist es aber auch einfach "Kunst", die Emotionen auslöst (ja, auch Ekel oder Mitleid), ohne Verständnis auszulösen?! :gruebel
    Bereut habe ich die Lektüre nicht. Manche Sätze waren es wert, sie herauszuschreiben. Leider waren es halt viel zu wenige.

  • Danke, für die "schlechte" Rezi, ich fand das Buch auch grottenschlecht.
    Ich muss zugeben, ich bin eigentlich kein Freund von Kurzgeschichten, aber es gibt auch welche, die mir gefallen haben.
    Die von T.C. Boyle lese ich immer wieder gerne und Tama Janowitz hat einige gute in "Slaves of New York" veröffentlicht und auch Stephen Kings haben mir gefallen.
    Dieses Buch ging aber gar nicht, entweder habe ich mich gefragt, was will sie damit sagen oder mich gelangweilt, der Rest war nur nervig oder deprimierend.


    Für den Vergleich zwischen dem Faltenwurf einer Bettdecke und der Topografie einer Landschaft gibt es einen Bonuspunkt.

  • No one belongs here more than you
    Miranda July, 2007

    Meine Rezension bezieht sich auf die orangene Ausgabe:
    Scribner (Simon & Schuster), ISBN: 978-0743299411


    Es existiert eine dt. Ausgabe:
    "Zehn Wahrheiten". Diogenes, ISBN: 978-3257239386


    Das Buch "No one belongs here more than you" von Miranda July stand schon lange auf meiner Wunschliste. Mal ehrlich, wer kann bei einer witzigen Website widerstehen, die komplett auf einem Kühlschrank und einem Herd geschrieben wurde? Ich nicht. Manche Sachen sind so skurril, dass ich sie haben muss. Und so hab ich mir das Buch zwar nicht wie vorgeschlagen passend zur Kleidung, aber doch zu meinem Lesesessel in Orange zugelegt (das Taschenbuch gibt es sonst noch in Gelb, Pink und Grün) und mich auf ebenso gelungene Lektüre gefreut.


    Ihre Kurzgeschichtensammlung, umjubelt von amerikanischen Zeitungen, ist nur eines der vielen Projekte von ihr. Miranda July, 1974 in Barre, Vermont geboren, ist ansonsten noch Musikerin, Performance-Künstlerin und dreht in Cannes ausgezeichnete Filme. Kein Wunder, dass auch die Kurzgeschichten euphorisch behandelt werden.


    Miranda July stürzt sich in ihnen auf das Verstörende, Skurril-Seltsame, Befremdliche. Ihre Protagonisten stehen auf die ein oder andere Weise alle vor einem Abgrund und kommen mit dem Leben nicht klar. All ihre Persönlichkeiten sind angeknackst - Neurosen, Missbrauch, Einsamkeit, Enttäuschung und unglückliche Lieben bewegen sie, treiben sie zu obsessivem und nicht immer nachvollziehbaren Verhalten. Miranda July führt vor Augen, wie zerrüttet Seelen und Leben sein können, sie erzeugt Verzweiflung.
    Melancholisch, bizarr, und selten hoffnungsvoll erzählt sie kleine Szenen aus dem Leben von Menschen, ich wollte beinahe schreiben "wie du und ich", aber dazu sind sie zu sehr in ihren Leben gefangen, und wir können uns immer nur in Teilen wiedererkennen. Da ist der Kurs, der uns Romantik über synkopiertes Atmen näherbringen will, das Mädchen, das ihr Leid in die Welt singt, oder eine Frau, die ihr Haus nie mehr als 27 Schritte verlässt. Es sind einzelne Ausschnitte, nicht immer sinnvoll, Momente, die durch Existenz berühren können.


    Das Gefühl, verlassen zu werden, und Hoffnungslosigkeit dominieren und diese Ballung der negativen Gefühle ist das größte Problem und die größte Stärke des Buches. Auf ein Unheil folgt eine Geschichte mit dem nächsten. Themen werden nacheinander aufgegriffen und abgehandelt. Das wird mit der Zeit eintönig, wenn man das Buch in einem Rutsch liest, es wiederholt sich ein wenig und ich saß irgendwann nur noch genervt davor. Deswegen war es auch definitiv das falsche Buch für eine Leserunde. Es ist kein Buch zum "Durchlesenmüssen".
    Ursprünglich sind die Geschichten unabhängig voneinander in Zeitungen abgedruckt worden, und so müsste man sie auch lesen. Immer mal wieder zwei bis drei, spontan ausgewählt, vielleicht mit ein wenig Musik dazu. (Ich rate, nicht mit "The Sister" anzufangen). Als ich in letzter Zeit noch einmal in das Buch hineinschaute, war ich berührt von der Art, wie in einigen Geschichten die Unwegsamkeiten des Lebens eingefangen werden.


    Miranda Julys Erzählweise, gerne von skurrilen Anekdoten durchbrochen, kleinen Erkenntnissen, die auflockern und einen Kontrast hinzufügen, ist auf eine skurril-naive Art liebenswürdig. Auch wenn sie inhaltlich in einem ihrer zentralen Themengebiete, "verbotene Liebe" (pädophile Tendenzen, Inzest, Beziehung mit Schutzbefohlenem), teilweise über das Ziel hinausschießt und einige Geschichten absolute Fehlschläge sind, kann man sich sicher sein, dass sie wenigstens sprachlich ansprechend, ein wenig melancholisch, bizarr und mit leichtem Galgenhumor herüberkommen.


    Die Euphorie, die die Website und die Anpreisung auslösen, ist allerdings doch ein wenig zu viel, eben weil auch Ausschuss dabei ist. Manchmal sind die kurzen Eindrücke aus den Leben zu kurz geraten, manchmal zu bizarr, manchmal inhaltlich problematisch. Man muss sich die guten Stückchen herauspicken - ich empfehle vor dem Kauf unbedingt, Leseproben zu konsultieren. In dem englischen wikipedia-Artikel zu Miranda July werden einige der Kurzgeschichten, noch dazu welche, die ich den gelungenen zurechne, verlinkt.


    6/10 Pkt.
    für ein nicht immer umgängliches Buch

  • Dass das Buch ein "Jahrhunderttitel" sein soll, war mir nicht bewusst, als ich es kaufte. Mich hat schlicht die Leseprobe überzeugt.


    Ich lese sehr gerne Kurzgeschichten und mag auch skurrile Protagonisten. Damit bin ich hier voll auf meine Kosten gekommen. Pointiert, teilweise überspitzt und auch mit Humor gespickt beschreibt die Autorin die unterschiedlichsten Menschen. Diese Einblicke, teilweise auch in Abgründe, aber auch in kuriose Beziehungen, haben mich bestens unterhalten.


    Allerdings muss man sich bewusst sein, dass hier der Begriff "Kurzgeschichte" keinen Roman im Kleinformat meint, mit Anfang, Hauptteil, Schluss, sondern Blitzlichter präsentiert. Momentaufnahmen, als würde man eine Fotoserie knipsen. Geschichten, über die man nachdenken kann.


    9 von 10 Eulenpunkten.