Papst stellt Kardinal wieder ins Amt

  • Zitat

    Original von Alraune


    Das israelische Ober-Rabbinat hatte gestern Vormittag die offiziellen Beziehungen zum Vatikan wegen der Rehabilitierung von Williamson ausgesetzt.
    Die Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat beschlossen, den Dialog mit der Katholischen Kirche vorerst abzubrechen.


    Das sind schon recht heftige Reaktionen. Ob gerechtfertigt oder sinnvoll, sei dahin gestellt. Immerhin geben sie einen Gradmesser, wie gravierend diese Aktion des Papstes von diesen Seiten gesehen wird.


    Eine mehr als verständliche Reaktion im Hinblick auf die instinktlose Entscheidung des Herrn Benedikt. Gerade er als Deutscher hätte hier mit viel mehr Sensibilität handeln müssen. Einer der "begnadigten" Herren leugnet nach wie vor den Holocaust. Sollen die jüdischen Glaubensgemeinschaften weiterhin mit einer solchen Kirche im Dialog bleiben, die Mitglieder beherbergt, die millionenfachen, nachgewiesenen Mord leugnen? Der Papst, dieser angeblich Unfehlbare, hat seine Entscheidung in vollem Wissen um diesen Umstand getroffen. Sind das jetzt erste Ansätze einer beginnenden Demenz?


    Insofern ist die Diskussion darüber, ob hier eine Exkommunizierung aufgehoben wurde, oder ob hier jemand ggf. sein Kardinalsamt zurückbekommen hat, müssig und im Grundsatz lächerlich.


    Es geht um die Haltung der Katholischen Kirche zum Holocaust und ihr Verhältnis zu den Juden. Da scheint es bei dieser Kirche noch sehr, sehr viel aufzuarbeiten zu geben. Vielleicht sollte der Papst damit mal langsam beginnen. Aber darauf wird man wohl vergebens hoffen - auf den Erzreaktionär Johannes Paul II. folgte der Erzreaktionär Benedikt XVI.


    Gibt es beim Papstamt eigentlich den Begriff des Amtsmissbrauchs?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Johannes Paul der II war der erste Papst (zumindestens der Neuzeit), der eine Synagoge besuchte- dieser furchtbare Erzreaktionär- Benedikt der XVI veranstaltet große Treffen und Tagungen mit Vertretern der Weltreligionen, dieser Grenzdemente.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Der Papst, dieser angeblich Unfehlbare, hat seine Entscheidung in vollem Wissen um diesen Umstand getroffen. Sind das jetzt erste Ansätze einer beginnenden Demenz? (...)


    Hallo, Voltaire,


    jaaaa, das macht Spaß - Papstbashing, nicht wahr? Das scheint mir bisweilen die absolute Trendsportart zu sein. Ist ja auch so schön folgenlos.


    Das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes ist auch bei den Büchereulen schon oft und in vielen Threads erwähnt worden. Du, als emsiger Eulist, könntest es also wissen, dass dieses Unfehlbarkeitsdogma Entscheidungen meint, die "ex cathedra" getroffen werden, also die offizielle Lehrmeinung der Römisch-Katholischen Kirche formulieren. Aber nein, es ist viel lustiger, mal ein bisschen ungenau zu formulieren. Mach ich auch manchmal gern, gebe ich zu.


    Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Insofern ist die Diskussion darüber, ob hier eine Exkommunizierung aufgehoben wurde, oder ob hier jemand ggf. sein Kardinalsamt zurückbekommen hat, müssig und im Grundsatz lächerlich. (...)


    In der Tat. Besonders wenn man bedenkt, dass Williamson nie Kardinal war, er also kein Kardinalsamt zurückbekommen könnte, geschweige denn schon zurückbekommen hat.


    Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Es geht um die Haltung der Katholischen Kirche zum Holocaust und ihr Verhältnis zu den Juden. Da scheint es bei dieser Kirche noch sehr, sehr viel aufzuarbeiten zu geben. Vielleicht sollte der Papst damit mal langsam beginnen. Aber darauf wird man wohl vergebens hoffen - auf den Erzreaktionär Johannes Paul II. folgte der Erzreaktionär Benedikt XVI. (...)


