Flavio Soriga "Der scharze Regen"
Originaltitel: "Neropioggia"
221 Seiten
Autor (von randomhouse.de):
"Flavio Soriga, geboren 1975 in Uta bei Cagliari, hat die letzten Jahre als Journalist in Italien und England gelebt. Er gilt als eines der aufregendsten jungen Talente in Italien, für sein erstes Buch wurde er mit dem "Premio Calvino" ausgezeichnet."
Inhalt (von randomhouse.de):
"Ein gottverlassenes Dorf irgendwo in Sardinien. Die attraktive Marta schert sich nicht um das Gerede der Leute und lebt ein freizügiges Leben. Eines Tages wird sie ermordet aufgefunden. Und das Dorf, in dem es nicht aufhören will zu regnen, zeigt sein wahres Gesicht aus Korruption, unterdrückten Leidenschaften und verfehlten Lebensentwürfen …"
Meine Meinung:
Ein ödes Dorf, in dem die Leute vor Langeweile sterben und vom ewigen Regen zermürbt werden - in einem sehr eigenwilligen Stil beleuchtet der Autor einzelne Bewohner dieses Dorfes und bringt deren Gedanken und Gefühle dem Leser nahe.
Der Mordfall an Marta ist nur Anlass, nicht aber Hauptthema dieses Romans. Vorurteile, Geheimnisse des kleinen Mannes, eine "große Macht", die mit dubiosen Mitteln Einheimische von ihrem Land zu vertreiben versucht, um eine Giftmülldeponie einrichten zu können sind ebenso Thema dieses Romans wie auch alle möglichen Facetten des menschlichen Schicksals: zerstörerische Leidenschaft, Entfremdung von sich selbst und der Heimat, Enttäuschungen und zerstörte Chancen...
Es ist ein sehr düsterer, deprimierender Roman und leider hat der Autor einen Stil gewählt, der mir auf Dauer nicht zusagte. Die einzelnen Absätze bestehen jeweils aus sehr wenigen Sätzen, stattdessen reiht sich Komma an Komma, sodass man in einen regelrechten Lesefluss gerät, der sicher die Monotonie, das Einerlei betonen soll, welches die Dorfbewohner empfinden. Ich empfand das permanente Gefangensein in diesen endlos erscheinenden Aufzählungen aber als ziemlich anstrengend und unangenehm und das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich dem Roman nur 6 von 10 Punkten gebe.
Ein Beispielsatz:
"Es war Dienstag und er musste sich rasieren, ein sauberes Hemd suchen, es regnete und er musste in die Stadt fahren, in sein Büro, zu seinem Schreibtisch, es regnete und es war kalt und er musste sich warm anziehen, einen Pullover unter der Jacke tragen, die Frau würde bald aufwachen, sie würde mit ihm im Bad sein, verschlafen freundlich sanft, wie sie morgens immer war, sie würde ihn fragen, Gut aufgewacht?, Geht so, würde Nicola Rau antworten, Schlecht geschlafen und nicht besonders gut aufgewacht, so lala."
Zusatz: In einer Buchhandlung habe ich den Roman unter den Krimis gesehen, auf der Krimicouch gibt es auch eine Rezension, aber es handelt sich hier höchstens in dem Maße um einen Krimi, wie es dies bei Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker" der Fall ist - Dürrenmatt wird im Buch auch zitiert und ich denke, man kann sagen, dass der italienische Autor ein bisschen auf dessen Pfaden wandelt (Mein Glück, dass ich zufällig erst letzte Woche "Der Richter und sein Henker" gelesen habe!).
6/10 Punkten