    Papst Benedikt XVI. hat damit tatsächlich nicht begonnen. Wie könnte er denn auch - die Aufarbeitung ist längst begonnen worden, von etlichen Päpsten vor ihm. Die dazwischen haben die Aufarbeitung fortgesetzt und immer wieder mit neuen Impulsen versehen. Wie auch Papst Benedikt XVI. Aber wenn man das nicht wahrhaben will, dann sind die Fakten auch nicht leicht zu recherchieren, dünkt mir.


    Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Gibt es beim Papstamt eigentlich den Begriff des Amtsmissbrauchs?


    Vermutlich. Gibt es beim Posten eigentlich den Begriff der bewussten Irreführung durch Polemik und Halb- beziehungsweise Desinformation? Ebenso vermutlich.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Insofern ist die Diskussion darüber, ob hier eine Exkommunizierung aufgehoben wurde, oder ob hier jemand ggf. sein Kardinalsamt zurückbekommen hat, müssig und im Grundsatz lächerlich.


    Ich finde diese ganze Geschichte sehr traurig und natürlich zieht sich einem instinktiv ein mal alles zusammen. Andererseits scheint der formale Ausschluss aus einer religiösen oder staatlichen Gemeinschaft aufgrund von Kriminalität oder menschenverachtenden Überzeugungen doch sehr schwer bis unmöglich zu sein. Deswegen weiß ich nicht, ob es wirklich lächerlich ist, einen Unterschied zwischen Exkommunizierung, die Ausschluss aus einer Gemeinschaft bedeutet und Rehabilitation, die die Anerkennung durch die Gemeinschaft bedeutet, zu machen.


    Nochmal ein Link zum Problem des Antisemitismus in Israel:
    http://www.wallstreet-online.d…-1-10/neo-nazis-in-israel
    Israel hatte anscheinend (zumindest noch vor einiger Zeit) das Problem, gar keine rechtliche Handhabe gegen Antisemitismus zu haben. Zumindest kann wohl auch Israel seine Antisemiten weder ausweisen noch können die Rabbiner jemanden aus dem Judentum ausschließen.

  • blaustrumpf


    Herrliche Polemik, dein Beitrag - leider ohne jede argumentative Aussage, aber das sind wir ja von dir gewohnt. :grin


    Wo hat die Katholische Kirche denn einen ernsthaften Versuch unternommen, ihr Verhältnis zu den Juden zu normalisieren. Die halbherzigen Lippenbekenntnisse wirst du wohl kaum meinen. Oder etwa doch? :gruebel


    Nur mal so gefragt: Ist dir eigentlich klar, wie sich jüdische Menschen bei dieser Papstentscheidung fühlen? Wohl kaum! :-) Niemand hat den Papst zu dieser Entscheidung gezwungen - sicher auch der Allmächtige nicht.


    Ach ja - noch was. Was ist eigentlich Bashing? Der Begriff ist mir nicht bekannt. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Die halbherzigen Lippenbekenntnisse (...)


    Ich verneige mich vor Deiner Kunst, in die Herzen der Menschen zu blicken und genau zu erkennen, wieviel Prozent Herzanteil ein Bekenntnis hat.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von blaustrumpf


    Ich verneige mich vor Deiner Kunst, in die Herzen der Menschen zu blicken und genau zu erkennen, wieviel Prozent Herzanteil ein Bekenntnis hat.


    Verneigen ist okay - anbeten wäre des Guten wohl ein wenig zuviel, aber wenn du magst......... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    @blaustrumpf:..........jaaaa, das macht Spaß - Papstbashing, nicht wahr? Das scheint mir bisweilen die absolute Trendsportart zu sein. Ist ja auch so schön folgenlos.....


    Yo, Mann, finde ich auch Klasse :lache


    Da fällt mir bei Voltaires Candide insbesonder die Szene ein, in der Candide durch einen niederländisch-protestantischen Ort geht und einen Eimer Gülle über den Kopf geschüttet bekommt, weil er nicht unmittelbar der Meinung zustimmt, der "Papst sei der leibhaftige Satan mit allen Zeichen des Tieres". :rofl


    Ganz persönlich halte ich den Papst für so wichtig wie den Dalai Lama oder Ayathollah Dingenskirchen, aber nicht ganz so wichtig wie die Dame, die bei McDonalds die Toiletten fein sauber hält. Da lege ich enormen Wert drauf! Saubere Toiletten sind die Visitenkarte der Restauration. Nö? Ich möchte mal nicht wissen, was der Papst mit seinem heiligen Stuhl ...


    Ähm, übrigens blaustrumpf, ich denke über den Papst "als solchen und den Papst an sich" (wichtige Kant'sche Unterscheidung), wie auch allgemein über den Papst, so, auch wenn er mal nicht gerade den Juden seinen heiligen Stuhl um die Ohren drischt. Wer auch immer gerade glaubt, Stellvertreter Gottes auf Erden zu sein. :wave

  • @ voltaire: Dein Auftritt ist mehr als blamabel!! Der Jurist sollte die kleineren Unterschiede (Bischof / Kardinal; Aufhebung eines Ausschlusses / Rehabilitierung; Konzilstext / Hlabherzige Lippenbekenntnisse), die hier bestehen wirklich erkennen können.


    Gerade was die Aufarbeitung der Kath. Kirche zum Verhältnis zu den Juden anlangt ist an allererster Stelle nichts weniger als eine Erklärung des jüngsten Konzils zu den nichtchristlichen Religionen. Aber auch in anderen wesentlichen Texten des Konzils wird das Verhältnis der kath. Kirche zu den Juden mehrfach bearbeitet.


    Die Polemischen Vorwürfe zeugen von einer dümmlichen und unreflektierten Haltung eines liebgewordenen Feindbildes gegenüber statt von ernsthafter Auseinandersetzung.


    Ich werde ganz sicher kein Anhänger und noch weniger ein Mitarbeiter der Brüder in Rom, aber eine einigermaßen sachliche Auseinandersetzung unter Geschwistern ist mir dennoch sehr wichtig - gerade, wenn es etwas zu kritisieren gilt!

  • hab ich doch glatt noch vergessen: Voltaire, auch dies hättest Du sehr einfach lesen können: Es war keine Entscheidung des Papstes, sondern eine des Herrn Battista Re. Nur noch ganz am Rande bemerkt... Aber das spielt in der Reihe Deiner Falschmeldungen eigentlich schon keine Rolle mehr.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Niemand hat den Papst zu dieser Entscheidung gezwungen - sicher auch der Allmächtige nicht.


    Nochmal... ich würde gern vom Juristen etwas dazu lesen, über welche Entscheidung er sich eigentlich aufregt! Ist Dir denn der tatsächliche Sachverhalt wirklich klar??

  • @Licht


    Drei Beiträge von dir in meine Richtung. Fast schon zuviel der Ehre. Du wirst sicher Recht haben, wer könnte daran auch zweifeln. :wave


    Nur mein lieber Licht, hast du dir jemals die Zeit genommen darüber nachzudenken, wie sich die jüdischen Menschen angesichts dieser Papst-Entscheidung fühlen? Passt diese Entscheidung des Papste nicht passgenau auf den wieder zunehmenden Antisemitismus in diesem Land?


    Ich schreibe hier als User des Bücherforums "Büchereule" - keinesfalls als Jurist. Mein Beruf hat mit meiner Einstellung zu diesem Thema nicht das mindeste zu tun. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    (...) wie sich die jüdischen Menschen angesichts dieser Papst-Entscheidung fühlen? (...)


    Und genau da ist das Problem.


    Die Exkommunikation, also der Ausschluss aus der römisch-katholischen kirchlichen Gemeinde ist das Schlimmste, was man nach Römisch-Katholischer Ansicht einem Menschen antun kann - aus der Kirche selbst ist der Ausschluss unmöglich, da der Akt der Taufe nicht widerrufen werden kann.


    Über Gründe, die zur Exkommunikation führen können, gibt es etliche Regelungen im Kanonischen Recht. Sie sind in dem oben verlinkten Artikel der Kathpedia aufgeführt. Unter anderem gehört dazu, sich zum Bischof weihen zu lassen durch einen, der nicht dazu "von Rom" befugt ist.


    Wer exkommuniziert ist, hat keinen Zugang mehr zu den Sakramenten - das bedeutet eben auch, dass er nicht mehr beichten darf, ihm die Sünden (und das sind auch die, die zur Exkommunikation führten) nicht mehr vergeben werden können. Er darf noch nicht einmal einer Messe beiwohnen, geschweige denn mitbeten oder zur Kommunion gehen. Es ist sozusagen ein verschärftes Hausverbot.


    So. Nun sind da vier Bischöfe in der Nachfolge Lefebvres, die wieder zur kirchlichen Gemeinde gehören wollen. Sie schreiben an den Papst. Das ist der Dienstweg. Es wird geprüft, ob sie es ernst meinen - nicht, ob sie "sündenfrei" sind. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann der Ausschluss rückgängig gemacht werden.


    Nun haben aber nicht die - nenne ich es mal "weltlichen" Ansichten des Richard Williamsons zu seinem Ausschluss geführt, sondern theologische. Wenn er sich dem Papst als dem Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche wieder unterwirft, ist der Grund der Exkommunikation nicht mehr gegeben. Ihn weiterhin von sämtlichen Sakramenten - also auch der Beichte - auszuschließen, wäre unmenschlich.


    Zu den Sakramenten "zugelassen" zu sein, bedeutet nicht, ein besonders liebes Kind der Heiligen Römischen Mutter zu sein, sondern eine Möglichkeit zu haben, sein Leben auf Jesus Christus hin zu ordnen und zu heiligen.


    Gut, das mag für nicht Römisch-Katholische Menschen nicht weiter wichtig sein. Man mag es vielleicht sogar ein bisschen albern finden. Aber da die Sakramente eine so zentrale Rolle im römisch-katholischen Leben spielen, ist es eben auch zweitrangig, ob jemand, der kein Mitglied der Römisch-Katholischen Kirche ist, das gut findet, ob jemand, der eben das sein will, Zugang zu den Sakramenten hat oder nicht.


    Kurzfassung: Aus theologischer Sicht ging es um das Seelenheil des Herrn Williamson. Was dann die "Heiden" und die "Könige der Erde" dazu meinen, ist bereits im - alttestamentarischen [URL=http://www.bibel-online.net/buch/19.psalmen/2.html#2,1]Psalm 2[/URL] angedeutet.


    Zitat

    Original von Voltaire
    (...) Passt diese Entscheidung des Papste nicht passgenau auf den wieder zunehmenden Antisemitismus in diesem Land? (...)


    Welches Land meinst Du? Deutschland oder den Vatikan, Italien oder England?

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • blaustrumpf


    Du hast mit Deinen Ausführungen durchaus recht. Darum geht es, es war sozusagen eine seelsorgerische Entscheidung.


    Nur: der, dessen Seele hier betreut wird, stellt sich als Leugner der Shoa heraus.
    Nun könnte man argumentieren, daß er dadurch, daß er wieder zur Kommunion zugelassen ist, auch die Möglichkeit hat, diese Leugnung, die ja, wenn ich Iris' Ausführungen verstanden habe, als 'schwere Sünde' zu betrachten ist, als solche zu erkennen, zu beichten, bereuen und zu büßen.
    Das konnte er ja als Exkommunizierter theologisch gesehen nicht. Wenn ich das recht verstanden habe.


    Nur: was geht Juden die theologische-christliche Reue und Einsicht (falls sie denn überhaupt ansteht) an?


    Im besten Fall war es eine unpopuläre Entscheidung zu einem politisch sehr ungünstigen Zeitpunkt. Im deutschen Zusammenhang sowieso, weil der Zentralrat immer wieder mal mit den Pius X.-Bruderschaft zusammenrasselt, die darauf besteht, daß die Juden Jesusmörder sind. Zuletzt im November 2008. Daß der Zentralrat auch auf Ex-Mitglieder hochempfindlich reagiert, finde ich verständlich.


    Zusammenfassend:


    Hier steht Seelenheil des einen gegen Schändung des Gedächtnisses der anderen. Nicht als Einzelfall, sondern in einer Tradition stehend.


    Nicht schön.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich habe die Diskussion in den letzten Tagen natürlich intensiv verfolgt. Damit meine ich nicht nur die Diskussion bei den Eulen, sondern den "Fall" in den Medien insgesamt.


    Dabei wurde mir immer deutlicher, wie schwierig es ist, wenn aus verschiedenen Koordinatensystemen heraus argumentiert und gedacht wird.


    "Verteidiger" der Entscheidung des Vatikans auf Aufhebung der Exkommunikation betonen zu Recht die innerkirchliche Bedeutung sowie die kirchenrechtlichen Aspekte der Aktion und verweisen ebenso zu Recht darauf, dass die Frage des Ausschlusses von den Sakramenten oder die (Wieder-)zulassung zu denselben nicht im Zusammenhang mit politischen Äußerungen betrachtet werden kann.


    Kritiker der Entscheidung heben ebenso berechtigt hervor, dass die Außenwirkung einer solchen innerkirchlichen Aktion aufgrund der zeitlichen (und im Blick auf die Pius-Bruderschaft durchaus auch inhaltlich zu vermutenden) Nähe zu den unsäglichen Äußerungen des Herrn Williamson verheerend anmutet.


    Gestern abend lief auf Phönix eine interessante Diskussionsrunde zu diesem Thema, die sich darum bemühte, die unterschiedlichen Sichtweisen einander verständlicher zu machen.


    Natürlich kann nicht erwartet werden, dass alle in der Lage sind, die komplexen Zusammenhänge bis in die Einzelheiten zu erkennen. Aber es wäre wünschenswert, wenn diejenigen, die intellektuell durchaus dazu fähig sind, ihre Überlegenheit nicht dazu nutzten, auf billigste Art und Weise Stimmung zu machen.


    Wenn Vertreter der Kirche so tun, als verständen sie die Welt nicht mehr, weil es sich doch um innerkirchliche Dinge handelt, dann sind sie entweder dumm oder heucheln. Natürlich sitzen im Vatikan genung intelligente Leute, die sich solche Reaktionen vorstellen konnten (mussten). Zudem hätte es meiner Meinung nach genug innerkirchliche Gründe gegeben, die Exkommunikation bestehen zu lassen. Hier ist die Kirche innerkirchlich leider auf einem Auge sehender als auf dem anderen.


    Wenn aber diejenigen, die sich jetzt besonders laut aufregen, damit herausreden, sie seien schließlich keine Katholiken und ihnen käme es nur auf die Wirkung an und der Papst dürfe das nicht tun und es sei ihnen egal, ob das nun der Papst selbst oder ein anderer gemacht hat, dann ist das genauso billig und bewusst eindimensional gedacht.


    Der "normale" Mediennutzer kennt die Bedeutung der Aktion wohl eher nicht. Wenn aber Frau Knobloch Gesprächskontakte zur Kirche in Deutschland auf Eis legt, obwohl sie die kirchlichen Strukturen gut kennt und obwohl sie auch die Stellungnahmen der deutschen Kirchenvertreter zu dem Vorgang kennt, halte ich das auch nicht unbedingt für weiterführend ...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Wer auch immer die Entscheidung getroffen hat, diese 4 exkommunzierten Bischöfe wieder in den Schoß der römisch-katholischen Kirche aufzunehmen (@licht), es bleibt eine Tatsache, das dies eine gehörige Unruhe in etlichen Teilen der Welt verursacht hat.


    Man muss auch kein Vatikan-Kenner sein um zu konstatieren, dass diese Aktion durchaus als ein weiterer Schritt von Benedikt XVI zur Aufwertung des extrem konservativen römisch-katholischen "Lagers" ist. Es ist bekannt, dass er - ähnlich wie sein Vorgänger - sehr gute Beziehungen zum Opus Dei unterhält. Es ist kein Geheimnis, dass er nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt den Lefebvre-Nachfolger Bernard Fellay getroffen hat. Ebensowenig, dass er 2007 die tridentische Messe wieder zugelassen hat.


    Die vier jetzt wieder in den Schoß der römisch-katholischen Kirche aufgenommenen Bischöfe lehnen - genau wie die gesamte Piusbruderschaft - nicht nur zentrale Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils ab, sondern sie sehen vor allem im katholischen Glauben den einzig wahren.


    Wenn Benedikt XVI - und damit die römisch-katholische Kirche - die Levebvrianer wieder akzeptiert (was auch nach Meinung von Fachleuten im Endeffekt hinter der Aktion steckt), dann akzeptiert sie auch deren Ablehnung der Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils und den damit verbundenen reaktionären Rückschritt - insbesondere den Antijudaismus und das Leugnen der Religionsfreiheit, von der Beteiligung von Laien an gewissen Bereichen der römisch-katholischen Kirche mal ganz abgesehen.


    In diesem Gesamtlicht besehen hat dieser Schritt der Aufhebung der Exkommunikation eine wesentlich größere Bedeutung als lediglich einige "verirrte Schäfchen" wieder heimzuholen.


    Diese Aktion als eine einzelnen, aus der Gesamtstrategie der römisch-katholischen Kirche herausgelösten Schritt zu betrachten, ist in diesem Kontext m.E. hochgradig naiv oder uninformiert.


    Die römisch-katholische Kirche hat 2000 Jahre Erfahrung in Werbung, Marketing, Kampagnen, Ausbildung von Botschaftern und einer enorm wirkungsvollen PR. Und: sie hat vor allem Geduld, einen langen Atem und denkt SEHR langfristig.


    Sie tut nichts Unüberlegtes, alle ihre Aktionen sind von langer Hand und sehr sorgfältig geplant. Dies wissen - und anerkennen - auch die Würdenträger und Mitglieder anderer Religionen.


    Insofern ist die teilweise sehr harsche Reaktion auf die Aufhebung dieser Exkommunikationen keineswegs ein Aufregen über einen "Sturm im Wasserglas", sondern ein Indikator für die Befürchtungen des nicht römisch-katholischen Teiles der Welt, dass hier Erfolge in der Annäherung der Religionen und das bisschen gutes Miteinander, das erreicht worden ist, aufs Spiel gesetzt werden.


    Dies betrifft übrigens sowohl Mitglieder der römisch-katholischen Kirche als auch Mitglieder aller anderen Religionen. Für mich persönlich verständlich und nachvollziehbar.


    Liebe Grüße
    Alraune


    Vulkan :
    Der Begriff "Antisemitismus" ist natürlich im Jüdischen nicht vorhanden - Juden entstammen genauso wie viele Muslime ursprünglich aus semitischen Stämmen. Der Begriff "semitisch" bezeichnet also eine Herkunft, nicht eine Religionszugehörigkeit.
    Der Begriff "Antisemitismus" taucht m.A. erst recht spät auf, in vorherigen Schriften ist von "Antijudaismus" u.ä. die Rede.
    Insofern verwundert es nicht, dass der Begriff weder in der Tora noch im Talmud, geschweige denn in der Halacha auftaucht. Und da das Orthodoxe Judentum immer noch sehr viel Einfluß in Israel hat, sind Änderungen in dieser Hinsicht natürlich nicht sehr einfach durchzusetzen ....

  • Hallo, Alraune,


    Deine positive Meinung zur Römisch-Katholischen Kirche ("Sie tut nichts Unüberlegtes") in allen Ehren, aber es wäre schön, wenn Du Deine Meinung auch gelegentlich mit einem Blick in die öffentlich zugänglichen Äußerungen aus Rom eventuell gar erweitern könntest.


    Sowohl die Leugnung (oder auch nur die Verharmlosung) der Shoa als auch die Ablehnung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils sind gravierende Hindernisse, die eine "Rehabilitierung" der wieder in die kirchliche Gemeinde aufgenommenen Bischöfe zur puren Fantasy machen.


    Es tut mir leid, Alraune, aber Dein Posting liest sich - für mich - streckenweise, als vermutetest Du eine Weltverschwörung der römisch-katholischen Führungsebene. Auch hier bei den Eulen herrscht Meinungsfreiheit. Aber Bangemachen gilt nicht.


    ;)

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • blaustrumpf


    Ich habe den Eindruck gewonnen, dass du mein Postings gar nicht liest, sondern lediglich ein-zwei Worte herauspickst, um dann auf genau diese ein-zwei Worte bezogen darauf zu reagieren.


    Das empfinde ich persönlich als nicht sonderlich angenehm.
    Du wirst es mir daher sicher nachsehen, dass ich auf deine Postings nicht mehr eingehen möchte.


    Liebe Grüße
    Alraune

  • Es ist doch egal ob Bischof, kirchlicher oder nicht kirchlicher, es geht alleine
    um die Verleugnung, niemand DARF in der Öffentlichkeit das Thema Holocaust verleugenen. Dazu muss ich wohl nicht mehr sagen, denn es gibt genug Zeitzeugenberichte und Literatur darüber.
    :nono

    Zitat

    Bücher haben Ehrgefühl, wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück. T.Fontane


    :lesend :fruehstueck
    Ich lese Thomas Mann; Der Zauberberg;

  • Zitat

    Original von veronika
    Es ist doch egal ob Bischof, kirchlicher oder nicht kirchlicher, es geht alleine
    um die Verleugnung, niemand DARF in der Öffentlichkeit das Thema Holocaust verleugenen. (...)


    Genau. Dieser Meinung ist übrigens auch der Papst. Mit entsprechenden Konsequenzen für den in die kirchliche Herde zurückwollenden Hammel Williamson. Den wird sein Jetztwieder-Oberhirte ordentlich zurechtweisen. Nur, wie es sich eigentlich gehört, eben nicht so medienwirksam.


    :-)

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
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